Die Preise für alterntige Kartoffeln stehen unter Druck. Ausländische oder z.T. schon deutsche Partien gelangen in den Markt und ersetzen die Kartoffeln der letzten Ernte, von denen z.T. noch beträchtliche Mengen im Lager liegen. Hinzu kommt, dass wetterbedingt viele Kartoffeln nicht mehr gelagert werden können.
Neben der Verwertung über Biogasanlagen könnte vereinzelt auch die Verfütterung an Rinder in Betracht kommen. Vor einem möglichen Einsatz sollte aber berücksichtigt werden, dass die Kartoffelqualität einwandfrei sein muss und die verfügbaren Mengen eventuell nur für eine begrenzte Zeit reichen.
Kraftfutterersatz
Kartoffeln enthalten viel Energie in Form von Stärke und haben deshalb einen hohen Futterwert. Allerdings sind sie auch sehr wasserreich, der Trockenmassegehalt liegt im Mittel nur bei 22 %. Mit 8,4 MJ NEL/kg TM sind Kartoffeln sehr energiereich. Ihr Eiweiß-, Stärke- und Energiegehalt ähnelt dem von Körnermais. Der nXP-Gehalt liegt bei 162 g und der Rohproteinwert bei 96 g/kg TM. Die negative RNB zeigt, dass eine entsprechende Eiweißergänzung notwendig ist. Kartoffeln zählen zu den Saftfuttern und können einen Teil des Kraftfutters ersetzen. Wegen ihres sehr geringen Rohfasergehaltes ist auf eine ausreichende Strukturversorgung in der Ration zu achten. Vorteilhaft ist, dass die Kartoffelstärke langsamer als die Getreidestärke im Pansen abgebaut wird. So kann mit einer Stärkebeständigkeit von 30 % kalkuliert werden.
Futterwert roher Kartoffeln (DLG-Angabe je kg TM)
TM % |
Rohprotein g |
nXP g |
RNB g |
Stärke g |
Rohfaser g |
NEL MJ |
ME MJ |
22 |
96 |
162 |
-11 |
710 |
27 |
8,4 |
13,1 |
Die langsam abbaubare Stärke ist insbesondere für Milchkühe mit hohen Leistungen als günstig anzusehen, da die in den Dünndarm gelangende Stärke über die Umwandlung zu Glukose energetisch besser als im Pansen verwertet wird.
Delikatesse für Kühe
Kartoffeln werden roh an Rinder verfüttert. Schlundverstopfungen treten selten auf. Noch unwahrscheinlicher sind sie, wenn mit Futtermischwagen gefüttert wird. Kartoffeln sind sehr schmackhaft, die Kühe lecken sich quasi die Zunge danach. Deshalb sollte für jede Kuh ein Fressplatz zur Verfügung stehen. In der Rationsplanung ist zu beachten, dass die Knollen auch Grobfutter verdrängen.
Es sollten nur saubere Kartoffeln verfüttert werden. Auch sollten sie weder angefault noch grün oder stärker gekeimt (Solanin) sein.
Einsatzmengen
Allgemein werden für Milchkühe Höchstmengen von bis zu 10 kg Kartoffeln pro Tag nach ausreichender Gewöhnung empfohlen. An niedrigleistende und trockenstehende Kühe sollten nur geringe Mengen verfüttert werden, damit die gute Stärkeverwertung nicht zu Verfettungen führt. Die Tagesmenge hängt von den jeweils verwendeten Futtermitteln ab: Je maisbetonter die Ration ist, desto weniger Kartoffeln können eingesetzt werden, oder umgekehrt: Je höher der Anteil der Grassilage ist, desto mehr Kartoffeln sind vertretbar. Entscheidend ist, wieviel langsam abbaubare Stärke die Ration enthält. Milchkühe können etwa 1,2 bis 1,5 kg beständige Stärke im Dünndarm verwerten. Kartoffeln enthalten im Durchschnitt ca. 47 g beständige Stärke je kg, das sind etwa 210 g je kg TM und damit mehr als doppelt so viel wie Getreide. Für frischmelkende Kühe liegen die Versorgungsempfehlungen bei 50 g und für Altmelker bei 30 g beständige Stärke je kg TM.
An Mastbullen lassen sich in Kombination mit Maissilage bis zu etwa 10 kg Kartoffeln verfüttern, während in Grassilagerationen in der Praxis durchaus über 20 kg in der Endmast eingesetzt werden. Als Orientierungswert können etwa 3,0 kg pro 100 kg LM dienen.
Solanin ein Risiko?
Beim Einsatz gekeimter Kartoffeln wird oft nach dem Risiko einer Solaninvergiftung gefragt. Solanin ist ein giftiges Alkaloid, das in Nachtschattengewächsen vorkommt, wozu auch die Kartoffel gehört. Solanin konzentriert sich insbesondere in grünen Kartoffeln und in den Keimen. So gibt es ältere Hinweise auf Solaningehalte von bis zu 50 mg/g Keime. Zum Vergleich: Bis ca. 100 mg Solanin je kg Kartoffel gelten als normal. Es ist sehr schwierig abzuschätzen, ab welcher Konzentration Schäden am Tier auftreten. Würden Untersuchungsergebnisse von Schafen auf Rinder übertragen, ergäbe sich eine Toleranz von etwa 130 g Solanin für ein 600 kg schweres Rind. Danach ist das Risiko einer Vergiftung als eher gering einzuschätzen. Zum Abtrennen der Keime sollten Kartoffeln über ein Sortierband laufen.
Was dürfen Kartoffeln kosten?
Ob sich der Einsatz roher Kartoffeln lohnt, hängt von ihrem Zukaufspreis im Vergleich zum Preis des zu ersetzenden Futtermittels ab. Für die Berechnung der Preiswürdigkeit in der Rinderfütterung werden im folgenden Beispiel Rapsschrot und Weizen gewählt. Um den tatsächlichen Zukaufspreis zu ermitteln, müssen für Lagerung, mögliche Nährstoffschwankungen, zusätzliche Arbeit etc. noch Abschläge vorgenommen werden, die jeder Landwirt selbst zu kalkulieren hat. Als Orientierungswert kann mit Risikoabschlägen zwischen 20 und 30 % gerechnet werden.
Preiswürdigkeit von Kartoffeln in der Rinderfütterung
Bei einem Preis je dt Weizen von |
20 € |
23 € |
||
und einem Preis je dt Rapsschrot von |
25 € |
30 € |
25 € |
30 € |
dürfen Kartoffeln für Kühe … €/dt kosten dürfen Kartoffeln für Bullen … €/dt kosten |
4,80 4,60 |
4,70 4,40 |
5,60 5,50 |
5,50 5,30 |
Wenn Rapsschrot z.B. 30 €/dt und Weizen 20 €/dt kosten, sind Kartoffeln inkl. Risikoabschlag von 30 % maximal 3,30 €/dt für Milchkühe wert. Hierbei sind mögliche Transportkosten noch nicht berücksichtigt.
Abschließend ist zu sagen, dass ein Verfüttern von Kartoffeln nur sinnvoll ist, wenn sie über längere Zeit eingesetzt werden können. Von einem Zukauf geringer Mengen zu Schnäppchenpreisen ist daher abzuraten.