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Blattkrankheiten in Wintergerste, Winterroggen und Wintertriticale gezielt behandeln

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Der Befall mit Blattkrankheiten präsentierte sich 2022 ähnlich wie im Jahr 2021. Rostarten traten nur in geringer Befallsstärke auf, Ramularia collo-cygni war wesentlich häufiger zu finden. Derzeit kann an älteren Blattetagen in Wintergerste vereinzelt Zwergrost und Mehltau und Braunrost in Winterroggen festgestellt werden.

Frueher Gelbrostbefall in Triticale
Frueher Gelbrostbefall in TriticaleLüder Cordes
Aktueller Zulassungsstand Fungizide

Für die Fungizidsaison 2023 gibt es neue Produkte und Veränderungen in der Zulassung bestehender Präparate, jedoch keine neuen Wirkstoffe. So wurde für das Mittel Verben (Fa. Corteva) bestehend aus Prothioconazol und Proquinazid die Zulassung neben Wintergerste und Winterweizen nun auch auf Winterroggen und Triticale erweitert. Verben hat eine Aufwandmenge von 1,0 l/ha und besitzt eine breite fungizide Wirkung inklusive Mehltau. Als weiteres Mehltauprodukt hat Vegas Plus (Fa. Certis Belchim) die Zulassung in Winterweizen, Wintergerste und Triticale mit einer vollen Aufwandmenge von 0,48 l/ha (BBCH 25-29) und 0,8 l/ha (BBCH 30-49/ in Weizen -55) erhalten. Es enthält die Wirkstoffe Cyflufenamid (12,5 g/l) sowie Spiroxamine (312 g/l) und besitzt damit sowohl eine Stopp- als auch Dauerwirkung. Nachteilig ist die Auflage NW 605-1 mit 10 m (75%) Abstand zu Oberflächengewässern. Das Carboxamid-haltige Questar mit dem Wirkstoff Fenpicoxamid aus dem Univoq wird mit dem Mittel Aptrell 60 (Metconazol) im Pack vertrieben. Die Zulassung umfasst Weizen, Triticale und Roggen ab BBCH 41 mit breiter Wirksamkeit gegen Rostarten und Septoria tritici. Die Aufwandmenge vom Questar beträgt 2,0 l/ha. Der Avastel Pack (Fa. Adama) kombiniert das Prothioconazol-haltige Abran mit Pioli (Fluxapyroxad). Die maximale Aufwandmenge von Pioli beträgt 2,0 l/ha, von Abran 0,8 l/ha. Das Wirkungsspektrum umfasst Rostarten und Septoria tritici sowie Rhynchosporium. Die Zulassung besteht in Weizen, Gerste, Roggen und Triticale von BBCH 30 - 61.

Die Firma Syngenta hat den alten Wirkstoff Difenoconazol im Mittel Greteg neu auf den Markt gebracht. Die Indikation umfasst in den Kulturen Weizen, Roggen und Triticale die Pathogene Septoria tritici, Gelb- und Braunrost von Schossbeginn bis Ende der Blüte mit einer Aufwandmenge von 0,5 l/ha. Bisher galt Difenoconazol erst ab BBCH 49 verträglich, ebenso waren Mischungen mit Mitteln, die Fluroxypyr enthalten, kritisch. Als weiteres Difenoconazol-haltiges Mittel ist Amistar Gold (Fa. Syngenta) nun auch in Weizen mit 1,0 l/ha gegen Rostarten und Septoria tritici zugelassen. In Triticale ist nur die Behandlung gegen Braunrost abgedeckt. Amistar Gold sollte vornehmlich zur Abschlussbehandlung ohne Gefahr von Ährenfusariosen eingesetzt werden.

Nachdem Folpan (Fa. Syngenta) bereits eine reguläre Zulassung gegen Septoria tritici in Weizen besitzt, ist diese nun auf Gerste gegen Ramularia 2023 mit 1,5 l/ha erweitert worden. Als Kontaktwirkstoff leistet Folpan einen wichtigen Beitrag zum Resistenzmanagement und verbessert deutlich den Wirkungsgrad der Azol-/SDHI-Kombinationen. Nachteilig für den Einsatz in Wintergerste ist die Gewässer-Abstandsauflage NW 607-1 mit 15 m (90%).

Resistenzentwicklung:

Auftretender Gelbrost in Triticale, Zwergrost in Gerste, als auch Braunrost oder Rhynchosporium in Roggen lassen sich mit der zugelassenen Mittelpalette derzeit sicher kontrollieren. Hingegen werden bei der Bekämpfung von Netzflecken und Ramularia in Wintergerste deutliche Wirkungsschwächen der Fungizide sichtbar. Die Sensitivität der Netzfleckenisolate gegenüber Strobilurinen und Carboxamiden lässt merklich nach. Beide Wirkstoffe greifen nur an einem Wirkort in die Atmungskette der Pilze ein, aus der sich die Resistenzgefährdung ergibt. Eine Kreuzresistenz zwischen diesen beiden Wirkstoffgruppen ist nicht bekannt, zwischen Strobilurin-Wirkstoffen sind Wirkungsunterschiede festzustellen. So besitzt Pyraclostrobin (Comet) derzeit noch die sicherste Wirkung gegen Netzflecken. Auch gegen Ramularia in Gerste ist die Wirkung der Strobilurin- oder Carboxamid-Wirkstoffe nicht mehr ausreichend. Innerhalb der Azolwirkstoffe zeigt Mefentrifluconazol (Revysol) den höchsten Wirkungsgrad gefolgt von Prothioconazol. Der Kontaktwirkstoff Folpet (Folpan) bewirkt in Mischung mit Azol/SDHI Kombiprodukten eine bis zu 25% höheren Wirkungsgrad und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Resistenzmanagement.

 

Fungizidversuche: (Abb. 1)

Vergleichbar mit 2021 trat im Jahr 2022 in Wintergerste Ramularia collo-cygni als dominierende Blattkrankheit auf. Zwergrost war nur in einstelliger Befallsstärke zu detektieren. In Gemeinschaftsprogrammen zur Pilzbekämpfung in Wintergerste der LWK Niedersachsen war im Mittel der Jahre 2021 / 2022 eine Befallsstärke an Ramularia von 32% festzustellen. Damit stand die aus verschiedenen Präparatekombinationen bestehende Fungizidabschlußmaßnahme ab BBCH 49/53 im Focus der Bewertung. Behandlungen zu T1-Terminen (frühes Schossen) wurden nur auf Standorten mit frühem Krankheitsbefall über alle Behandlungen gelegt. Die Abschlußmaßnahme wurde hinsichtlich Wirkungsgrad und ertragssichernder Leistung geprüft.

Im zweijährigen Vergleich zeigte die Variante Ascra Xpro plus Proline plus Folpan 500 SC den höchsten Wirkungsgrad gegen Ramularia und tendenziell in der Ertragsabsicherung. Vergleichbar sind Revysol-haltige Kombinationen wie Revytrex plus Proline, im Azolvergleich zeigte Revysol den höchsten Wirkungsgrad gegen Ramularia.

 

Empfehlungen:

  1. Wintergerste

Einfachfungizidmaßnahmen: (Abb. 2)

Die einmalige Anwendung von Fungiziden in der Vegetationsperiode ist in Wintergerste für die Bestände geeignet, auf denen ein verzögertes Auftreten an Blattkrankheiten als auch der Anbau blattgesünderer Sorten wie z.B. KWS Exquis, Esprit, SU Midnight oder SY Galileoo grundsätzlich die Schadenswahrscheinlichkeit senkt. Bei der Strategie Einfachmaßnahme muss die Spritzung in der Regel ca. 1 Woche früher als die Abschlußmaßnahme in einer Spritzfolge erfolgen. Dadurch besteht grundsätzlich die Gefahr, auftretende Infektionen insbesondere mit Ramularia nicht mehr sicher zu erfassen. Aus diesem Grund sollte die Aufwandmenge der eingesetzten Präparate, die zwischen BBCH 39 (Fahnenblattstadium) und BBCH 49 (Grannenspitzen) eingesetzt werden, höher sein als in der Spritzfolge. Geeignete Präparatekombinationen sind z.B. die Kombinationen Revytrex, Ascra Xpro und Elatus Era, die unter Befallsbedingungen von Ramularia mit Folpan 500 SC erwartet werden. Wird eine Absicherung gegen Netzflecken und Ramularia erforderlich, besteht mit dem Revysol- und Pyraclostrobin-haltigen Balaya eine weitere Alternative.

Zweifachfungizidmaßnahme: (Abb. 3)

Tritt höherer Ausgangsbefall an Blattkrankheiten wie Zwergrost, Rhynchosporium und Mehltau bereits im Schossen auf, ist eine Zweifachspritzfolge sicherer. Beim ersten Termin bieten sich Präparate wie z.B. Orius oder Helocur + Talius oder auch Input Triple an, die bei Bedarf mit Wachstumsreglern kombiniert werden können. Bei vorrangigem und stärkerem Netzfleckenbefall kann auch das bereits beschriebene Cyprodinil-haltige Kayak zum Einsatz kommen. Häufig tritt gleichzeitig Zwergrost auf, so dass einem Kayak (0,75 l/ha) ein Azol wie z.B. Orius (0,6 l/ha) oder auch Protendo 250 EC mit 0,5 l/ha hinzugefügt werden kann.

Eine zweite Fungizidmaßnahme ab dem Grannenspitzen (BBCH 49) muss gegen späte Infektionen insbesondere gegenüber Ramularia Sicherheit bringen. Hier bieten sich Ramularia-wirksame Kombinationsprodukte wie Ascra Xpro 1,0 l/ha oder Revytrex 1,2 l/ha an. Die Wirksamkeit gegen Ramularia wird durch die Zugabe von Folpan 500 SC mit 1,5 l/ha deutlich erhöht. Zeichnet sich zur Abschlußmaßnahme ein sehr starker Befallsdruck mit Ramularia ab, kann z.B. Revytrex 1,0 l/ha mit Proline 0,4 l/ha und Folpan 1,5 l/ha kombiniert werden. In der Spritzfolge sollte auf den Azolwechsel geachtet werden. Die Fungizidspritzfolge ermöglicht es, die Abschlußbehandlung bis ins Ährenschieben hinauszuzögern. Zu diesem Einsatztermin werden neben den oberen Blättern auch die wesentlich an der Ertragsbildung beteiligten Grannen und Spelzen der Ähren direkt benetzt.

 

  1. Winterroggen (Abb. 4)

Bekämpfungswürdiger Befall mit Braunrost trat im Winterroggen in den vergangenen Jahren erst nach dem Ährenschieben auf, in den letzten 2 Jahren jedoch mit geringer Befallsstärke. Das aktuelle Sortenspektrum in Winterroggen besitzt zudem eine Reihe von Sorten mit verbesserter Festigkeit gegenüber Braunrost. Hierzu gehören z.B. die Sorten KWS Serafino, und KWS Tayo. Eher anfällig gegen Braunrost ist z.B. die Sorte KWS Eterno.

Bei geringem und spätem Befallsdruck mit Braunrost kann zum Ährenschieben mit lang wirkenden Carboxamid-Kombinationen wie Elatus Era (0,6 – 0,8 l/ha) oder auch Elatus Plus + Orius (0,4 + 0,6 l/ha) gehandelt werden. Carboxamid-freie Kombinationen mit etwas geringerer Dauerwirkung sind z.B. Torero oder Azoxystar SC (0,7 l/ha) + Folicur (0,7 l/ha).

Zeigen Feldkontrollen bereits zu Beginn des Schossens in BBCH 32 zunehmenden Braunrostbefall an, sollte ein Fungizideinsatz mit rostwirksamen Mitteln wie z.B. Orius (1,0 l/ha) oder Prosaro (0,7 l/ha) durchgeführt werden. Dort, wo aufgrund sehr früher Aussaattermine zusätzlich Infektionen mit Mehltau und Halmbruch zu berücksichtigen sind, besitzt z.B. Input Triple mit 0,8 - 1,2 l/ha oder auch das Unix Pro Pack (0,4 + 0,4 l/ha) Wirkung gegen diese Krankheiten. Entscheidend für die Vermeidung eines hohen Halmbruchrisikos sind allerdings spätere Aussaattermine. Tritt zu Beginn des Schossens Mehltau auf, kann den Azolfungiziden ein Spezialmittel wie Talius hinzugegeben werden.

Im Roggen stellt die Abschlußmaßnahme ab BBCH 51 über Jahre hinweg die wichtigste und in vielen Fällen einzig notwendige Fungizidmaßnahme hinsichtlich der Ertragswirkung dar. Bei der Präparateauswahl ist zu beachten, dass eine langanhaltende Wirkung auf Braunrost gefordert ist. Dies kann über Fungizide sichergestellt werden, die Wirkstoffe aus der Gruppe der Carboxamide und Strobilurine enthalten. Hierzu gehören Mittel wie Elatus Era (0,8 l/ha), Elatus Plus + Orius (0,4 + 0,6 l/ha), Revytrex (1,0 l/ha), Ascra Xpro (0,8 – 1,0 l/ha) oder auch die Carboxamid-freien Tankmischungen aus Torero + Folicur (0,7 + 0,7 l/ha). Nur bei sehr spät auftretendem Braunrostbefall ab der Roggenblüte können reine Azol-Präparate wie Folicur (1,0 l/ha) oder Orius (1,2 l/ha) eingesetzt werden. Diese Präparate dürfen bis zum Ende der Roggenblüte (BBCH 69) zur Anwendung kommen.

 

  1. Wintertriticale (Abb. 5)

Mehltau, Gelbrost und Braunrost sind die wichtigsten Blattkrankheiten, die in Triticale zur Ertragsabsicherung zu kontrollieren sind. Bei geringem Ausgangsbefall im Frühjahr in spät gesäter Triticale nach Mais und/oder in blattgesünderen Sorten wie z.B. Ramdam, Belcanto und Lumaco reduzieren sich die Fungizidmaßnahmen häufig auf eine Einfachmaßnahme auf den vollständig geschobenen Blattapparat (BBCH 39 – 51). Hier bieten sich roststarke Kombinationen mit Dauerwirkung wie z.B. Elatus Era + Sympara (0,75 + 0,25 l/ha), Revytrex (1,0 – 1,2 l/ha) oder auch Univoq (1,0 - 1,2 l/ha) an. Mit günstigem Gewässerabstand von 1 m zur Böschungsoberkante stehen die Kombination aus Elatus Plus + Orius (0,4 + 0,6 l/ha) oder Revytrex mit 1,0 l/ha zur Verfügung.  Diese Mittel können auch in Spritzfolgen als zweite Maßnahme zum Ährenschieben zum Einsatz kommen. Ein frühzeitiger Befall durch Roste im Schossen lässt sich mit Azolen wie z.B. Orius (1,0 l/ha) oder Prosaro (0,7 l/ha kontrollieren. Input Triple oder Revystar + Flexity bekämpfen zusätzlich Mehltau und Halmbruch. Effekte auf den Halmbrucherreger lassen sich allerdings nur mit hohen Aufwandmengen dieser Mittel erzielen. Gegen stärkeren Befall mit Mehltau besitzt Vegas Plus (0,3 – 0,4 l/ha) eine sichere kurative Wirkung.

Beim Anbau von Triticale nach Mais in Mulchsaatbestellung kann die Situation auftreten, den Bestand gegen Ährenfusariosen absichern zu müssen. Eine entsprechende Zulassung gegen diesen Schaderreger besitzen in Triticale die Fungizide Input Classic mit 1,25 l/ha als auch Helocur mit 1,25 l/h. Bedenken Sie, dass Fungizideinsätze gegen Ährenfusariosen begrenzte Wirkungsgrade von 50 bis 70 % erzielen. Sinnvoller sind vorbeugende pflanzenbauliche Maßnahmen im Rahmen des Integrierten Pflanzenschutzes wie das Zerkleinern von Maisstoppeln mit anschließender Pflugfurche oder auch der Anbau toleranter Sorten. Durch die Auswahl resistenter Sorten kann die Reduktion des DON-Gehaltes im Erntegut deutlich beeinflusst werden. Triticalesorten mit guter Festigkeit gegen Ährenfusariosen sind z.B. Belcanto, Lumaco oder Charme.

  • Zusammenfassung:
  • Ein gezielter und wirtschaftlicher Fungizideinsatz ist am ehesten über regelmäßige Bestandskontrollen sicherzustellen.
  • Die Bekämpfungsmöglichkeit von Gelb- und Braunrost als auch von Ramularia collo- cygni ist über wirksame Fungizide 2023 sichergestellt.
  • Gesunde Getreidesorten und angepasste Aussaattermine senken die Befallswahrscheinlichkeit für Krankheiten.