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Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung

Webcode: 01039569

Mit der am 07.09.2021 erfolgten Veröffentlichung der fünften Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung werden ab 08.09.2021 sowohl Einschränkungen beim Glyphosateinsatz als auch bei Pflanzenschutzmittelanwendungen u.a. in Naturschutzgebieten, FFH-Gebieten und an Gewässern wirksam. Diese Änderungen sind Teil des Aktionsprogramms Insektenschutzes der Bundesregierung.

Anwendung von Glyphosat auf Acker- und Grünlandflächen auf Grundlage der fünften Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung

Grundsätzliche Verbote:

  • Anwendungen in Wasserschutzgebieten, Heilquellenschutzgebieten und Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten, egal in welcher Kultur.
  • Spätanwendungen vor der Ernte (= Sikkation), egal in welcher Kultur.
  • Anwendungen in Naturschutzgebieten, Nationalparks, nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen, egal in welcher Kultur.
    ! Das Anwendungsverbot für Glyphosat besteht bereits seit vielen Jahren. Hierfür dürfen nun keine Ausnahmegenehmigungen mehr erteilt werden.

Anwendung von Glyphosat auf Ackerflächen:

  • Vor der Anwendung muss geprüft werden, ob alternativ vorbeugende Maßnahmen wie Fruchtfolge, Wahl des Aussaatzeitpunktes oder mechanische Maßnahmen oder das Anlegen einer Pflugfurche durchgeführt werden können. Eine Anwendung ist nur dann erlaubt, wenn diese Maßnahmen nicht möglich oder zumutbar sind. Die Prüfung vor der Anwendung sollte ausreichend dokumentiert werden.
     
  • Vorsaatbehandlung:

Anwendungen nur zulässig:

    • zur Bekämpfung perennierender Unkräuter, wie z.B. Ackerkratzdistel, Ampfer, Landwasserknöterich, Quecke usw. auf den betroffenen Teilflächen. Beim Auftreten hier nicht genannter Unkräuter Rücksprache mit dem Berater der Bezirksstellen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

! Flächen im Direkt- oder Mulchsaatverfahren sind von dieser Einschränkung nicht betroffen.

    • zur Unkrautbekämpfung einschließlich der Beseitigung von Mulch- und Ausfallkulturen auf Ackerflächen, die einer CC-Erosionsgefährdungsklasse zugeordnet werden (CCWasser1, CCWasser2 oder CCWind gemäß Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung).
       
  • Stoppelbehandlung:

Anwendungen nur zulässig:

    • zur Bekämpfung perennierender Unkräuter (s. o.) auf den betroffenen Teilflächen.

Dies betrifft auch Flächen im Direkt- oder Mulchsaatverfahren.

    • zur Unkrautbekämpfung einschließlich der Beseitigung von Mulch- und Ausfallkulturen auf Ackerflächen, die einer CC-Erosionsgefährdungsklasse zugeordnet werden (CCWasser1, CCWasser2 oder CCWind gemäß Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung).

Anwendung von Glyphosat auf Grünland:

  • Einsatz auf betroffenen Teilflächen:
    • nur zur Erneuerung des Grünlandes, wenn aufgrund von starker Verunkrautung eine wirtschaftliche Nutzung des Grünlandes nicht mehr möglich ist oder
    • die Futternutzung wegen eines Risikos für die Tiergesundheit (z.B. flächendeckender Besatz mit Jakobskreuzkraut) nicht mehr möglich ist.
       
  • Flächige Anwendung:
    • zur Vorbereitung einer Neueinsaat auf Flächen, die einer CC-Erosionsgefährdungsklasse zugeordnet sind (CCWasser1, CCWasser2 oder CCWind gemäß Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung) oder
    • auf denen eine wendende Bodenbearbeitung auf Grund anderer Vorschriften nicht erlaubt ist

In Verbindung mit den beschriebenen Einschränkungen bzw. noch vorhandenen Anwendungsmöglichkeiten empfiehlt sich eine eigene Dokumentation z.B. über die Entscheidungsgründe für einen Einsatz oder die vorhandene Verunkrautung.

Bei Fragen steht die Pflanzenschutzberatung an den Bezirksstellen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zur Verfügung.


Anwendung von Pflanzenschutzmitteln an Gewässern auf Grundlage der fünften Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung

Die Pflanzenschutzanwendungsverordnung sieht vor, dass in einem Abstand von 10 m zum Gewässer kein Pflanzenschutzmittel mehr angewendet werden darf. Eine Reduktion dieses Abstandes auf 5 m ist dann möglich, wenn eine geschlossene, ganzjährig begrünte Pflanzendecke existiert, die innerhalb von fünf Jahren nur einmal über eine Bodenbearbeitung erneuert werden darf. Ausnahmen gibt es für kleine Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung und zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden oder zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt vor invasiven Arten.

Da es in Niedersachsen jedoch eine länderspezifische Regelung im Niedersächsischen Wassergesetz (§ 58, Abs.1) gibt, gelten hier andere Regelungen:

Seit 01.07.2021:

  • Gewässer 1. Ordnung:  keine Anwendung oder Lagerung von PSM im Abstand von 10 m

Seit 01.07.2022:

  • Gewässer 2. Ordnung: keine Anwendung oder Lagerung von PSM im Abstand von 5 m
  • Gewässer 3. Ordnung: keine Anwendung oder Lagerung von PSM im Abstand von  3 m

Ausnahmekulisse niedersachsenweit:

Ergänzende Ausnahmekulisse:

  • zum Schutz agrarstruktureller Belange können Gebiete mit hoher Gewässerdichte (Anteil der betroffenen Fläche ≥ 3 % der LF im Gebiet der Gemeinde) ausgewiesen werden; dort an Gewässern 2. und 3. Ordnung geringere Breiten bei Dauergrünland und bei für den Grundfutteranbau genutzten Ackerflächen möglich, 1m breit müssen sie jedoch mindestens sein. Der 1 Meter breite Streifen muss dann dauerhaft begrünt werden, entweder durch Einsaat oder Selbstbegrünung. Um den Ackerstatus zu erhalten, darf nur einmal in fünf Jahren durch Bodenbearbeitung eingegriffen werden.
  • Ausnahmen gelten nicht für Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet von 10 km² oder größer.

Die zuständige Behörde kann von einem Verbot eine widerrufliche Befreiung erteilen, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Maßnahme erfordern oder das Verbot im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führt (=einzelbetriebliche Betrachtung auf Grundlage von § 38 Abs.5 Wasserhaushaltsgesetz).

Antragsstellung und Einzelheiten zu den Genehmigungskriterien sind noch in Klärung.

Zu beachten:
Mit der Zulassung der einzelnen Pflanzenschutzmittel vergebene Gewässerabstände, die ggfs. über die beschriebenen Gewässerrandstreifen hinausgehen, gelten weiterhin!


Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutz-, FFH-Gebieten usw. auf Grundlage der fünften Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung 

Ackerflächen in Naturschutzgebieten, Nationalparks, Nationalen Naturmonumenten und gesetzlich geschützten Biotopen

  • Verbot von Herbiziden
  • Verbot von Insektiziden mit der Bienenschutzauflage B1, B2 oder B3
  • Verbot von Insektiziden mit der Kennzeichnungsauflage NN 410

Ausnahmemöglichkeiten:

Die LWK Niedersachsen kann Ausnahmen von den genannten Verboten genehmigen:

  • zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt (z.B. beim Auftreten invasiver Arten, wie dem Riesenbärenklau) oder
  • zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden (gilt nicht für Glyphosat!)

Falls in dem betreffenden Schutzgebiet darüberhinausgehende Regelungen wie z.B. ein generelles Anwendungsverbot für Pflanzenschutzmittel gelten, ist eine Genehmigung nicht möglich.

Ackerflächen in FFH-Gebieten (= Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung)

Sofern Ackerflächen in FFH-Gebieten nicht gleichzeitig in Naturschutzgebieten usw. liegen (siehe oben), sind diese Ackerflächen von dem obenstehenden Verbot nicht betroffen.

Dauergrünland

Hier gilt die Niedersächsische Regelung auf Grundlage des § 25 a, Abs.1, des Niedersächsischen Ausführungsgesetztes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG):

  • In Naturschutzgebieten und in Landschaftsschutzgebieten, soweit sie Natura 2000-Gebiete sind (=FFH- und Vogelschutzgebiete), ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Dauergrünland grundsätzlich verboten.

Soweit der Schutzzweck des Gebietes dem nicht entgegensteht (siehe Schutzgebietsverordnung!), sind Ausnahmen davon möglich.

  • Ausnahme 1: für Pflanzenschutzmittel, die eine Zulassung für den ökologischen Anbau haben,
  • Ausnahme 2: wenn die in diesem Rahmen vereinbarten Schadensschwellen überschritten sind und eine zumutbare praxistaugliche Alternative nicht besteht.

Eine beabsichtige Anwendung in Naturschutzgebieten ist der zuständigen unteren Naturschutzbehörde mindestens 10 Arbeitstage vor ihrer Durchführung anzuzeigen. Innerhalb dieser Frist kann die Naturschutzbehörde die Anwendung untersagen oder besonders regeln. D.h., erst nach Ablauf dieser Frist kann die Anwendung in Naturschutzgebieten erfolgen. Die Anwendung muss sowohl in NSG und in LSG, die auch Natura 2000-Gebiete sind, nachvollziehbar dokumentiert und auf Verlangen vorgezeigt werden.

Hinweis: Wechselgrünland gehört nicht in die Kategorie Dauergrünland.

Dauergrünland ist entsprechend NAGBNatSchG § 2a (4) definiert als eine durch Einsaat oder auf natürliche Weise zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzte Fläche, die seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebes ist und seit mindestens fünf Jahren nicht umgepflügt worden ist (Dauergrünland).


Den gesamten Artikel (Druchversionen) und den Gesetzestext der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung können Sie sich mit den beiliegenden PDF-Dateien herunterladen und/oder ausdrucken.

Kontakte


Dr. Stefan Krüssel

Leiter Pflanzenschutzamt

0511 4005-2176

stefan.kruessel~lwk-niedersachsen.de


M.Sc. agr.
Janina Rathmann

Leiterin Sachgebiet Überwachung, Sachkunde, Anwendungstechnik

0511 4005-2178

janina.rathmann~lwk-niedersachsen.de

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