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Waldbau: Bestandesbegründung durch Freisaat

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Die Bestandesbegründung durch Freisaat führte in den letzten Jahrzehnten ein Schattendasein. Pflanzungen mit technisch aufwändigen Kulturverfahren haben die Saat im Wald weitgehend verdrängt. Zu unrecht? Gelungene Bestandesbegründungen mit Douglasie und Europäischer Lärche in der Nordheide belegen eindrucksvoll, dass auch die Saat und die zielgerichtete Naturverjüngung von Nadelholzbeständen ihren festen Platz im Waldbau haben.

Mit Stolz und ein wenig Erleichterung, dass alles so gut gelungen ist steht Waldbesitzer Frido Peper, Oelstorf (†) inmitten einer über mannshohen, fast siebenjährigen dichten Verjüngung aus Kiefer und Douglasie. Der stammzahlreiche Bestand besticht durch seine gute Qualität. Das war 2007. Eine angrenzende Saatfläche aus dem Frühjahr 2007 lässt heute erkennen, dass diese Form der Kulturbegründung hier erfolgreich war. Auch den trockenen und heißen Frühsommer dieses Jahres hat der Nachwuchs gut überstanden.

Ausgangsbestände
Meist mäßige bis schlechte Qualitäten bestimmten das Bild der vorhandenen Kiefernreinbestände auf beiden Flächen. Der Ausgangsbestand auf Fläche 1 war zum Zeitpunkt der Saat im Jahr 1999 ca. 95 Jahre alt. Auf Fläche 2 (Saatfläche von 2007) stockte ca. 70jährige Kiefer.

Standort
Die Standortkartierung weist beide Bestände als mäßig frischen, schwach nährstoffversorgten, zweischichtigen Standort mit 20-100 cm Flugsand über lehmigen Sanden aus. Geeignet für die Freisaat sind wenig vergraste oder verkrautete Bestände. Je besser die Standortsituation ist, desto konkurrenzstärker entwickelt sich die Gras- und Krautvegetation, was den Erfolg der Verjüngungsmaßnahme gerade bei der Saat gefährdet.
Spätfrostgefährdete Lagen sollten nicht für Douglasien- oder Lärchensaaten vorgesehen werden, da das Kultur-Risiko für diese frostempfindlichen Sämlinge zu hoch ist.

Verjüngungsziel
Ziel der Verjüngung war ein Douglasien-Bestand bzw. Douglasien-Lärchen-Buchen-Mischbestand mit dienender Beimischung von Kiefernnaturverjüngung während der Jungwuchsphase.
Damit eine Kiefernnaturverjüngung gut gelingt, muss die Maßnahme unbedingt in einem Samenjahr erfolgen. Dafür werden die Mutterbäume regelmäßig auf reifen Samenanhang kontrolliert.

Bestandesvorbereitung
Vorbereitend wurden beide Bestände auf einen Bestockungsgrad von ungefähr 0,5 herabgesetzt. Dabei wurden gezielt die qualitativ schlechtesten Bäume genutzt, um die gut geformten Bestandesglieder als Samenbäume (Elitebäume) zu erhalten und den weiteren Zuwachs auf diese zu lenken.
Insbesondere die Douglasie gedeiht bei dieser Überschirmung sehr gut. Ein weiteres Auflockern des Schirmes begünstigt die Europäischen Lärche und die Kiefer als Lichtbaumarten gegenüber der Douglasie.


Bodenvorbereitung
Nach dem Vorbereitungshieb wurde der Schlagabraum mit dem Räumfix auf Wälle zusammen geschoben. Hierbei sollte ein Abstand von 25m oder 50m zwischen den Wällen eingehalten werden. Die Wälle wurden bei der Anlage entsprechend der geplanten räumlichen Ordnung für die spätere Nutzung als Rückegassen ordentlich angelegt.
Stellenweise kann nach Räumung des Schlagabraums eine Gras- und Krautbekämpfung mit Herbiziden noch vor der Bodenbearbeitung notwendig sein.
Zur Einleitung einer Kiefernnaturverjüngung wurde die Kultur mit dem Waldstreifenpflug vorbereitet. Der Waldpflug hat an der Pflugspitze einen nachträglich angeschweißten Dorn, so dass die Pflugsohle aufgeraut wurde. Auch das TTS-Gerät scheint für die Bodenvorbereitung auf unverkrauteten Flächen geeignet zu sein.
Wichtig ist, dass die Bodenvorbereitung erst unmittelbar vor dem Samenabfall erfolgt, so dass die Pflugfurche möglichst noch nicht übergeregnet und eingeschlämmt ist; die Samen haben so einen intensiven Mineralboden-Kontakt und somit bessere Keimbedingungen.

Saattechnik
Das verwendete Saatgut wurde über die Forstsaatgut-Beratungsstelle der Niedersächsischen Landesforsten in Oerrel bezogen.
Unmittelbar vor der Aussaat wurden die Samen für 24 Stunden gewässert und anschließend ca. zehn Tage bei + 2 bis +4 °C im Leinenbeutel gelagert und dabei regelmäßig zur Vermeidung von Schimmel gewendet.
Auf der im März 1999 angelegten Fläche 1 wurde die Einsaat der Douglasien auf jedem zweiten Waldpflugstreifen aus der Sähschürze vorgenommen. Die Aufwandmenge betrug ca. 0,9 Kg/ha Bestandesfläche.
Auf der im Frühjahr 2007 gesäten Fläche 2 wurden Douglasien und Europäische Lärche in jeden Waldpflugstreifen mit der Flasche gesät. Schrittmaß und die Größe der Flaschenöffnung müssen aufeinander abgestimmt werden um eine gleichmäßiges Ausbringen des Saatgutes zu erreichen. Die Aufwandmenge betrug ca. 0,5 Kg Douglasien- und 0,25 Kg Lärchensaatgut je Hektar. Ergänzend wurden hier zusätzlich gruppenweise Buchen gepflanzt (ca. 1000 Stck./ha).
Unabhängig vom Verfahren sind für die Einsaat weniger als vier Arbeitsstunden je Hektar Bestandesfläche erforderlich.

Kosten
Für das Räumen des Schlagabraums mit dem Räumfix müssen ca. 300 €/ha veranschlagt werden. Der anschließende Einsatz des Waldpflugs oder des TTS-Geräts kostet ebenfalls rund 300 €/ha. Die Kosten für Saatgut belaufen sich je nach Samenjahr bei der Douglasie auf 600-1200 €/kg und bei der Europäischen Lärche auf 400-700 €/kg. Der Arbeitslohn für die Ausbringung des Saatguts kann mit weniger als 100 €/ha kalkuliert werden. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Kosten für die gruppenweise Pflanzung von Buchen.
Naturverjüngungen mit Beisaat aus Douglasie und Europäischer Lärche sowie einer Pflanzung von Buche (30 % Flächenanteil) können im niedersächsischen Privatwald im Rahmen des ökologischen Waldumbaus gefördert werden.

Weitere Bestandesbehandlung
Wie bei allen Voranbauten üblich, ist auch auf Saat- und Naturverjüngungsflächen eine aufmerksame Beobachtung der Kulturentwicklung notwendig. Insbesondere ist der Licht-Einfluss der Schirmbäume und der Begleitvegetation auf die Kultur kritisch zu beobachten.
Nach den gemachten Erfahrungen sind konkurrierende Begleithölzer aus Birke, Eberesche, Faulbaum und Himbeere auszuhauen, da diese durch Konkurrenz und den Schirmdruck die Verjüngung entscheidend in ihrer Entwicklung beeinträchtigen. Darüber hinaus ist mit Kulturrisiken durch Vergrasung oder Verkrautung zu rechnen. Eventueller Schirmdruck, besonders auf die Kiefernnaturverjüngung, ist meist unbedenklich, wenn ausreichend Douglasien/ Lärchen zur Verfügung stehen. Die Kiefer soll auf den vorgestellten Flächen nur zur Zeitmischung als Füllholz dient. Wirkungsvoller Schirm erzieht die Douglasien und Lärchen zu Feinastigkeit und geradem Wuchs. Eine Mischwuchsregulierung war bisher nicht erforderlich. Auffallend ist bisher, dass die eingesäten Douglasien in der Kiefernnaturverjüngung gut mitwachsen. Es finden sich schon jetzt (10 jährig) zahlreiche Z-Bäume (+Bäume), die deutlich vorwüchsig sind und eine ausgezeichnete Qualität aufweisen.
Pflegeeingriffe im Jungwuchs oder Eingriffe im Überhalt sind in Anlehnung an die sonst üblichen Waldbauvorgaben für Unterbauten/Voranbauten zu erwarten. Die Qualität der beschriebenen Kulturen scheint sich insgesamt wesentlich besser zu entwickeln als bei Pflanzung.

Fazit
Auf beiden Flächen sind die Saat und die Naturverjüngung sehr gut und stammzahlreich aufgelaufen. Probemessungen der Verjüngung haben für die Fläche 2 Individuenzahlen von mehr als 110.000 Stück je Hektar ergeben. Die Verjüngung ist auffallend feinastig und gerade.
Trotz teilweise hoher Wildbestände sind nur geringe Verbiss- und Fegeschäden an den gesäten Douglasien festzustellen. Die Jungpflanzen werden einerseits durch die stückzahlreiche Umfütterung aus der Naturverjüngung sehr gut geschützt, andererseits scheinen die aus Saat entstandenen Pflanzen eine geringere Attraktivität für den Verbiss zu haben. Ein Zäunen der Flächen ist deshalb nicht erforderlich.
Aus Naturverjüngung und Saat erwachsene Bestände weisen eine ungestörte und gesunde Wurzelentwicklung auf. Es ist zu erwarten, dass sich dieses positiv auf die künftige Stabilität auswirken wird. Dies trägt insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels mit seinen zu erwartenden Wetterextremen (Trockenheit, Sturm) zur Betriebssicherheit bei.
Die gegenüber der Pflanzung vergleichsweise geringen Kosten der Kulturbegründung lassen auf geeigneten Standorten ein teils erhebliches Rationalisierungspotenzial erwarten.
An den Elitebäumen im Überhalt wird in den nächsten Jahrzehnten noch ein erheblicher Massen -und Wertzuwachs erfolgen. Dieser dient dem Waldbesitzer als Spardose und kann bei Bedarf kurzfristig mobilisiert werden.
Entscheidend für eine waldbaulich erfolgreiche Arbeit sind das Interesse und das Engagement des Waldbesitzers. In den Beispielen war das mit Frido Peper (†) gegeben, auch sein Sohn Ulrich führt dieses Werk mit viel Interesse weiter.

Quelle: DLV-Verlag, Zeitschrift "Deutscher Waldbesitzer" (5/10)
Autoren: Detlef Heinrichs, Steffen Hartig