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Landessortenversuche 2020: Wintertriticale

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In den Landessortenversuchen Wintertriticale wurden im diesem Jahr 14 Sorten an 16 Standorten getestet. Nach vier Neuzugängen 2019 kamen mit Belcanto, RGT Flickflac und Rivolt drei neue Kandidaten ins Prüfsortiment. Die Ergebnisse der Versuche werden Ihnen im folgenden Artikel und den beigefügten Tabellen präsentiert. 

Wintertriticale
WintertriticaleCarsten Rieckmann
Der Abwärtstrend der Anbaufläche für Wintertriticale setzte sich auch in diesem Jahr weiter fort. Aktuell wird für das Jahr 2020 vom Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) eine Triticalefläche von 56.200 ha prognostiziert. Damit sank der Anbau gegenüber den anbaustärksten Jahren 2014 bis 2016 um ca. 25.000 ha und nimmt damit noch einen Umfang von 3,0 % an der Ackerbaufläche ein. Nach den beiden Trockenjahren 2017 und 2018 wurde statt Triticale auf den leichteren Standorten wieder vermehrt Roggen angebaut. Aber auch Sommerungen, hier vor allem Mais, profitierten davon, dass Futterlücken aus den beiden Vorjahren zu schließen waren.

Witterung

Die Aussaatbedingungen waren im vergangenen Herbst innerhalb Niedersachsens recht unterschiedlich. Ergiebige Niederschläge im Oktober führten teilweise zu einem Verschlämmen der bereits Anfang Oktober ausgedrillten Bestände bzw. verzögerten die Aussaat bis Ende Oktober. Gleichwohl entwickelten sich die Bestände vor Winter durchweg zufriedenstellend bis gut.

Durch den milden Winter kam es praktisch zu kaum einer Vegetationsruhe. Da im Februar sehr hohe Niederschläge mehr oder weniger flächendeckend fielen, war oftmals eine termingerechte erste N-Gabe nicht möglich. Das anschließende Ausbleiben von Niederschlägen behinderte zudem die Düngewirkung der verspätet ausgebrachten N-Gaben. Einhergehend mit geringen Nmin-Werten im Frühjahr, vor allem auf den leichteren Standorten, kam es daher teilweise zu einer Nährstoff-Unterversorgung. Schwach bestockte Bestände mit zur Ernte nur unzureichender Anzahl ährentragender Halme waren die Folge. Die von März bis Ende Mai regional unterschiedlich ausgeprägte Trockenperiode beeinträchtigte insbesondere auf den leichteren Standorten zusätzlich die Bestandesentwicklung. Gravierende Trockenschäden traten optisch kaum hervor, da die Temperaturen in diesem Zeitraum in einem moderaten Bereich lagen. Die ab Juni wieder regelmäßiger gefallenen Niederschläge konnten die Kornfüllungsphase noch positiv unterstützen. Die Ernte verzögerte sich gegenüber dem Vorjahr um ca. eine Woche.

Erträge der Sorten

Die differierenden Erträge auf den Versuchsstandorten in den unterschiedlichen Regionen spiegeln im Gegensatz zum Vorjahr die Situation in der Praxis recht gut wider. In Abhängigkeit von der Bestandesentwicklung und der Beeinträchtigung durch die Frühjahrstrockenheit waren deutliche Ertragsunterschiede erkennbar. Insbesondere auf den Sandstandorten West lagen die Leistungen der drei niedersächsischen Versuche im Bereich von 60 bis 70 dt/ha, während am NRW-Standort dank kontinuierlicher Niederschläge über 100 dt/ha geerntet werden konnten. Die Erträge auf den Sandstandorten Nord lagen in einem Bereich von 65 dt/ha bis 74 dt/ha auf dem beregneten Standort im Landkreis Stade. Auf den leichten Lehmstandorten variierten die Erträge zwischen gut 75 dt/ha und über 120 dt/ha, wobei die niedersächsischen Standorte im Ertragsniveau dazwischen lagen. In den Höhenlagen wurden im Durchschnitt der 3 Standorte aus Hessen und Nordrhein-Westfalen 90 dt/ha gedroschen.

In den Ertragstabellen werden ergänzend zu den Einzeljahresergebnissen der Sorten  die mehrjährigen Leistungen auf der Verrechnungsbasis des Jahres 2020 in den vier Anbauregionen dargestellt. Wenn möglich, wurden die Ergebnisse aus den Vorversuchen, wie Wert- und EU-Prüfungen, mit einbezogen. Die guten Leistungen einiger neuer Sorten führen dazu, dass bei den älteren Sorten die Relativergebnisse aus den Vorjahren abgewertet werden. In diesem Jahr wurden drei neue Sorten erstmals in die Landessortenversuche (LSV) aufgenommen; das sind Belcanto (Danko), RGT Flickflac (RAGT) und Rivolt (Secobra)

Sortenbeurteilungen und -empfehlungen

Ramdam erreichte in beiden Prüfjahren in allen Anbauregionen überdurchschnittliche Erträge und wird auch aufgrund der guten Blattgesundheit voll empfohlen. Trotz ihrer Wuchshöhe ist sie durchschnittlich standfest.

Die winterharte Sorte Lombardo erwies sich wieder in allen Anbauregionen als sehr ertragskonstant. Die mit Abstand vermehrungsstärkste Triticalesorte bleibt damit für ganz Niedersachsen klar empfohlen. Zu beachten sind die mittleren Einstufungen gegenüber Lagerneigung, Mehltau und Gelbrost, vor allem aber die Anfälligkeit gegenüber Braunrost und Blattseptoria. Gegenüber Ährenfusarium wurde die Sorte mit einer mittleren Anfälligkeit, und damit besser als im Vorjahr, eingestuft. Insbesondere Aussaaten nach Maisvorfrucht sind mit anfälligen Sorten zu vermeiden.

Ozean wird als blattgesunde, standfeste und fusariumtolerante Sorte bei guten bis mittleren Erträgen auf den Sandböden Nord sowie West und den Höhenlagen für den Anbau empfohlen. Bedingt durch die etwas schwächeren Erträge auf den Lehmstandorten erfolgt hier nur eine eingeschränkte Empfehlung.

Die ebenfalls blattgesunde, standfeste und fusariumtolerante Sorte Vivaldi wird dank guter Erträge auf den Sandstandorten voll und bei mittleren Ertragsleistungen auf den Lehmböden eingeschränkt empfohlen.

Mit den positiven Einstufungen in den Eigenschaften Standfestigkeit, Blattgesundheit und Fusariumtoleranz erhält die etablierte Sorte Temuco bei mittleren Ertragsleistungen in allen Regionen eine Empfehlung, wobei diese auf den Sand- und Lehmböden West ertragsbedingt nur eingeschränkt ist.

Die standfeste Sorte Ramos konnte ertraglich auf den Sandböden Nord sowie den Lehm- und Höhenstandorten überzeugen. Zu beachten ist die Schwäche vor allem gegenüber Gelbrost, aber auch bei Mehltau, wodurch ein gezielter Pflanzenschutzmitteleinsatz notwendig ist.

Lanetto erzielte auf den Sand- und Lehmböden West gute Erträge und wird daher dort empfohlen. Bei dieser Sorte muss der Bestand intensiv auf die Krankheiten Gelb- und Braunrost sowie Blattseptoria kontrolliert und gegebenenfalls behandelt werden, da ansonsten die Gefahr höherer Ertragsverluste besteht.

Die Sorte Cedrico verbesserte sich in diesem Jahr in allen Anbauregionen ertraglich gegenüber den Vorjahren. Mehrjährig betrachtet erreichte sie auf den Sand- und Höhenstandorten knapp durchschnittliche Leistungen, etwas schwächer fielen die Ergebnisse auf den leichteren Lehmstandorten aus. Als standfeste und vor allem gegenüber Ährenfusarium sehr robuste Sorte wird sie in der Kombination von mittleren Erträgen und den beschriebenen weiteren Eigenschaften auf den westlichen Sand- und Lehmstandorten, vornehmlich nach Mais, eingeschränkt empfohlen.

Von den drei erstmalig im LSV geprüften Sorten konnte sich lediglich Rivolt dank sehr hoher Ertragsleistungen in allen Anbauregionen für den Probeanbau empfehlen. Zu beachten ist die Anfälligkeit gegenüber Gelbrost. In Befallssituationen sind ohne Pflanzenschutzmaßnahmen deutliche Ertragseinbußen zu befürchten. Gegenüber Ährenfusarium scheint die Sorte sehr robust  zu sein, auch wenn es hierzu noch keine offiziellen Einstufungen gibt. Belcanto und RGT Flickflac konnten ertraglich noch nicht überzeugen, werden aber hinsichtlich ihrer Unempfindlichkeit gegenüber Blattkrankheiten und Ährenfusarium sehr gut bis gut eingestuft.

Die Regionen im Einzelnen zusammengefasst

Auf den Sandböden West erreichten von den zwei- und mehrjährig geprüften Sorten Ramdam, Cedrico, Vivaldi, Lombardo und Ozean die höchsten Erträge. Von den neuen Sorten überzeugte Rivolt mit relativ 105 ebenfalls.

Dank zweier überdurchschnittlicher Jahresergebnisse bei gleichzeitiger guter Blattgesundheit und mittlerer Einstufung gegenüber Lager und Ährenfusarium wird Ramdam klar empfohlen. Die altbewährte Sorte Lombardo zeigte im Mittel der Jahre nach wie vor hohe Erträge und wird weiterhin empfohlen. Vor allem die Schwächen gegenüber Braunrost und Blattseptoria sind zu beachten. Die Sorte Lanetto wird trotz schwacher aktueller Erträge insgesamt noch aus ertraglicher Sicht empfohlen. Zu berücksichtigen ist die hohe Krankheitsanfälligkeit gegenüber den Rosten und Blattseptoria. Cedrico erreichte mehrjährig leicht unterdurchschnittliche Erträge. In der Kombination Standfestigkeit, gute Gelbrost-Einstufung und vor allem  Unempfindlichkeit gegenüber Ährenfusarium zählt sie insbesondere in dieser Region mit hohen Maisanteilen mit gleichzeitig intensiver organischer Düngung zu den anbauwürdigen Sorten. Darüber hinaus könnte auch Temuco trotz schwächerer Erträge mit den weiteren positiven Eigenschaften in Frage kommen. Die zweijährig geprüften Sorten Vivaldi und Ozean sind bei knapp durchschnittlichen Erträgen, guter Standfestigkeit und Blattgesundheit sowie Robustheit gegenüber Ährenfusarium empfohlen. Die blattgesunden Sorten Porto und Riparo erreichten insgesamt leicht unterdurchschnittliche bis durchschnittliche Erträge. Da beide Sorten jedoch gegenüber Ährenfusarium als anfällig eingestuft sind, werden sie nicht unbedingt für diese Anbauregion empfohlen. Von den drei erstmalig geprüften Sorten hob sich Rivolt ertraglich deutlich positiv hervor und wird für den Probeanbau empfohlen. Die etwas höhere Anfälligkeit gegenüber Gelbrost gilt es zu beachten.

In der Anbauregion Sandböden Nordhannover erreichte 2020 Ramdam mit Abstand die höchsten Erträge und überzeugte somit auch im mehrjährigen Vergleich. Aber auch Ozean, Lombardo sowie Vivaldi und Ramos konnten überzeugen. Diese genannten Sorten zählen dank guter Vorjahresergebnisse zu den empfohlenen Sorten. Die blattgesunde und fusariumtolerante Sorte Temuco lieferte insgesamt gute Erträge und wird in der Kombination ihrer Eigenschaften für den Anbau empfohlen.  Rivolt als neue Sorte lieferte ebenfalls sehr gut Erträge, die die guten Vorprüfungsergebnisse bestätigen. Sie empfiehlt sich daher ganz klar für den Probeanbau.

Auf den Lehmstandorten West erzielten 2020 Ramdam, der Neuzugange Rivolt und Lombardo die höchsten Erträge. Von den zwei- und mehrjährig geprüften Sorten war Ramdam mit Abstand am ertragsstärksten und ist dank guter Blattgesundheit voll empfohlen. Lombardo, Ramos und Lanetto erzielten ebenfalls überdurchschnittliche Erträge und werden empfohlen. Bei allen drei Sorten sind jedoch die unterschiedlichen Empfindlichkeiten gegenüber Krankheiten zu beachten. Die blattgesunden Sorten Temuco, Ozean und Vivaldi sowie auch Cedrico werden für die Lehmstandorte in den Veredelungsregionen wegen guter bzw. sehr guter Einstufung gegenüber Ährenfusarium eingeschränkt empfohlen. Für den Probeanbau empfiehlt sich die ertragsstarke, aber gelbrostempfindliche Sorte Rivolt.

Im Anbaugebiet Höhenlagen Mitte/West waren die Ertragsunterschiede zwischen den Sorten 2020 weniger ausgeprägt. Positiv hoben sich in diesem Jahr die erstmals geprüfte Sorte Rivolt sowie Ramdam, Lombardo und Cedrico hervor. Auch in dieser Anbauregion erreichte Ramdam mehrjährig betrachtet die besten Leistungen. Darüber hinaus werden Ramos, Ozean, Lombardo, und Temuco für den Anbau empfohlen. Rivolt empfiehlt sich durch sehr guter Erträge auch hier für den Probeanbau.

Qualitätseinstufungen

Die Rohproteingehalte lagen auf den niedersächsischen Versuchsstandorten in der Ernte 2020 mit durchschnittlich 12,1 % auf einem mittleren Niveau, wobei die Werte zwischen den Orten von 10,2 % bis 14,5 % schwankten. Die Rohproteingehalte der Sorten werden zum Teil sicherlich auch durch deren Ertragsniveau beeinflusst. So lagen die Gehalte bei Rivolt und Ramdam auf einem niedrigen Niveau. Ramos, Belcanto und Riparo erzielten hingegen die höchsten Werte.

Die mit Abstand höchsten hl-Gewichte erreichte die neue Sorte Belcanto, aber auch Porto, Vivaldi, Cedrico, Ramos und Ozean lieferten hohe Werte. 2020 lagen die Hektolitergewichte mit Durchschnittswerten von 74,5 kg auf dem Niveau der Vorjahre. Die Streuung zwischen den Orten war auch hier mit 72,4 bis 78,4 kg recht ausgeprägt.

Auswirkungen von Intensitätsminderungen

Der Verzicht auf den Einsatz von Fungiziden wird in den Ertragstabellen durch den Minderertrag gegenüber der behandelten Stufe dargestellt. Sorten, die eine geringe Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten aufweisen, zeigen daher in der Regel deutlich geringere Mindererträge als empfindliche Sorten. Die als gesund eingestuften Sorten Belcanto, Temuco, Riparo, Ramdam und RGT Flickflac bestätigten das.

Der Gelbrost hatte von den Krankheiten in diesem Jahr den größten Einfluss auf die Ertragsleistungen der Sorten. Am empfindlichsten reagierten die Sorten Ramos, Lanetto, Lombardo und Rivolt.

Zusammenfassung

Die trockenen Jahre 2018 und 2019 haben möglicherweise den Anbaurückgang von Triticale vorangetrieben. Auf den leichteren Standorten wurde häufiger auf Winterroggen umgeschwenkt. Gleichwohl sind in den letzten Jahren verstärkte und erfolgreiche Züchtungsaktivitäten bei Triticale festzustellen.

Viele der neueren geprüften Sorten zeichnen sich durch eine deutlich verbesserte Blattgesundheit aus und bereichern somit das Angebot an anbauwürdigen Sorten. Die Einstufung im Merkmal Fusariumanfälligkeit der Sorten macht es möglich, insbesondere in den veredelungsstarken Regionen mit hohen Maisanteilen in der Fruchtfolge geeignete tolerante Sorten auszuwählen. Hinzu kommt dort ein besonderes Augenmerk auf die Standfestigkeit und Blattgesundheit.