Risikovorsorge für die Familie - richtig geplant
Zum Risikomanagement im landwirtschaftlichen Betrieb gehört eine maßgeschneiderte Risikovorsorge für die Betriebsleiterfamilie. Maßgeschneiderte Risikovorsorge heißt, Analyse der eigenen betrieblichen und familiären Situation im Risikofall, die Lücken ermitteln und anschließend diesen Bedarf durch entsprechende Versicherungen zu decken.
Mitten in der Ernte passiert es. Den 35-jährigen Landwirt M. aus der Lüneburger Heide erwischte die Grippe, 10 Tage musste er das Bett hüten. Zum Glück lief der Betrieb weiter. Sein 70-jähriger Vater und die 30-jährige Ehefrau versorgten die 40 Milchkühe mit Nachzucht, der Nachbar brachte die restliche Ernte ein. Vorübergehend arbeitsunfähig zu sein, stellt Landwirt M. fest, ist für ihn wohl das geringste Übel. Doch wie sieht die finanzielle Situation im Betrieb aus, wenn er mal so richtig lange krank oder sogar erwerbsunfähig wäre? Oder wie wäre seine junge Ehefrau mit den beiden Kindern abgesichert, wenn er plötzlich am Herzinfarkt versterben würde wie kürzlich einer seiner Nachbarn.
Versicherungen hat er wohl abgeschlossen, doch sind es die richtigen? Um mehr Sicherheit zu erhalten, vereinbaren er und seine Frau mit der sozioökonomischen Beraterin der Landwirtschaftskammer einen Termin, um gemeinsam ein individuelles Vorsorgekonzept zu entwickeln.
Überlegungen zur Risikovorsorge
Zunächst werden die Risiken erfasst, was kann passieren und mit welchen Folgen. So können der Betriebsleiter wie auch seine Ehefrau durch Unfall oder Krankheit vorübergehend arbeitsunfähig oder erwerbsgemindert bis hin zum Pflegefall werden oder auch in jungen Jahren versterben.
Wie sieht die finanzielle Situation im Betrieb M. dann aus?
Zusammen mit der Beraterin werden folgende Fragen erarbeitet:
• Wer erbt den Betrieb bei Tod des Betriebsleiters?
• Wie ist die Familie über den Betrieb und die Sozialversicherungen finanziell abgesichert?
• Reicht dies zum Leben aus?
Wenn nicht…
• Welche Versicherungen benötigt man und was kosten sie?
Absicherung für den Todesfall
Bei vorzeitigem Tod des Betriebsleiters stellt sich die Frage, wer erbt den Hof? Liegt kein Testament vor wie in unserer Familie, kommen landesrechtliche Erbregelungen zum Zuge. Der Hof liegt in Niedersachsen, ist in der Höferolle eingetragen und fällt kraft Gesetz nur einem Hoferben zu. Bei minderjährigen Kindern ist Erbe das älteste Kind. In unserem Beispiel wäre dies die 5-jährige Tochter, der jüngere 3-jährige Bruder erhält später nur die Abfindung.
Der Ehefrau steht bis zum 25. Lebensjahr der Hoferbin die Verwaltung und Nutznießung des Betriebes zu, anschließend ein angemessenes Altenteil. In anderen Bundesländern könnte bei Tod eventuell eine Erbengemeinschaft entstehen. Entspricht die gesetzliche Regelung so nicht den Vorstellungen des jungen Landwirts, sollte dies durch ein Testament geändert werden.
Absicherung über den Betrieb
Frau M. müsste also bei plötzlichem Tod ihres Ehemannes entscheiden, wie der Betrieb nach Tod des Mannes weiterläuft. Traut sie sich zu, den Betrieb weiter zu führen oder würde sie den Betrieb verpachten? Eine nicht ganz leichte Rechenaufgabe: Bei Weiterbewirtschaftung der 60 ha Acker und 40 ha Grünland mit Milchviehhaltung müsste Frau M. eine Ersatzkraft einstellen, die mindestens 30.000 - 35.000 € im Jahr kostet. Frage: Reicht der Gewinn dann noch aus bzw. wie hoch wäre die abzudeckende finanzielle Lücke?
Bei der Alternative Verpachtung stehen Pachteinnahmen zur Verfügung und eventuell einmalige Einnahmen aus Verkauf von Inventar oder Kontingenten. Mit diesen Einnahmen müssen jedoch in vielen Fällen noch Kredite abgelöst oder weiter bedient werden. Weiterhin fallen Betriebsausgaben wie Feuerversicherungen, Grundsteuer, Gebäudeunterhaltung usw. an.
Soziale Absicherung der Hinterbliebenen
Nach Kalkulation der Einnahmen aus dem Betrieb stellt Frau M. die Frage, was sie als Hinterbliebenenrente bekommen würde. Bei Weiterbewirtschaftung des Betriebes erhält Frau M. nichts. Denn eine Hinterbliebenenrente zahlt die Landwirtschaftliche Alterskasse nur, wenn der Betrieb abgeben ist, d,h. in unserem Beispiel verpachtet würde. Die Höhe der Hinterbliebenenrente ist eher bescheiden. Landwirt M. zahlt seit dem 27. Lebensjahr Beiträge in die landwirtschaftliche Alterskasse. Verstirbt er mit 35 Jahren, beträgt die monatliche Hinterbliebenenrente ca. 230 €, die beiden Kinder erhalten Halbwaisenrente von ca. 85 € pro Kind.
Bei Tod durch Arbeitsunfall, was nachweisbar aber seltener vorkommt, würde die Witwe zusätzlich aus der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft eine monatliche Hinterbliebenenrente von 388 € erhalten und für jedes der beiden Kinder Halbwaisenrente von 194 € pro Monat.
Reicht es zum Leben aus?
Nach Überschlag der Einnahmen aus dem Betrieb und den Rentenleistungen, ist zu prüfen, reicht die Summe aus für die notwendigen Entnahmen, d.h. für Lebenshaltung, Altenteilleistungen, Sozial- und Privatversicherungen, Steuern, Tilgung und weitere Betriebsausgaben. Auf die Frage von Frau M. an die Beraterin, was man denn so durchschnittlich dafür ansetzen sollte, bekommt sie keine konkrete Antwort, nur die Empfehlung einen Blick auf die Entnahmen im Jahresabschluss zu werfen.
Nach Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben bei Weiterbewirtschaftung des Betriebes ergibt sich in unserem Beispiel eine Lücke von 18.000 € im Jahr und zwar über mindestens 20 Jahre, bis dass die Hoferbin den Hof übernimmt.
Todesfallabsicherung durch Risikolebensversicherung
Frau M. würde rund 300.00 € Kapital benötigen, um 20 Jahre lang bei 2 % Zinsen monatlich ca. 1.500 € entnehmen zu können. Die Beraterin empfiehlt Herrn M. als reine Todesfallabsicherung eine Risikolebensversicherung. Diese kostet bei günstigen Versicherungsgesellschaften bei einer Versicherungssumme über 300.000 € mit einer Laufzeit von 20 Jahren für Herrn M. als Nichtraucher jährlich ca. ab 230 € - 250 € netto. Ein Versicherungsvergleich ist anzuraten, die Kostenspanne ist enorm.
Absicherung der Berufsunfähigkeit
Wird der Betriebsleiter erwerbsunfähig, stellt sich wieder die Frage, Weiterbewirtschaftung des Betriebes eventuell mit Fremdarbeitskraft oder Verpachtung.
Eine Rente aus der Alterskasse wird Herrn M. nur gewährt, wenn er den Betrieb abgibt. Eine Abgabe an die Ehefrau ist möglich, aber nur wenn er weniger als 3 Stunden täglich arbeitsfähig ist, eine hohe Hürde. Die Absicherung bei Erwerbsminderung ist für den Landwirt allerdings absolut unzureichend mit einer monatlichen Rente von ca. 424 € monatlich brutto, bzw. 380 € netto nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag von derzeit 10,25%.
Ist die Erwerbsminderung auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen, zahlt die Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente bis zu 974 € monatlich.
Absicherung durch Berufsunfähigkeitsversicherung
Herr M. besitzt zwar eine Unfallversicherung, doch weist die Beraterin darauf hin, dass Erwerbsminderung zu über 80% durch Krankheit hervorgerufen wird, die private Unfallversicherung also nur eine Teilabsicherung ist.
Nach eingehender Kalkulation stellt Herr M. fest, dass ihm monatlich ca. 2000 € fehlen, die er durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abdecken könnte. Die Versicherung sollte mindestens bis zum 60. besser bis zum 67. Lebensjahr laufen. Herr M. entscheidet sich jedoch aus Kostengründen für eine 25-jährige Laufzeit, da bis zum 60. Lebensjahr geklärt wäre, ob eines der Kinder den Hof weiterbewirtschaften würde. Für diese BU-Versicherung müsste er je nach Versicherungsgesellschaft schon mit mindestens 1.200 € Beitrag jährlich rechnen. Voraussetzung für den Abschluss dieser Versicherung ist, dass keine Vorerkrankungen bestehen. Ein Versicherungsvergleich wird auch hier empfohlen.
Risikovorsorge für die Ehefrau
Die Ehefrau kann ebenfalls erwerbsunfähig werden oder plötzlich versterben. Ähnliche Überlegungen wie beim Ehemann sind anzustellen. Wer macht ihre Arbeit im Betrieb, im Haushalt, wer versorgt die Kinder und Altenteiler? Kann der Betrieb aus dem Gewinn die Ersatzkraft für die Ehefrau finanzieren. Ergebnis für Ehepaar M: auch Frau M. benötigt eine Risikolebensversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung, damit zumindest eine Haushaltshilfe stundenweise finanziert werden könnte.
Fazit:
Tod und Erwerbsunfähigkeit in jungen Jahren sowohl beim Betriebsleiter aber auch beim Ehepartner führen häufig zu finanziellen Engpässen und sollten abgesichert werden. Vor Abschluss von Versicherungen empfiehlt sich eine Analyse der betrieblichen und familiären Situation, um das richtige Vorsorgekonzept zu entwickeln und dieses von Zeit zu Zeit auch zu überprüfen, insbesondere nach größeren Investitionen. Die sozioökonomischen Berater unterstützen Sie bei der Erstellung Ihrer maßgeschmeiderten Risikovorsorge.
Kontakte
Wiebke Wennemer
Beraterin Sozioökonomische Beratung
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