Zuckerrüben und Weizen werden digital: Projektstart in Göttingen auf dem Experimentierfeld FarmerSpace
Göttingen, 17.06.20 – Rechtzeitig zur Frühjahrsbestellung hat das BMEL den Förderbescheid für das digitale Experimentierfeld FarmerSpace übergeben. Im April wurden Zuckerrüben und Sommerweizen im Versuchsfeld gesät, um hochaktuelle Themen für den zukünftigen Pflanzenschutz zu erforschen.
Damit sind trotz Coronabedingter Arbeitserschwernisse beste Voraussetzungen geschaffen, um unverzüglich in der ersten Vegetationsperiode der dreijährigen Projektlaufzeit mit der Arbeit im Feld zu starten. In einem Verbund von vier Partnern wird das Projekt FarmerSpace vom Institut für Zuckerrübenforschung an der Universität Göttingen (Projektkoordination), der Abteilung Agrartechnik der Universität Göttingen, der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und dem Institutsteil Angewandte Systemtechnik des Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Ilmenau durchgeführt.
Die Projektpartner etablieren und evaluieren Feldsensorik, IoT-Funksensornetzwerke, verschiedenste kameragestützte Messroutinen, Datennetzwerke und Robotiktechnologien für den Pflanzenschutz und fördern den Wissensaustausch mit der landwirtschaftlichen Praxis. Ein Ziel ist die engmaschige, zerstörungsfreie Erfassung von Feldparametern wie Unkrautdruck oder Krankheitsbefall. FarmerSpace ist eine Einladung zur Kooperation an Landwirte, Berater, Maschinenhersteller, Start-Ups, Systemanbieter, Modellierer, Pflanzenschutzmittelhersteller und andere Interessierte. Diese können neue Produkte und Ideen unter Feldbedingungen bei fundierter wissenschaftlicher Begleitung evaluieren und einem breiten Publikum z.B. auf Feldtagen zugänglich machen.
FarmerSpace fokussiert sich auf praxistaugliche Lösungen. Die Themen Unkrautmanagement und Krankheitserkennung werden am Versuchsstandort Göttingen und durch ein Onfarm-Versuchsdesign mit landwirtschaftlichen Betrieben bundesweit und partnerschaftlich aus der Praxis für die Praxis bearbeitet.
Im Frühjahr liegt der Arbeitsschwerpunkt bei Zuckerrüben und Weizen auf der Unkrauterkennung und -kontrolle. Im Verlauf des Projektes werden unterschiedliche Verfahren wie teilflächige und angepasste Herbizidapplikationen, aber auch Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz, wie mechanische Bekämpfungsmethoden oder die Anwendung elektrischer Energie für die Unkrautkontrolle, evaluiert.
Im Sommer konzentrieren sich die Aktivitäten darauf, einen Befall von Zuckerrüben und Weizen mit Blattkrankheiten frühzeitig zu erkennen und bei Überschreitung von Schadensschwellen durch gezielten Pflanzenschutzmitteleinsatz eine Ausbreitung der Krankheit im Pflanzenbestand zu verhindern. Zum Einsatz kommen Umweltsensoren und Modellierung sowie Drohnen-Kameras, die Luftaufnahmen in unterschiedlichen Spektralbereichen ermöglichen. Die Daten werden mit Methoden des maschinellen Lernens und Deep Learning Ansätzen ausgewertet, um eindeutige Signaturen für den Krankheitsbefall zu identifizieren. Die dadurch mögliche gezieltere Pflanzenschutzmaßnahme kann idealerweise sehr früh erfolgen und räumlich auf einen nesterweisen Befall begrenzt werden. Damit wird zugleich die zu behandelnde Fläche reduziert und der Behandlungserfolg verbessert, was zu weniger Ertragsverlusten bei geringerem Pflanzenschutzmitteleinsatz führt.
Der Weg dorthin ist nicht einfach und die eingesetzten digitalen Technologien liefern große Mengen komplexer, heterogener Daten. Im Projekt wird daher ein multidimensionales Datenmodell zur Zusammenführung von Informationen aus unterschiedlichen Quellen und von unterschiedlichen Skalenebenen aufgebaut. Im Modell werden Kamera- und 3D-Daten genauso wie IoT-Sensordaten aus Funksensornetzwerken zusammengeführt, was neue Aussagen zum Pflanzenbestand und seiner Umgebung liefert. Als Ergebnis lassen sich z.B. Karten zur Steuerung von Robotern auf dem Feld oder Applikationskarten für den Pflanzenschutz ableiten.
Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Projekt werden im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen und Feldtagen einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Da aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie Präsenzveranstaltungen für den Technologietransfer aktuell nicht wie geplant umsetzbar sind, helfen auch hier digitale Technologien. Zur Beteiligung aller Interessenten werden Informationen auf der Webseite www.farmerspace.uni-goettingen.de angeboten, ergänzt um Videos und Online-Veranstaltungen. Das online-Format wird konsequent ausgebaut und überbrückt für Interessierte hoffentlich die Zeit, bis eine persönliche Information bei der nächsten „Feld“-Gelegenheit möglich ist.
Die Digitalisierung trägt in hohem Maße zur weiteren Modernisierung von Produktionsverfahren im Pflanzenbau und damit zur Zukunftsfähigkeit der Branche bei. Angefangen bei Decision Support Systemen über satellitengesteuerte Landtechnik bis hin zur Dokumentation durchgeführter Maßnahmen, um den steigenden Anforderungen von Handel und Verbrauchern zu begegnen. Digitale Technologien ermöglichen weitere konkrete Nutzenpotenziale, durch die einzelne Maßnahmen oder ganze Anbausysteme besser, gezielter und erfolgreicher durchgeführt werden können.
FarmerSpace ist eines von bundesweit 14 Projekten, die im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des BMEL gefördert werden. Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Kontakte
Kai-Hendrik Howind
Leiter Sachgebiet Anbausysteme, Fruchtfolgen, Digitales
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