Bezirksstelle Nienburg

Blattkrankheiten in Wintergerste, Winterroggen und Wintertriticale gezielt und wirkstoffschonend behandeln

Webcode: 01042844
Stand: 28.03.2024

Wintergerste-, Winterroggen- oder Triticalebestände ohne Nässeschäden präsentieren sich recht weit entwickelt. Wintergerste zeigt sortenspezifisch Befall mit Netzflecken oder Zwergrost. Erster Braunrost ist auch im Winterroggen zu finden. Geschwächte Triticalebestände leiden häufig unter starken Mehltaubefall. 

Aktueller Zulassungsstand Fungizide (Tabelle s.u.)

Die Firma Bayer hat das Produkt Delaro Forte für 2024 zur Zulassung gebracht. Es enthält die Wirkstoffe Spiroxamine, Prothioconazol und Trifloxystrobin. Die maximale Aufwandmenge beträgt 1,5 l/ha und kann in Weizen, Gerste, Roggen und Triticale jeweils bei Sommer und Winterform angewendet werden. Delaro Forte ist breit wirksam gegen Rostarten, Netzflecken, Rhynchosporium, Septoria tritici und Fusarienarten. Der Einsatztermin ist in Gerste von BBCH 30 bis 61 und in den übrigen Getreidearten von BBCH 30 bis 69 festgesetzt. Es gilt als pflanzenschutzrechtlicher Gewässerabstand die NW 605-1.

Univoq Xtra (Fa. Corteva): Entspricht einer Pack-Kombination aus Univoq (Fenpicoxamid und Prothioconazol), sowie Regoral (Azoxystrobin). Im Pack beträgt die empfohlene Aufwandmenge für Univoq 1,5 l/ha und für Regoral 0,3 l/ha. Die Zulassung umfasst Weizen, Triticale und Roggen in Winter- und Sommerform von BBCH 41 bis 69. Zum Wirkungsspektrum gehört Braunrost, Gelbrost, Rhynchosporium, sowie Septoria tritici. Die Zugabe von Azoxystrobin dient der Absicherung gegen Braunrost. Für die Packausbringung sind die Auflagen NW 607-1, NW 706 (Univoq), sowie NW 609-1 (Regoral) zu berücksichtigen.

Panorama (Fa. Plantan): Das Präparat enthält die Wirkstoffe Prothioconazol und Metconazol und kann mit 0,5 l/ha von der Hauptbestockung bis Ende Blüte in der Winter- und Sommerform von Gerste, Weizen, Triticale und Roggen eingesetzt werden. Das Wirkungsspektrum umfasst Rostarten, Rhynchosporium und Septoria tritici. Es sind die Auflagen NW 609-2, NW 706, sowie NW 800 zu beachten.

Folpan 500 SC (Fa. Adama): In 2023 hatte sich für Folpan 500 SC die Indikation von Septoria tritici in Weizen auf Ramularia und Netzflecken in Wintergerste erweitert. Nachteilig war in Wintergerste bisher die Gewässerabstandsauflage NW 607-1 mit 15m (90%). In 2024 gilt nun für Wintergerste die Anwendungsbestimmung NW 607-2, die pflanzenschutzrechtlich einen Gewässerabstand ab Böschungsoberkante von 5m (90%) ermöglicht.

Resistenzentwicklung:

Erste Versuchsergebnisse über Wirkminderungen von Carboxamid- Wirkstoffen gegenüber Braunrost betreffen Winterweizen. Inwieweit Braunrost in anderen Getreidearten davon betroffen ist bleibt abzuwarten. Um einer Entwicklung von Resistenzen entgegen zu wirken, sollten Wirkstoffwechsel und Wirkstoffkombinationen in der Fungizidstrategie noch stärker berücksichtigt werden. Bei der Bekämpfung von Netzflecken und Ramularia in Wintergerste sind Wirkungsschwächen der Strobilurine und Carboxamide bereits deutlich sichtbar. Zwischen den Strobilurinen hat das Pyraclostrobin noch die sicherste Wirkung gegen Netzflecken. Gegen Ramularia in Wintergerste versprechen die Azole Mefentrifluconazol (Revysol) und etwas abgestuft Prothioconazol noch einen hohen Wirkungsgrad. Den wichtigsten Beitrag im Resistenzmanagement bei der Ramulariakontrolle bietet der Kontaktwirkstoff Folpet (Folpan). Dieser kann den Wirkungsgrad in Kombination mit Azol/SDHI Kombiprodukten um bis zu 20% verbessern.

 

Fungizidversuche: (Abb. 1)

In einem Gemeinschaftsprogramm zur Pilzbekämpfung in Winterroggen der LWK Niedersachsen wurden verschiedene Präparatkombinationen zum Ährenschieben in 50% und 75% der zugelassenen Aufwandmengen geprüft. Die Maßnahme wurde hinsichtlich des Wirkungsgrades gegen Braunrost und Rhynchosporium und der ertragssichernden Leistung geprüft. In der Kontrolle trat Rhynchosporium mit einer Befallsstärke von 10%, Braunrost mit 16% Befallsstärke auf. Im Versuch zeigten unter anderem sowohl die Varianten Elatus Era (0,75 l/ha), Avastel (1,7 l/ha), als auch Revytrex + Comet (0,6 + 0,4 l/ha) mit 75% Aufwandmenge die höchsten Wirkungsgrade gegen Rhynchosporium und Braunrost. Die Ertragsunterschiede sind zwischen den Versuchsgliedern, die Kontrolle mit einbezogen, gering und nicht signifikant.

 

Empfehlungen:

  1. Wintergerste

Einfachfungizidmaßnahmen: (Abb. 2)

Die einmalige Anwendung von Fungiziden in der Vegetationsperiode ist in Wintergerste für die Bestände geeignet, auf denen ein verzögertes Auftreten an Blattkrankheiten als auch der Anbau blattgesünderer Sorten wie z.B. KWS Exquis, Esprit, SU Midnight oder Teuto grundsätzlich die Schadenswahrscheinlichkeit senkt. Bei der Strategie Einfachmaßnahme muss die Spritzung in der Regel ca. 1 Woche früher als die Abschlußmaßnahme in einer Spritzfolge erfolgen. Dadurch besteht grundsätzlich die Gefahr, auftretende Infektionen insbesondere mit Ramularia nicht mehr sicher zu erfassen. Aus diesem Grund sollte die Aufwandmenge der eingesetzten Präparate, die zwischen BBCH 39 (Fahnenblattstadium) und BBCH 49 (Grannenspitzen) eingesetzt werden, höher sein als in der Spritzfolge. Geeignete Präparatkombinationen sind z.B. Ascra Xpro, Elatus Era und das Avastel Pack, die unter Ramularia-Befallsbedingungen mit Folpan 500 SC kombiniert werden. Die Tankmischung aus Revytrex plus Proline ist ebenso gegen Ramularia sehr wirkungsvoll. Da hierbei kein Folpan 500 SC zur Anwendung kommt, ist pflanzenschutzrechtlich der Gewässerabstand bei 1m ab Böschungsoberkante relevant.

Zweifachfungizidmaßnahme: (Abb. 3)

Tritt höherer Ausgangsbefall an Blattkrankheiten wie Zwergrost, Rhynchosporium und Mehltau bereits im Schossen auf, ist eine Zweifachspritzfolge sicherer. Beim ersten Termin bieten sich Präparate wie z.B. Orius oder Helocur + Talius oder auch Input Triple an, die bei Bedarf mit Wachstumsreglern kombiniert werden können. Bei vorrangigem und stärkerem Netzfleckenbefall kann auch das bereits beschriebene Cyprodinil-haltige Kayak zum Einsatz kommen. Häufig tritt gleichzeitig Zwergrost auf, so dass einem Kayak (0,75 l/ha) ein Azol wie z.B. Orius (0,6 l/ha) oder auch Protendo 250 EC mit 0,5 l/ha hinzugefügt werden kann.

Eine zweite Fungizidmaßnahme ab dem Grannenspitzen (BBCH 49) muss gegen späte Infektionen insbesondere gegenüber Ramularia Sicherheit bringen. Hier bieten sich Ramularia-wirksame Kombinationsprodukte wie Ascra Xpro 1,0 l/ha oder Revytrex 1,2 l/ha an. Die Wirksamkeit gegen Ramularia wird durch die Zugabe von Folpan 500 SC mit 1,25 l/ha deutlich erhöht. Zeichnet sich zur Abschlußmaßnahme ein sehr starker Befallsdruck mit Ramularia ab, kann z.B. Revytrex 1,0 l/ha mit Proline 0,4 l/ha und Folpan 1,25 l/ha kombiniert werden. In der Spritzfolge sollte auf den Azolwechsel geachtet werden. Die Fungizidspritzfolge ermöglicht es, die Abschlußbehandlung bis ins Ährenschieben hinauszuzögern. Zu diesem Einsatztermin werden neben den oberen Blättern auch die wesentlich an der Ertragsbildung beteiligten Grannen und Spelzen der Ähren direkt benetzt.

  1. Winterroggen (Abb. 4)

Bekämpfungswürdiger Befall mit Braunrost trat im Winterroggen in den vergangenen Jahren erst nach dem Ährenschieben auf, in den letzten 2 Jahren jedoch mit geringer Befallsstärke. Das aktuelle Sortenspektrum in Winterroggen besitzt zudem eine Reihe von Sorten mit verbesserter Festigkeit gegenüber Braunrost. Hierzu gehören z.B. die Sorten KWS Tayo, SU Perspectiv oder KWS Tutor.

Bei geringem und spätem Befallsdruck mit Braunrost kann zum Ährenschieben mit lang wirkenden Carboxamid-Kombinationen wie Elatus Era (0,6 – 0,7 l/ha) oder auch Revytrex + Comet (1 + 0,33 l/ha) gehandelt werden. Carboxamid-freie Kombinationen mit etwas geringerer Dauerwirkung sind z.B. Azbany (0,7 l/ha) + Folicur (0,7 l/ha).

Zeigen Feldkontrollen bereits zu Beginn des Schossens in BBCH 32 zunehmenden Braunrostbefall an, sollte ein Fungizideinsatz mit rostwirksamen Mitteln wie z.B. Orius (1,0 l/ha) oder Prosaro (0,7 l/ha) durchgeführt werden. Dort, wo aufgrund sehr früher Aussaattermine zusätzlich Infektionen mit Mehltau und Halmbruch zu berücksichtigen sind, besitzt z.B. Unix + Orius (0,5 + 0,7 l/ha) oder Input Triple mit 0,8 - 1,2 l/ha Wirkung gegen diese Krankheiten. Entscheidend für die Vermeidung eines hohen Halmbruchrisikos sind allerdings spätere Aussaattermine. Tritt zu Beginn des Schossens Mehltau und Braunrost auf, kann mit einem Verben 0,5 – 0,6 l/ha behandelt werden.

Im Roggen stellt die Abschlußmaßnahme ab BBCH 51 über Jahre hinweg die wichtigste und in vielen Fällen einzig notwendige Fungizidmaßnahme hinsichtlich der Ertragswirkung dar. Bei der Präparateauswahl ist zu beachten, dass eine langanhaltende Wirkung auf Braunrost gefordert ist. Dies kann über Fungizide sichergestellt werden, die Wirkstoffe aus der Gruppe der Carboxamide und Strobilurine enthalten. Hierzu gehören Mittel wie Elatus Era + Orius (0,6 + 0,5 l/ha), Revytrex + Comet (1,0 + 0,33 l/ha), Ascra Xpro (0,8 – 1,0 l/ha) oder auch die Carboxamid-freien Tankmischungen aus Torero + Azbany (0,7 + 0,7 l/ha). Nur bei sehr spät auftretendem Braunrostbefall ab der Roggenblüte können reine Azol-Präparate wie Folicur (1,0 l/ha) oder Orius (1,2 l/ha) eingesetzt werden. Diese Präparate dürfen bis zum Ende der Roggenblüte (BBCH 69) zur Anwendung kommen.

 

  1. Wintertriticale (Abb. 5)

Mehltau, Gelbrost und Braunrost sind die wichtigsten Blattkrankheiten, die in Triticale zur Ertragsabsicherung zu kontrollieren sind. Bei geringem Ausgangsbefall im Frühjahr in spät gesäter Triticale nach Mais und/oder in blattgesünderen Sorten wie z.B. Belcanto, Brehat, Tributo oder Lumaco reduzieren sich die Fungizidmaßnahmen häufig auf eine Einfachmaßnahme auf den vollständig geschobenen Blattapparat (BBCH 39 – 51). Hier bieten sich roststarke Kombinationen mit Dauerwirkung wie z.B. Elatus Era + Sympara (0,75 + 0,25 l/ha), Revytrex (1,0 – 1,2 l/ha) oder auch Univoq (1,0 - 1,2 l/ha) an. Diese Mittel können auch in Spritzfolgen als zweite Maßnahme zum Ährenschieben zum Einsatz kommen. Ein frühzeitiger Befall durch Roste im Schossen lässt sich mit Azolen wie z.B. Orius (1,0 l/ha) oder Prosaro (0,7 l/ha) kontrollieren. Kommt zum Gelbrost noch Mehltau hinzu, ist Verben mit 0,5 - 0,7 l/ha gut wirksam. Bei höherem Befall an Halmbrucherreger und auch Rostarten steht der Unix Pro Pack (Unix + Pecari, 0,4 + 0,4 l/ha) zur Verfügung. Effekte auf den Halmbrucherreger lassen sich allerdings nur mit hohen Aufwandmengen dieser Mittel erzielen. Gegen stärkeren Befall mit Mehltau besitzt Vegas Plus (0,3 – 0,4 l/ha) eine sichere kurative Wirkung.

Beim Anbau von Triticale nach Mais in Mulchsaatbestellung kann die Situation auftreten, den Bestand gegen Ährenfusariosen absichern zu müssen. Eine entsprechende Zulassung gegen diesen Schaderreger besitzen in Triticale die Fungizide Input Classic mit 1,25 l/ha als auch Helocur mit 1,25 l/h. Bedenken Sie, dass Fungizideinsätze gegen Ährenfusariosen begrenzte Wirkungsgrade von 50 bis 70 % erzielen. Sinnvoller sind vorbeugende pflanzenbauliche Maßnahmen im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzes wie das Zerkleinern von Maisstoppeln mit anschließender Pflugfurche oder auch der Anbau toleranter Sorten. Durch die Auswahl resistenter Sorten kann die Reduktion des DON-Gehaltes im Erntegut deutlich beeinflusst werden. Triticalesorten mit guter Festigkeit gegen Ährenfusariosen sind z.B. Belcanto oder Lumaco.

  • Zusammenfassung:
  • Gesunde Getreidesorten und angepasste Aussaattermine senken die Befallswahrscheinlichkeit für Krankheiten.
  • Ein gezielter und wirtschaftlicher Fungizideinsatz ist am ehesten über regelmäßige Bestandskontrollen sicherzustellen.
  • Die wesentlichen Schaderreger in Gerste, Roggen und Triticale sind durch die vorhandenen Wirkstoffe noch sicher zu kontrollieren.
  • Die Gefahr der Fusarieninfektionen lässt sich durch pflanzenbauliche Maßnahmen reduzieren.