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Landessortenversuche 2023: Winterweizen

Webcode: 01042152
Stand: 30.08.2023

Schwierige Erntebedingungen belasteten nicht nur die Nerven der Landwirte, sondern auch die Ertragsleistungen und Qualitäten der Weizenbestände.

Sowohl in der Praxis als auch in den Landessortenversuchen offenbarten sich häufig sortenspezifische Schwächen in der Standfestigkeit, die zu einer Verschärfung der Situation beitrugen. Erfreulicherweise konnten zahlreiche neue Sorten geprüft werden, die sich unter diesen Bedingungen gut behaupten konnten.

LSV Winterweizen
LSV WinterweizenCarsten Rieckmann
Die diesjährige Winterweizenernte erfolgte oftmals unter schwierigen Verhältnissen, weil zahlreiche Bestände bereits weit vor Erntebeginn ins Lager gegangen sind und zu Anfang der Druschreife die Arbeiten sehr häufig durch sowohl kurzzeitige als auch sich über mehrere Tage hinziehende Regenfälle unterbrochen wurden. Diese Aspekte beeinträchtigten die technische Beerntung, aber vor allem die Qualitäten des Erntegutes.

Winterweizen wurde im letzten Herbst laut der Zahlen des Landesamtes für Statistik Niedersachen (LSN) auf 352.200 ha angebaut, damit war ein Rückgang der Anbaufläche um 3,2 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.

Die Erträge werden nach den ersten Prognosen in diesem Jahr ebenfalls schwächer eingeschätzt. Hauptursache hierfür könnte wieder einmal die ab Mitte Mai einsetzende und sich bis in den Juni hinziehende Trockenperiode sein, wobei es hier sicherlich auch oftmals regional bzw. kleinräumig zu deutlichen Unterschieden in der Niederschlagsmenge und -verteilung gekommen ist. Auf den leichteren Standorten im nordöstlichen Niedersachsen wurde daher bereits ab Mitte Mai mit den ersten Beregnungsgaben begonnen.

Starkregenereignisse in Kombination mit heftigen Windböen um den 20. Juni führten dann lokal zu größeren Schäden in Form von teils stark lagernden Beständen; vereinzelt verschärfte Hagel die Situation zusätzlich. Sowohl in der Praxis als auch im Landessortenversuch offenbarten sich sortenspezifische Schwächen hinsichtlich der Standfestigkeit.

Durchführung des Landessortenversuchs

Der Landessortenversuch (LSV) Winterweizen 2023 wurde in Niedersachsen an 20 Standorten in 6 Anbauregionen angelegt. In der Marsch an den Standorten Otterham (LK AUR), Wangerland (LK FRI) und Otterndorf (LK CUX), auf den Sandstandorten Nordwest in Essen (LK CLP) und Werlte (LK EL) und auf den nordöstlichen Sandstandorten in Ohrensen (LK STD), Breddorf (LK ROW), Hamerstorf (LK UE), Lüchow (LK DAN) und Martinsbüttel (LK GF). Die drei Anbauregionen mit vorwiegenden Lehmböden teilen sich auf in die Anbauregion Lehmböden Nordwest mit den Standorten Astrup (LK OS), Buer (LK OS) und Borwede (LK DH), die Lehmböden Südhannover mit Poppenburg (LK HI), Höckelheim (LK NOM), Bad Gandersheim (LK NOM), Groß Munzel (LK H) und Königslutter (LK HE) sowie die beiden Höhenlagenstandorte Deensen (LK HOL) und Mollenfelde (LK GÖ). Durch Wildschäden war der Sandstandortort Breddorf leider nicht mehr erntbar und im Versuch in Astrup waren einzelne Sortenparzellen aufgrund von Lager und Auswuchs stark geschädigt und damit nicht wertbar. Generell traten an zahlreichen Versuchen erhebliche Probleme auf, vor allem bedingt durch frühzeitiges Lager und stärkeren Auswuchs in den Ähren. Besonders der Auswuchs in der Ähre führte qualitativ zu entsprechenden Schäden, die anhand geringer Fallzahlen als Parameter für die Backqualität offensichtlich wurden. Ebenso musste in erster Linie an den beiden westlichen Marschstandorten aber auch in Praxisberichten ein sortenspezifischer höherer Körnerverlust durch das Ausfallen aus der Ähre bonitiert werden, wenn sich die Ernte weiter hinauszögerte.

Ergänzt werden die niedersächsischen Ergebnisse durch Standorte aus den benachbarten Bundesländern. Für die Marsch konnte ein schleswig-holsteinischer Standort mit einbezogen werden und für die beiden westlichen Anbauregionen Sand und Lehmböden Nordwest flossen noch die Ergebnisse von ein bzw. vier Standorten aus Nordrhein-Westfalen (NRW) mit in die Ergebnisse ein. In den Höhenlagen wurden die eigenen Ergebnisse um zwei Standorte aus NRW und einen hessischen Standort ergänzt.

An allen Standorten wurden insgesamt 26 Sorten geprüft. Zusätzlich standen die Sorten Lemmy, Akzent und Gentleman in einzelnen Anbaugebieten noch in den Prüfungen. Im LSV wurden alle Sorten auf den Bedarfswert der A und B Sorten gedüngt; die Düngung der Versuche in den roten Gebieten wurde entsprechend angepasst. Die E-Sorten KWS Emerick und Exsal wurden daher etwas unter, die drei C-Sorten KWS Keitum, Revolver und Winner etwas über dem möglichen Bedarfswert gedüngt.

Wie oben bereits erwähnt, waren auch die LSV von den widrigen Erntebedingungen betroffen. Das zeigte sich vor allem in den Versuchsblöcken der Stufe 1, in denen auf Wachstumsregler und Fungizideinsatz verzichtet wird, um die sortenspezifische Standfestigkeit und die Festigkeit gegenüber Krankheiten abzuprüfen. Allerdings zeigte sich in diesem Jahr, dass die lageranfälligen Sorten wie Asory, KWS Imperium, SU Willem, LG Optimist, Complice, KWS Keitum und Revolver auch in der behandelten Stufe zum Teil drastisches Lager aufwiesen, welches sich auf die Ertragsbildung, die Auswuchsfestigkeit und damit auf die Qualität, vornehmlich Fallzahl, negativ auswirkte. Aber auch die in diesem Jahr an einzelnen Standorten lageranfälligeren Sorten Chevignon und Lemmy fielen dort mit zunehmenden Auswuchsproblemen auf. Aufgrund der witterungsbedingt verzögerten Beerntung traten an den durch Windböen stärker beeinflussten Standorten bei einzelnen Sorten auch Kornverluste durch Ausfallen der Körner aus der Ähre auf. An drei der vier Marschstandorte wurden in erster Linie an den Sorten KWS Emerick, Asory und Akasha deutlichere Auffälligkeiten erkennbar, die sich auch entsprechend in den Erträgen widerspiegelten.

Bei den in den Tabellen dargestellten mehrjährigen Durchschnittserträgen sind auch Ergebnisse aus Vorversuchen wie Wert- und EU-Prüfungen sowie aus dem Bundessortenversuch (BSV) mit einbezogen worden, um auf diese Weise erstmalig im LSV stehende Sorten bereits verlässlicher beurteilen zu können. Die Ergebnisse der Sorten wurden dafür auf das aktuelle Leistungsniveau der diesjährigen Verrechnungssorten transferiert und anhand der absoluten Einzelortergebnisse ermittelt.

Stellvertretend für das Sortiment der E-Sorten wurde in den letzten Jahren KWS Emerick orthogonal in den norddeutschen LSV geprüft. Für die Anbauregion Lehmböden Südhannover wurde die neu vom BSA zugelassene Sorten Exsal aufgenommen.

Im Bereich des A-Segments wurden für dieses Jahr mit LG Optimist und WPB Newton zwei neue Kandidaten aus dem Zulassungsjahr 2023 bereits in die LSV aufgenommen, um mögliche Alternativen zu den derzeit etablierten bzw. im letzten Jahr teilweise noch nicht ganz überzeugenden Sorten an den Start zu bringen.

Das gleiche trifft für den B-Bereich zu, wo mit RGT Kreuzer, Spectral und KWS Mintum Sorten bereits aufgenommen wurden, die 2023 auch die Zulassung beim BSA erhalten haben. Aus den EU-Prüfungen schaffte die Sorte Winner als C-Sorte zusätzlich zu KWS Keitum und Revolver den Aufstieg in die LSV.

Hinweise auf die Krankheitsanfälligkeit der Sorten

Die ein- und mehrjährig verrechneten Ertragsergebnisse bilden das Leistungsvermögen der Sorten bei optimaler Gesunderhaltung der Bestände ab. In der Spalte Minderertrag wird der Ertragsunterschied der unbehandelten gegenüber der behandelten Stufe (Einsatz von Wachstumsregulatoren und Fungiziden) dargestellt. Gesunde und standfeste Sorten zeichnen sich durch entsprechend geringe Ertragsunterschiede aus. Dies kommt in der Empfehlungs- und Eigenschaftentabelle entsprechend zum Ausdruck, wo u. a. die Lager- und Krankheitsanfälligkeit beschrieben werden. Für das Jahr 2023 ist festzuhalten, dass die Ertragsdifferenzen behandelt/unbehandelt an Einzelstandorten zum Teil sehr gravierend ausfielen. Oftmals sind diese Unterschiede auf die mangelnde Standfestigkeit betroffener Sorten zurückzuführen. Bei standfesten Sorten kommen sicherlich in erster Linie die Auswirkungen der Krankheitsanfälligkeit - vor allem Gelb- und Braunrostbefall - zum Ausdruck. Bei lager- und krankheitsanfälligen Sorten spielten beide Aspekte hinein.

Bei den gelbrostanfälligen Sorten Campesino, Asory, KWS Donovan, Akasha, SU Willem und Debian, die an einigen Standorten bereits zum frühen Stadium entsprechenden Befall aufwiesen, konnte eine stärkere Ausbreitung auf die neueren Blattetagen nicht in jedem Fall und teilweise nur in geringem Umfang beobachtet werden. Sorten mit frühem Gelbrostbefall wurden in der Eigenschaftstabelle gegenüber den BSA-Einstufungen deutlich schwächer beurteilt, weil in der Praxis eine frühe Fungizidbehandlung durchgeführt werden würde, die bei gesünderen Sorten nicht erforderlich wäre. Während der Abreifephase traten auch in diesem Jahr Ende Juni an zahlreichen Standorten Gewitterschauer mit Starkregen und Windböen auf, die lageranfällige Sorten parzellenscharf erkennen ließen, teilweise auch in der mit Wachstumsregler behandelten Stufe. Die Lagereinstufung des BSA konnte augenscheinlich bestätigt werden, aber auch als standfest eingestufte Sorten kamen hier teilweise an ihre Grenzen.

Sortenempfehlungen

Erfolgreiche und für die Praxis zu empfehlende Sorten zeichnen sich neben aktuell hohen Erträgen vor allem durch konstante Leistungen in unterschiedlichen Jahren und auf unterschiedlichen Standorten aus. Besonders vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Einschränkungen im chemischen Pflanzenschutz, sind weitere Faktoren wie die Festigkeit gegen Lager, die in diesem Jahr besonders gefordert war, Resistenzen gegen Krankheiten und nicht zuletzt die Winterhärte der Sorten ebenso mitentscheidende Größen bei der Sortenbeurteilung und -auswahl.

Die von den Kollegen aus Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern durchgeführten Prüfungen zur Winterhärte der Sorten wurden in den Eigenschaftstabellen mit eingepflegt. So liegen bereits von vielen neueren Sorten entsprechende vorläufige Einstufungen vor. Probleme durch Auswinterung könnten in erster Linie bei KWS Keitum, Absolut, Akzent, Complice und WPB Newton auftreten; einen Anbau tendenziell auswinterungsgefährdeter Sorten muss jeder Landwirt betriebsspezifisch abwägen.

Die Qualitätskriterien wie die Rohproteingehalte und die Fallzahl bzw. Fallzahlstabilität sind vor allem bei der Vermarktung wichtige Parameter. Die Einstufung der Sorten hierzu sind in der Tabelle „Sorteneigenschaften und Empfehlungen“ auf Basis der Noten des BSA dargestellt. Nach den ersten diesjährigen Fallzahluntersuchungen zeigt sich, dass in der Regel diese Einstufungen bestätigt werden, bei einzelnen Sorten jedoch stärkere Abweichungen auftraten. Hierzu wird in einem späteren Bericht zur Qualitätsbeurteilung eingegangen, der die aktuellen eigenen Untersuchungen und Ergebnisse ausführlich bewertet und veröffentlicht.

Folgende Sorten sind für die unterschiedlichen Anbauregionen zu empfehlen:

Zur besseren Orientierung werden die empfohlenen Sorten in den beiden Tabellen „Eigenschaften und Empfehlungen“ für die einzelnen Anbauregionen mit einem „x“ für Empfehlung bzw. „P“ für Probeanbau gekennzeichnet. Ergänzend werden die besonderen Anbaueignungen und die wichtigsten Qualitäts- und Krankheitseinstufungen sowie die Standfestigkeit und Winterhärte beschrieben. Als blattgesund gelten Sorten, wenn sie gegenüber Mehltau, Gelb- und Braunrost sowie Blattseptoria keine Schwächen zeigen und sich in wenigstens einem dieser genannten Merkmale als robust („+“) erweisen.

Eine Anbauempfehlung erhalten Sorten unter drei unterschiedlichen Voraussetzungen:

Sorten, die mit „x“ in der Empfehlungstabelle gekennzeichnet sind, weisen neben ihrer guten Ertragsleistung auch weitere positive Eigenschaften, wie z. B. Standfestigkeit, Blattgesundheit, Fusariumtoleranz oder Winterhärte auf.

Sorten, die mit [x] markiert sind, verfügen über oben genannte positive Eigenschaften, sind ertraglich jedoch etwas schwächer einzustufen.

Die mit (x) versehenen Sorten erreichten hohe bis sehr hohe Erträge, zeigen jedoch in einem oder mehreren der oben genannten Merkmale Schwächen. Die Sorte Debian, die vom BSA in diesem Jahr im Merkmal Ährenfusarium auf Note 6 (1 - 9) herabgestuft wurde, wird von daher trotz teils hoher Erträge lediglich eingeschränkt empfohlen, in Regionen mit verstärktem Qualitätsweizenanbau blieb sie in der Empfehlung unberücksichtigt.

Zu den empfohlenen Sorten im Einzelnen:

Die allgemein empfohlenen und in der Regel standfesten und blattgesunden Sorten werden dabei zuerst vorgestellt.

Sorten der Qualitätsgruppe A

SU Jonte überzeugte in diesem Jahr vor allem durch die positiven Eigenschaften wie Standfestigkeit, Blattgesundheit, Halmbruchfestigkeit, Fusariumtoleranz und Winterhärte. Auch konnte sie insgesamt ihr Ertragsvermögen unter Beweis stellen und wird daher in fast allen Anbauregionen uneingeschränkt empfohlen, wegen etwas schwächerer Erträge auf den Sandstandorten Nordwest eingeschränkt.

Polarkap lieferte im zweiten LSV-Jahr stark verbesserte Ertragsergebnisse ab, vor allem in der Marsch und in der Anbauregion Höhenlagen Mitte/West. Bei durchschnittlicher Standfestigkeit konnte sie durch eine sehr gute Blattgesundheit, Winterhärte sowie guten Einstufungen gegenüber Halmbruch und Ährenfusarium überzeugen. Sie wird daher in den Höhenlagen uneingeschränkt, in der Marsch für den Probeanbau und für die Sand- und Lehmböden Nordwest dank der Fusariumtoleranz noch eingeschränkt für den Probeanbau empfohlen.

Die langstrohige Sorte Akzent wurde aufgrund schwankender Erträge in den letzten Jahren lediglich noch auf den Sandstandorten Nordwest geprüft. Hier konnte sie die guten Vorjahreserträge bestätigen und wird daher dort nach wie vor empfohlen. Die hohe Blattgesundheit und vor allem die sehr gute Ährenfusariumtoleranz sprechen insbesondere für einen Anbau in intensiven Maisfruchtfolgen.

RGT Reform zählt im Bereich der A-Sorten nach wie vor zu einer planbaren Größe, insbesondere was die Fallzahlstabilität anbelangt. In der Marsch und auf den Sandböden erreichte sie auch dank der guten Stand- und Auswuchsfestigkeit gute Erträge. Die positiven Eigenschaften Fusariumtoleranz und Winterhärte sprechen ebenfalls für ihren Anbau, wenngleich sie aufgrund der Blattseptoriaempfindlichkeit nicht mehr als blattgesunde Sorte eingestuft ist. Dank der sicheren A-Qualität bei insgesamt durchschnittlichen Erträgen ist RGT Reform noch eingeschränkt für die Marsch- und Sandstandorte empfohlen.

Asory enttäuschte auf vielen Prüfstandorten in diesem Jahr, weil die schwache Standfestigkeit oftmals zu frühem Lager führte, das wiederum zu einer Ertrags- und Qualitätsbeeinträchtigung führte. Außerdem büßte sie auf windbeeinflussten Standorten vor allem in der Marsch Körner durch Ausfall aus der Ähre ein. Eine eingeschränkte Anbauempfehlung wird daher lediglich für die Sandstandorte Nordhannover dank guter Vorjahresererträge ausgesprochen. Ihre Schwächen gegenüber frühem Gelbrostbefall und mangelnde Standfestigkeit traten auch in diesem Jahr wieder zu Tage. Gegenüber Mehltau und Braunrost zeigt sie sich nach wie vor robust, zudem ist die Fusariumtoleranz und Winterhärte positiv hervorzuheben.

LG Charakter überzeugte in den Anbauregionen Marsch und Lehmböden Nordwest sowie Südhannover mit insgesamt guten Ertragsleistungen und wird dort nach wie vor empfohlen, in Südhannover eingeschränkt. Bei eher durchschnittlicher Blattgesundheit profitierte sie durch ihre Standfestigkeit in der Fallzahlstabilität, da sie gegenüber fallzahlstärker eingestuften, aber lageranfälligen Sorten bessere Ergebnisse aufwies.

Die stark lageranfällige Sorte KWS Imperium konnte auf Grund dieser Tatsache nicht in allen Anbauregionen an die durchweg guten Vorjahreserträge anknüpfen. Lediglich auf den Lehmböden Nordwest überzeugte sie ertraglich. Eine eingeschränkte Empfehlung wird für die beiden Anbauregionen der Sandstandorte sowie die Lehmböden Nordwest ausgesprochen. Für einen Qualitätsweizenanbau in den Anbauregionen der Lehmstandorte Südhannover und der Höhenlage Mitte/West sprechen die derzeit mit Abstand höchsten Fallzahlen trotz der Lagerproblematik, zudem weist die Sorte eine gute Blattgesundheit und Fusariumtoleranz auf.

KWS Donovan zählt von den im LSV geprüften Sorten zu den krankheitsanfälligsten Sorten, vor allem weil sie früh gegenüber Gelbrost, Mehltau und später stark gegenüber Braunrost empfindlich reagiert. Ertraglich hingegen überzeugte sie in der in den Tabellen ausgewiesen behandelten Stufe durch gute, zum Teil sehr gute Erträge – vor allem in der Marsch und auf den Lehmstandorten Südhannover. Aufgrund der Ertragsstärke, Standfestigkeit und der guten Rohproteingehalte wird sie in allen Anbauregionen empfohlen. Wegen der ausgeprägten Krankheitsanfälligkeit ist die Empfehlung in den Anbauregionen Sandböden Nordhannover, Lehmböden Südhannover und den Höhenlagen Mitte/West eingeschränkt.

SU Willem überzeugte in beiden LSV-Jahren ertraglich auf den Marschstandorten und insgesamt auch auf den Lehmstandorten Nordwest. Die vor allem im Frühjahr durch ihre gute Entwicklung auffallende Sorte ist jedoch stark lageranfällig, was sich auf zahlreichen Standorten auch entsprechend ertraglich und qualitativ negativ auswirkte. Hinzu kommt die Gelbrostempfindlichkeit bereits im frühen Stadium. Zu beachten ist ebenso die mögliche Schwäche gegenüber Ährenfusarium. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen wird die Sorte für die genannten Anbauregionen eingeschränkt empfohlen.

Neu in die LSV-Prüfungen aufgenommen sind die beiden A-Sorten LG Optimist und WPB Newton. Letztgenannte Sorte erreichte in allen Anbauregionen hohe Erträge und überzeugte zudem in den Merkmalen Standfestigkeit und Blattgesundheit, sie eignet sich für den Probeanbau. Zu beachten ist die mögliche Auswinterungsgefahr.

LG Optimist konnte in der Anbauregion Sandböden Nordhannover ertraglich überzeugen und kommt dort für den Probeanbau in Frage. Sie bestätigte leider die vom BSA bereits ausgewiesene Lageranfälligkeit und trotz guter Robustheit gegenüber den Rosten zeigt sie bei Mehltau leichte Schwächen. Positiv hervorzuheben ist die sehr gute Winterhärte.

In der Qualitätsgruppe der B-Weizensorten spielt die Ertragsleistung bei gleichzeitig unproblematischem Anbau die wichtigste Rolle.

Informer konnte ihre guten Ertragsleistungen in der Marsch und in den Höhenlagen Mitte/West bestätigen. Bis auf die Anbauregion Sandböden Nordwest wird sie daher nach wie vor empfohlen, für die Lehmstandorte Nordwest eingeschränkt. Hervorzuheben sind die positiven Eigenschaften Standfestigkeit, Blattgesundheit und Winterhärte. Als B-Sorte ist sie im Rohproteingehalt noch vergleichsweise gut eingestuft und bestätigt das auch aktuell.

Die standfeste Sorte Gentleman wurde 2023 noch auf den Lehmstandorten Südhannover und in den Höhenlagen geprüft und konnte wieder leicht verbesserte Erträge erzielen. Als ausgesprochen blattgesunde und qualitätsbetonte Sorte erhält sie auf den Lehmstandorten und Höhenlagen eine klare Anbauempfehlung.

Die langstrohige, aber standfeste und blattgesunde Sorte SU Fiete konnte nicht ganz an die guten Vorjahreserträge heranreichen. Aufgrund ihrer weiteren positiven Eigenschaften wird sie jedoch mit Ausnahme der Lehmstandorte Nordwest eingeschränkt empfohlen; dank mehrjährig hoher Erträge auf den Sandböden Nordhannover dort auch uneingeschränkt

Chevignon zeichnete sich auch in diesem Jahr durch recht konstante und hohe Erträge aus, wenn auch nicht auf dem Niveau der Vorjahre. Als früh abreifende und blattgesunde Sorte erhält Chevignon als einzige B-Sorte eine uneingeschränkte Anbauempfehlung für alle Anbauregionen.

Die sehr früh abreifende Grannenweizensorte Complice konnte in diesem Jahr erneut mit überdurchschnittlichen Erträgen in fast allen Anbauregionen überzeugen und dort auch mehrjährig gute Ergebnisse erzielen. Lediglich auf den Sandstandorten Nordwest fielen die Erträge unterdurchschnittlich aus. Mit Ausnahme dieser Anbauregion erhält sie aufgrund ihrer Frühreife und Fusariumtoleranz in jedem Fall eine eingeschränkte Empfehlung. Zu beachten ist die Gefahr der frühen Gelbrostinfektion sowie die stärkere Lagerneigung, die vor allem in der unbehandelten Stufe deutlich wurde. Die Auswinterungsgefahr sollte vor allem für die Höhenlagen beachtet werden.

Akasha erhält aufgrund der guten Toleranz gegenüber Ährenfusarium auf den Sandstandorten Nordwest eine eingeschränkte Empfehlung, da sie dort auch zweijährig ertraglich überzeugen konnte. Ertragseinbußen musste sie in der Marsch hinnehmen, weil sie stärker unter Ausfallverlusten zu leiden hatte. Die Sorte zeigte auch in diesem Jahr sowohl in der Praxis als auch an einzelnen Prüfstandorten bereits frühzeitig stärkere Auffälligkeiten im Gelbrostbefall, der sich auch bei dieser Sorte jedoch nicht auf die höheren Blattetagen ausbreitete.

Campesino überzeugte vor allem auf den ertragsstarken Standorten und wird in der Marsch und für die Sand- und Lehmböden Nordwest empfohlen, auf den Sandböden Nordhannover sowie den Lehmböden Südhannover und den Höhenlagen eingeschränkt. Die recht früh abreifende und standfeste Sorte zeigte auch in diesem Jahr zunehmende Auffälligkeiten gegenüber Gelbrost, sodass sie nicht mehr als blattgesund beschrieben wird. Bei Verzicht auf den Fungizideinsatz zeigte die Sorte insbesondere auf den Lehmstandorten Südhannover und den Höhenlagen stärkere Mindererträge im Vergleich zu den etablierten blattgesunden Sorten. Aus der Praxis wurden auf Grund der Kleinkörnigkeit Probleme mit dem Ausdrusch des oberen Ährenbereiches bemängelt.

Debian wurde in diesem Jahr vom BSA in der Anfälligkeit gegenüber Ährenfusarium auf die Note 6 herabgestuft, daher wird sie bei gleichzeitig deutlichen Schwächen gegenüber Gelbrostbefall trotz hoher Ertragsleistung nur eingeschränkt empfohlen. Sehr gute Ertragsleistungen erzielte sie auf den Sandstandorten Nordwest und Nordhannover sowie den Lehmstandorten Nordwest, wo entsprechend die eingeschränkte Anbauempfehlung ausgesprochen wird. In den für den Qualitätsweizenanbau schwerpunktmäßigen Anbauregionen Lehmböden Südhannover sowie den Höhenlagen findet sie trotz ihrer guten Erträge keine ausreichende Akzeptanz auf Beraterseite, da neben der Ährenfusariumproblematik auch die Krankheitsanfälligkeit, besonders gegenüber Gelbrost, zu beachten ist.

B-Sorten für den Probeanbau

Mit RGT Kreuzer, Spectral und KWS Mintum wurden drei ertragsbetonte Sorten vom BSA zugelassen. Die beiden erstgenannten Sorten konnten ertraglich in allen Anbauregionen überzeugen und bestätigten auch ihre Standfestigkeit und Blattgesundheit in den Versuchen. Überdies wurden sie als tolerant gegenüber Ährenfusarium eingestuft. Sie erhalten daher eine klare generelle Probeanbauempfehlung. KWS Mintum konnte vor allem in den beiden Sandanbauregionen und auf den Lehmstandorten Nordwest überzeugen. Als ebenfalls blattgesunde und ährenfusariumtolerante Sorte wird sie für die drei erwähnten Anbauregionen für den Probeanbau empfohlen.

Empfohlene C-Sorten

KWS Keitum erreichte in diesem Jahr nicht die herausragenden Erträge der Vorjahre, was an vielen Standorten auch der starken frühzeitigen Lagerneigung zuzuschreiben ist. So liegen die Erträge in der Marsch und auf den Sandböden Nordwest unter dem Versuchsdurchschnitt und damit etwa 10 % unter den Spitzenwerten aus dem Vorjahr. Ihre Empfehlung verdankt sie von daher den mehrjährig nach wie vor hohen Durchschnittserträgen. Neben der erhöhten Lagergefahr wurde für die Sandböden Nordhannover sowie die Lehmböden Südhannover und die Höhenlagen aufgrund der Auswinterungsgefahr die Anbauempfehlung wieder eingeschränkt ausgesprochen. Positiv hervorzuheben sind die Blattgesundheit und die Ährenfusariumtoleranz. Die Schwächen in der Stand- und Winterfestigkeit gilt es in jedem Fall zu beachten.

Revolver konnte die Vorjahresergebnisse bestätigen, vielfach sogar verbessern und wird daher in fünf Anbauregionen empfohlen. Trotz der ebenfalls geringen Standfestigkeit wirkte sich diese Schwäche weniger gravierend aus. Da sie als C-Sorte zumindest das Ertagsniveau der besten B-Sorten erreichen sollte, wurde sie in der Anbauregion Sandböden Nordwest nicht empfohlen. Die Anbauempfehlung für die Hochertragsregionen wurde nur eingeschränkt ausgesprochen.

Als blattgesunde und fusariumtolerante Sorte kommt sie insbesondere für Maisfruchtfolgen in Frage.

Weitere Sorten in den Prüfungen

Im Bereich der E-Sorten wurde zumindest für die Anbauregion Lehmböden Südhannover neben der bereits länger im norddeutschen Kammerverbund geprüften Sorte KWS Emerick mit Exsal eine neue qualitätsbetonte Grannenweizensorte aufgenommen, die bereits im ersten Jahr ertraglich überzeugte. Sie erwies sich überdies als sehr standfest und blattgesund und wurde seitens des BSA auch als sehr ährenfusariumtolerant eingestuft. Von daher wird eine klare Probeanbauempfehlung für den qualitätsbetonten Weizenanbau ausgesprochen. KWS Emerick wurde im dritten Jahr in allen Anbauregionen geprüft. Die Erträge fallen mit Ausnahme der Anbauregion Sandstandorte Nordwest gegenüber den ertragsstärkeren A-Sorten deutlich ab.

Sortenempfehlungen in den einzelnen Regionen

Die Sortenempfehlungen in den einzelnen Anbauregionen sind in den Tabellen Sorteneigenschaften und -empfehlungen dargestellt.

Zusammenfassung

Schwierige Erntebedingungen belasteten nicht nur die Nerven der Landwirte, sondern auch die Ertragsleistungen und Qualitäten der Weizenbestände.

Fehlten in zahlreichen Regionen ab Anfang Mai die Niederschläge für eine optimale Ähren- und Kornausbildung, kamen die Regenfälle ab Ende Juli vielfach zur Unzeit.

Insgesamt ist damit laut LSN von einer um etwa 11 % geringeren geernteten Weizenmenge gegenüber dem Vorjahr auszugehen.

Die widrigen Erntebedingungen bekamen in erster Linie die lageranfälligen Sorten zu spüren, die regional bereits Ende Juni verstärkt ins Lager gingen, damit waren bereits Ertrags- und Qualitätseinbußen vorprogrammiert. So hatten insbesondere standfeste Sorten entsprechende Vorteile.

Von den geprüften Sorten erhielten insgesamt nur relativ wenige Sorten, die hohe Erträge mit insgesamt positiven Eigenschaften vereinen, eine uneingeschränkte Anbauempfehlung. Viele ertragreiche Sorten hatten hingegen Schwächen in einzelnen Merkmalen wie Standfestigkeit, Blattgesundheit, Fusariumtoleranz oder Winterhärte.

Die zahlreichen erstmalig geprüften Sorten zeigten neben guten Ertragsleistungen gleichzeitig auch viele weitere positive Eigenschaften, sodass sie entsprechend bereits eine Probeanbauempfehlung erhalten haben. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Ergebnisse künftig bestätigen.

Sorten, die unter sich jährlich ändernden Umweltbedingungen konstante Leistungen erbringen, sind daher für die Sortenwahl vorrangig zu berücksichtigen. Der Sortengesundheit wird künftig sicherlich noch eine größere Bedeutung zukommen, wenn wichtige Pflanzenschutzwirkstoffe in Zukunft nicht mehr vorhanden sind. Daher wurde diesem Aspekt bei der Sortenempfehlung auch eine stärkere Gewichtung beigemessen, insbesondere auch bei den ein- und zweijährig geprüften Sorten.

Sorteninformationen können Sie auch auf Ihrem Handy bekommen

Mit dem Sortenfinder der „LWK Niedersachsen“-App können Sie nach bestimmten Auswahlkriterien gezielt nach geeigneten Sorten für Ihre Anbauverhältnisse suchen. Unter lwkn.de/lwk-app finden Sie alle Infos über die App sowie einen Direktlink fürs Smartphone zum App- bzw. Play-Store. Nach der Installation der App finden Sie den Sortenfinder unter der Rubrik „Rechner“.