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Habitatbäume: Welche eignen sich?

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Für Waldbesitzer*innen, die nach den PEFC-Standards wirtschaften, gehört der Schutz von Biotopholz, wie Höhlenbäume und Totholz, zu den wichtigen Prinzipien. Welche Baumexemplare dem natürlichen Zerfall überlassen werden, entscheiden im besten Fall Waldbesitzer*in und Förster*in gemeinsam – ein Beispiel aus dem Forstamt Südniedersachsen, aus der Land & Forst 40/15. 

Liegendes Totholz durch Windbruch
Eine Windbruchbuche aus dem Jahr 2007 ist nun ein Ort vielfältigen Lebens. Denn die Waldbesitzer, die ihren Wald nach PEFC-Vorgaben bewirtschaften, haben auf die Nutzung der fast 16 Festmeter Holz verzichtet.Dieter Scholz
Um bei dem Waldzertifizierungssystem PEFC (= Programm für die Anerkennung von Forstzertifizierungssystemen) als Zertifikatsnehmer teilnehmen zu können, ist vom Waldbesitzer eine Selbstverpflichtungserklärung zu unterzeichnen, welche ihn an die Berücksichtigung der PEFC-Standards bindet.

Auserwählte markieren

Dabei ist ein Kriterium für das Ziel der nachhaltigen Waldbewirtschaftung die „Bewahrung, Erhaltung und angemessene Verbesserung der biologischen Vielfalt in Waldökosystemen“. Unter diesem Sammelpunkt sind verschiedene mögliche Maßnahmen und Elemente zu verstehen. Eines davon ist der Biotopholzschutz im Wald: Totholz, Horst- und Höhlenbäume als Habitatbäume sollen zum Schutz der biologischen Vielfalt in angemessenem Umfang erhalten und gefördert werden. Einzelne Bäume oder Teile davon sollen also bis zum natürlichen Zerfall im Wald verbleiben und nicht geerntet werden. Möglichst alte Methusaleme oder Bäume, die größere Beschädigungen und Verletzungen haben oder bereits Horst- oder Höhlenbäume sind, bieten sich hierfür an.

Sinnvollerweise werden diese auch markiert, damit sie nicht doch unabsichtlich gefällt werden. Aus Verkehrssicherungsgründen ist aber von einer Ausweisung solcher Bäume in unmittelbarer Nähe von Straßen oder viel begangenen Wegen abzuraten. Bewährt dagegen hat sich die Ausweisung von mehreren Bäumen als Trupps, die sich gegenseitig beschatten, stützen und länger als Solitäre stehen bleiben (zumindest bei Buche).

Nach der neuesten Bundeswaldinventur BWI III (2012) beträgt der Totholzvorrat in Niedersachsen rund 17 Kubikmeter/ha, eine Steigerung gegenüber der letzten Bundeswaldinventur von 2002 um rund 30 %. Rund ein Drittel des Totholzes ist das dickere Holz ab 40 cm Durchmesser, welches nach dem Motto „je dicker, desto besser“ besonders wichtig ist – einfach dadurch, dass die Holzmasse des Stammes den natürlichen Zersetzungsprozessen länger zur Verfügung steht und mehr und länger andauernden Lebensraum bietet.

Ein Praxisbeispiel:

Der Sturm „Kyrill“ vom Januar 2007 brachte in einer Forstgenossenschaft im Weserbergland einen mächtigen alten Buchenstamm zu Fall. Der ohnehin beginnend morsche Stamm brach bodennah ab und splitterte in zwei große Einzelteile auf (bei einem Durchmesser von rund 1 m und einer Länge von 20 m des Stammteiles fiel immerhin die Masse von 15,7 m³ an). Viele interessierte Brennholzselbstwerber wollten daraufhin den Stamm nutzen.

Der Vorstand allerdings war sich mit dem Förster einig, dass dieser Baum aus oben genannten Gründen möglichst so im Wald verbleiben solle. Lediglich die kleineren Kronenteile unter 30 cm Durchmesser wurden zu Brennholzzwecken vergeben. Um dies transparent zu machen und Verständnis für die Naturschutzsicht zu erwecken, wurde dies auf der Mitgliederversammlung allen Forstgenossen*innen vorgestellt und schließlich sogar als einstimmiger Beschluss der Mitgliederversammlung protokolliert.

Seitdem ist der Baum in aller Bewusstsein und wurde mehrfach besucht und man bestaunt die Zerfalls- und Besiedelungsprozesse im Verlauf der Jahreszeiten – ein gelungenes Beispiel für die mögliche Koexistenz der verschiedenen Sichtweisen und Ansprüche an den Wald.