Wo Gewässerränder im Dauergrünland einem Düngeverbot unterliegen ergeben sich daraus neue Chancen und Möglichkeiten, auch für die Biodiversität und den Artenschutz, denn aus ökologischer Sicht besitzen auch die kleineren Fließgewässer das Potenzial, eine artenreiche Pflanzen- und Tiergesellschaft zu beherbergen.
Grünland – wie kann die Biodiversität am Gewässerrand gefördert werden?
Landwirtschaftliche Nutzflächen unterliegen nach dem Wassergesetz (NWG) seit 2021 je nach Gewässerordnung einem Düngeverbot auf 3 bzw. 5 bzw. 10 Meter ab der Böschungsoberkante am Gewässerrand. Gewässerrandstreifen von bisher gedüngten Grünlandstandorten verlieren dadurch deutlich an Wuchskraft, ohne einer verspäteten (extensiven) Nutzung zu unterfallen.
Für intensiv bewirtschaftete Grünlandstandorte ergeben sich dadurch neue Herausforderungen in der Bestandsführung entlang von Gräben, Vorflutern und Flußläufen. Die unkontrollierte Verkrautung dieser Randstreifen sollte vermieden und eine weiterhin futterbauliche Nutzung der gesamten Grünlandschläge auch ohne Düngung und Pflanzenschutzmaßnahme ermöglicht werden.
Gleichzeitig ergeben sich Chancen für Biodiversität, wenn Gewässerränder entsprechend Wuchskraft nur 2-3 mal genutzt werden. Altgrasstreifen (ÖR 1d) mit einer frühesten Nutzung im September passen eher nicht zum intensiv genutzten Grünland nährstoffreicher Standorte, denn sie bedeuten Verzicht auf Grundfutter sowie konkreten Mehraufwand durch die Entsorgung der Aufwüchse im Herbst.
Vor diesem Hintergrund lag für die Arten- und Biotopschutzberatung zum Niedersächsischen Weg der Gedanke nahe, nicht gedüngte Gewässerrandstreifen durch futterbaulich nutzbare Kräuter aktiv für die Artenvielfalt aufzuwerten, um die Grünlandnarbe ausdauernd und widerstandsfähig (resilient) zu erhalten. Durch ein potenziell erhöhtes Blühvorkommen könnte so auch die Biodiversität auf intensivem Grünland insgesamt (Kräuter, Insekten, Vögel) verbessert werden.

Der Versuch läuft mit fachlicher Anleitung des Fachbereichs Grünland und Futterbau der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützt das Projekt finanziell.
Um die Möglichkeiten der Etablierung wertvoller Kräuter in der Praxis zu testen, wurden entsprechende Demonstrationsflächen mit einer abgestuften Nutzungsintensität auf fünf Betrieben im norddeutschen Küstenraum eingerichtet. Die Betriebsleiter erklärten sich bereit, die entsprechende Ansaatmischung (vgl. Tabelle 1) mit eigenen Schleppern und Geräten auszusäen und entsprechend der Anforderungen zu bewirtschaften. Bevor die Ansaaten im Spätsommer 2024 erfolgten, sollten verschieden intensive Eingriffe zur Schwächung der bestehenden Grasnarbe vorgenommen werden. Damit wurden, entsprechend den betrieblichen und standörtlichen Voraussetzungen, praxisübliche Verfahren zur Etablierung der Kräuter geprüft. Aus Gründen des Gewässerschutzes sollte eine intensive Bodenbearbeitung mit Umbruch vermieden werden.
Es wurden zwei jeweils sechs Meter breite und 30 Meter lange Untersuchungsvarianten mit und ohne Ansaat einer kräuterreichen Mischung vorgesehen. Bei der Kräutermischung (75% Gräser/ 25 % Kräuter) handelt es sich um 12 ungiftige Kräuter, die futterbaulich verwertet werden können. Die Bewirtschaftung erfolgt jeweils extensiv mit 2 bis 3 Schnitten/Jahr, entsprechend der Wüchsigkeit und dem Lichtbedarf der Kräuter. Als Vergleich zu den Varianten „Ansaat“ und „Extensiv“ wird auf weiteren 30 x 6 m die betriebsübliche Nutzung „Intensiv“ der ungedüngten Gewässerrandstreifen untersucht.
Die Ansaat- und Extensiv-Varianten des ersten Aufwuchses 2025 wurden in Abhängigkeit von der Aufwuchsmasse zum Zeitpunkt der betriebsüblichen Ernte entweder schon im Mai oder erst zum zweiten betrieblich üblichen Schnitttermin im Juni gemäht.
Schwierige Etablierungsphase
Eine kurzfristige Etablierung von Kräutern kann nur mit schnell keimenden Arten und bei geringer Konkurrenz der Gräser erfolgen. Tabelle 2 zeigt das Artenspektrum und die Artenanteile der Ansaatvariante im ersten Aufwuchs 2025. Alle fünf Standorte werden als Deckungsgrad- bzw. deren Artmächtigkeit nach der Braun-Blanquet Skala1) dokumentiert.
Die Standorte sind aufgrund ihrer bisherigen intensiven Nutzung sehr grasbetont und bei frühzeitigem Schnitttermin (vgl. Reifeprüfung Grünland) für die Milchviehfütterung geeignet. Viele Grasarten haben sich aus der bisherigen Altnarbe erhalten oder wieder durchgesetzt. Neben den nicht angesäten Arten unerwünschten sind dies beispielsweise auch das Deutsche Weidelgras und der Wiesenschwingel. Daher ist eine sichere Zuordnung der Gräser zu dem tatsächlichen Ansaaterfolg mit Schätzmethoden nicht möglich.
Auch bei den vorgefundenen Kräutern überwiegen bisher die nicht angesäten Arten, denn diese konnten ohne tiefe Bodenbearbeitung mit Umbruch nicht nachhaltig unterdrückt werden. Bei intensiver Bodenbearbeitung durch Eggen oder flaches Fräsen sowie vereinzelt auch zu tiefes Mulchen wurden allerdings auch Ackerwildkräuter in Keimstimmung versetzt, so dass sich mit Klatschmohn, Geruchlose Kamille u.a. nicht angesäte neue Arten einfinden.
Kräuterarten aus dem Kräuterzusatz für Landschaftsrasen (Regel-Saatgut-Mischung 7.2.1) entwickelten sich vor allem nach intensiver Bodenbarbeitung mit umbruchähnlichem Charakter wie Fräse (Steinau) und Kreiselegge (Varel), wo die Altnarbe weitgehend zerstört wurde, wenn auch nicht ausgeschaltet. Aufgrund längerer Keimruhe einzelner Kräuterarten oder ungünstiger Bedingungen (Trockenheit, Konkurrenz) nach der Aussaat könnten sich einzelne Arten noch später durchsetzen und im weiteren Verlauf der Prüfung hinzukommen.
Einfluss der Bodenbearbeitung
Als Nachteil einer intensiven flachen (10 cm) Bodenbearbeitung mit Fräse hat sich in Steinau (Hochmoor) die Gemeine Rispe mit >75% Deckung als dominante Grasart durchgesetzt, wohin gegen in den nicht angesäten Varianten das aus der Altnarbe stammende Deutsche Weidelgras mit >50 (Extensiv) bzw. >75% (Intensiv) dominiert.
In Varel haben sich nach verzögerter bzw. nicht durchgeführter erster Mahd neben Knaulgras ebenfalls unerwünschte Gräser (Gemeine Rispe, Wolliges Honiggras, Weiche Trespe) durchgesetzt. Die wertvollen Futtergräser Deutsches Weidelgras und Wiesenlieschgras konnten dennoch gute Bestände ausbilden.
Für die Etablierung der krautigen Arten erwies sich am Standort Varel die Variante mit Durchführung eines frühzeitigen, qualitätsorientierten ersten Schnittes (Varel 1) als wirkungsvoller. In der gesamten Ansaatvariante wurden 7 der 12 angesäten Futterkräuter bonitiert, wobei besonders die Wilde Möhre besonders hervorzuheben ist. Insgesamt wurden bis zu 25 Arten (Gräser und Kräuter) in den Ansaatvariante gezählt.
Problematische Arten wie Ackerdistel, Gänsedistel, Ampferarten und sonstige minderwertige Arten, sowie Ruderalflora (Hirtentäschel, Kamille u.a.) die sich, je nach Intensität der Bodenbearbeitung etablieren können, müssen beachtet werden.
Zwischenfazit
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass eine rasche Etablierung kräuterreicher Säume im Dauergrünland nur mit teilweise nachhaltiger Zerstörung der Grasnarbe möglich ist. Ob in den aufgerauten und nur teilweise geschädigten Grasnarben ein verzögerter Aufgang mit der Zeit einsetzt, wird nach diesem kurzen Untersuchungs-Zeitraum nicht ausgeschlossen.
Der Standorteinfluss sollte nicht unberücksichtigt bleiben. Moorstandorte sind möglicherweise durch ihren niedrigen pH-Wert weniger geeignet und könnten ggf. von einer gezielten Kopfkalkung vor der Saat profitieren, wobei das Düngeverbot berücksichtigt werden muss.
Die extensive Nutzung
Um die Bestände zu stabilisieren und Jahreseinflüsse in der Etablierungsphase besser auszugleichen, sollten in den ersten Folgejahren wiederholte Ansaaten der Kräutermischung jeweils im Spätsommer erfolgen.
Die Beratung des Arten- und Biotopschutzes und der Fachbereich Grünland und Futterbau bedanken sich bei den Landwirten, die tatkräftig das Projekt unterstützen, indem sie ihre Flächen und Zeit für das Projekt zur Verfügung gestellt haben.
Tabelle 2: Gesamt-Artenliste der Ansaatvarianten im ersten Aufwuchs 2025
Erläuterung: Vegetationsaufnahme nach »Braun-Blanquet« beschreibt die Individuen- und Deckungsgradanteile der Arten im Bestand.
Die Vergleichbarkeit der Vegetationsaufnahmen wird durch einen »Schätzrahmen« auf einer Fläche von 1 m2 in drei Wiederholungen gewährleistet.
















