Zur Risikostreuung bei der Erzeugung von Braugerste setzen die Landwirte in begenztem Umfang auch wieder auf den Winterbraugerstenanbau. Die Nutzung der Winterfeuchtigkeit ermöglicht es, Beregnungsgänge einzusparen. Zudem können die geforderten Qualitäten oftmals leichter erreicht werden.

Motivation dafür sind sicherlich nicht die aktuellen Vermarktungsoptionen, sondern oftmals eine generelle Risikostreuung im Braugerstenanbau. Nach dem sehr herausfordernden Jahr 2023 mit erheblichen Vermarktungsschwierigkeiten von Sommerbraugerste aufgrund nicht ausreichender Qualitäten führte die Flächenausdehnung für Braugerste bei gleichzeitig gestiegenen Erträgen bereits 2024 zu einer insgesamt günstigen Versorgungssituation; dieses nicht nur niedersachsen- sondern europaweit. Dennoch ließen sich im vergangenen Herbst noch Preisaufschläge für Braugerste in der Größenordnung von ca. 5 €/dt gegenüber Futtergerste realisieren. Mit fortschreitender Vegetationsdauer und den sich abzeichnenden Ertragserwartungen verringerten sich die Braugerstenaufschläge von 5 auf ca. 3 €/dt. Das diesjährige ausgedehnte Überangebot an Braugerste bewirkte, dass die Winterbraugerste oftmals nur als Futtergerste zu vermarkten war bzw. ist.
Basierend auf den Erfahrungen der letzten Jahre scheinen dennoch zahlreiche Landwirte auch in diesem Jahr wieder Winterbraugerstensorten anzubauen, die im günstigen Fall dann auch mit Aufgeldern, ansonsten aber als Futtergerste vermarktet werden. Der Winterbraugerstenanbau bietet gegenüber der klassischen Frühjahrsausaat zahlreiche Vorteile wie
- Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit
- Einsparung von Beregnungsgaben im Frühjahr und Sommer
- Tendenziell höheres Ertragsniveau
- Geringe Gefahr durch Auswuchsprobleme und damit Qualitätssicherheit
.Nach zwei Jahren in Folge traten im vergangenen Herbst/Winter bei den Spätherbstaussaaten von Sommerbraugerste, die die gleichen Vorteile verfolgen, in der Regel keine Auswinterungsschäden auf. Dennoch scheinen viele Landwirte das Risiko zu scheuen und wählen mit Winterbraugerste die risikoärmere Alternative. Der genaue Umfang der Winterbraugerstenfläche lässt sich schwer beziffern, da die Anbaustatistik keine Differenzierung zwischen Futter- und Braugerste vornimmt. Die im vergangenen Jahr für Niedersachsen geschätzten 3.000 ha Winterbraugerste sind anscheinend für dieses Jahr nochmals leicht ausgeweitet worden. Laut aktueller Prognosen und Aussagen der Erfasser von Landhandel und Genossenschaften wird für die Ernte 2026 der Anbau nochmals leicht zunehmen.
Die letztjährigen Schätzungen der AG Braugerste zum Anbauumfang der Spätherbstaussaaten, die für die Ernte 2024 von einem Flächenanteil von ca. 3.500 ha ausgingen, wurden für die Ernte 2025 wohl erneut reduziert.
Um den Braugerstenanbau generell, aber auch speziell in Niedersachsen, verlässlicher zu gestalten, wird stärker über ein sogenanntes Drei-Säulen-Modell gesprochen. Ziel ist es, die Versorgung mit heimischer Braugerste insgesamt zu stärken. Dazu sollte erstens der jahrzehntelange bewährte und übliche Sommerbraugerstenanbau auf Flächen mit sicherer Wasserversorgung weitergeführt und möglicherweise auf ertragsstärkere Standorte erweitert werden, zweitens der Anbauumfang des Wintergerstenanbaus erhöht und drittens auf weniger auswinterungsgefährdeten Standorten auch die Spätherbstaussaat mit Sommerbraugerstensorten beibehalten werden. Die beiden letzten Punkte sind vor allem auf Standorten interessant, wo Beregnungswasser eingespart werden muss. Durch die Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit und die vorgezogene Ernte können oftmals ein bis zwei Beregnungsgänge eingespart werden. Frühere Ernten bieten in der Regel unproblematischere Erntebedingungen und damit sicherere Qualitäten. Inwieweit die Landwirte allerdings nach den Jahren 2023 und 2024 mit starken Auswinterungsschäden bei den Spätsommergerstenansaaten diese dritte Säule wieder stärker einplanen, bleibt abzuwarten.
Die im vergangenen Jahr ausgesprochenen positiven Signale in Richtung Winterbraugerste konnten durch das generelle Überangebot an Braugerste bei gleichzeitig gesunkener Nachfrage allerdings nicht aufrechterhalten bleiben.
Vegetationsverlauf
Die Wintergerste konnte im vergangenen Herbst unter durchweg günstigen Witterungs- und Bodenbedingungen termingerecht im Zeitraum von der letzten September- bis Ende der ersten Oktoberdekade ausgesät werden. Der weitere Witterungsverlauf führte zu einem kontinuierlichen Wachstum, sodass die Bestände mit einer entsprechenden guten Vorwinterentwicklung ab Mitte November in eine relativ kurze und durch mildere Temperaturen wieder unterbrochene Winterruhe gehen konnten.
Die trockene Phase von Februar bis Anfang Mai hat die Getreidebestände, abgesehen von schlechter Lösung gedüngter Nährstoffe, im Vergleich zu anderen Jahren mit Frühjahrstrockenheit weniger beeinflusst, da in diesem Frühjahr in der Regel moderate Temperaturen vorherrschten und damit die Verdunstung relativ gering ausfiel.
Ergiebige Niederschläge ab Anfang Mai führten insgesamt zu einer deutlichen Entspannung und einer Erholung der Bestände. Gleichzeitig wurde dadurch jedoch in den betroffenen Regionen auch der Zwiewuchs angeregt und der Krankheitsbefall in den Getreidearten setzte ebenfalls spürbar ein. In der Wintergerste beispielsweise trat zum Teil ein massiver Ramulariabefall auf.
Die Temperaturen im Frühsommer lagen durchweg im moderaten Bereich, sodass sich die Bestände kontinuierlich entwickeln und anschließend in die Abreifephase übergehen konnten. Die insgesamt günstigen Abreifebedingungen haben sich dabei positiv auf die Kornqualität und damit auf das für Wintergerste relevante Hektolitergewicht ausgewirkt und letztlich auch die Ertragsleistung positiv beeinflusst.
Die Ernte der Versuche erfolgte im Zeitraum vom 26. Juni bis 04. Juli unter zumeist günstigen Bedingungen.
Die Erträge der diesjährigen Ernte variierten in den LSV in einem Bereich von 73 bis 99 dt/ha. Da die Frühjahrstrockenheit zwar die Anzahl ährentragenden Halme insbesondere auf den leichteren Standorten reduzierte, konnten sich die Körner später gut entwickeln, sodass Missernten nicht auftraten. Auch wo der Fungizideinsatz aufgrund des späten Krankheitsbefalls drastisch eingeschränkt war oder sogar darauf verzichtet wurde, traten keine deutlichen Mindererträge auf.
Insgesamt waren die Winterbraugerstenanbauer in diesem Jahr zumindest mit den Ernteergebnissen durchaus zufrieden, zumal die geforderten Hektolitergewichte (hl-Gewichte), Vollgerstenanteile und auch Rohproteingehalte (RP-Gehalte) in der Regel keine Probleme bereiteten.
Versuchsergebnisse Winterbraugerstensorten
Die Winterbraugerstenversuche wurden wieder in Zusammenarbeit mit in Niedersachsen ansässigen Züchtungsunternehmen durchgeführt und konnten auch 2025 an allen vier Standorten beerntet und ausgewertet werden. Das N-Düngungsniveau der Versuche wurde gegenüber den Futtergerstenprüfungen im N-Angebot um 20 kg/ha reduziert, um keine überhöhten Rohproteingehalte zu riskieren. Mit durchschnittlich 83 dt/ha konnten hohe Erträge erzielt werden. Dabei bewegten sich die Einzelortergebnisse in einer Schwankungsbreite von 73 dt/ha am Versuchsstandort Hamerstorf (LK UE) bis zu Spitzenerträgen von 99 dt/ha am Standort Rosenthal (LK PE). Diese hohen Werte wurden in der Praxis allerdings nur selten erreicht.
Im sechsten Jahr in Folge dominiert die langjährig geprüfte Sorte KWS Somerset derzeit den Anbau. Die in diesem Jahr neu in den LSV aufgenommene Sorte KWS Donau spielt zunehmend auch in Niedersachsen eine Rolle, wo sie auch in der Vermehrungsfläche vor KWS Somerset steht. Aber auch die bereits langjährig in den Prüfungen stehende mehrzeilige Sorte KWS Faro hat sich auf den sicher mit Wasser versorgten Standorten etabliert und nimmt hinsichtlich der Vermehrung den ersten Rang ein. Mit Comtesse wurde eine neue Braugerste aufgenommen, die ertraglich überzeugen konnte, aber laut Züchter von den Verarbeitern nicht nachgefragt und damit auch nicht weiter verfolgt wird. Die bis 2024 geprüften Sorten Suez und die Futtergerstensorte Esprit wurden nicht weiter geprüft, deren Vorjahreserbnisse sind vergleichend aber noch mit aufgeführt.
In diesem Jahr erreichte KWS Faro mit 86 dt/ha den höchsten Ertrag, dicht gefolgt von Comtesse. Beide Sorten hoben sich damit deutlich von KWS Somerset und KWS Donau ab. Im mehrjährigen Vergleich liefert die mehrzeilige KWS Faro etwa 5 % höhere Erträge gegenüber der zweizeiligen Sorte KWS Somerset. Aus ertraglicher Sicht zählt sie damit zu den interessantesten Sorten, die auch im Vergleich zu ertragsstarken „normalen“ Wintergerstensorten am ehesten mithalten kann. Um die erforderlichen Qualitäten einhalten zu können, muss eine gute Wasserversorgung gesichert sein, damit vor allem die geforderten Vollgerstenanteile erreicht werden können.
In den Qualitätsparametern erzielten alle Braugerstensorten gute Ergebnisse. Im Rohproteingehalt (RP-Gehalt) lagen die Sorten im Mittel der Standorte mit Werten von 9,8 bis 10,2 % im Normbereich, wobei die ertragsstärkste Sorte KWS Faro im unteren RP-Bereich lag. Sehr gute hl-Gewichte erreichten in diesem Jahr alle Sorten mit Durchschnittswerten von 71 kg. Hier fiel besonders Comtesse positiv auf. Auch die Vollgerstenanteile (Sortierung > 2,5 mm) lagen mit 99,5 % auf einem sehr guten Niveau und damit deutlich höher als in den Vorjahren. Sie sind sicherlich in Kombination mit den hl-Gewichten auch für die Spitzenerträge mitverantwortlich. Sortenunterschiede im Vollgerstenanteil werden allerdings erst ab einer Sortierung > 2,8 mm deutlich. Hier wird erkennbar, dass die mehrzeilige Sorte KWS Faro dann mit den zweizeiligen Sorten nicht mithalten kann, da sie dabei mit 72,1 % merklich abfällt.
Bei den agronomischen Parametern der Strohstabilität waren 2025 nur geringe Sortenunterschiede erkennbar. Lagerprobleme traten an keinem Standort auf. Daher wird statt der diesjährigen Ergebnisse die BSA-Einstufung zu den wichtigsten Merkmalen aufgeführt.
Empfohlene Sorten
Die vermehrungsstärkste Winterbraugerste und von Landhandel und Genossenschaften stark vermarktete Sorte KWS Somerset konnte in diesem Jahr wieder insgesamt sehr gute Qualitäten erzielen und zählt trotz etwas schwächerer diesjähriger Erträge ganz klar zu den empfohlenen Sorten. Mit guten Einstufungen gegenüber Ährenknicken und keinen ausgewiesenen Schwächen bezüglich Krankheiten hat KWS Somerset allgemein betrachtet bei mittleren Rohproteingehalten, sehr hohen Vollgerstenanteilen und hohem Hektolitergewicht gute Qualitätseigenschaften.
Die bundesweit ebenfalls etablierte Sorte KWS Donau konnte aus qualitativer Sicht in gleichem Maße überzeugen, bietet ertraglich nach einem Prüfjahr allerdings noch keine gravierenden Vorteile. In den agronomischen Merkmalen sind die Unterschiede zwischen beiden Sorten auch gering. Welche der beiden Sorten letztlich angebaut werden sollte, wird oftmals durch den Vermarkter, also Landhandel bzw. Genossenschaft, bestimmt.
Ertragliche Vorteile verspricht die mehrzeilige Sorte KWS Faro, die qualitativ auch in diesem Jahr nicht ganz das Niveau der zweizeiligen Sorten erreichte, aber dennoch wieder sicher die Qualitätsnormen erfüllte. Sie war dies- und mehrjährig mit rel. 104 klar die ertragsstärkste Sorte. Diese Leistungen machen die Sorte ökonomisch interessant, weil sie am ehesten das Ertragsniveau der Futtergersten erreichen konnte. Anhand der steigenden Vermehrungszahlen zeigt sich, dass sie zunehmend Anklang auch bei den Verarbeitern findet. Gewisse Schwankungen in der Qualität im Vergleich zu den Zweizeiligen sind zu berücksichtigen, sodass sie in erster Linie auf sicher mit Wasser versorgten Standorten in Betracht kommt. Die preislichen Unterschiede zwischen zwei- und mehrzeiligen Sorten sind bei der Vermarktung zu beachten, sie sollten vorab geklärt werden.
Aufgrund eines deutlichen Überangebotes von Braugerste sackte der Preis von Winterbraugerste zum Teil auf den von normaler Futtergerste ab. Daher ist es derzeit nicht sinnvoll über Vorverträge, wie sie noch vor einem Jahr angeboten wurden, nachzudenken.
Dass auch für diesen Herbst die Saatgutnachfrage nach Winterbraugerstensorten offensichtlich wieder vorhanden ist bzw. sogar leicht zugenommen hat, beruht teilweise auf der Hoffnung, dass beispielsweise witterungsbedingt im kommenden Jahr geringere Mengen an Qualitätspartien zur Verfügung stehen und die Nachfrage wieder ansteigen könnte. Durch den Anbau in den sogenannten „roten Gebieten“ wo Wintergerste zumeist nicht bedarfsgerecht mit Stickstoff versorgt werden kann, werden auch die Ertragsunterschiede zwischen Winterfutter- und Winterbraugerstensorten entsprechend vergleichsweise geringer ausfallen. Wie vor allem das Jahr 2023 und tendenziell auch 2025 gezeigt haben, sind durch den Winterbraugerstenanbau verlässlichere Qualitäten zu erzielen. Eine weitere Möglichkeit - durch Spätherbstaussaaten von Sommerbraugersten - ebenfalls vorgezogene Ernten und damit sicherere Qualitäten zu produzieren, wird bei der Vorstellung der Sommerbraugerstenergebnisse erläutert. Da Auswinterung zumindest in diesem Winter kein Problem darstellte, erzielten die Sommerbraugersten in Spätherbstaussaat sehr gute Erträge
Zusammenfassung
Aufgrund der aktuellen Preisrelationen haben sich die ökonomischen Anreize zum Winterbraugerstenanbau etwas verschlechtert. Eine Risikostreuung durch gestaffelte Aussaaten von Winterbraugerste, Spätsaaten von Sommerbraugerste und die schwerpunktmäßige Frühjahrsaussaat sollten dennoch nach wie vor Bestandteil bei der Anbauplanung sein. Wie schnell sich die Marktsituationen verändern können, haben gerade die letzten Jahre gezeigt. Bei der Wahl von Winterbraugerstensorten besteht zumindest die Chance, vorhandene Aufgelder bei Erfüllung der Qualitäten mitzunehmen.










