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Qualitäten der Weizenernte 2018

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Im Rahmen der Landessortenversuche werden neben der Ertragsleistung, der Standfestigkeit und Festigkeit gegenüber Krankheiten wichtige Parameter zur Qualitätseinstufung untersucht. Rohproteingehalt, Fallzahl und Fallzahlstabilität, Hektolitergewicht (hl-Gewicht) und Tausendkorngewicht (TKG) sowie die Sedimentationswerte sind dabei wichtige Kriterien.

 

Die diesjährige Getreideernte verzeichnete niedersachsenweit einen Ertragsrückgang von voraussichtlich über 22 %. Insbesondere die Nachfrage nach Futtergetreide in den Veredelungsregionen ließ die Preise für Futtergerste und Weizen in die Höhe schnellen. Dadurch sind derzeit die Preisunterschiede zwischen Qualitäts- und Futterweizen nur marginal vorhanden, wenn überhaupt. Diese derzeitige Situation beflügelt nicht unbedingt die Bereitschaft, qualitativ hochwertige Ware zu erzeugen ohne auch entsprechende Preisaufschläge dafür zu bekommen. Wie sich die Preisrelationen zur kommenden Ernte entwickeln, wird sicherlich vornehmlich von den internationalen Märkten bestimmt, sodass sich das Blatt möglicherweise auch rasch wieder in Richtung Qualitätsweizenerzeugung wenden kann.

Die Sortenwahl spielt auch bei der Produktion von Qualitätsweizen eine entscheidende Rolle, wobei die Kombination aus hoher Ertragsleistung und die Erfüllung geforderter Qualitätsnormen erstrebenswert ist. Je nach Verwertungsrichtung müssen bestimmte Qualitätsparameter erreicht werden, um den Ansprüchen der aufnehmenden Hand gerecht zu werden. Hier gibt es für die unterschiedlichen Verwertungslinien unterschiedliche Anforderungen. Wird der Weizen direkt in der Ernte zum Landhandel geliefert, so sind hier vor allem das hl-Gewicht, der Rohproteingehalt, die Fallzahl sowie die Angabe der Sorte wichtige Parameter. Dank der problemlosen und nicht durch Niederschläge unterbrochenen zeitigen Ernte gab es keine Probleme im Bereich Fallzahl und Fusariumbesatz. Die Witterungsbedingungen zur Zeit der Blüte verminderten die Gefahr des Ährenfusariumbefalls. Davon profitierten sowohl die Brot- als auch die Futtergetreidebestände.

Unterschiedliche Modalitäten bei der Vermarktung

In den vergangenen Jahren wurde das Thema der relevanten Parameter für die Qualitätsbestimmung beim Weizen intensiv diskutiert. Aus der verarbeitenden Branche wird vielfach geäußert, dass die für den Export geforderten Rohproteingehalte nicht unbedingt erforderlich sind, um qualitativ hochwertige Backwaren zu erstellen. Hier spielen andere Parameter wie der Feuchtklebergehalt eine wesentlich wichtigere Rolle. Da ein Großteil des Qualitätsweizens nach den Bedingungen, die für den Export ausschlaggebend sind, gehandelt wird, orientieren sich die möglichen Preisaufschläge aktuell und wohl auch noch in den nächsten Jahren nach wie vor am Rohproteingehalt, gerechtfertigt oder nicht.

Bestehen hingegen Abnahmeverträge direkt mit dem Verarbeiter, so sind zusätzliche Merkmale wie z. B. der Feuchtklebergehalt mitentscheidend. Hier werden dann bereits vor der Aussaat auch die entsprechenden Sorten, die für den Verarbeiter angebaut werden sollen, abgestimmt.

Im Rahmen der Landessortenversuche werden neben der Ertragsleistung, der Standfestigkeit und Festigkeit gegenüber Krankheiten wichtige Parameter zur Qualitätseinstufung untersucht. Rohproteingehalt, hl-Gewicht und TKG sind dabei relativ einfach zu bestimmende Kriterien, während die Fallzahl, vor allem aber die Sedimentationswerte, aufwändiger zu ermitteln sind. Deren Ergebnisse basieren daher auf einer geringeren Datengrundlage.

Im folgenden Artikel werden die Qualitätsergebnisse der diesjährigen Landes-sortenversuche dargestellt.

Fallzahlen

Die Weizenernte begann in diesem Jahr ab Mitte Juli ungewöhnlich früh und wurde auch nicht durch witterungsbedingte Ereignisse unterbrochen, sodass Ende Juli die Ernte bereits vielfach abgeschlossen war. Da im gesamten Vegetationsverlauf, abgesehen von einzelnen regional eng begrenzten Gewittern, keine Starkregenereignisse mit gleichzeitigen Sturmereignissen zu verzeichnen waren, spielte Lager in diesem Jahr praktisch keine Rolle. Die Abreife der Körner in der Ähre konnte daher unbeeinträchtigt erfolgen. Generell traten dadurch keine Probleme durch zu geringe Fallzahlen auf. Allerdings waren sortentypische Unterschiede wieder klar erkennbar. Den Spitzenwert von über 400 sec. erreichte KWS Montana, die im vergangenen Jahr eher eine mäßige Fallzahlstabilität aufwies. Durch eine Kombination von hoher Fallzahl und gleichzeitiger Fallzahlstabilität zeichnen sich aus dem E-Segment die Sorten Ponticus und Barranco aus. Im A-Bereich überzeugte RGT Reform von den mehrjährig geprüften Sorten. Asory, Chiron und LG Initial erreichten auch sehr gute Einstufungen. Von den frühreifen Grannenweizen lieferte Euclide die besten Werte, während Rubisko trotz guter Bedingungen nur knapp über die Grenze von 230 sec. kam. Im B-Segment überzeugten wieder Faustus und Kamerad sowie ergänzend die neuen Sorten Informer, Hymalaya (Hybride) und Argument. Die Grannenweizensorte Nemo verfehlte als einzige die geforderten Werte.

Die Einstufungen des Bundessortenamtes zur Fallzahlstabilität haben sich bei den mehrjährig geprüften Sorten gegenüber der letztjährigen Einstufung bei einigen Sorten verschlechtert. Damit wurde den Erkenntnissen des Jahres 2017 entsprechend Rechnung getragen. Die C-Sorten lieferten bis auf Safari gute Fallzahlen ab; sie spielen für die Futterverwertung jedoch keine entscheidende Rolle.

In kritischen Jahren müssen bei Kenntnis der Fallzahlstabilität gefährdete Sorten vorrangig beerntet werden.

Die Hektolitergewichte (hl) fallen in diesem Jahr mit 80,9 kg im Mittel der Sorten überraschend hoch aus. Alle Sorten erreichten die geforderten Werte von 76 kg. Erwartet wurde, dass trockenstressbedingt die Körner eher nicht optimal ausgebildet wären. Da die Bestandesdichte in den Sortenprüfungen jedoch deutlich geringer als in den Vorjahren ausfiel, müssen sich die Einzelähren entsprechend gut ausgebildet haben. Dieser Eindruck wird auch durch die hohen TKG-Werte bestätigt. Recht schwache hl-Gewichte erzielten Benchmark, Faustus, Rubisko, Sheriff, Johnny und Bosporus. Die A-Sorten RGT Reform, Chiron, KWS Fontas, Asory und Euclide, sowie Argument aus dem B- und Anapolis aus dem C-Bereich erreichten insgesamt die höchsten Gewichte. Von den E-Sorten wiesen Ponticus und KWS Montana gute Werte auf.

Die Rohproteingehalte (RP) fallen mit Durchschnittswerten von 11,8 % gegenüber den Vorjahren deutlich schwächer aus. Als mögliche Ursache könnten hier die sehr trockenen Bedingungen genannt werden, die dazu führten, dass die Stickstoffaufnahme nicht optimal verlief. Die Unterschiede zwischen den Qualitätsgruppen spiegeln sich in den Ergebnissen wider. Im E-Bereich konnte lediglich Ponticus über 13 % erreichen. Die für E-Sorten mögliche höhere Düngung gegenüber den A- und B-Sorten erfolgte nicht, da die Düngung der Landessortenversuche einheitlich vorgenommen wird. Viele der A-Sorten erreichten keine 12 % RP-Gehalt. Lediglich Chiron, Asory, Nordkap, Kashmir, KWS Fontas und RGT Reform erreichten diesen Wert. Erfreulich waren diese Werte bei Kashmir und Asory, da sie gleichzeitig auch ertraglich überzeugen konnten. Enttäuschende Ergebnisse lieferten hingegen die frühen Sorten Euclide und Rubisko ab. Im B-Segment erreichte mit Informer die ertragsstärkste Sorte 2018 auch 12 % RP-Gehalt. Weitere ertragsbetonte B-Sorten, wie Benchmark und KWS Maddox blieben unter 11 %. Hier mag auch ein gewisser Verdünnungseffekt zum Tragen gekommen sein.

Bemerkenswert ist wie in den Vorjahren der Proteingehalt der C-Sorte Anapolis, der knapp auf dem Niveau der E-Sorten liegt.

Ein Maß für die Proteinqualität ist der Sedimentationswert. Im Durchschnitt über die Sorten fällt der Sedimentationswert auf Basis der vorliegenden 5 Standortergebnisse mit einem Wert von 46 ml deutlich besser als in den Vorjahren aus. Da in die Mittelwertbildung auch die Werte der C-Sorten mit einfließen, ist eine genauere Betrachtung der unterschiedlichen Qualitätsgruppen erforderlich. Die E-Sorten heben sich dank des sehr guten Wertes von 65 ml durch KWS Montana von den übrigen Qualitätsgruppen ab. Ponticus und Barranco liegen mit 59 bzw. 57 ml auch auf einem hohen Niveau. Von den mehrjährig geprüften A-Sorten konnten Nordkap und RGT Reform mit Werten von 55 und 54 ml wieder überzeugen. Die neuen Sorten Chiron, KWS Fontas und Asory lieferten ebenfalls gute Ergebnisse. Schwächer hingegen fielen die Ergebnisse bei LG Initial, vor allem aber bei den Grannenweizensorten Euclide und Rubisko aus.

Im Bereich der B-Sorten erreichten Gustav, KWS Talent, LG Imposanto und die fallzahlschwache Sorte Bergamo für diese Qualitätsgruppe hohe Werte. Auf dem Niveau der A-Sorten überzeugten bei den Sedimentationswerten die neuen Sorten Informer und Hymalaya, vor allem aber mit dem Wert von 63 ml die Sorte Argument. Unterdurchschnittliche Ergebnisse erreichten hingegen Johnny, Kamerad, Benchmark, KWS Maddox, Porthus, und die frühe Grannensorte RGT Sacramento. Erwartungsgemäß fallen die Sedimentationswerte der C-Weizen deutlich ab, wobei Anapolis und Sheriff auf dem Niveau mittlerer B-Sorten rangieren.

 Weiterführende Qualitätsuntersuchungen der Arbeitsgemeinschaft für Qualitätsweizenanbau

In der Arbeitsgemeinschaft für Qualitätsweizenanbau im Gebiet der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sind Vertreter aller an der Wertschöpfungskette beteiligten Partner vom Landwirt bis zur Mühle vereint.

Ergänzend zu den indirekten Qualitätseigenschaften wurden in Zusammenarbeit zwischen Arbeitsgemeinschaft und Landwirtschaftskammer folgende Sorten auf weiterführende Eigenschaften untersucht: Barranco (E), Ponticus (E), RGT Reform, (A), Nordkap (A), Kashmir (A), Asory (A), LG Initial (A), Apostel (A), KWS Talent (B), Faustus (B) und Kamerad (B).

In den Mahl- und Backuntersuchungen der Mühlen werden neben der Mehlausbeute und der Wasseraufnahme auch der Feuchtklebergehalt sowie das Backvolumen bestimmt. Diese Parameter sind für den Landwirt von eher untergeordneter Bedeutung. Sie liefern aber wichtige Informationen zur ganzheitlichen Beurteilung einer Sorte, vor allem für die weiterverarbeitenden Betriebe. Die Wasseraufnahme des Mehles ist in erster Linie für die Verarbeiter des Rohstoffs Mehl von Interesse. Auch in Bezug auf dieses Merkmal zeigen sich recht deutliche Sortenunterschiede.

Der Feuchtkleber ist ein Oberbegriff für Getreideeiweiße. Der Kleber beeinflusst die Wasserbindung im Teig, die Krumen- und Krustenbildung des Teiges sowie auch die Frischhaltung von Gebäcken. Der Kleberanteil eines Mehles ist entscheidend für dessen Backfähigkeit.

Letztlich entscheidend für die gesamtheitliche Beurteilung einer Sorte ist das Backvolumen, welches im so genannten Rapid-Mix-Test ermittelt wird.

Sortenempfehlungen der Arbeitsgemeinschaft

Basierend auf den Qualitätsuntersuchungen wurden die aus der Ernte 2018 ermittelten Eigenschaften sowie unter weiterer Einbeziehung der Ertragsleistungen und agronomischer Eigenschaften folgende Sorten für den Qualitätsweizenanbau empfohlen. Aus dem Bereich der A-Sorten sind dies RGT Reform, Julius, Apostel, Nordkap und Kashmir. Im Bereich der B-Sorten werden von der Arbeitsgemeinschaft für Qualitätsweizenanbau Faustus und unter Beachtung der mangelnden Winterhärte Benchmark empfohlen sowie Kamerad und KWS Talent für den Probeanbau.

Als Keks- oder Waffelweizen kann Elixer weiter für einen Anbau eingeplant werden. Wichtig ist es, bei der Produktion einen geringen Proteingehalt anzustreben. Genau wie beim Eliteweizen sollten auch bei einer angestrebten Vermarktung als Keksweizen bereits im Vorfeld Gespräche mit der aufnehmenden Hand geführt werden, um eventuelle Preisaufschläge erreichen zu können.

Die Erzeugung von Eliteweizen sollte grundsätzlich vertraglich abgesichert werden, um entsprechende Erlöse erzielen zu können. Auch eine getrennte Lagerung der Partien muss gewährleistet sein. Als Sorte bietet sich dabei Ponticus an.

Von den neu geprüften Sorten kommen vorbehaltlich der Saatgutverfügbarkeit Asory (A) und LG Initial (A) aufgrund ihrer agronomischen Vorteile und der bisher gezeigten guten Backeigenschaften für den Probeanbau in Frage.

Ausblick

Die derzeitigen Marktbedingungen weisen nur marginale Preisaufschläge für Qualitätsweizenpartien aus. Um die Bereitschaft zum gezielten Anbau zu stärken, müssten hier künftig entsprechende Impulse gesetzt werden. Inwiefern der Rückgang im Rohproteingehalt im aktuellen Jahr auch durch die Einführung der neuen Düngeverordnung beeinflusst wurde, lässt sich momentan noch nicht eindeutig abschätzen. Eine tendenziell rückläufige N-Versorgung der Weizenbestände, insbesondere in Form von Qualitätsspätgaben wird in erster Linie die Rohproteinwerte negativ beeinflussen. Dadurch wird der Druck zunehmen, für die Qualitätseinstufung andere Parameter wie beispielsweise den Feuchtklebergehalt stärker in den Focus zu stellen. Für Exportware, und das ist und bleibt nach wie vor ein sehr wichtiger Absatzweg, werden sich Änderungen der Qualitätsmaßstäbe in naher Zukunft kaum ergeben. Wichtig wäre es, für den innerdeutschen Markt Anpassungen vorzunehmen. Im Rahmen der letztjährigen Qualitätsweizentagung wurden hierzu die Bedeutung des Rohproteingehaltes und der -qualität für die Backqualität entsprechend intensiv diskutiert.