Echemer Kuhbrille: Auszeichnung der Landwirtschaftskammer als „Digitaler Ort Niedersachsen“
Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung würdigt die Erfindung von Kammer-Mitarbeiter Benito Weise. Die Virtual-Reality-Brille ermöglicht die Wahrnehmung der aktuellen Umgebung aus Sicht einer Kuh.
Echem/Oldenburg – Großartige Würdigung für eine grandiose Erfindung und herausragendes Engagement, Teil 2: Die Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen ist für die von Benito Weise, Mitarbeiter am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum in Echem, erfundene Virtual-Reality-Kuhbrille jetzt vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung als „Digitaler Ort Niedersachsen“ ausgezeichnet worden. Im vergangenen Oktober hatte Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast die Echemer Kuhbrille bereits mit dem 2. Platz des Digitalisierungspreises Agrar und Ernährung des Landes Niedersachsen geehrt.
Mit der Auszeichnung als „Digitaler Ort Niedersachsen“ werden Initiativen, Projekte und Einrichtungen geehrt, die sich mit ihrem Engagement im Kontext der Digitalisierung besonders verdient machen und den digitalen Wandel in Niedersachsen aktiv mitgestalten. Die Gewinner*innen werden durch eine Jury der Digitalagentur Niedersachsen und des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung ausgewählt. Die Echemer Kuhbrille bekommt mit der Auszeichnung zugleich die Chance auf die Nominierung zum „Digitalen Ort des Jahres“, der im Rahmen der Digitalkonferenz TECHTIDE des Landes Niedersachsen von den Besucher*innen gewählt wird.
„Die Auszeichnungen sind eine große Anerkennung für das Engagement all unserer Mitarbeiter*innen, die sich für eine zeitgemäße Aus- und Weiterbildung einsetzen und damit die Attraktivität landwirtschaftlicher Berufe steigern“, sagte Kammerpräsident Gerhard Schwetje.
Kammerdirektor Hans-Joachim Harms hatte sich von Beginn an dafür eingesetzt, dass das Virtual-Reality-Vorhaben nicht aus finanziellen Gründen scheitert. „Wir hatten bereits im Projektstadium keinen Zweifel am praktischen Nutzen der Kuhbrille – und die aktuelle Nachfrage bestätigt uns in unserer Ansicht, dass die Kuhbrille ein wichtiger Baustein für eine noch passgenauere überbetriebliche Ausbildung der künftigen Landwirtinnen und Landwirte ist“, betonte Harms.
Empathischer Zugang zum Tier
Die Kuhbrille der LWK ermöglicht den Anwender*innen ein Im-Moment-Sehen, ein visuelles Wahrnehmen der aktuellen Umgebung wie eine Kuh. „Die Kuhbrille ermöglicht einen unglaublichen Aha-Effekt“, erklärt Martina Weber, Geschäftsführerin des Landwirtschaftlichen Bildungszentrums (LBZ) Echem (Kreis Lüneburg), dem Aus- und Weiterbildungszentrum für Tierhaltung der LWK. Zum Beispiel, wenn die Kuh vom Stall nach draußen tritt – und ein paar Sekunden lang erst mal stehen bleibt und nicht weiterlaufen will. Denn die Adaption, also die Anpassung der Augen an die Helligkeit, dauert bei den Tieren deutlich länger als bei uns Menschen.
„Ich kenne kein anderes Lehrmittel, das einen solch empathischen Zugang zum Tier ermöglicht“, sagt Martina Weber. Für sie sei daher auch gar nicht das Digitale das Wichtigste an der Erfindung. „Unsere Lehrgangsteilnehmer*innen, die dieses Gefühl temporärer Blindheit selbst erlebt haben, bekommen ein viel größeres Verständnis für das Verhalten einer Kuh“, berichtet die Geschäftsführerin, „hier geht es nicht um eine Erfindung, die den Landwirt*innen zum Beispiel eine effektivere Düngung ermöglicht. Es geht um die Erlebbarmachung einer Welt durch den Einsatz digitaler Hilfsmittel, die wir so sonst nicht wahrnehmen würden.“
Akustische Erweiterung
Erfinder Benito Weise, der am LBZ die überbetriebliche Ausbildung koordiniert und 20 Jahre Berufserfahrung in der Aus- und Weiterbildung hat, tüftelt längst an der Entwicklung einer Pferdebrille – und auch an der Erweiterung der VR-Brillen um die akustische Wahrnehmung. Denn die ist mindestens genauso interessant und wichtig wie das Sehen. „Sowohl Kühe als auch Pferde sind Fluchttiere“, erklärt Martina Weber, „das Gehör ist viel besser ausgebildet als das Sehen.“ Akustische Signale versetzen sie in Alarmbereitschaft. In den automatisierten Stallungen werden Geräusche wie zum Beispiel von hydraulischen Motoren abgegeben, die wir in unserem Hörbereich nicht wahrnehmen, die Rinder aber sehr wohl. Das Hören ist allerdings viel komplizierter als das Sehen – und es gibt weniger Forschungen darüber. „Wir bräuchten Gelder für eine Grundlagenforschung“, so Weber, „leider konnten wir bisher noch keine Fördermittel einwerben, die es uns gemeinsam mit anderen Forschungseinrichtungen ermöglichen würden, gezielt einzusteigen.“
Mehr Infos über die Entwicklung der preisgekrönten Tierbrille unter bit.ly/digitalisierungspreis und in diesem Youtube-Video:
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