Vermeidung von Wirkstoffeinträgen in Nachbarkulturen
Mit obst- und gemüsebaulichen Kulturen werden Lebensmittel produziert, die unmittelbar der menschlichen Ernährung dienen. An die Qualität der Produkte werden vom Gesetzgeber, vor allem aber von den Lebensmittelhändlern, besondere sehr strenge Anforderungen gestellt. Durch Pflanzenschutzmaßnahmen, die in Nachbarkulturen durchgeführt werden, kann diese Qualität erheblich beeinträchtigt werden. Deshalb müssen auch in der Nachbarkultur die Pflanzenschutzmittelanwendungen entsprechend sorgsam durchgeführt werden.
Gefährdung von Obst und Gemüse durch Abdrift
Auch wenn Abdrift die häufigste Ursache ist, kann ein Eintrag auch durch Wirkstoffverflüchtigung oder Verfrachtung von Bodenpartikeln erfolgen. Die Folge ist, dass die Kultur nicht mehr vermarktungsfähig sein kann. Neben dem finanziellen Schaden und dem Ärger, den die Schadensregulierung mit sich bringt, werden auch wertvolle Ressourcen verschwendet.
Besonderheit: ökologischer Anbau
Bei der Vermarktung ökologisch erzeugter Lebensmittel werden von Abnehmern und Kunden meist keine Wirkstoffrückstände akzeptiert. Ein Wirkstoffeintrag aus einer nicht ökologisch bewirtschafteten Nachbarkultur kann deshalb zu einer Nichtvermarktungsfähigkeit der Bioware führen. Zusätzlich kann der Wirkstoffeintrag bewirken, dass die Flächen den Biostatus verlieren und erneut umgestellt werden müssen. Somit wäre die Vermarktung für zwei Jahre nicht als Bio-, sondern nur als Umstellungsware möglich. Die Problematik im Bioanbau ist nicht nur auf Gemüse und Obst beschränkt, sondern betrifft auch landwirtschaftliche Kulturen.
Die gelebte Koexistenz von biologisch und integriert produzierenden Betrieben in nachbarschaftlicher Nähe bleibt eine Herausforderung der nächsten Jahre.
Gefährdete Kulturen
Besonders gefährdet gegenüber Abdrift sind alle erntereifen und in der Ernte befindlichen Gemüse- und Obstkulturen in unmittelbarer Nachbarschaft. Sehr empfindlich sind Kulturen mit einer großen Blattoberfläche und relativ geringem Gewicht, wie z.B. Petersilie, Kerbel, Salate oder Grünkohl.
Wirkstoffe mit hohem Abdriftpotenzial
Grundsätzlich kann es durch alle Pflanzenschutzmittel zu einem Eintrag in eine benachbarte Kultur kommen. Besonders anfällig gegenüber Verdriftung scheinen allerdings Pflanzenschutzmittel mit herbiziden Wirkstoffen, wie Pendimethalin, Prosulfocarb oder Terbuthylazin zu sein. Besonders die Anwendungen von Prosulfocarb in Kartoffeln, die Herbstanwendung von Prosulfocarb und Pendimethalin im Getreide und die Herbizidbehandlungen in Mais können für Nachbarflächen problematisch sein.
Maßnahmen durch den Anwender
Die gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz besagt, dass Pflanzenschutzmaßnahmen so durchzuführen sind, dass Wirkstoffeinträge in empfindliche Kulturen vermieden werden. Hierzu zählen:
Richtige Spritzentechnik verwenden
Bei allen Pflanzenschutzmaßnahmen sind Düsen, Druck und Fahrgeschwindigkeit so zu wählen und einzustellen, dass die beabsichtigte Abdriftminderung auch realisiert wird. Dies kann nur mit Injektordüsen optimal erreicht werden. Der Abstand der Spritzbalken zur Zielfläche sollte bei Flächenkulturen in Abhängigkeit des Spritzwinkels eingestellt werden. Bei einem Spritzwinkel von 110º beträgt dieser 50 + 10 cm.
Größerer Abstand zur Nachbarfläche
Der einzuhaltende Abstand zu einer gartenbaulich- oder landwirtschaftlich genutzten Fläche ist gesetzlich nicht explizit geregelt. Das Risiko eines Wirkstoffeintrages reduziert sich jedoch mit dem Abstand zur Nachbarkultur. Eine Behandlung sollte deshalb nicht randscharf durchgeführt werden. Wir empfehlen, in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeit und -richtung mindestens 5 m zu empfindlichen Kulturen unbehandelt zu lassen. Dazu können einzelne Düsen oder Teilbreiten abgeschaltet werden und Randdüsen verwendet werden.
Temperatur und Wind berücksichtigen
Über 25°C und ab Windgeschwindigkeiten von 5 m/s sollten keine Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt werden.
Auflagen einhalten
Zur Vermeidung von Problemen wurden für einige Mittel mit den Wirkstoffen Pendimethalin und Prosulfocarb spezielle Auflagen erteilt. Dies sind insbesondere:
- NT145 Das Mittel ist mit einem Wasseraufwand von mindestens 300 l/ha auszubringen. Die Anwendung des Mittels muss mit einem Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" vom 14. Oktober 1993 (Bundesanzeiger Nr. 205, S. 9780) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abriftminderungsklasse 90% eingetragen ist. Abweichend von den Vorgaben im Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" sind die Verwendungsbestimmungen auf der gesamten zu behandelnden Fläche einzuhalten.
- NT146 Die Fahrgeschwindigkeit bei der Ausbringung darf 7,5 km/h nicht überschreiten.
- NT170 Die Windgeschwindigkeit darf bei der Ausbringung des Mittels 3 m/s nicht überschreiten.
Miteinander reden und sich abstimmen
Häufig ist es möglich Behandlungen und auch eine Ernte in einem gewissen Zeitfenster durchzuführen. Durch eine kurze Abstimmung zwischen den Berufskollegen ist es meist möglich, die Maßnahmen zeitlich so zu legen, dass keine Gefährdung benachbarter Kulturen besteht.
Maßnahmen durch den Feldnachbarn
Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen, die verlangen, dass proaktiv Maßnahmen zur Vermeidung von fremden Pflanzenschutzmitteleinträgen auf die eigenen Flächen ergriffen werden müssen. Allerdings kann durch die direkte Kommunikation mit dem Berufskollegen bereits im Vorfeld das Entstehen von Problemen möglicherweise verhindert werden. Daneben können auch noch allgemeine Maßnahmen ergriffen werden, wie z.B.:
Risikoschläge identifizieren
Die Betriebsflächen sollten hinsichtlich ihres Eintragsrisikos aus Nachbarflächen analysiert werden. Soweit möglich, sollte der Anbau von empfindlichen Kulturen, wie z.B. blattreiche Gemüsekulturen und Kräuter, auf geschützte, wenig exponierte Schläge gelegt werden.
Schilder aufstellen
Auf besonders gefährdeten Flächen sollten Schilder aufgestellt werden, die über den besonderen Status (z.B. Biofläche) oder auch über den Verwendungszweck (z.B. Nahrung für Säuglinge) Auskunft geben kann.
Nachbarschaftsbrief versenden
Berufskollegen im Bewirtschaftungsumfeld können durch einen Brief im Vorfeld auf die besondere Problematik hingewiesen und sensibilisiert werden. Zwei Musterbriefe zum Herunterladen finden Sie im Anhang.
Maßnahmen im Fall der Fälle
Sollte es zu einem Eintrag in eine Kultur gekommen sein, so sollten einige Punkte beachtet werden:
- soweit möglich Verursacher und Mittel herausfinden und notieren
- Umfang und Ausmaß des Schadens dokumentieren
- Gutachter konsultieren
- Kultur beproben und auf Wirkstoffrückstände und Vermarktbarkeit untersuchen lassen
- ggf. mit Prüfdiensten der LWK Niedersachsen Kontakt aufnehmen
- ggf. Biokontrollstelle informieren
Das Merkblatt zu diesem Thema können Sie sich mit der beiliegenden PDF-Datei herunterladen und ausdrucken. Außerdem finden Sie zwei Musterbriefe als Word-Datei im Anhang.
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Kontakte
Dr. Alexandra Wichura
Leiterin Fachbereich Ökologischer Landbau
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