Alternativen in der Landwirtschaft - Ziegenhaltung im Schwarzwald
Im Dezember 2011 fand eine Ziegenexkursion in Baden-Württemberg im Rahmen der Bundesfachtagung der Schaf- und Ziegenhalter statt. Veranstalter dieser Tagung war der Ziegenzuchtverband Baden-Württemberg e.V., der Bundesverband Deutscher Ziegenzüchter e.V., Bioland e.V., der Verband für handwerkliche Milchverarbeitung im ökologischen Landbau e.V. und das von Thünen Institut, Institut für ökologischen Landbau.
Eine der angebotenen Exkursion hatte den Schwerpunkt Milchziegenhaltung und bot einen interessanten Einblick in die Besonderheiten der Betriebe im Schwarzwald.
1.) Als erster Betrieb wurde der Demeter-Betrieb der Familie Rees in Horben besichtigt. Die 200 Ziegen des Betriebes gehören den auf hohe Milchleistung gezüchteten Rassen Weiße und Bunte Deutsche Edelziege (WDE/ BDE) an. In der betriebseigenen Hofkäserei wird die gesamte Milch der Ziegen verarbeitet. Als reiner Direktvermarkter wird der Hauptabsatz des Käses über Wochenmärkte realisiert. Hierfür werden dreimal wöchentlich Märkte in der Region angefahren. Daneben werden ca. ein Drittel der Produkte an die örtliche Gastronomie abgesetzt und ca. 10 % über den Einzelhandel vermarktet.
Der Betrieb liegt in einer Höhe von ca. 500 m über NN und hat zum Teil Flächen, die aufgrund ihrer Neigung maschinell nicht zu bearbeiten sind. Auf diesen Flächen werden die Ziegen zum Weiden eingesetzt. Ein Weidegang wird jedoch nur bei trockenem Wetter angeboten, da bei Regen die Futteraufnahme der Ziegen stark zurückgeht. Jährlich fällt in dieser Betriebslage eine Niederschlagsmenge von 1350 mm.
Für die Futterkonservierung der restlichen Grasflächen hat der Betrieb in eine Heutrocknungsanlage im Wert von ca. 90.000 Euro investiert. Hierin werden jedes Jahr ca. 800 Rundballen getrocknet. Eine Heutrocknung findet sich auf zahlreichen Betrieben im Schwarzwald. Die Rundballentrocknung der Familie Rees wird mit einer 250 KW Hackschnitzelheizung betrieben. Das darin eingesetzte Holz stammt von den betriebseigenen 12 ha Wald.
2.) Das zweite Ziel der Exkursion war die Domäne Hochburg in Emmendingen. Dieser Demeter-Betrieb hält rund 400 laktierende Ziegen der Rassen WDE und BDE. Alle Tiere werden zusammen in einer Herde gehalten, laut Betriebsleiter kommt es hierbei zu einer „Familienbildung“ unter den Ziegen. Die Hälfte des Bestandes wird seit drei bis vier Jahren durchgemolken. Hinsichtlich der Milchleistung zeigt sich, dass die Milchmenge im Winter nachlässt, jedoch im Frühjahr ohne Ablammung wieder ansteigt. Folglich lammt lediglich etwa ein Viertel der Ziegen jährlich ab. Die Ziegen werden mit künstlicher Besamung belegt. Zur Brunstkontrolle wird ein Suchbock in der Herde eingesetzt.
Auf der Domäne wurden Altgebäude umgebaut und ideenreich gestaltet. So wird einerseits der zur Verfügung stehende Platz optimal genutzt und andererseits wird den Ansprüchen der Ziegen bestmöglich gerecht. Sei es mit höher liegenden Fressplätzen, Außenfressplätzen oder der Gestaltung eines Bodenraumes, zu dem die Ziegen mit außen sowie innen liegenden Treppen gelangen.
In der Fütterung wird auf eine Mischration gesetzt, die zweimal am Tag vorgelegt wird, zusätzlich werden 200 g Milchleistungsfutter gegeben. Ein Weidegang wird nur als Auslauf angeboten. Mit dieser Fütterung wird im Mittel eine Milchleistung von ca. 1.000 kg pro Ziege im Jahr erreicht.
Im Außenbereich des Stalls werden den Ziegen Tannen zum Fressen angeboten. Neben dem Effekt der Beschäftigung, da Ziegen für ihre Verbisswirkung bekannt sind, wird den in den Nadeln enthaltenen Tanninen eine positive Wirkung auf die Gesundheit zugesprochen.
3.) Als dritter landwirtschaftlicher Betrieb wurde das Hofgut Wöpplinsberg besichtigt. Die junge Betriebsleiterin Frau Wagner hat den ehemaligen Kuhstall für ihre 130 Milchziegen umgebaut. Wobei auch der Spaltenboden der Strohliegefläche der Ziegen weichen musste. Die produzierte Demeter-Milch wird an die Molkerei Monte Ziego abgeliefert. Hinsichtlich der Fütterung wird ein Schwerpunkt auf frisches Kleegras oder Silage daraus gelegt. Im Sommer wird eine Weide angeboten, jedoch werden jeweils frische Parzellen abgesteckt. Das zweimalige Melken erfolgt in einem Doppelzwölfer-Melkstand mit sechs Melkgeschirren, in dem einiges, wie z.B. das Fressgitter in Eigenarbeit gebaut wurde. Neben der Ziegenhaltung betreibt der Betrieb eine kleine Brennerei, sowie eine Vesperstube, in der Gruppen Ziegenspezialitäten zur Verköstigung auf dem Hof angeboten werden.
4.) Der Abschluss der Exkursion führte zur Bio-Molkerei „Monte Ziego“ von Martin Buhl in Teningen. Der Verarbeitungsbetrieb wurde im Jahr 2000 mit 100 Ziegen gegründet. 2011 wurde die Molkerei mit Milch von fünf Demeter-Ziegenbetrieben mit insgesamt ca. 1.000 Ziegen beliefert. Daneben wird noch etwas Bioland-Kuhmilch verarbeitet.
Der Auszahlungspreis für Ziegenmilch nach Demeter-Kriterien lag 2011 bei ca. 70 Cent/ kg. Die Milch wird von der Molkerei abgeholt, bei kleineren Betrieben verlangt diese jedoch eine Kostenbeteiligung für den Milchtransport, da sie für den Transport mit Kosten von 10 Cent/kg kalkuliert.
Im Jahr 2010 wurde die Molkerei erweitert und 2011 ein Produktionsanstieg von 44 % erzielt. Da die Ziegenbetriebe durchmelken, kann das ganze Jahr produziert werden. Die Molkerei produziert hautsächlich Frischkäse. Das gesamte Sortiment umfasst 21 Ziegenkäsesorten und fünf Kuhmilchkäse. Zahlreiche dieser Produkte haben Auszeichnungen, auch international, erhalten. Am absatzstärksten ist der Ziegenfrischkäse in Öl.
Zu Beginn des Jahres 2012 ist der Bau einer Biomolkevergasungsanlage angesetzt. Ziel ist es, den Energiebedarf der Molkerei hierüber abzudecken. Für dieses Konzept gab es neben einem Innovationspreis auch einen Landespreis für die „erste Null-Energie-Käserei“.
Der Vertrieb des Käses wird über die 2012 gegründete Biomanufaktur Schwarzwald Bodensee GmbH abgewickelt. Hierin sind die Milchlieferanten Mitgesellschafter. Der Absatz der Produkte läuft zu ca. 70 % über den Großhandel und zu rund 30 % über den Einzelhandel mit Schwerpunkt in Südwestdeutschland.
Fazit:
Die Exkursion in den Schwarzwald bot einen interessanten Einblick in die regionalen Besonderheiten und die Umnutzungsmöglichkeiten von Altgebäuden. Hierbei fiel auf, mit welchem Enthusiasmus die Betriebsleiter sich einer neuen Tierart widmen und die gezeigten Betriebe den Ansprüchen der Ziegen erfinderisch und durchdacht gerecht werden. Sicher sind die Strukturen im Schwarzwald anders als in Norddeutschland, jedoch ist der Erfolg der kleinen jungen Molkerei mit hochpreisigen Produkten in den letzten Jahren absolut anzuerkennen. Die Milchziegenhaltung wird eine Nische in Deutschland bleiben, aber einige Betriebsleiter bedienen diesen Markt durchaus erfolgreich.
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