Gülle-Biogasanlagen verdienen mehr Unterstützung
Für den wirtschaftlichen Betrieb einer Gülle-Biogasanlage gibt es keine Garantie, aber praktische Beispiele. Für den Klimaschutz sind sie eine sehr wirkungsvolle Investition. Die Biogasanlage kompensiert mit der Gülle einer Kuh mehr Treibhausgasemissionen als ein Bundesbürger durch seinen Lebensmittelkonsum verursacht. Landwirte, die sich für den Bau einer Gülle-Biogasanlage entscheiden, haben deshalb die Unterstützung der Genehmigungsbehörden und der Nachbarn verdient. Marco Friedrich aus Oerel im Landkreis Rotenburg hat 2012 eine 75 KW-Biogasanlage gebaut.
Die Biogasanlage ist seit Dezember 2012 am Netz
Marco Friedrich hat die Biogasanlage im Herbst 2012 in circa drei Monaten Bauzeit errichtet. Mit der Gülle seiner Kühe erzeugt er jetzt Strom und Wärme. Die Ergebnisse seiner Gülle-Biogasanlage haben ihn schon nach kurzer Zeit überzeugt. Sie rechnet sich wirtschaftlich und leistet einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz.
Die Anlage steht vor dem bereits vorhandenen Güllebehälter, in dem jetzt der Gärrest gelagert wird. Der Kuhstall ist etwa 50 m von dem Fermenter entfernt. Er hat ein Fassungsvermögen von 1.200 m3. Wegen der besseren Wärmespeicherung hat der Fermenter keine Zeltkuppel, sondern eine isolierte Betondecke. Das Biogas wir in einem 100 m3 fassenden Gassack gespeichert. Von dort gelangt es in das Blockheizkraftwerk mit 75 kW elektrischer Leistung. Die Investitionskosten beliefen sich auf knapp eine halbe Millionen Euro. Das ist für Gülle-Biogasanlagen vergleichsweise günstig, weil bei dieser Anlage kein Feststoffeintrag vorgesehen ist und auf den Bau eines neuen Gärrestlagers verzichtet werden konnte. Sonst betragen die Investitionskosten schnell eine dreiviertel Millionen Euro. Im Vergleich zu ihren großen Brüdern sind kleine Gülle-Biogasanlagen je kW installierter Leistung sehr teuer. Wirtschaftlich erfolgreich können sie trotzdem sein. Das liegt zum einen an der Einspeisevergütung für den Strom aus Gülle-Biogasanlagen. Sie liegt aktuell bei 23,73 Cent je kWh Strom. Die Einspeisevergütung ist für die nächsten 20 Jahre garantiert. Außerdem sind die Substratkosten insbesondere bei eigener Tierhaltung gering und kalkulierbar.
Als Gärsubstrat setzt Marco Friedrich ausschließlich Gülle ein. In dem Stall stehen 350 Milchkühe. Die Gülle wird per Schieber in einen Querkanal geschoben. Aus der Vorgrube wird sie in den Fermenter gepumpt. Weil die Gülle ganz frisch in den Fermenter gelangt, bringt sie eine sehr gute Biogasausbeute. Die anfallende Güllemenge aus dem 350er Milchkuhstall bringt ausreichend Biogas, um damit das BHKW auszulasten. Im letzten Jahr sind 605.000 kWh Strom eingespeist worden. Damit hat Marco Friedrich ca. 400 € Stromgeld je Kuh erzielt. Der Arbeitszeitaufwand für die Betreuung der Anlage beträgt etwa eine halbe Stunde je Tag. Zweimal täglich sieht er nach dem Rechten. Wenn die Anlage Alarm schlägt, steht er sofort zur Stelle. Das ist bisher aber nur sehr selten vorgekommen und war harmlos. Für Marco Friedrich ist das wirtschaftliche Ergebnis seiner Biogasanlage so überzeugend, dass er auf dem Zweitbetrieb bereits die nächste Anlage errichtet. Diesmal mit Feststoffeintrag und gasdichtem Gärrestbehälter.
Gülle-Biogasanlagen haben eine ausgezeichnete Klimabilanz
Für Friedrichs Gülle-Biogasanlage hat die Landwirtschaftskammer die anfallenden Treibhausgasemissionen berechnet. Sie entstehen zum Beispiel durch den Stromverbrauch für den Einsatz der Pumpen und Rührwerke sowie durch Emissionen aus der Vorgrube, dem Gassack und dem Gärrestlager. Friedrichs Elternhaus wird mit Wärme aus dem Betrieb des Blockheizkraftwerks versorgt. Dadurch werden jährlich 5.000 l Heizöl eingespart. Nach Abzug der Gutschrift für diese Wärmenutzung entstehen 312 g CO2äq je kWh Strom, der ins Netz eingespeist wird. Die Ergebnisse der Treibhausgasberechnungen für den Güllestrom im Betrieb Friedrich im Vergleich zum Braunkohlestrom sind in der Grafik dargestellt. In konventionellen Braunkohlekraftwerken betragen die Treibhausgasemissionen nach Angaben des Umweltbundesamtes 1.080 g CO2äq je kWh Stromerzeugung. Das ist mehr als dreimal so viel wie bei dem Güllestrom. Dabei ist die effektive Treibhausgasvermeidung durch die Gülle-Biogasanlage noch viel größer. Der Güllestrom ersetzt nicht nur klimaschädlichen Kohlestrom, sondern vermeidet zusätzlich Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung. In der Micherzeugung stammen normalerweise 12 – 15 % der Treibhausgasemissionen aus dem Wirtschaftsdüngermanagement im Stall und Lager. Diese Emissionen werden um etwa 90 Prozent reduziert, wenn der anfallende Wirtschaftsdünger zügig in die gasdichte Biogasanlage überführt wird. Eine Treibhausgasvermeidung in dieser Größenordnung wird durch keine andere Klimaschutzmaßnahme in der Milcherzeugung erreicht. Beispielsweise werden durch die gasdichte Güllelagerung 10-mal so viel Treibhausgase vermieden, wie durch 30 % weniger Stromverbrauch.
Unter Berücksichtigung der Treibhausgasminderung in der Milcherzeugung werden durch den Güllestrom mehr Treibhausgasemissionen vermieden, als durch seine Erzeugung verursacht werden. Die Vermeidung beträgt 324 g CO2äq je kWh Stromerzeugung. Der aus Gülle erzeugte Strom muss nicht mehr mit Braunkohle erzeugt werden und vermeidet dadurch zusätzlich 1.080 g CO2äq je kWh. In der Summe bringt die Gülle-Biogasanlage im Betrieb Friedrich effektiv eine Treibhausgasvermeidung in Höhe von 1.404 g CO2äq je kWh Stromerzeugung.
Gemeinden und Landkreise, die es mit der eigenen Klimaschutzstrategie ernst meinen, sind deshalb gut beraten, Antragsteller konstruktiv zu unterstützen statt ihnen beim Bau der Gülle-Biogasanlage Hindernisse in den Weg zu legen. Eine Aufnahme in das Aktionsprogramm Klimaschutz der Bundesregierung in Verbindung mit einer Investitionsförderung für den Bau kleiner Biogasanlagen könnte noch unentschlossenen Landwirten den notwendigen Anstoß geben.
Einzelbetriebliche Voraussetzungen, die für den Bau einer Gülle-Biogasanlage sprechen:
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