Mit Automation und Präzision in die Zukunft
Digitalisierung und Agrarwirtschaft 4.0 - die rasante, technische Weiterentwicklung betrifft nicht nur den gesamten industriellen, sondern auch den landwirtschaftlichen Sektor. Autonome Arbeitsmaschinen, die ohne Fahrer auskommen, waren dabei bisher in der Regel nur Bestandteil von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben der Landtechnikindustrie. Das ist nun anders!
Digital auf den Feldtagen
Im Rahmen der Maschinendemonstration anlässlich der Feldtage der LWK Niedersachsen am 1. und 2. Juni in Poppenburg werden verschiedene autonome Maschinen und digitale Techniken den Besuchern in der Praxis vorgeführt. Insbesondere der Arbeitseinsatz des Agxeed Agbot und des Farmdroid FD20 dürfte für viele Teilnehmer die erste Berührung zu autonomen Arbeitsmaschinen auf dem Acker sein. Weitere Innovationen werden im Bereich der Düngung, des Pflanzenschutzes und der Fernerkundung vorgeführt.
Digitalisierung und Landwirtschaft
Eigentlich ist die Digitalisierung schon lange auf den landwirtschaftlichen Betrieben angekommen. Der erste Stickstoffsensor wurde bereits vor über 30 Jahren auf den Markt gebracht. Auch Parallelfahrsysteme, Bodensensoren, Satellitendaten und andere digitale Techniken sind in der Praxis bereits weit verbreitet. Im Zuge der gewünschten und geforderten nachhaltigen Ausrichtung der landwirtschaftlichen Produktion in Bezug auf sichere Lebensmittel, den Umgang mit den öffentlichen Schutzgütern wie Boden, Wasser, Biodiversität und Klima oder dem Tierwohl kommt nun auch häufig die Politik ins Spiel und fördert die Etablierung der Digitalisierung in der Landwirtschaft, mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen der Digitalisierung für die Landwirtschaft und die ländlichen Räume mitzugestalten und die Chancen, insbesondere auch für kleine und mittlere Betriebe nutzbar zu machen.
Mit Unterstützung des MLs und weiteren Förderern gründete die Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Jahr 2020 das PraxisLabor Digitaler Ackerbau, mit dem Ziel, die Bewertung und Erprobung von digitalen Verfahren im Ackerbau unter den bewährten Standards des Feldversuchswesens der Landwirtschaftskammer voranzubringen. Das Potenzial von verschiedenen digitalen Techniken oder Informationen für den Praxisbetrieb soll so im Hinblick auf den Betriebsmitteleinsatz, die Anwenderpraktikabilität, die Wirtschaftlichkeit und auch auf Umwelteffekte beschrieben werden. Die so erworbenen Erkenntnisse fließen dann in die neutrale und herstellerunabhängige Beratungsarbeit sowie auch in die Aus- und Weiterbildung in den grünen Berufen ein.
Auch in der Außenwirtschaft werden viele ackerbauliche Verfahren zunehmend automatisiert. Die Satellitennavigation ermöglicht in Verbindung mit hochwertigen Parallelfahrsystemen ein automatisches Lenken bis zu einer Genauigkeit von 2-3 cm. Vollkommen selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Schlepper sind mittlerweile keine Zukunftsmusik mehr.
Autonome Arbeitsmaschinen
Beim autonomen Fahren bewegt sich ein Fahrzeug oder eine Maschine selbstständig fort, ohne dass ein Mensch vom Fahrzeug aus Entscheidungen trifft oder als Überwacher tätig ist. Die Steuerung des Fahrzeugs wird über den Computer im Büro oder über mobile Endgeräte, wie Smartphone oder Tablet vorgenommen. In Notfällen können autonome Fahrzeuge natürlich auch direkt am Gerät mit einem Notausschalter ausgeschaltet oder bedient werden. Das autonome Fahrzeug verfügt über vorprogrammierte Anweisungen, die ausgewählt werden können und führt diese nach Bestätigung des Bedieners aus. So kann das autonome Fahrzeug einen Pflug ziehen, dicht gefolgt von einem zweiten unbemannten Traktor mit einer Sähmaschine. Im Flottenmanagement sind etliche Kombinationen vorstellbar, wie z. B. eine Flotte aus bemannten und unbemannten Fahrzeugen, wobei der Mensch in diesem Fall die Koordination aller Fahrzeuge übernimmt.
Bereits im Jahr 2013 wurde auf der Agritechnica ein System vorgestellt und prämiert, bei dem ein Schlepper von einem Fahrer gesteuert wird und ein zweiter unbemannter Schlepper dem Ersten folgt. Verbunden sind die Schlepper mittels RTK-GPS Satellitenortung und Funk, bei einer Störung bleibt der fahrerlose Schlepper sofort stehen. Der Fahrer des sogenannten Leitfahrzeugs legt im Vorhinein fest, welchen Abstand die Maschinen zueinander halten sollen. Ein Arbeitsvorgang kann von zwei Schleppern mit nur einem Fahrer durchgeführt werden, erforderlich sind allerdings zwei identische Anbaugeräte. Die Vorgänge wie Ein- und Ausheben des Anbaugerätes oder Geschwindigkeitsregelungen übernimmt der unbemannte Schlepper direkt vom Leitfahrzeug. Problematisch ist allerdings hier die Fahrt zum Arbeitsort.
Im Bereich der Großtechnik vermarktet das StartUp-Unternehmen AgXeed aus den Niederlanden den autonomen Schlepper AgBot. Dieses Fahrzeug ist ohne Kabine gebaut und führt mit Standardanbaugeräten klassische Maßnahmen wie die Bodenbearbeitung oder die Aussaat auf dem Acker selbstständig aus. Den Agbot gibt es in mehreren Ausführungen und Leistungsklassen. Die Maßnahmen und Routen müssen vorab digital in einem Portal geplant und dem Schlepper mitgeteilt werden. Auch hier besteht die die Schwierigkeit des Transportes des Schleppers und Anbaugerätes von Feld zu Feld.
Während der Agbot mit Standardgeräten und mit normalen Verfahren vergleichbaren Arbeitsgeschwindigkeiten arbeitet, verfolgt zum Beispiel der ebenfalls bereits vertriebene Feldroboter Farmdroid FD20 des gleichnamigen Herstellers einen anderen Ansatz. Der FD20 säht und hackt selbstständig Reihenkulturen, wie z. B. Zuckerrüben, mit einer Arbeitsgeschwindigkeit von etwa 1 km/h. Der Feldroboter wird elektrisch angetrieben und wiegt ca. 1 Tonne. Durch ein integriertes Solarmodul erfolgt eine Ladung der Batterien.
Um die Arbeitsleistung zu erhöhen, können auch viele kleine Arbeitsmaschinen gleichzeitig auf einem Acker arbeiten. Dieses, allgemein als Schwarmansatz bezeichnete Verfahren ist jedoch noch nicht üblich und eher Bestandteil von Pilot- und Forschungsvorhaben.
Dennoch können unter bestimmten Voraussetzungen auch sehr kleine, autonome Roboter die Bewirtschaftung von Sonderkulturen unterstützen, indem sie z. B. ununterbrochen die Kulturen hacken und somit mechanisch von Beikräutern befreien. Der französische Hersteller Naïo Technologies bietet für verschiedene Anwendungen autonome Lösungen an.
Fazit
Autonome Schlepper können in Zukunft eine Unterstützung der bisherigen Landwirtschaft darstellen, indem sie beispielsweise auf aktuellste Wetterbedingungen direkt reagieren und die Gutwetter-Zeitfenster effektiv ausnutzen, unabhängig der üblichen Arbeitszeiten. Gerade zu Zeiten des Arbeitskräftemangels können sie bei Engpässen auch hier eine Lösung bieten. Neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die noch nicht hinreichend geklärt sind, spielt auch die gesellschaftliche Akzeptanz eine große Rolle. Das in einzelnen Bereichen angeschlagene Image der Landwirtschaft sollte vom Einsatz der autonomen Schlepper profitieren, nicht darunter leiden. Sie bieten auch Möglichkeiten der Präzisionsverbesserung und damit auch des Schutzes der Ressourcen.
Unabhängig der wichtigen betriebswirtschaftlichen Fragen muss sich jedoch der Anwender auch dieFrage stellen, ob er bereit dazu ist, das Schlepper fahren einzustellen oder ob es dann vielleicht noch schwieriger wird, Mitarbeiter für den Betrieb zu finden.
Kontakte
Jobst Gödeke
Leiter Praxislabor Digitaler Ackerbau
Dr. Harm Drücker
Leiter Fachbereich Landtechnik, Energie, Bauen, Immissionsschutz

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