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Nährstoffüberschüsse in Milchkuhbetrieben senken

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Die Düngeverordnung (DüV) 2017, ihre Verschärfung in 2020 und die Stoffstrombilanzverordnung erhöhen in Milchkuhbetrieben den Druck, Stickstoff- und Phosphorüberschüsse zu senken. In den Roten Gebieten sind die Betriebe von weiteren Einschränkungen betroffen. Welche Möglichkeiten bietet die Fütterung, den Nährstoffanfall zu reduzieren?

In der DüV sind bei den Milchkühen 17 verschiedene Verfahren in Abhängigkeit der Leistung, des Standorts und der Rasse definiert. Die Nährstoffausscheidungen errechnen sich aus den mit dem Futter aufgenommenen Nährstoffen abzüglich der im Körper angesetzten und mit der Milch abgegebenen Nährstoffen.

Tabelle 1: Nährstoffausscheidungen von Milchkühen (kg/Kuh und Jahr, Beispiele)

Milchleistung (kg/Jahr)

N

P2O5

Grünlandbetrieb mit Weidegang

  8.000

10.000

 

129

143

 

43

47

Ackerbaubetrieb ohne Weidegang

  8.000

10.000

 

115

133

 

42

47

In Planung ist ein neues DLG-Merkblatt zur N-/P-reduzierten Fütterung von Milchkühen, das Produktionsverfahren mit Gras und Mais betonten Grobfutterrationen beschreibt. Gegenüber den geltenden DüV-Werten ergeben sich über alle Verfahren deutliche Einsparungen bei Stickstoff und Phosphor. Bei den Gras betonten Rationen sind zwei Drittel Grasprodukte und ein Drittel Mais unterstellt, bei den Mais betonten ist es umgekehrt.

Etliche Betriebe haben bezüglich der Nährstoffversorgung ihrer Milchkühe noch Reserven, denn die für die Berechnung der Nährstoffausscheidungen unterstellten Gehalte werden längst noch nicht von allen umgesetzt. Folglich profitieren diese Betriebe von den Standardwerten der DüV. Bevor also über die N-/und P-reduzierte Fütterung nachgedacht wird, ist die derzeit praktizierte Fütterung so anzupassen, dass die Werte der Tabelle 2 eingehalten werden.

Tabelle 2:  Mittlere Rohprotein- und Phosphorgehalte 
                  (Basis für die Berechnung der Nährstoffausscheidungen in der DüV 2017)

 

Rohprotein

% der TS

Phosphor

% der TS

Grünlandbetrieb

8000 kg

10000 kg

Ackerfutterbaubetrieb

8000 kg

10000 kg

12000 kg

 

16,4

16,8

 

15,5

16,1

16,7

 

0,41

0,42

 

0,41

0,42

0,43

  • 160 g RP und 160 g nXP/kg TM sind ausreichend. Das wurde in Versuchen mit Hochleistungskühen belegt.
     

Futtermittel auf Phosphor untersuchen lassen

Für die Fütterung ist wichtig, die Phosphorgehalte der Futtermittel zu kennen, um die Ergänzung mit Phosphor kalkulieren zu können. Für Rinderbetriebe heißt das, dass auch die Silagen auf Phosphor zu untersuchen sind und keine Tabellenwerte genutzt werden sollten. In den Grassilagen variieren die P-Gehalte stärker als in Maissilagen.

Tabelle 3: Phosphorgehalte von Gras- und Maissilagen (g/kg TM, LUFA Nord-West)

 

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

Ø

Grassilage 1. Schnitt

alle Schnitte

3,5

3,5

3,6

3,5

3,6

3,6

3,4

3,5

3,5

3,5

3,8

3,7

3,5

3,5

3,6

3,5

Maissilage

2,1

2,1

2,2

2,4

2,3

2,2

2,2

2,2

Starke Variation der Phosphorgehalte in 2019:
Grassilage: 1,7 bis 5,9 g/kg TM
Maissilage: 1,4 bis 4,1 g/kg TM

Für die Berechnung des Nährstoffanfalls in der Düngeverordnung wurden für die Maissilage 2,2 g und für die Grassilage 3,3 g P/kg TM unterstellt. Das heißt, dass im Schnitt der Betriebe die P-Zufuhr über Grassilage höher ist als für die DüV kalkuliert. Die Gehalte über Düngungsmaßnahmen anzupassen, ist notwendig, aber der Weg ist sicher auch langwieriger.
Anders sieht es im Getreide aus. Für den Nährstoffvergleich im Rahmen der DüV werden für alle Getreidearten 3,5 g/kg unterstellt.

Tabelle 4:  Phosphorgehalte im Getreide (g/kg, 88 % TS, LUFA Nord-West)

 

Gerste

Roggen

Triticale

Weizen

2019

2018

3,2

3,2

3,0

3,0

3,3

3,2

3,0

2,9

  •  Empfehlung: Mindestens Grobfutter und Getreide auch auf Phosphor untersuchen lassen

P-Überschüsse senken

Phosphor ist wichtig für die Kuh und die Pansenbakterien. Feststeht, dass nur eine geringe Mobilisierung im Körper möglich ist. Laktierende Kühe benötigen 1,43 g P je kg Milch und 1,43 g P je kg TM-Aufnahme, folglich hat eine Kuh mit einer Leistung von 30 kg Milch/Tag einen Bedarf von etwa 3,6 g P je kg Gesamt-TM. Diese Empfehlung beinhaltet bereits einen Sicherheitszuschlag.

Tabelle 5: P-Versorgungsempfehlungen für Milchkühe (g/kg TM)

Trockenstehend

2,5-3,0

20 kg Milch

3,2

40 kg Milch

4,0

50 kg Milch

4,2

Sinnvoll ist, die P-Versorgung an den Laktationsverlauf anzupassen und den P-Gehalt nicht über die gesamte Laktation konstant zu halten (Phasenfütterung). Denn Kühe im z.B. 2. Laktationsdrittel können bei hoher Futteraufnahme und abnehmender Milchleistung auch mit weniger nXP und P bedarfsgerecht versorgt werden. Eine an den Laktationsverlauf angepasste Versorgung führt folglich zu geringerem Nährstoffanfall. Aus den nachfolgend unterstellten TM-Aufnahmen ergeben sich die entsprechenden P-Gehalte.

Tabelle 6: Notwendige P-Gehalte im Laktationsverlauf

 

P

g/kg TM

TM

kg/Tag

Trockenstehend

2,5-3,0

12,5

1. Laktationsdrittel

3,9

21

2. Laktationsdrittel

3,7

23

3. Laktationsdrittel

3,5

19,5

Besondere Aufmerksamkeit verlangt die P-Versorgung in der Frühlaktation, da die Futteraufnahme der Frischlaktierenden eingeschränkt ist. Bei einer Milchleistung von  z. B. 30 kg Milch/Tag und einer TM-Aufnahme von 16 kg/Tag liegt der P-Bedarf bei 65 g/Tag bzw. bei fast 4,1 g/kg TM. Daraus resultieren Fragen zur Umsetzung im Betrieb. Muss eine spezielle Startration gefüttert werden? Oder wenn das nicht möglich ist: Müssen alle Tiere mit einer  P-reicheren Mischung versorgt werden?

Laut Bedarfsableitung reichen 4,3 bis 4,4 g P/kg in einem MLF 20/4 aus, die Deklarationen liegen jedoch häufig deutlich darüber. Die in 2018 und 2019 im Rahmen des VFT (Verein Futtermitteltest e.V.) in Niedersachsen untersuchten MLF 20/4 sind im Mittel von 61 Proben mit 6,1 g P/kg deklariert (von 4,0 bis 8,3 g/kg). Die höheren Gehalte haben auch mit der Preiswürdigkeit der verwendeten Futterkomponenten zu tun. So macht eine P-Reduzierung das Mischfutter meist teurer.

Resultiert aus den Rationsberechnungen ein P-Überschuss, kann dieser reduziert werden, indem z.B. ein Mineralfutter ohne P-Zusatz oder ein P-ärmeres Milch­leistungsfutter eingesetzt werden. Niedrigere P-Gehalte im MLF werden durch geringere Anteile P-reicher Futtermittel wie Rapsschrot oder Weizenkleie erreicht.

Hier besteht aber ein Zielkonflikt! Da viele Betriebe GVO-frei füttern, wird Sojaschrot größtenteils oder komplett durch Rapsschrot ersetzt. Dieses enthält allerdings deutlich mehr Phosphor als Sojaschrot (10,5 vs 6,4 g/kg). Die Konsequenz ist, dass bei einer überwiegenden oder ausschließlichen Proteinergänzung über Rapsschrot der P-Gehalt selbst ohne mineralische P-Ergänzung über den Versorgungsempfehlungen liegt. Wodurch könnte Rapsschrot wenigstens zum Teil ersetzt werden? Die Auswahl P-ärmerer Proteinkomponenten ist sehr übersichtlich, zudem sind die wenigsten Futtermittel ausreichend verfügbar. Eine Möglichkeit bietet die Kombination von geschütztem Rapsschrot und Harnstoff, denn dadurch wird die Menge an Rapsschrot in der Ration verringert.

Tabelle 7: P-ärmere Proteinfuttermittel als Ersatz oder Ergänzung zum Rapsschrot

 

Phosphor

g/kg

nXP

g/kg

Rohprotein

g/kg

Ackerbohnen

Erbsen

Lupinen

Leinextraktionsschrot

Sojaschrot

5,4

4,1

4,5

8,5

6,4

171

160

188

206

252

259

200

289

343

432

Auch bei energiereichen Kraftfuttern lässt sich z.B. über Melasseschnitzel (0,7 g P/kg) oder Körnermais (2,6 g/kg) der P-Gehalt senken.

Wird ein Mineralfutter mit 3 % statt mit 6 % P eingesetzt, resultiert daraus bei einem Jahresverbrauch von 45 kg eine Einsparung von 1,35 kg Phosphor je Kuh. Oder: Bei einem Verbrauch von 26 dt Milchleistungsfutter ergibt sich bei einer Senkung von 6,5 g auf 5,0 g P/kg eine geringere Zufuhr von 3,9 kg Phosphor bzw. 8,9 kg P2O5 je Kuh und Jahr, was eine beträchtliche Einsparung bedeutet. Einsparpotenziale sind also gegeben. Das hat auch ein Fütterungsversuch der LWK Niedersachsen und des ZTT Iden gezeigt, in dem durch den Einsatz eines Mineralfutters ohne P-Zusatz der P-Gehalt der TMR von 4,5 auf 4,0 g/kg TM gesenkt wurde, was nicht zu Leistungseinbußen führte. Auch im Riswicker Versuch traten bei 3,8 g P/kg TM keine Minderleistungen auf, der P-Anfall wurde um 28 % gesenkt.

N-Überschüsse senken

Nicht nur wegen der verschärften Düngeregelungen, sondern auch im Hinblick auf das Immissionsschutzrecht (TA Luft) sind die Betriebe gefordert, N-Überschüsse zu verringern. In der DüV wurden für die Berechnung der Nährstoffausscheidungen etwa 160 g Rohprotein/kg TM (Tabelle 2) unterstellt. Rationen mit 160 g Rohprotein und 160 g nXP/kg TM sind auch für sehr hohe Leistungen ausreichend, dies wurde in zahlreichen Versuchen bestätigt.

Der Einsatz freier Aminosäuren zur Reduzierung der Rohproteingehalte ist im Gegensatz zur Schweine- und Geflügelfütterung in Deutschland noch nicht etabliert. Eine Auswertung von zehn Versuchen (davon sechs mit Aminosäurenzulage) zur RP-Reduzierung mit 160 g RP und 160 g nXP/kg TM in der Kontrollgruppe zeigt folgendes:

  • N-Ausscheidung/Kuh und Tag: 357 – 390 g
  • Deutlich positive Beziehung zwischen RP-Gehalt und N-Ausscheidung
  • Mittlere Beziehung zwischen RP- und Milchharnstoffgehalt

Fazit aus sechs Versuchen: Bei reduzierten RP-Gehalten hatte die AS-Zulage keinen Einfluss auf die N-Ausscheidungen und den Milchharnstoffgehalt.

Für fachlich fundierte Beratungsempfehlungen bedarf es weiterer Forschung, offizieller Versorgungsempfehlungen und AS-Gehalte von Grobfuttermitteln. Die LUFA bietet neben der Analyse von einzelnen Aminosäuren die Standarduntersuchung von Lysin, Methionin+Cystin und Threonin für 110 € netto an, über die Evonik-Schätzgleichungen können AS-Gehalte über den Rohproteingehalt abgeleitet werden.

N-/P-reduzierte Fütterung

Eine N-/P-reduzierte Fütterung der Kühe ist bisher in der Düngeverordnung nicht etabliert, ein DLG-Merkblatt wird derzeit erstellt. Denkbar ist zukünftig eine Phasenfütterung in den einzelnen Leistungsstadien Trockenstehzeit sowie 1., 2. und 3. Laktationsdrittel (Tabelle 6). Entsprechende Vorgaben je kg TM können auch für nXP und RP abgeleitet werden:
120, 160, 155, und 145 g. Die Phasenfütterung setzt natürlich eine entsprechende Gruppenbildung in den Betrieben voraus.

Im geplanten DLG-Merkblatt zur N-und P-reduzierten Fütterung der Milchkühe werden die im Jahresmittel einzuhaltenden RP-, nXP- und P-Gehalte aufgeführt. Die Dokumentationsmöglichkeiten für den Nachweis dieser Maximalwerte werden ebenfalls beschrieben.

Fazit

N- und P-Einsparungen über die Fütterung sind z.B. über den Einsatz von P-reduzierten MLF oder Mineralfutter ohne P-Zusatz sowie über eine an den Laktationsverlauf angepasste Fütterung möglich. Betriebe sollten prüfen, ob sie im Jahresmittel 160 g Rohprotein und 4,2 g P/kg TM einhalten, bevor sie nährstoffreduzierte Fütterungsstrategien umsetzen wollen. Auch wenn die DLG demnächst neue Fütterungsstrategien mit geringeren Nährstoffausscheidungen veröffentlichen wird, heißt das noch nicht, dass die Werte automatisch in die DüV einfließen. Inwieweit die Landesregierung die neuen DLG-Werte anerkennt, bleibt dann abzuwarten. Im Schweinebereich sind die neuen DLG-Empfehlungen zur sehr stark N-/P-reduzierten Fütterung auch ein Jahr nach Veröffentlichung noch nicht anerkannt. In der Stoffstrombilanz hingegen kann der Milchkuhbetrieb von der geringeren Nährstoffzufuhr profitieren.