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Landessortenversuche 2023: Grünroggen

Webcode: 01042050
Stand: 20.07.2023

Der Grünroggenanbau hat nach wie vor eine recht treue Anhängerschaft bei den Landwirten, die frühzeitig Grundfutter benötigen oder bei knapper Flächenausstattung mit einer zweiten Ernte durch eine Hauptfrucht nach dem Grünroggen eine hohe Futtermenge erzeugen möchten. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

Grünroggen LSV
Grünroggen LSVCarsten Rieckmann

Grünroggenanbau ist bei zahlreichen Betrieben ein fester Bestandteil für die zeitige Bereitstellung von Grundfutter, sowohl für die Rindviehfütterung als auch für den Einsatz in Biogasanlagen. Der anschließende Hauptfruchtanbau erfolgt in der Regel in Form von Mais. Auf sehr trockenen Standorten kommt auch Sorghumhirse zum Einsatz. In diesem Anbausystem soll die Vegetationszeit bestmöglich ausgenutzt und möglichst viel Biomasse je Hektar und Jahr produziert werden, indem innerhalb eines Jahres zwei Kulturen auf einer Fläche geerntet werden.

Für den Grünroggenanbau kommen speziell gezüchtete Sorten zum Einsatz, die sich durch eine sehr gute Jugendentwicklung auszeichnen und auch im Frühjahr zügiger in die Massenbildungsphase kommen.

Erntezeitpunkt – Qualität versus Quantität

Die Variation des Erntezeitpunktes beeinflusst dabei neben der Ertragsleistung auch die Futterqualität des Erntegutes. Steht die Qualität des Grundfutters aus Grünroggen - in erster Linie für die Rindviehfütterung - im Vordergrund, erfolgt die Ernte bereits im Stadium des Ährenschiebens, sodass für die anschließende Hauptkultur mehr oder weniger noch die normale Vegetationszeit zur Verfügung bleibt. Eine spätere Grünroggenernte hingegen könnte sinnvoll sein, wenn im April bereits eine längere Trockenphase vorherrscht und der Oberboden für eine problemlose Maisbestellung zu stark ausgetrocknet ist. Unter diesen Bedingungen könnte der Grünroggen zumindest noch effektiv Biomasse bilden. Die Beerntung und anschließende Aussaat des Maises sollte dann so gewählt werden, dass ausreichende Niederschläge für die Maisentwicklung fallen bzw. gefallen sind. Das gleiche trifft auch zu, wenn im Zeitraum Ende April/Anfang Mai noch sehr kühle Temperaturen herrschen, die die Maisentwicklung hemmen. Der Grünroggen hingegen kann in solchen Phasen noch effektiv Biomassezuwachs generieren. Eine verzögerte Aussaat geht in der Regel allerdings zu Lasten des Maisertrages.

Für eine spätere Ernte in der Kornfüllungsphase (nach der Blüte) eignen sich Grünroggenbestände weniger, sie können dann zunehmend Probleme mit der Standfestigkeit bekommen. Diese Sorten sind ohnehin weniger auf Körnerleistung ausgerichtet. Grünroggen kann damit als klassische Winterzwischenfrucht angesehen werden, die schon früh im Jahr einen gut entwickelten Biomasseaufwuchs erreicht.

Bei der Ernte von Grünroggen ist bei frühen Schnittzeitpunkten mit Trockenmassegehalten unter 20 % ein Anwelken auf ca. 25 - 28 % unvermeidlich, um die starke Sickersaftbildung bei der Silierung zu verringern. Die Ablage im Schwad und die nach etwa einem Tag folgende Aufnahme mit einer Pick-Up-Vorrichtung mit anschließendem Häckseln ist das hierfür in der Praxis häufig angewendete Verfahren. Bei höheren TM-Gehalten kann die Ernte aus dem Stand mit GPS-Vorsatz am Häcksler erfolgen. Die Ernte im Entwicklungsstadium des Fahnenschiebens würde einen guten Kompromiss zwischen hohem Futterwert und gleichzeitig akzeptablen Ertrag ergeben. Wird der Grünroggen in der Biogasanlage eingesetzt, wird mit der Ernte eher bis zum bzw. nach dem Ährenschieben gewartet, um höhere Erträge zu erreichen.

Anbauverfahren erfordert gute Wasserverfügbarkeit

Als vergleichsweise anspruchslose und robuste Getreideart ist Grünroggen auf unterschiedlichen Standorten problemlos anbaubar. In jedem Fall muss bedacht werden, dass er die Bodenwasservorräte bis zum Tag der Beerntung beansprucht, diese Mengen sind für die Folgefrucht dann nicht mehr verfügbar. In Jahren mit ausgeprägter Frühsommertrockenheit im Mai und Juni sind dann durchaus empfindliche Ertrags- und Qualitätseinbußen in der eigentlichen Hauptfrucht zu befürchten. Dieses Anbauverfahren birgt von daher einige Risiken. Die Möglichkeit einer Beregnung kann zeitweilige Wasserdefizite für die Hauptfrucht ausgleichen. Aktuell in diesem Jahr war die Wasserversorgung für den Grünroggen durchweg gesichert. Die anschließende Maisbestellung verlief in der Regel ebenfalls problemlos und die praktisch flächendeckenden, regional sicherlich in der Höhe sehr unterschiedlich gefallenen Niederschläge um den 20. Juni kamen zumeist noch gerade rechtzeitig für die Wasserversorgung der Maisbestände.

Düngung von Grünroggen

Grünroggen sollte im Frühjahr zu Vegetationsbeginn möglichst zeitig in einer Gabe gedüngt werden, um die Massebildung zu fördern. Der Düngebedarfswert für den Grünschnittroggen (Ernte Ende April/Anfang Mai, TM-Gehalt etwa 20 %) beträgt nach Düngeverordnung 80 kg N/ha bei einem Ertragsniveau von 250 dt FM/ha, wenn der nachfolgende Mais als Hauptfrucht angebaut wird. Grünroggen ist als Futterzwischenfrucht einzustufen und könnte im Herbst 2023 nach Getreidevorfrucht nur in nicht mit Nitrat belasteten Gebieten mit maximal 60/30* kg N/ha bis spätestens 1. Oktober gedüngt werden, wenn die Aussaat bis zum 15. September erfolgt ist. (* = N-Düngung maximal 60/30 kg N/ha bedeutet, dass eine Düngung nach Bedarf erfolgen kann, es dürfen jedoch maximal 60 kg Gesamt N/ha und/oder maximal 30 kg NH4-N/ha (mineralisch + organisch) aufgebracht werden. Im Herbst gedüngte N-Mengen müssen im Frühjahr berücksichtigt, das heißt vom Stickstoffbedarfswert abgezogen werden. Bei einer Düngung im Herbst dürfte der Roggen im Frühjahr nicht zur Körnernutzung weiter kultiviert werden, da die Düngung von Roggen für die Kornernte im Herbst nicht erlaubt ist. Grünschnittroggen-Sorten sind aber für die Körnernutzung ohnehin nicht sinnvoll einsetzbar.

Ertragsleistungen im mehrjährigen Vergleich

Der Landessortenversuch (LSV) Grünroggen wird in Niedersachsen regelmäßig an den Standorten Obershagen (Region Hannover) und in Werlte (LK Emsland) angelegt.

Der Jahreseffekt auf die Ertragsleistungen beim Grünroggen wird bei dem Vergleich der Einzelortergebnisse (Abb. 1) im Verlaufe der Jahre 2018 bis 2023 sehr deutlich. Diese zum Teil sehr drastischen Ertragsunterschiede lassen sich zumindest am Standort Obershagen weniger durch die Abreifeentwicklung erklären, da die Versuche in einem relativ engen TM-Gehaltsbereich beerntet wurden. Vielmehr spielen hier sicherlich die Wachstumsbedingungen eine gravierendere Rolle. Für die geringeren Erträge der Jahr 2018 und 2020 könnte in erster Linie die schwache Vorwinterentwicklung verantwortlich sein, da die Aussaat dort erst ab Mitte Oktober erfolgte. Die höheren mehrjährigen Durchschnittserträge (2018 – 2023) am Standort Werlte lassen sich auf die hier generell bessere Nährstoff- und Wasserversorgung zurückführen, weil sich dort dichtere Bestände etablieren konnten. Bei gleichzeitig 4 % geringeren TM-Gehalten zur Ernte (21,1 % Obershagen zu 17,1 % Werlte) konnten dennoch Mehrerträge von 4,6 dt TM/ha erreicht werden. Die generell günstigere Wasserversorgung in Werlte stieß allerdings im Jahr 2020 auch an ihre Grenzen, die Frühjahrstrockenheit beeinflusste dort die Erträge beim Grünroggen ebenfalls spürbar.

Landessortenversuch Grünroggen 2023

Im LSV wurden 2023 sieben vom Bundessortenamt (BSA) für den Winterzwischenfruchtanbau zugelassene Sorten geprüft. Es handelt sich ausschließlich um Populationssorten, die mindestens im vierten LSV-Jahr stehen. Mit Higreen und SU Vector wurden 2018 die letzten WP-Prüfkandidaten vom BSA zugelassen. In den Folgejahren gingen gar keine bzw. nur sehr wenige Kandidaten in die Wertprüfung. Aktuell zeichnet sich jedoch ab, dass die Züchtungsaktivitäten wieder etwas vorangetrieben werden.

Die Aussaat der Versuche erfolgte an beiden Standorten Ende September. Dank günstiger Wachstumsbedingungen lief die Saat gleichmäßig auf und die Bestände konnten sich wegen milder Temperaturen bis Anfang November vor dem Winter gut entwickeln, zum Teil war die Entwicklung auch schon zu üppig. Während der Wintermonate füllten sich die Wasservorräte der Böden durch zahlreiche Niederschläge wieder gut auf. Die Befahrbarkeit war in Werlte ab Ende Februar zur ersten Düngergabe zunächst wieder gegeben, während in Obershagen erst Mitte März gedüngt werden konnte. Generell fiel im März noch einmal ergiebiger Regen. Das Frühjahr war kühl und nass, vereinzelt traten noch Nachtfröste auf. Entsprechend war der Vegetationsbeginn später als im Vorjahr und auch die Frühjahrsentwicklung verlief zunächst zögerlich. Mit steigenden Temperaturen entwickelten sich die Bestände aber gut.

Ende März war in Werlte ein leichter Befall mit Mehltau festzustellen, in Obershagen trat Mitte April etwas Rhynchosporium auf. In diesem Jahr erreichten die Grünroggenbestände das Stadium des Ährenschiebens bzw. den Beginn der Ernte etwa um den 24. April und damit im Vergleich zu den GPS-Versuchen mit den anderen Sortentypen ca. 14 Tage früher.

Der Bestand in Obershagen zeigte bis zur Ernte keine Lagerprobleme und erreichte eine durchschnittliche Wuchshöhe von 147 cm bis zur problemlosen Ernte am 8. Mai. Es wurde ein durchschnittlicher Trockenmasseertrag von knapp 79 dt/ha erzielt, der TM-Gehalt lag zu diesem Zeitpunkt im Schnitt bei 19,0 %. In Werlte dagegen regnete es Ende April stark und es war windig, sodass die Bestände ins Lager gingen. Daher wurde bereits am 27. April nach Scheiteln der Parzellen geerntet. Die Bestände wurden im Vergleich zu Obershagen deutlich früher bei einer durchschnittlichen Wuchshöhe von ca. 95 cm (vor Lager) und einem TM-Gehalt von 14,9 % beerntet. Der Durchschnittsertrag lag entsprechend niedriger und betrug 67,5 dt/ha TM.

Ergebnisse 2023

Sowohl in Obershagen als auch in Werlte erzielte 2023 die Sorte Protecor mit rel. 103 bzw. 106 wieder überdurchschnittliche Erträge und bestätigt damit ihre langjährige hohe Ertragskonstanz. Überraschend hohe Erträge lieferte Traktor mit rel. 108 am Standort Obershagen, wo sie eine sehr gute Massenbildung zu Vegetationsbeginn aufwies. In Werlte erreichte sie einen Ertrag von rel. 100. An beiden Standorten überzeugten auch die Sorten Lunator mit jeweils rel. 101 sowie Powergreen mit rel. 100. Turbogreen fiel aufgrund etwas schwächerer Erträge in Obershagen leicht ab. Higreen und SU Vector konnten mit ihren Leistungen auch in diesem Jahr leider nicht an ertragsstärksten Sorten heranreichen.

Mehrjährige Sortenleistungen

Auch bei mehrjähriger Betrachtung der Sortenleistung im LSV (Tabelle 1) behält die altbekannte Sorte Protector mit konstant hohen Erträgen und vergleichsweise hohen TM-Gehalten (rel. 102) mit Relativerträgen von 104 ihre Spitzenposition im Sortiment. Ihre zügige Entwicklung erweist sich als Vorteil, in diesem Jahr fiel sie im Sortenvergleich auch nicht durch stärkeres Lager auf, was durchaus vorkommen kann und vom BSA auch so eingestuft ist. Die Vermehrungszahlen von 1.607 ha, das sind mehr als 60 % der Vermehrungsfläche in Deutschland, belegen ihre nach wie vor große Bedeutung.

Es folgt die Sorte Turbogreen (rel. 102), deren relative Ertragsleistung im Gegensatz zu Protector allerdings im Verlauf der Jahre zurückgegangen ist. Sie profitiert im mehrjährigen Vergleich von ihren hohen Anfangserträgen. Der TM-Gehalt liegt mit rel. 100 im Durchschnitt.

Mit rel. 100 bilden Powergreen, Traktor und Lunator ertraglich das Mittelfeld des Sortimentes, wobei Traktor über die Jahre eine steigende Leistung zeigte, während Powergreen und Lunator eher schwankende Erträge lieferten. Traktor erreichte in allen Jahren einen durchschnittlichen TM-Gehalt, während Powergreen und Lunator hier unterdurchschnittlich blieben.

Higreen entwickelte sich über den betrachteten Prüfungszeitraum am zügigsten, was an den TM-Gehalten mit rel. 107 (2023) und 104 mehrjährig deutlich wird. Daher würde sich die Sorte auch für eine frühere Ernte eignen. Leider konnte sie ertraglich ihr hohes Anfangsniveau nicht halten und fiel in den beiden letzten Jahren deutlich ab, mehrjährig betrachtet bleibt sie leicht unterdurchschnittlich.

SU Vector kann hinsichtlich des Ertrages mit rel. 96 nicht überzeugen. Die Sorte ist allerdings vom BSA mit einer geringen Lagerneigung eingestuft worden.

Zusammenfassung

Nach wir vor hat der Grünroggenanbau eine recht treue Anhängerschaft bei den Landwirten. Ist die natürliche Wasserversorgung sowohl für den Grünroggen als auch für die nachfolgende Hauptkultur gesichert, kann er bei Betrieben mit geringer Flächenausstattung zu einer Erhöhung der Futtergrundlage – sowohl für Rindvieh als auch Biogas – dienen. Voraussetzung ist, dass die Summe beider Ernten deutlich höher als die Hauptfruchternte ohne entsprechende Vornutzung der Fläche ausfällt und sich damit der Grünroggenanbau letztlich wirtschaftlich lohnt, dabei ist auch der höhere Aufwand zu berücksichtigen.

Da beim Grünroggenanbau in erster Linie die Ertragsleistungen für die Sortenentscheidung herangezogen werden, ist vorrangig die altbekannte Sorte Protector die sicherste Wahl. Es bleibt zu hoffen, dass künftig durch züchterische Aktivitäten neue interessante Sorten an den Start gehen werden.