Wegeseitenränder haben ein hohes ökologisches Potential als Nahrungsgrundlage und Lebensraum für Fauna und Flora. Sie beherbergen z.B. Nützlinge und seltene Kräuter. Flächenmäßig nehmen Wegraine in den Gemarkungen zwar nur wenig Raum in Anspruch, unterstützen aber durch ihre linearen Strukturen den erforderlichen Biotopverbund.
Pflege
- Landwirtschaftlich betrachtet ist die Gefährdung des Ackers durch einen erhöhten Kraut-, Gräser- und Schädlingsdruck von naturbelassenen Saumbiotopen eher gering einzuschätzen. Distelhorste können rechtzeitig vor dem Aussamen abgemäht werden. Ein sehr frühzeitiges Abschlägeln der Wegraine als vermeintliche Hygienemaßnahme zur Trespenbekämpfung bewirkt eher eine Förderung der Trespe, da dieses Gras besonders konkurrenzstark ist und sich schneller als andere Gräser regeneriert.
- Auf leichten bis mittleren Böden reicht eine einmalige Mahd pro Jahr völlig aus! Nach der Getreideernte im September/ Oktober ist der Schnittzeitpunkt ideal, da sich bis dahin die Kräutersamen erfolgreich ausbilden und die Bodenbrüter, die Reptilien und Insekten sich ungestört entwickeln können.
- Auf nährstoffreichen Standorten macht eine zweimalige Mahd nur dann Sinn, wenn das Mähgut abgefahren wird. Hier sollte das erste Mal zwischen Mitte Mai und Mitte Juni gemäht werden und das zweite Mal 8-10 Wochen später. Der Mähzeitpunkt ist stark abhängig vom Standort, dem Klima und der Witterung.
Achtung: Zwar sind aus floristischer Sicht zwei Schnitte empfehlenswert, dies steht aber konträr zur offiziellen Brut- und Setzzeit vom 1.April bis zum 15.Juli.In diesen Monaten wird die freie Landschaft zur Kinderstube vieler Wildtierarten. Somit erfordert die Pflege unbedingt ein sensibles Augenmaß und ist nur unter Beachtung des Naturschutzrechts (§ 39 Bundesnaturschutzgesetz) durchzuführen. - Grundsätzlich empfiehlt sich eine gestaffelte Mahd, d.h. zeitlich versetzt und abschnittweise umgesetzt. Wertvoll sind mehrjährig ungemähte Bereiche, die den Insekten als Winterquartier und dem Niederwild als Deckung dienen. Deshalb sollten 10-20% der Streifen maximal jedes zweite Jahr gemäht werden.
- Eine Mahdhöhe von mindestens 10 cm schont Insekten und mindestens 14 cm auch Amphibien und andere Kleintiere.
- Mähen statt mulchen! Mit einem Mulchgerät werden bis zu 100% der Wiesenfauna zerstört. Dies erklärt sich durch die schnell rotierende Technik und der damit verbundenen Sogwirkung. Bei einem Schlepper-Balkenmäher mit schneidender Technik liegt der Verlust bei 20-30%, denn die horizontal liegenden Messer bewegen sich langsamer und die Angriffsfläche ist geringer. Auf Grund der geringeren Mähgeschwindigkeit können die Tiere leichter flüchten. Der Einsatz eines Balkenmähers ist dann sinnvoll, wenn die Abfuhr gesichert ist und für das Mähgut ein Nutzungskonzept vorliegt.
- Der Grünschnitt sollte von der Fläche geholt werden. Dadurch werden dem Boden Nährstoffe entzogen und so die Pflanzenvielfalt gefördert.
Wohin mit dem Aufwuchs?
Mähgut von nicht-landwirtschaftlichen Flächen wird laut Kreislaufwirtschaftsgesetz als Abfall gewertet. Diese gesetzliche Hürde und auch wirtschaftliche Aspekte führen dazu, dass die aktuelle Pflegepraxis aus Mulchen und Liegenlassen des Materials besteht, mit all seinen negativen Folgen für diese wichtigen Biotopverbundflächen.
Individuelle Lösungen sind allerdings möglich. So sollte bei lokalen Projekten geprüft werden:
- Ist eine insektenschonende Mäh- und Aufnahmetechnik verfügbar oder beabsichtigt die Gemeinde diese unter Nutzung von Fördergeldern zu beschaffen?
- Gibt es Landwirte, Schäfer oder Hobbytierhalter, die den Aufwuchs für ihr Vieh nutzen können? Voraussetzung dafür ist, dass die Wegraine nicht mit Fremdstoffen bzw. Hundekot verunreinigt sind.
- Welche Verwertungsmöglichkeiten befürwortet die untere Abfallbehörde des Landkreises? Sie muss die Bioabfallverordnung beachten und dabei klären, inwieweit das Schnittgut von einer Kompostieranlage aufgenommen werden kann.
- Liegt im näheren Umfeld eine geeignete Biogasanlage, die für die Schnittgutaufnahme eine Genehmigung hat?
Ratsuchende können sich an die Biodiversitätsberater der Bezirksstellen, der Landberatung und des KÖN wenden. Hilfestellung geben darüber hinaus die Unteren Naturschutzbehörden und die Berater zum Biotop- und Artenschutz der LWK.
Insektenschonende Mähtechnik wird gefördert durch:
- Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK). Das Bundesumweltministerium fördert Investitionen in umwelt- und klimaschonende Maschinen und Geräte. Messerbalkenmähwerke und ihre Schleifgeräte werden bis zu 40% der Investitionskosten bezuschusst. Das Programm läuft bis 2026 und wird als Interessensbekundungsverfahren abgewickelt. Landwirtschaftliche Betriebe, Lohnunternehmen, gewerbliche Maschinenringe aber auch anerkannte Naturschutzverbände können einen Zuschuss für die Anschaffung von insektenschonender Mahdtechnik beantragen. Für die Teilnahme am Programm ist eine Registrierung im Portal der Rentenbank notwendig. (https://portal.rentenbank.de/).
- Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Sie stellt auch in 2025 wieder Mittel für den nicht-produktiven, investiven Naturschutz zur Verfügung. Die Mittel werden aktuell im sogenannten „Windhundverfahren“ vergeben. Die geförderten Projekte müssen innerhalb eines Kalenderjahres zur Umsetzung kommen. Insektenschonende Mähtechnik kann bis zu 100% gefördert werden ab einer Zuwendungssumme von 25.000 Euro. Die Förderung gilt für Gemeinden und Gemeindeverbände, für gemeinnützige juristische Personen (z.B. Naturschutzvereine) und andere Landbewirtschafter (z.B. Landschaftspflegeverbände). Sie gilt allerdings nicht für landwirtschaftliche Betriebe. Anträge können beim NLWKN gestellt werden. Weitere Auskünfte sind unter folgendem Kontakt möglich: E-Mail: GAK@nlwkn.niedersachsen.de, Telefonnummer 0441/95069-125.
Ihre Ansprechpartner*innen bei der Landwirtschaftskammer
Bezirksstelle Braunschweig: Anke Bokelmann, Claus Borchers, Martina Diehl, Kerstin Fricke
Bezirksstelle Uelzen: Kai Clauswitz, Kerstin Fricke, Sina Rolfsmeyer
















