Die Wintergerste erreichte auf vielen Standorten erfreulich hohe Erträge und Qualitäten, teilweise wurden auch Spitzenerträge erzielt.

Sowohl in der Praxis als auch in den Versuchen zeigte sich, dass in diesem Jahr wieder deutliche Ertragsschwankungen zu verzeichnen sind, vielfach abhängig von der Wasserverfügbarkeit für die Bestände. Auch innerhalb der Flächen wurden Bodenunterschiede bzw. Strukturschäden klar erkennbar. Allerdings waren direkte Missernten die Ausnahme. Andererseits sind unter guten Wachstumsbedingungen Spitzenerträge erzielt worden. Hierzu trugen gut ausgereifte Körner mit entsprechend hohen Hektolitergewichten bei.
Mit knapp 145.000 ha Anbaufläche – beruhend auf den diesjährigen INVEKOS-Zahlen – behauptete die Wintergerste wieder das letztjährige Niveau.
Da sich die Vermarktungsbedingungen für Futtergerste aktuell eher verschlechtert haben und sich die Entwicklung auf die derzeitigen Marktpreise niederschlägt, bleibt abzuwarten, ob der Preisdruck auch Auswirkungen auf die kommende Aussaat haben wird. Allerdings sollten für den Gerstenanbau nicht ausschließlich die aktuellen ökonomischen Aspekte, sondern vielmehr auch die positiven Gesichtspunkte in der Fruchtfolgegestaltung berücksichtigt werden.
Vegetationsverlauf
Die Wintergerste konnte im vergangenen Herbst unter durchweg günstigen Witterungs- und Bodenbedingungen termingerecht - sprich im Zeitraum von der letzten September- bis Ende erster Oktoberdekade - ausgesät werden. Der weitere Witterungsverlauf führte zu einem kontinuierlichen Wachstum, sodass die Bestände mit einer entsprechenden guten Vorwinterentwicklung ab Mitte November in eine relativ kurze und durch mildere Temperaturen wieder unterbrochene Winterruhe gehen konnten.
Nach ausreichenden Niederschlagsmengen von November bis Januar führten ungewöhnlich geringe Niederschläge in den Monaten Februar bis April, insbesondere auf den leichteren Standorten, zu einer Reduktion der zunächst angelegten ährentragenden Halme. Dadurch wurden Spitzenerträge hier bereits frühzeitig unterbunden. Die in dieser Zeit zunehmende Trockenheit im Oberboden bewirkte, dass das Wurzelwachstum nach dem niederschlagsreichen Winter doch noch stärker die unteren Bodenschichten erschlossen hat. Vor allem auf Böden ohne Strukturschäden gelang dies deutlich besser als im vorherigen Jahr, wo die langanhaltende Nässe das Wurzelwachstum beeinträchtigte. In diesem Jahr konnten die Wasserreserven im Unterboden gerade auf den tiefgründigen Standorten daher effektiver von den Pflanzen genutzt werden. Fehlende Feuchtigkeit im Oberboden verhinderte allerdings oftmals das zügige Lösen und infolgedessen auch die Aufnahme der im Frühjahr applizierten Düngung durch die Pflanzenwurzeln. Frühzeitig ausgebrachte flüssige organische Düngemittel zeigten daher oftmals positivere Wirkungen im Vergleich zu der später ausgebrachten mineralischen Düngung auf trockenen Oberboden, bei der die Nährstoffverfügbarkeit verzögert einsetzte. Dank der durchweg recht trockenen Witterungsbedingungen wurden die Getreidebestände bis Anfang Mai aber auch in deutlich geringerem Umfang durch Krankheiten befallen, sodass vor allem der Fungizideinsatz gegen Blattkrankheiten - besonders im Vergleich zum Vorjahr - in dieser Trockenphase stark zurückgefahren bzw. zum Teil auch ganz darauf verzichtet werden konnte.
Die trockene Phase hat die Getreidebestände im Vergleich zu anderen Jahren mit Frühjahrstrockenheit weniger beeinflusst, da in diesem Frühjahr in der Regel moderate Temperaturen vorherrschten und damit die Verdunstung relativ gering ausfiel.
Die ab Anfang Mai zum Teil ergiebigen Niederschläge führten insgesamt zu einer deutlichen Entspannung und einer Erholung der Bestände. Gleichzeitig wurde dadurch jedoch in den betroffenen Regionen auch der Zwiewuchs angeregt und der Krankheitsbefall in den Getreidearten setzte ebenfalls spürbar ein. In der Wintergerste beispielsweise trat zum Teil ein massiver Ramulariabefall auf.
Die Temperaturen im Frühsommer lagen durchweg im moderaten Bereich, sodass sich die Bestände kontinuierlich entwickeln und anschließend in die Abreifephase übergehen konnten. Die insgesamt günstigen Abreifebedingungen haben sich dabei positiv auf die Kornqualität und damit auf das für Wintergerste relevante Hektolitergewicht ausgewirkt und letztlich auch die Ertragsleistung positiv beeinflusst. Die extreme Hitze in den ersten Julitagen forcierte sicherlich den Erntebeginn der Wintergerste.
Die Ernte der Versuche erfolgte im Zeitraum vom 30. Juni bis 21. Juli unter zumeist günstigen Bedingungen.
Die Erträge der diesjährigen Ernte variierten in den LSV in einem Bereich von 57 bis 120 dt/ha und spiegeln damit auch die Spannbreite in der Praxis wider. Da die Frühjahrstrockenheit zwar die Anzahl ährentragenden Halme insbesondere auf den leichteren Standorten reduzierte, konnten sich die Körner später gut entwickeln, sodass Missernten mit Erträgen unter 40 dt/ha ganz klare Ausnahmen waren. Auch wo der Fungizideinsatz aufgrund des späten Krankheitsbefalls drastisch eingeschränkt oder sogar darauf verzichtet wurde, traten keine deutlichen Mindererträge auf. Sowohl in den südhannoverschen Ackerbau- als auch in den Marschregionen konnten gut entwickelte Bestände auf Flächen mit guter Wasserführung Spitzenerträge realisieren.
Sortenbeurteilung auf breiter Basis
Für die sechs in Niedersachsen relevanten Anbauregionen Marsch, Sandböden West und Nord, Leichte Lehmböden West, Lehmböden Südhannover und die Höhenlagen Mitte/West werden die Ertragsleistungen differenziert betrachtet, um die regionalen Unterschiede zu berücksichtigen. Dabei fließen bei sich mit anderen Bundesländern überschneidenden Anbauregionen deren Ergebnisse mit ein. Durch Einbeziehung der Vorprüfungsergebnisse aus WP- und EU-Prüfungen können die im LSV ein- und zweijährig geprüften Sorten bereits verlässlicher beurteilt werden. Es zeigte sich auch in diesem Jahr wieder, dass die Aussagekraft der Sortenergebnisse über den Mittelwert der Prüfstandorte je Anbauregion betrachtet wesentlich belastbarer ist, da die Einzelortergebnisse oftmals stärker streuen. In den Ertragstabellen ist für das aktuelle Jahr die Spalte Minderertrag bei Verzicht auf Wachstumsregulatoren und Fungizide eingefügt. Die Werte geben entsprechende Hinweise auf die Robustheit der Sorten bei reduzierten Pflanzenschutzmaßnahmen bzw. deren Wegfall. Da der Krankheitsdruck an vielen Versuchsstandorten weniger stark war, fielen die Mindererträge im Vergleich zum Vorjahr insbesondere auf den Sandstandorten deutlich geringer aus. Lediglich bei stärker anfälligen Sorten traten Mindererträge über 20 % auf. Bei den zweizeiligen Sorten zeigte sich, dass sie oftmals auch mit einem reduzierten Wachstumsreglereinsatz gerade auf schwächeren Standorten auskämen.
In den diesjährigen LSV wurde neben etablierten Sorten, darunter drei Hybriden, die neu vom BSA zugelassene Sorte KWS Chilis mit Resistenz gegen das Gerstengelbverzwergungsvirus (GvzV) getestet. Im Bereich der zweizeiligen Sorten wurde die Sorte Organa niedersachsenweit sowie die Sorte Annemiek lediglich in den beiden Anbauregionen Sand getestet. An ausgewählten Einzelorten wurde zudem die neue Hybridsorte SY Zoomba mit Resistenz gegen das Gerstengelbverzwergungsvirus zusätzlich zu weiteren bereits im Vorjahr geprüften Sorten untersucht. Laut Züchterangaben soll es sich dabei um eine gegenüber den bisherigen resistenten Sorten (Gen Ryd2) verbesserte Resistenz (Gen Ryd4) handeln. In den Tabellen sind bei den GvzV-Sorten die entsprechenden Resistenzen aufgeführt.
Der Anbau zweizeiliger Sorten spielt in Niedersachsen vornehmlich auf den Sandstandorten eine gewisse Rolle, da sie auf den ertragsschwächeren Standorten mittlere Erträge mit zumeist sicheren Hektolitergewichten erreichen. Wird die Gerste vermarktet und nicht im eigenen Betrieb verwertet, bekommt vor allem ihr hohes Hektolitergewicht als Qualitätskriterium eine entsprechende Bedeutung.
Auf die Leistungen der Sorten im Einzelnen wird in den entsprechenden Ertrags- und Eigenschaftstabellen sowie in der Kommentierung der empfohlenen Sorten eingegangen.
Ergebnisse der Landessortenversuche
Neben den Kriterien Ertragsleistung und Ertragskonstanz rücken zunehmend die weiteren agronomischen Eigenschaften wie Blattgesundheit, Standfestigkeit, Halmstabilität sowie Resistenzen bzw. Toleranzen gegenüber Viruserkrankungen in den Vordergrund. Je nach Vermarktungsmöglichkeiten spielen sicherlich die Qualitätsaspekte (z. B. hl-Gewicht bei Gerste) ebenfalls eine große Rolle. Insbesondere der Pflanzengesundheit kommt künftig bei Wegfall wichtiger Fungizidwirkstoffe eine steigende Bedeutung zu. Sorten, die unter unterschiedlichen Umweltbedingungen konstante Ergebnisse erreichen, empfehlen sich für eine gesicherte Produktion.
Empfohlene Sorten - mehrzeilig
Eine uneingeschränkte Empfehlung in allen Anbauregionen erhält in diesem Jahr lediglich Julia. KWS Exquis wird dank ihrer Resistenz gegenüber dem Gerstengelbverzwergungsvirus (GvzV) für entsprechend gefährdete Standorte empfohlen, wenn auch in vier der sechs Anbauregionen bei leicht unterdurchschnittlichen Erträgen eingeschränkt. Von den neuen Sorten kommt KWS Chilis dank ihrer Dreifachresistenz und der gleichzeitig hohen Ertragsleistung trotz Auffälligkeiten in der Standfestigkeit und höherer Krankheitsanfälligkeit für den Probeanbau – teilweise eingeschränkt – in Frage.
Julia bestätigte auch im vierten LSV-Jahr ihre Ertragsstärke und -konstanz. Sie wird daher weiterhin klar in allen Anbauregionen empfohlen. Hinzu kommt ihre doppelte GMV-Resistenz. Darüber hinaus überzeugte die Sorte durch eine gute Strohstabilität, ausreichende Blattgesundheit und einen hohen Marktwareanteil bei allerdings durchschnittlichen hl-Gewichten. Sie ist derzeit sowohl in Niedersachsen als auch deutschlandweit die vermehrungsstärkste Wintergerstensorte.
Esprit wird aufgrund ihrer hohen und in der Regel konstanten Ertragsleistung mit Ausnahme der Marsch und den Lehmböden Südhannover in den übrigen Anbauregionen nach wie vor empfohlen. Positiv hervorzuheben sind der sehr hohe Marktwareanteil und ein gutes hl-Gewicht. Trotz leichter Schwächen in der Standfestigkeit wird sie als noch ausreichend strohstabil eingestuft.
Winnie konnte in diesem Jahr vor allem auf den Lehmböden Südhannover ertraglich überzeugen. Obwohl die aktuellen Leistungen auf den Lehmstandorten Nordwest und den Höhenlagen Mitte/West schwächer sind, wird sie auch dort dank guter mehrjähriger Erträge weiterhin empfohlen. Trotz ihrer Pflanzenlänge ist sie noch als strohstabil eingestuft. Sie erwies sich als blattgesund, vor allem gegenüber Zwergrost, Mehltau und Ramularia. Überdies sind auch das hohe hl-Gewicht und der sehr gute Marktwareanteil hervorzuheben.
SU Hetti zeigte in den LSVs recht schwankende Erträge. Die besten Leistungen erzielte sie in diesem Jahr auf den Sandböden Nordhannover. Als strohstabile und vor allem 2xGMV resistente Sorte wurde sie eingeschränkt in den Anbauregionen Marsch, Sandböden Nordhannover sowie für die Höhenlagen empfohlen, da sie hier in den mehrjährigen Ergebnissen durchschnittliche Erträge erreichte. Zu beachten sind die Schwächen gegenüber Zwergrost.
Hybridsorten
Da sich die Marktpreise für Futtergerste derzeit auf einem Niveau deutlich unterhalb von 18 €/dt bewegen, lassen sich die Mehrkosten beim Saatgut der Hybriden nicht mehr mit nur 1 dt/ha Mehrertrag kompensieren. Für die ökonomische Bewertung müssen realistischerweise wohl eher 3 bis 4 dt/ha Mehrertrag in Ansatz gebracht werden, auch in Abhängigkeit vom generellen Ertragsniveau. Unter Berücksichtigung der stärker ins Gewicht fallenden höheren Saatgutkosten sind die Hybridsorten daher demzufolge eingeschränkt in den entsprechenden Anbauregionen empfohlen worden. Sie müssen sich in erster Linie mit den ertragsstärksten Liniensorten messen.
SY Galileoo ist von den Hybridsorten nach wie vor die in der Praxis etablierteste und bestätigte auch 2025 wieder ihre sehr hohe Ertragsleistung und -konstanz in allen Anbauregionen. Dank der sehr guten mehrjährigen Erträge wurde sie mit Ausnahme der Lehmstandorte Südhannover in allen weiteren Anbauregionen eingeschränkt empfohlen. Vor allem die Ertragskonstanz sowie die Blattgesundheit sprechen für ihren Anbau. Zu beachten sind die Schwächen in der Standfestigkeit und die schwächere Strohstabilität.
Die dreijährig im LSV geprüfte EU-Sorte SY Loona konnte ihre Vorjahresergebnisse in vielen Anbauregionen bestätigen bzw. noch steigern. Dadurch erreichte sie mehrjährig mit Ausnahme der Lehmstandorte Südhannover überdurchschnittliche Erträge, sodass sie in den Anbauregionen bis auf Südhannover eingeschränkt empfohlen wird. Bei hohen Qualitäten und einer guten allgemeinen Blattgesundheit wies sie in diesem Jahr jedoch etwas größere Schwächen in der Strohstabilität auf.
SY Dakoota wurde bis auf die Anbauregion Lehmböden Südhannover in den übrigen Regionen im dritten bzw. vierten Jahr mit Erfolg geprüft. In diesen Anbauregionen wurde sie dank überdurchschnittlicher Erträge wie die anderen beiden Hybridsorten eingeschränkt empfohlen. Die gute Strohstabilität und die guten Qualitätseigenschaften, besonders beim hl-Gewicht, sprechen ebenfalls für ihren Anbau. Gegenüber Zwergrost zeigte sie sich in diesem Jahr etwas empfindlicher.
Sorten mit der Resistenz gegenüber Gerstengelbverzwergungsvirus (GvzV)
Durch das Gerstengelbverzwergungsvirus (GvzV) traten 2021 auf einzelnen Schlägen erhebliche Schäden mit entsprechend hohen Ertragseinbußen auf. Seitdem hat sich das Sortenangebot der durch das BSA zugelassenen und beschriebenen resistenten und im LSV geprüften Sorten deutlich erhöht, vor allem haben sich auch die Ertragsleistungen verbessert. Die Gruppe der aktuell geprüften resistenten Sorten wird daher im Block vorgestellt.
Die 2022 vom BSA zugelassene GvzV-resistente Sorte KWS Exquis zeigte in diesem Prüfungsjahr recht konstante Erträge. Vor allem auf den Sandstandorten und den Lehmstandorten lieferte sie 2025 hohe Erträge. Die oftmals recht kurzen Ähren kompensiert die Sorte durch eine höhere Anzahl ährentragender Halme. Die weiteren agronomischen Merkmale wie Blattgesundheit, Strohstabilität sowie ein hohes hl-Gewicht sind positiv hervorzuheben. Aufgrund ihrer besonderen Resistenzeinstufung ist die Sorte für alle Anbauregionen trotz ihrer zum Teil auch leicht unterdurchschnittlichen Erträge für GvzV-gefährdete Standorte empfohlen, auf den Sandstandorten dank der mehrjährig hohen Erträge auch uneingeschränkt.
Die dreijährig geprüfte Sorte Integral erreichte 2025 durchschnittliche bis leicht unterdurchschnittliche Erträge; im mehrjährigen Mittel lagen die Erträge ebenfalls im leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Positiv hervorzuheben sind in jedem Fall die gute Strohstabilität sowie sehr hohe Marktwareanteile und hl-Gewichte, die die eingeschränkte Empfehlung für die Marsch und die Höhenlagen Mitte/West aufgrund der besonderen Eigenschaften unterstützen. Zu beachten ist die höhere Mehltauanfälligkeit.
KWS Delis erreichte im zweiten LSV-Jahr gute bis leicht unterdurchschnittliche Erträge. Da von Züchterseite für 2025 jedoch keine Vermehrungsflächen ausgewiesen sind, erhält sie auch trotz ihrer doppelten GMV- und der GvzV-Resistenzeigenschaft keine Anbauempfehlung.
Die mit gleichen Resistenzeigenschaften ausgestattete EU-Sorte Amaranta konnte ertraglich lediglich wieder auf den nordwestlichen Sandstandorten durchschnittliche Erträge erzielen. Die geringe Strohstabilität und die mäßige Einstufung gegenüber Krankheiten sollten in jedem Fall beachtet werden. Da jedoch weitere Sorten mit vergleichbaren Resistenzeigenschaften, aber besseren Ertrags- und agronomischen Eigenschaften zur Verfügung stehen, erhält sie keine Anbauempfehlung und wird voraussichtlich auch nicht wieder in den LSV aufgenommen. Die sehr guten hl-Gewichte sind allerdings positiv hervorzuheben.
Erstmalig geprüfte Sorten mit GvzV-Resistenz
Für das Anbaujahr 2025 wurde bei den mehrzeiligen Sorten mit KWS Chilis eine doppelt GMV-resistente Sorte mit gleichzeitiger GvzV-Resistenz aufgenommen, die ihre Leistungsfähigkeit gegenüber anderen, bereits in der Prüfung befindlichen Sorten mit gleicher Resistenzbeschaffenheit zumindest aus ertraglicher Sicht unter Beweis stellen konnte. Bei etwas schwankenden Erträgen in den einzelnen Anbauregionen erzielte sie mit Ausnahme der Sandböden Nordwest und den Lehmböden Südhannover überdurchschnittliche Erträge. Zu beachten ist in jedem Fall die auch in diesem Jahr erkennbare erhöhte Zwergrostanfälligkeit; gegenüber Ramularia bestätigt sie jedoch die gute BSA-Einstufung. Die Sorte scheint von Züchterseite auf Grund der bereits hohen Vermehrungsfläche als Nachfolgesorte von KWS Delis angesehen zu werden. KWS Chilis erhält aufgrund der hohen Erträge in der Marsch und den Höhenlagen Mitte/West eine Probeanbauempfehlung, in den übrigen Anbauregionen vorerst noch eingeschränkt.
Die oben bereits angesprochene Hybridsorte SY Zoomba wurde aufgrund ihrer laut Züchterangaben verbesserten GvzV-Resistenz für ausgewählte Standorte neu aufgenommen. Die BSA-Ertragseinstufung lässt aus ertraglicher Sicht keine Verbesserung gegenüber den mehrjährig geprüften Hybriden erwarten. Da die vorliegenden LSV-Ergebnisse noch sehr eingeschränkt sind, müssen hier weitere Ergebnisse abgewartet werden.
Weitere geprüfte Sorten
Mit Fascination wurde 2024 eine GvzV-resistente Sorte zugelassen, die jedoch keine Resistenz gegenüber Gelbmosaikvirus aufweist. Die durch eine sehr zügige Frühjahrsentwicklung auffallende Sorte konnte ihre hohe BSA-Ertragseinstufung auch im zweiten Prüfjahr nur auf den Lehmstandorten Südhannover bestätigen. Wegen der fehlenden GMV-Resistenz wird sie trotz der positiven agronomischen Eigenschaften wie Pflanzengesundheit und Strohstabilität und hoher Qualitäten nicht empfohlen. Das Risiko einer Virusinfektion muss daher der Landwirt selbst beurteilen.
Mit RGT Alessia wurde eine weitere GvzV-resistene Sorte an drei Standorten in Niedersachsen geprüft. Hier ist die Datenbasis zur Beurteilung der Ertragsleistung jedoch zu gering, um entsprechende Einstufungen vornehmen zu können. Die agronomischen Einstufungen sind in der Tabelle Sortenempfehlungen und Eigenschaften beschrieben.
Empfohlene Sorten - zweizeilig
SU Laubella wurde auf den Sandböden Nordwest und Nordhannover weitergeprüft. Auf den niedersächsischen Sandstandorten lieferte sie auch in diesem Jahr wieder sehr gute Leistungen und wird entsprechend empfohlen. Im Gegensatz zu der altbekannten und nicht mehr weitergeprüften Sorte Bordeaux ist sie gegenüber Ramularia günstiger eingestuft, sodass sie neben den Erträgen auch durch Strohstabilität und Blattgesundheit, vor allem gegenüber Mehltau und Rhynchosporium, überzeugen kann. Die Qualitätsparameter Marktwareanteil und hl-Gewicht sind ebenfalls hervorzuheben. Sie ist die einzige regional empfohlene zweizeilige Sorte.
KWS Tardis wurde niedersachsenweit weitergeprüft. Insbesondere auf den Sandstandorten enttäuschte sie ertraglich im Vergleich zu SU Laubella. Vor allem die hohen hl-Gewichte und Marktwareanteile waren Veranlassung, die Sorte speziell für ertragsschwächere Standorte weiter zu prüfen. In den agronomischen Merkmalen konnte sie durch eine hohe Strohstabilität und Blattgesundheit überzeugen.
Mit der zweizeiligen GvzV-resistenten Sorte Organa und der einfach GMV-resistenten Sorte Annemiek wurden zwei vom BSA ertraglich hoch eingestufte Sorten - insbesondere bei Verzicht auf Fungizide – geprüft; Erstgenannte niedersachsenweit und Annemiek auf den Sandstandorten. Organa erreichte insgesamt mittlere Erträge mit größeren regionalen Schwankungen. Aufgrund der guten Vorprüfungsergebnisse wird sie für die Lehmstandorte Nordwest auch dank der Resistenzeigenschaften eingeschränkt für den Probeanbau empfohlen. Gegenüber Zwergrost und Rhynchosporium erwies sie sich sehr robust. Die einfach GMV-resistente zweizeilige Sorte Annemiek wurde bei vergleichbarer Ertragseinstufung für die Sandstandorte in die Prüfungen gestellt und erreichte dort mittlere Leistungen. Beide genannten Sorten fallen durch ihre gute Blattgesundheit und Strohstabilität bei allerdings mittlerer Standfestigkeit von Organa positiv auf.
Weitere geprüfte zweizeilige Sorten
Goldmarie wurde dank der sehr hohen hl-Gewichte in der Marsch und den westlichen Sandstandorten im zweiten Jahr geprüft. Während sie in der Marsch ertraglich enttäuschte, sahen die Ergebnisse auf Sand besser aus. Da die Datenbasis zur Ertragsbeurteilung sehr gering ist, werden die Ertragsleistungen noch nicht weiter beschrieben. Die agronomischen Einstufungen sind in der Tabelle Sortenempfehlungen und Eigenschaften beschrieben. Das gleiche gilt für die GvzV-resistente Sorte Orcade mit nur sehr wenigen Standortergebnissen.
Hl-Gewicht ist wichtiges Qualitätskriterium
Gegenüber dem Vorjahr konnten die Versuche 2025 mit deutlich höheren hl-Gewichten gedroschen werden. Auf einzelnen Hochertragsstandorten wurden Gewichte von über 70 kg im Durchschnitt der Sorten erzielt. Aber auch auf den leichteren nordhannoverschen Standorten wurden im Mittel 64,7 kg erreicht und damit die Normen des Landhandels erfüllt. Im Vergleich dazu lag der Durchschnitt der Sorten auf den südhannoverschen Bördestandorten mit 67,2 kg um knapp 3 kg höher. Spitzenwerte von über 72 kg wurden auf dem Marschstandort Otterham erreicht. In der Abbildung 1 sind von den beiden Anbauregionen Lehmstandorte Südhannover und Sandböden Nordhannover vergleichend die hl-Gewichte der Sorten dargestellt. Wie im Vorjahr erreichte die zweizeilige Sorte KWS Tardis die höchsten hl-Gewichte. Auf den Lehmstandorten Südhannover folgten Amaranta, Winnie, Integral, Fascination und SY Loona. Auf den Sandböden Nordhannover lieferten KWS Tardis, SY Loona, die neuen zweizeiligen Sorten Annemiek, Organa, sowie SU Laubella und KWS Exquis die höchsten hl-Gewichte. Die nur in der Marsch und auf den westlichen Sandstandorten geprüfte Sorte Goldmarie bestätigte dort ihr sehr hohes hl-Gewicht.
Zusammenfassung
Die Ergebnisse der Landessortenversuche zeigen, dass nur wenige Sorten über alle Anbauregionen konstante Ertragsleistungen erreichen und damit niedersachsenweit empfohlen werden. Obwohl der Krankheits- und der vereinzelte Lagerdruck in diesem Jahr weniger ausgeprägt waren, zeigten die anfälligeren Sorten deutliche Mindererträge bei Verzicht auf Fungizide oder Wachstumsregler. Dies machte den Sinn deutlich, von vornherein auf gesunde, standfeste und strohstabile Sorten zu setzen. Im aktuellen Jahr beeinflusste vor allem ein stärkerer Ramulariabefall die Bestände und Sorten.
Das Sortenspektrum hat sich im Hinblick auf die Resistenz gegenüber Virusbefall in den letzten Jahren erweitert. Neben dem Zugang neuerer doppelt Gelbmosaikvirus resistenter Sorten (GMV Typ 1 u. 2) stehen nunmehr auch weitere Sorten mit einer Resistenz gegenüber dem Gerstengelbverzwergungsvirus zur Verfügung. Wie die Versuchsergebnisse zeigen, liegen die Erträge der GMV bzw. 2xGMV resistenten Sorten und der Sorten mit erweiterter Resistenz (GvzV) relativ eng beieinander. Dem Risiko einer frühen Infektion durch Blattläuse kann durch die Verlegung des Saatzeitpunktes in den Oktober hinein vorgebeugt werden. Mit dem Anbau entsprechend resistenter Sorten besteht zudem die Möglichkeit, auf Insektizidmaßnahmen zu verzichten und damit die Anbausicherheit generell zu erhöhen. Darüber hinaus stehen zahlreiche strohstabile und blattgesunde Sorten zur Verfügung, die sowohl die Notwendigkeit des Wachstumsregler- als auch des Fungizideinsatzes begrenzen können. Für die Vermarktung ist nach wie vor das Hektolitergewicht eine entscheidende Größe, die es insbesondere auf ertragsschwächeren Standorten zu beachten gilt. Von daher haben auch zweizeilige Sorten, selbst wenn sie oftmals eher durchschnittliche Erträge erzielen, nach wie vor ihre Anbaubedeutung. Das wird auch an den Vermehrungszahlen offensichtlich.
Die Wintergerste sollte, obwohl sie aus rein ökonomischen Gründen vielleicht nicht zu den attraktivsten Kulturen zählt, auf Grund ihrer vielfältigen Vorteile im Hinblick auf die Fruchtfolgeaspekte fester Bestandteil in der Anbauplanung bleiben.











