Aus den aktuellen Zahlen zur Öko-Flächenstatistik in Niedersachsen geht hervor, dass die Zielvorgabe aus dem Niedersächsischen Weg 10 Prozent ökologisch bewirtschafteter Fläche bis 2025 zu erreichen, verfehlt wurde. Niedersachsen ist bundesweit Schlusslicht mit aktuell gut 6 Prozent Anteil ökologisch bewirtschaftete Fläche an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Ziele verfehlt – die Gründe
Auch die Zielvorgabe 15 Prozent Öko-Fläche bis 2030 erscheint bei den aktuellen Zuwachsraten sehr ambitioniert. Das Interesse von Betrieben an einer Umstellung auf ökologischen Landbau war in den letzten Jahren überschaubar. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Der Ukrainekrieg und die damit einhergehende Unsicherheit bescherte 2022 der sonst stetig wachsenden Ökolebensmittelbranche in Deutschland erstmalig einen Umsatzrückgang. Die zunehmende Inflation, gerade bei Lebensmitteln, ließ die Verbraucherinnen und Verbraucher stärker auf das Geld schauen und die durchschnittlich teureren Biolebensmittel hatten es schwer. Diese Unsicherheit bei den Marktaussichten hielt die Betriebe von einer Umstellung ab. Mittlerweile befindet sich die Ökobranche wieder auf einem stabilen Wachstumspfad. Dennoch entscheiden sich immer noch wenige Betriebe auf ökologischen Landbau umzustellen. Neben der erwähnten Unsicherheit, wie es weitergeht mit „Öko“, spielen die gestiegenen Produktionskosten eine große Rolle. Zudem ließen einträgliche Preise im konventionellen Bereich die ökologische Produktionsweise mit ihren höheren Anforderungen unattraktiv erscheinen.
Trotzdem Bio
Aktuell lässt das Preisniveau im konventionellen Bereich wieder nach und der Unterschied zwischen konventionell und bio wächst. Bei vielen Produktgruppen kann der Bedarf nicht aus deutscher Erzeugung gedeckt werden, weshalb Bio-Ware importiert werden muss. Die Vermarktungsseite sendet immer wieder Signale, dass Ware aus deutscher Produktion gesucht wird. Der Aspekt Nachhaltigkeit und Regionalität ist für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig und soll bedient werden. Ökologische Produkte haben nach wie vor ein positives Image. Da eine Intensivierung der Produktion auf der bestehenden Ökofläche und in der Tierproduktion nur bedingt möglich ist, ist es entscheidend, dass die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe wächst, um den Bedarf zu decken. Um als konventioneller Betrieb zukünftig Bio-Ware zu produzieren, muss in der Regel eine zweijährige Umstellungsphase durchlaufen werden. Das heißt eine Ausweitung des inländischen Angebotes an Bio-Ware wird es erst zeitverzögert geben. Die Politik liefert einen zusätzlichen Anreiz durch die Ökoprämie, die im Rahmen der GAP auf Flächenbasis ausgezahlt wird. Ein positiver Effekt bei Ackerbaubetrieben ist auch, dass aktuell aufgrund der niedrigen Umstellungsraten wenig sogenannte Umstellungsware am Markt vorhanden ist. Sofern Futterware (Getreide, Körnerleguminosen, Körnermais) in der Umstellungszeit produziert wird, nehmen Hersteller von Bio-Futter dieses gerne ab, da sie Umstellungsware zu 25 Prozent in ihre Futtermischungen einmischen können. Die Preise für Umstellungsware liegen in der Regel zwischen den Preisen für konventionelle Ware und Bio-Ware. Je größer das Angebot auf dem begrenzten Markt für Umstellungsware ausfällt, umso niedriger werden die Preise, bis sie sich dem konventionellen Niveau angeglichen haben. Sich frühzeitig für eine Umstellung zu entscheiden kann also Vorteile bieten.
Der Weg zu Bio
„Ökolandbau? Ist das was für mich?“ Diese Frage muss jeder zunächst für sich beantworten, bevor er sich auf den Weg über die Umstellung zum ökologisch wirtschaftenden Betrieb macht. Eine Portion Neugierde gehört ebenso dazu wie der Wille sich unvoreingenommen mit dem Thema auseinanderzusetzen. Etwas Zeit sollte auch eingeplant werden, um Informationen zu sammeln, Familie und Umfeld einzubinden, Veranstaltungen zu besuchen oder einfach bei einem benachbarten Biobetrieb vorbeizuschauen, um sich vor Ort Antworten auf seine Fragen zu holen. In einem weiteren Schritt ist dann die Planung der zukünftigen Betriebsausrichtung entscheidend. Ob der Betrieb für eine Umstellung geeignet ist, sollte mithilfe professioneller Beratung geklärt werden. Dabei ist eine betriebswirtschaftliche Betrachtung des zukünftigen Biobetriebes essentiell. In der Regel ist die ökologische Wirtschaftsweise zeitaufwendiger, weshalb die Kapazitäten des Betriebes genau eingeschätzt werden sollten.
Von besonderer Bedeutung ist außerdem im Vorfeld, trotz der allgemein positiven Signale aus dem Handel, Kontakte zu den zukünftigen Abnehmern der Umstellungs- und später der Bio-Ware zu knüpfen und deren Einschätzung zu der zukünftigen Marktsituation einzuholen.
In aller Kürze - Was ändert sich im Ackerbau
Durch die in der EU-Öko-Verordnung 2018/848 getroffenen Regelungen ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzschutzmitteln und schnell löslichen Mineraldüngern im ökologischen Pflanzenbau nicht zulässig. Eine Düngung erfolgt vorrangig mit organischen Düngemitteln und bestimmten zugelassenen mineralischen Grund- und Spurennährstoffdüngern. Es darf ausschließlich ökologisch vermehrtes Saatgut verwendet werden. Der Pflanzenschutz erfolgt in erster Linie vorbeugend über eine vielfältige Fruchtfolge, die Wahl geeigneter Sorten und weitere ackerbauliche Methoden. Als direkte mechanische Maßnahme in der Beikrautregulierung kann auf den Einsatz des Zinkenstriegels und der Scharhacke zurückgegriffen werden.
Eine gut durchdachte Fruchtfolge ist das Herzstück und der Garant für einen erfolgreichen Ackerbau. Dabei muss sie immer wieder geprüft und bei Bedarf den betrieblichen, klimatischen und betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen angeglichen werden.
In aller Kürze - Umstellung der Tierhaltung
Die Umstellung der Tierhaltung erfordert je nach Tierart teilweise Umbauten der Stallungen. Planbefestigte Flächen, eingestreute Liegeflächen sowie der Zugang zu Freigelände können eine Umstrukturierung der vorhandenen Stallungen notwendig machen. Weitere Änderungen gibt es im Bereich der Fütterung, Krankheitsvorsorge, Eingriffe am Tier oder dem Tierzukauf.
Grundsätzlich dürfen Bio-Betriebe nur ökologische Tiere zukaufen. Systematische Eingriffe am Tier, wie bspw. das Enthornen von Rindern, sind nicht zulässig.
Allen Tieren muss Zugang zu Raufutter gewährt werden, auch Geflügel und Schweinen. Bei Rindern, Schafen, Equiden und Ziegen müssen zudem hohe Gehalte an Raufutter in der Futterration eingehalten werden. Hinzukommt, dass diesen Tieren während der Vegetationszeit Zugang zu Weideflächen gewährt werden muss. Zur Fütterung dürfen nur Futtermittel aus ökologischer Erzeugung und bis zu einem Anteil von 25 Prozent an der Futterration aus Umstellung verwendet werden. Weiterhin muss das Futter GVO-frei sein und darf keine unzulässigen Futtermittelzusatzstoffe enthalten. Eine Übersicht über im Ökolandbau zugelassene Betriebsmittel finden sich auf der Betriebsmittelliste des FiBL.
Beratung an der Seite
Betriebe, die eine Umstellung auf ökologischen Landbau planen, müssen den Weg nicht allein gehen. Der Prozess der Umstellung ist vielschichtig und viele Aspekte müssen beachtet werden. Es ist empfehlenswert eine neutrale Umstellungsberatung, beispielsweise von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, in Anspruch zu nehmen.
Die Beratung wird gefördert und ist dadurch für die Betriebe kostenfrei oder vergünstigt. Die Betriebe werden auf die Umstellung vorbereitet, die einzelnen Schritte werden geplant und aufkommende Fragen geklärt. Auch während des Umstellungszeitraums und darüber hinaus kann auf die Beratung zurückgegriffen werden. Jeder Betrieb ist individuell, daher gibt es keine pauschalen Empfehlungen. Die Berater*innen der LWK-Niedersachsen haben Erfahrung mit den Herausforderungen einer Umstellung und können die Betriebe umfassend begleiten.
Martin Schochow (LWK Niedersachsen, Ökologischer Landbau)















