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Zur Zukunft der Bewässerung - Grundsatzbeitrag

Webcode: 01040356 Stand: 02.03.2022

In Deutschland haben wir in den letzten Jahren sowohl mehrere Trockenjahre hintereinander als auch die Zunahme von Starkregenereignissen zu spüren bekommen. Die zukünftigen Herausforderungen sowohl für die Landwirtschaft, aber auch für die Wasserwirtschaft mit zu viel und zu wenig Wasser umzugehen, sind daher vielfältig.

In Trockenjahren – auch in mehreren hintereinander - braucht die Landwirtschaft ausreichende Zusatzwassermengen zur Bewässerung, um Erträge und geforderte Qualitäten der Ernteprodukte abzusichern und die Flächennutzung insgesamt wettbewerbsfähig zu halten. Denn ist sie das nicht, müssen landwirtschaftliche Rohstoffe bzw. Nahrungsmittel importiert werden, die in anderen Teilen der Welt häufig mit einem deutlich negativeren Wasserfußabdruck produziert werden.

Beregnung
BeregnungLWK Niedersachsen

Gleichzeitig sollen Grundwasserstände bei uns nicht langfristig absinken. Bei Oberflächengewässern bestehen die Anforderungen nach EU-Wasserrahmenrichtlinie, dass sie möglichst auch in Trockenjahren einen ökologisch notwendigen Mindestwasserabfluss aufweisen und zudem durchgängig bleiben sollen.

In nassen Jahren bzw. nach Starkregenereignissen sollen die Gewässer die z.T. enormen Wassermengen schnell abführen und angrenzende landwirtschaftlich genutzte Flächen möglichst wenig beeinträchtigen.

Um diesen Spagat zwischen Zuwenig und Zuviel für alle Wassernutzer zufriedenstellend zu lösen, bedarf es eines vorausschauenden Wassermengenmanagements. Hier ist die Politik gefordert, die Weichen frühzeitig in die richtige Richtung zu stellen und alle Nutzerinteressen, wie auch gesellschaftliche Interessen zu berücksichtigen.

Grundsätzliche Gedanken zum Wasserbedarf der Landwirtschaft

Die Landwirtschaft in Niedersachsen nutzt Wasser hauptsächlich in zwei Bereichen: für die Tierhaltung (Tränkewasser, Prozesswasser und Wasser für die Abluftreinigung) und für die Bewässerung. Wie eine überschlägige Bestandsaufnahme der derzeitigen Wassernutzung durch die „AG Landwirtschaft“ im Rahmen der Erarbeitung des „Niedersächsischen Wasserversorgungskonzeptes“ ergeben hat, werden ungefähr ¼ des in der Landwirtschaft benötigten Wassers für die Tierhaltung und ¾ für die Bewässerung genutzt. Räumlich und zeitlich gesehen gibt es erhebliche Unterschiede in der Nutzung. Der Wasserbedarf der Tierhaltung liegt vorrangig im Westen und Nordwesten des Landes, während die Beregnungslandwirtschaft bisher schwerpunktmäßig im Nordosten einen großen Wasserbedarf hat. Dieser ist naturgemäß je nach Wetter in den Einzeljahren unterschiedlich hoch.

Das „Niedersächsische Wasserversorgungskonzept“ wird seit Ende 2017 durch das Niedersächsische Umweltministerium erarbeitet, unter tatkräftiger Zu- und Mitarbeit verschiedener Arbeitsgruppen (AG Ressourcenbewirtschaftung, AG Wasserversorgung, AG Landwirtschaft, AG Industrie) und einer fachübergreifenden Steuerungsgruppe. Das große Ziel des Wasserversorgungskonzeptes ist die langfristige Sicherstellung der Wasserversorgung als wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge. Das Konzept soll Ende 2021 fertiggestellt sein. Danach soll es veröffentlicht und in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben/aktualisiert werden. Die LWK Niedersachsen, das Landvolk und der Fachverband Feldberegnung bringen sich für die Landwirtschaft aktiv in den Bearbeitungsprozess ein.

Im Weiteren geht es ausschließlich um den Wasserbedarf der Landwirtschaft für die Bewässerung.

Längere Trockenphasen in der Vegetationsperiode erfordern für einen rentablen Pflanzenbau zukünftig häufigere Beregnungsgaben. Dies gilt auf Grund ihrer geringen Wasserspeicherkapazität v.a. für die Sandböden, die, je nach Güte, im effektiven Wurzelraum nur etwa 60-90 mm Wasser pflanzenverfügbar speichern können. Die Lehm- und Lößböden sind auf Grund ihrer deutlich höheren Speicherkapazität - im effektiven Wurzelraum sind es hier etwa 200 bis über 300 mm - weniger anfällig gegenüber Trockenheit, vorausgesetzt sie sind durch die Winterniederschläge ausreichend aufgefüllt worden. Dies war z.B. nach dem Trockenjahr 2018 im darauffolgenden Winter 2018/19 nicht der Fall, so dass die Erträge im Jahr 2019 vielerorts niedriger als im Jahr 2018 ausfielen.

Eine entscheidende Rolle spielt natürlich die angebaute Kultur. Während z.B. Kartoffeln die hohe Wasserspeicherfähigkeit der guten Böden auf Grund ihrer geringen Wurzeltiefe gar nicht ausschöpfen können, nutzen z.B. Raps oder Zuckerrüben auch die Wasservorräte in einer Tiefe von 1 bis 2 m noch aus.

Welche Entwicklungen sind zu erwarten?

Die Prognosen der Klimaforscher sagen u.a. höhere Durchschnittstemperaturen mit einhergehender höherer Verdunstung, längere Trockenphasen in der Vegetationsperiode, mehr Starkniederschläge, eine gewisse Verlagerung der Niederschläge vom Sommer- ins Winterhalbjahr und weniger Frosttage im Winter voraus. Die Höhe der Niederschläge im Jahresdurchschnitt soll sich in den allermeisten Regionen nicht negativ verändern.

Wenn eine Beregnungsgabe von z.B. 28 mm einen Kartoffelbestand bei einer angenommenen täglichen Verdunstung von 4 mm für 7 Tage gut versorgte, reicht diese Gabe bei 5 mm täglicher Verdunstung nur noch für knapp 6 Tage aus. Längere Trockenphasen und eine höhere Verdunstung in der Vegetationszeit bedeuten mehr Beregnungsdurchgänge in kürzeren Intervallen in einer Kultur. Wenn z.B. Kartoffeln bisher im Mittel der Jahre 4 - 5 mal beregnet werden mussten, sind es zukünftig unter Umständen 5 – 6 mal.

Das setzt in den Beregnungsbetrieben zwangsläufig höhere maschinelle Beregnungskapazitäten voraus. Außerdem wird mehr Wasser für die Beregnung benötigt, sollen die Kulturen pflanzenbaulich optimal versorgt werden.

Neben der steigenden Beregnungsintensität in den bestehenden Beregnungsbetrieben erkennen immer mehr Betriebe, die bisher noch nicht beregnen, die Beregnungsmöglichkeit als Anpassungsmaßnahme gegenüber den klimatischen Veränderungen für sich. Seit mehreren Jahren schon steigt die Anzahl der Anträge auf eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Feldberegnung v.a. im Westen, Nordwesten und der Mitte Niedersachsens an. Die Beregnungsfläche Niedersachsens nimmt daher v.a. in diesen Regionen seit vielen Jahren kontinuierlich zu. Auch wenn es aktuell keine exakte Erfassung der Beregnungsflächen gibt, gehen wir heute von einer beregenbaren Fläche in Niedersachsen von deutlich über 300.000 ha aus. Mittel- und langfristig wird der Wasserbedarf für die Bewässerung mit großer Wahrscheinlichkeit weiter steigen.

Woher kommt das Beregnungswasser?

Es stellt sich die Frage, wie der zunehmende Bedarf an Beregnungswasser langfristig sichergestellt werden kann. Bisher wird in Niedersachsen – mit Ausnahme der Flächen, die aus dem Elbe-Seiten-Kanal (ca. 14.000 ha Fläche), den wenigen Flächen, die aus dem Mittellandkanal und den etwa 5.000 ha, die mit gereinigtem Abwasser (dem sog. Klarwasser) im Bereich Braunschweig und Wolfsburg beregnet werden – fast ausschließlich aus dem Grundwasser beregnet. Die nutzbaren Dargebotsreserven in den etwa 120 Grundwasserkörpern Niedersachsens sind unterschiedlich hoch. Während in vielen Grundwasserkörpern die Reserven noch groß sind und daher noch weitere Wasserrechte für die verschiedenen Nutzer vergeben werden können, gibt es in anderen kaum noch Reserven. (Auf der Webseite des MU findet man unter „Mengenmäßige Bewirtschaftung des Grundwassers“ Informationen zur Situation in den jeweiligen Grundwasserkörpern.)

Um auch weiterhin Grundwasser in ausreichender Menge nutzen zu können, muss nach EU-Wasserrahmenrichtlinie der gute mengenmäßige Zustand in den Grundwasserkörpern erhalten bzw. wieder erreicht werden. In einigen Regionen, wo dies schwierig ist, muss über eine Substitution von Grundwasser durch alternative Wasserquellen nachgedacht werden bzw. es müssen Maßnahmen eingeleitet werden, die die Grundwasserneubildung erhöhen.

Substitutionsmaßnahmen könnten z.B. darin liegen, dass Prozesswasser aus verarbeitenden Betrieben (z.B. Zuckerfabrik Uelzen) oder Klarwasser aus Kläranlagen (z.B. Abwasserverband Braunschweig), nicht in den nächstgelegenen Vorfluter abgeleitet wird, sondern entweder in Speicherbecken gesammelt oder direkt für die Feldberegnung verwandt wird.

Eine geeignete Maßnahme zur Erhöhung der Grundwasserneubildung ist z.B. der Waldumbau von Nadelholzmonokulturen zu Laubwald auf Grundwasser fernen Geeststandorten. Laut den Ergebnissen des Projektes „Wasserwald“, das die Forstabteilung der LWK Niedersachsen durchgeführt hat (2014/15 aus Mitteln des Waldklimafonds der Bundesregierung), kann von etwa 50-100 mm höherer Grundwasserneubildung unter Laubwald im Vergleich zum reinen Nadelwald ausgegangen werden, abhängig vom Standort, vom Alter des Bestandes und weiterer Rahmenbedingungen.

Auch durch Maßnahmen, wie z.B. durch die Versickerung von aus Flüssen abgeleitetem Oberflächenwasser, Wasserrückhalt in Gräben durch kleine Stauwehre oder Schüttsteinstaue, Versickerung von abgeleiteten Drainagewässern oder anderen Maßnahmen des Wasserrückhaltes in der Landschaft lässt sich eine Grundwasseranreicherung erreichen. Leider gibt es bisher nur sehr wenig derartige Beispiele, die in der Praxis umgesetzt wurden.

Was können Landwirte selber tun?

Jeder einzelne Beregnungslandwirt bzw. jeder Beregnungsverband sollte sich schon bevor Wassermangel auftritt, überlegen, ob es Möglichkeiten der Substitution von Grundwasser oder der Grundwasseranreicherung in seinem unmittelbaren Umfeld gibt. Weiter sollten die Beregnungslandwirte - die allermeisten Landwirte tun dies auch - mit dem zur Verfügung stehenden Wasser sehr sparsam umzugehen. Neben den pflanzenbaulichen Kenntnissen, in welchen Stadien die Pflanze wieviel Wasser braucht, gehört die betriebswirtschaftliche Abschätzung der Beregnungswirkung bei den verschiedenen Kulturen dazu. Nicht bei allen Kulturen lässt sich durch die Beregnung ein deutlicher wirtschaftlicher Mehrerlös erreichen. Diese Kulturen, z.B. der Roggen, sollten bei begrenzten wasserrechtlichen Erlaubnissen dann von vornherein unberegnet bleiben, um das Wasser bei den gewinnbringenderen Früchten einzusetzen. Jeder Betrieb muss hier seine individuelle Strategie finden, um mit den begrenzten Wasserrechten auszukommen und dennoch rentabel zu wirtschaften.

Beim Einsatz der Bewässerung muss das Ziel sein, die volle erlaubte Wassermenge, die einem Betrieb zur Verfügung steht, auch an die Pflanze zu bekommen. Hier hat die Ausbringungstechnik einen großen Einfluss auf die Wassernutzungseffizienz. Verluste durch ungleichmäßige Ausbringung oder durch Abdrift sollten minimiert werden. Natürlich lässt sich die potentiell verlustreichste Technik, der Großregner oder die „Kanone“ aus der Beregnungslandwirtschaft Niedersachsens nicht wegdenken. Weit über 90 % der Beregnungsfläche wird mit dieser Technik beregnet. Aber überall da, wo die Agrarstruktur es zulässt, sollte über den Einsatz von Kreis- oder Linearberegnungsmaschinen nachgedacht werden. In Betrieben, in denen hochpreisige Intensivkulturen (z.B. Gemüse oder Speisekartoffeln) angebaut werden, sollte der Einsatz von Düsenwagen in die nähere Betrachtung gezogen werden, da dieser auf Grund seiner gleichmäßigeren Wasserverteilung und geringeren Verluste deutliche Vorteile hat. Außerdem ist er in manchen Landkreisen vom Beregnungsverbot in der Mittagszeit ausgenommen. Für Spezialkulturen (z.B. Erdbeeren, Spargel, Heidelbeeren, Gurken, …) sollte die Tropfbewässerung die Technik der Wahl darstellen, da nur mit dieser Technik eine punktgenaue und verlustfreie Wasserversorgung der Kulturen möglich ist.

Seit Kurzem schränken mehrere untere Wasserbehörden die Ausbringungszeiten von Beregnungswasser bei „Überkopfberegnung“ in den Mittags- und Nachmittagsstunden drastisch ein. Teilweise erstrecken sich die Beregnungsverbote über einen langen Zeitraum von 12.00 bis 18.00 Uhr, die unabhängig von Temperatur, Wind und auch von der Jahreszeit gelten. Auch wenn solch generelle Verbote seitens der Behörden einfach zu kontrollieren sind, sind sie fachlich nicht gerechtfertigt. Der wichtigste Parameter für Wasserverluste ist der Wind und weniger die Temperatur. Daher hätte ein Grenzwert für die Windgeschwindigkeit – nachvollziehbar an den Stationen des Deutschen Wetterdienstes – ausgereicht. Die generellen Verbote für ein Viertel der Tages-/Nachtzeit zwingen die Landwirte dazu, mittel- bis langfristig zu investieren und ihre Beregnungskapazitäten aufzurüsten um in der verbleibenden Zeit die von den Pflanzen benötigte Wassermenge auszubringen.

Schlussfolgerungen

Es ist bisher nicht absehbar, ob die angesprochenen Maßnahmen zur Erhöhung der Grundwasserneubildung, zur Substitution von Grundwasser, zum Wasserrückhalt in der Landschaft oder zur technischen Optimierung der Beregnungstechnik für die Sicherstellung einer ausreichenden Wassermenge für alle Nutzer und in allen Regionen Niedersachsens ausreichen werden.

In jedem Fall verursachen alle genannten Maßnahmen Kosten, die weder der einzelne Landwirt noch der jeweilige Beregnungsverband allein schultern kann. Hier bedarf es im gesamtgesellschaftlichen Interesse geeigneter Förderprogramme von Land, Bund und der EU.

Auch muss es erlaubt sein, einen Diskurs darüber zu führen, ob die Herleitung des nutzbaren Grundwasserdargebotes unter den veränderten klimatischen Rahmenbedingungen noch in bisheriger Form aufrechterhalten werden kann. Denn wenn von der gesamten Grundwasserneubildung grob überschlägig nur ein Viertel als nutzbares Dargebot an die Wassernutzer verteilt werden darf, kann auch in einem an sich wasserreichen Land wie Niedersachsen Wasserknappheit zu Einschränkungen der bisherigen landwirtschaftlichen Produktion bei wasserbedürftigen Kulturen wie Gemüse oder Kartoffeln führen. Bedenken müssen alle Verantwortlichen auch, welche globalen Auswirkungen es hat, wenn wir in Deutschland alle bisherigen Vorgaben unverändert einhalten, aber aus anderen Teilen der Welt ohne Rücksicht auf den CO2-Abdruck oder den Wasserfußabdruck landwirtschaftliche Rohstoffe und Nahrungsmittel importieren müssen.