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Zusatzrente für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft gekündigt

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Der Tarifvertrag über die Zusatzversorgung für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft wurde von den Arbeitgeberverbänden fristgerecht mit Wirkung zum 01. Januar 2021 gekündigt. Das bedeutet für viele Arbeitnehmer, dass ihre betriebliche Altersversorgung nicht mehr gewährleistet ist.

Altersvorsorge
AltersvorsorgeWilfried Pohnke/Pixabay
Die Zusatzversorgung ist eine gemeinsame Einrichtung der Arbeitgeberverbände, der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und des Bundes. Sie ist auf zwei Säulen aufgebaut.

Das ist zunächst das Zusatzversorgungswerk (ZLF) für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft. Das Zusatzversorgungswerk ist eine Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien. Der Tarifvertrag wurde 2001 für allgemeinverbindlich erklärt und gilt somit für alle Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft mit Ausnahme weniger Bundesländer. Das Zusatzversorgungswerk wird in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) geführt und wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kontrolliert. Der allgemeinverbindliche Zusatzversorgungstarifvertrag (Tarifgebiet West) wurde von den Arbeitgeberverbänden fristgerecht zum 31.12.2020 gekündigt. Die Kündigung gilt ebenso für den Tarifvertrag Ost ohne Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Das bedeutet für Arbeitnehmer/innen die ab 2021 eingestellt werden, dass diese zusätzliche, betriebliche Altersvorsorge entfällt.

 

Zusatzversorgungswerk

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, für alle rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und Auszubildenden monatlich einen Beitrag von 5,20 Euro an das Zusatzversorgungswerk zu entrichten. Dabei spielt die Art der Beschäftigung im Betrieb keine Rolle. Das Zusatzversorgungswerk zahlt dann beim Bezug einer gesetzlichen Rente (Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente, Erziehungsrente) eine Beihilfe, wenn eine Wartezeit von 180 Kalendermonaten erfüllt ist. Die Beihilfe beträgt für je 12 Beitragsmonate bei einer Altersrente und Erwerbsminderungsrente 1,30 Euro/Monat je Beitragsjahr. Im Todesfall beträgt die Beihilfe 0,87 Euro monatlich. (alte Bundesländer)

Sind z.B. 30 Beitragsjahre eingezahlt, bedeutet das eine Beihilfe von 39,00 Euro monatlich zur Alters- und Erwerbsminderungsrente und 26,10 Euro zur Hinterbliebenenrente.

Für Neueingestellte würde diese Beihilfe ab 2021 entfallen. Für Arbeitnehmer/innen, die bereits Leistungen beziehen, sind diese satzungsgemäß bis Ende 2023 zu 100 % garantiert, danach nur noch zu 40%.

Ein qualifizierter Arbeitnehmer in der Landwirtschaft, der überwiegend selbständig arbeitet, erhält durchschnittlich im Monat 2.400 Euro brutto (bei Bezahlung in Anlehnung an den Tarifvertrag). Das ergibt ein Jahresbruttoeinkommen von 28.800 Euro. Ein deutscher Durchschnittsverdiener hat laut Deutscher Rentenversicherung ein Jahresbruttoeinkommen von 40.551 Euro (2020). Aus dem Jahresbruttoeinkommen von 28.800 Euro errechnet sich eine Altersrente von 28.800 €: 40.551€ = 0,7 Entgeltpunkte x 45 Jahre = 31,5 Entgeltpunkte x 34,19 (aktueller Rentenwert) = 1.077 € Rente. Von diesem Betrag, sind Krankenkasse und Pflegeversicherung in Höhe von derzeit ca. 118 Euro abzuziehen. Damit errechnet sich eine Nettorente von 959 Euro monatlich.

Ein Durchschnittsverdiener in Deutschland erhält laut Deutscher Rentenversicherung eine Bruttorente monatlich von 1.539 Euro (45 Jahre x 34,19 €).  Abzüglich Krankenkasse und Pflegeversicherung ergibt das eine Nettorente von 1.369 Euro monatlich. Das bedeutet für einen qualifizierten Arbeitnehmer in der Landwirtschaft eine Differenz von 410 Euro Nettorente im Monat.

 

Zusatzversorgungskasse

Die zweite Säule der betrieblichen Altersversorgung für Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft, ist die Zusatzversorgungskasse. Mit der Kündigung der Tarifverträge ist auch diese in Frage gestellt. Die Zusatzversorgungskasse gewährt aus Bundesmitteln eine Ausgleichsleistung zur gesetzlichen Rente. Voraussetzung ist, dass mindestens eine Wartezeit von 180 Kalendermonaten in den letzten 25 Jahren vor Rentenbeginn vorliegt. Ferner muss der Antragsteller am 01.07.2010 das 50. Lebensjahr vollendet haben und aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente erhalten. Die Höhe der Ausgleichsleistung beträgt für verheiratete 80 € und für ledige 48 € monatlich (alte Bundesländer). Wird eine Beihilfe und eine Ausgleichsleistung bezogen, dann muss die Ausgleichsleistung gemäß des Gesetzes um den Betrag der Beihilfe gekürzt werden.

 

Beispielrechnung

Beihilfe für 30 Jahre x 1,30 € 

=

39,00 €

Ausgleichsleistung verheiratet

=

80,00 €

Kürzungsbetrag Beihilfe

=

39,00 €

Ausgleichsleistung   

=

41,00 €

Ausgleichsleistung + Beihilfe

=

80,00 €

  

 

          

                 

 

 

 

 

 

Wird die Zusatzversorgung für Arbeitnehmer/innen in der Landwirtschaft nicht weitergeführt, bedeutet das insgesamt eine Kürzung der Altersversorgung von 80 Euro monatlich. Es bleibt dann für den Lebensunterhalt im Rentenalter eine gesetzliche Altersrente von netto 959 Euro im Monat. Das bedeutet, dass ein qualifizierter Arbeitnehmer in der Landwirtschaft im Vergleich zum Durchschnittsverdiener netto 410 Euro weniger Rente hat und zusätzlich die betriebliche Altersversorgung in Höhe von 80 Euro verliert. In der genannten Konstellation wird dieser landwirtschaftliche Arbeitnehmer auch nicht auf einen Zuschlag aus der neu beschlossenen Grundrente hoffen dürfen, da sein Verdienst genau an der Grenze zur Zahlung eines Zuschlages liegt.  

Zu bedenken ist weiter, dass das Nettorentenniveau in Höhe von 48% gesetzlich bis 2025 festgeschrieben ist. Durch den demographischen Wandel und andere Faktoren kann das Rentenniveau danach angepasst werden und möglicherweise niedriger ausfallen. 

Die landwirtschaftlichen Betriebe bieten für Arbeitnehmer/innen verantwortungsvolle, interessante und anspruchsvolle Aufgaben, die auch eine entsprechende Qualifikation erfordern. Entsprechend der Anforderungen sollte auch eine angemessene Vergütung erfolgen, damit im Rentenalter die Versorgung gesichert ist. Dazu gehört auch eine ausgewogene, betriebliche Altersversorgung, die für beide Seiten akzeptabel ist.

Autor: Hermann Brengelmann

Link zur Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZLA)