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Spargelfliege & Spargelminierfliege - Zunehmender Befallsdruck durch Wegfall von Insektiziden

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Die aktuelle Pflanzenschutzsituation im Spargelanbau ist durch erhebliche Einschränkungen bei der Bekämpfung der Spargelfliege (Platyparea poeciloptera) und der Spargelminierfliege (Ophiomyia simplex) gekennzeichnet. Beide Insektenarten sind auf Spargel (Asparagus officinalis) spezialisiert, unterscheiden sich jedoch in ihrer Biologie, Befallsweise und im resultierenden Schadpotenzial.

In den vergangenen Jahren wurde durch die Beratung eine kontinuierliche Zunahme des Befalls mit beiden Schädlingen in Spargelanlagen beobachtet. Besonders in Neu- und Junganlagen sind z. T. massive Schäden aufgetreten. Die Zunahme des Befalls wird auch auf den Wegfall des Insektizidwirkstoffs Dimethoat vor 5 Jahren (2020) zurückgeführt. Seitdem stehen nur sehr eingeschränkte Bekämpfungsmöglichkeiten zur Verfügung und führen häufig nur zu einem unzureichenden Ergebnis.

Spargelfliege bei der Eiablage
Spargelfliege bei der EiablageNils Kraushaar
Biologie und Schadbild

Die Spargelfliege (Platyparea poeciloptera) legt ihre Eier an den jungen Spargeltrieben ab. Nach dem Schlupf fressen sich die Larven ins Pflanzengewebe, was zu Wuchsdeformationen, Verkrüppelungen oder vollständigem Absterben der Triebe führen kann. In der Folge stehen der Pflanze weniger und dünnere Triebe zur Verfügung, was eine verminderte Assimilationsleistung und somit eine Schwächung der Anlage bedeutet. In Junganlagen können sogar ganze Pflanzen absterben. Die Spargelfliege ist gut an ihrem schwarz-weiß gebänderten Flügelmuster zu erkennen und bildet nur eine Generation pro Jahr aus. 

Fraßgänge der Spargelminierfliege an Spargeltrieb
Die Larve der Minierfliege miniert unterhalb der Epidermis des Spargeltriebs. Dort verpuppt sie sich auch.Nils Kraushaar

Die Spargelminierfliege (Ophiomyia simplex), erstmals vor etwa sechs Jahren in Niedersachsen durch die Beratung der LWK in größerem Umfang festgestellt, befällt ebenfalls die Spargelpflanze, allerdings mit einer anderen Strategie. Ihre Larven minieren im äußeren Gewebe der Stängel und führen häufig zu einer Folgeinfektion mit Fusarium culmorum. Eine Sortenpräferenz ist bislang wie bei der Spargelfliege nicht bekannt. Die adulten Fliegen sind leicht zu übersehen, ein Befall ist erst an den Miniergängen an den Stängeln zu erkennen. Im Gegensatz zur Spargelfliege, bildet die Minierfliege zwei Generationen im Jahr aus; Flugzeiträume sind Ende Mai und Mitte Juli. Wie die Spargelfliege auch, überwintert die Puppe im Stängel der Spargelpflanzen.

 

Bekämpfungsmöglichkeiten

Typische Rotfärbung eines Spargeltriebs durch Fusarium culmorum Befall
Typische Rotfärbung eines Spargeltriebs durch Fusarium culmorum BefallNils Kraushaar

Der bis 2020 eingesetzte systemische Insektizidwirkstoff Dimethoat ermöglichte es, die Larven beider Fliegenarten effektiv direkt in den Spargelstangen nach der Eiablage zu bekämpfen. Die Minierfliege wurde dabei als „Mitnahmeeffekt“ miterfasst. Seit dem Wegfall dieser Zulassung stehen lediglich Kontaktinsektizide zur Verfügung, die ausschließlich auf die adulten Fliegen wirken und von der Pflanze selbst nicht aufgenommen werden.

Die sehr mobilen, adulten Fliegen möglichst zielgenau und direkt während ihrer Anwesenheit auf den Pflanzen zu treffen, ist jedoch sehr schwierig. Besonders nach der Ernte, wenn die Spargelfliege die durchtreibenden Triebe zur Eiablage aufsucht, sind gezielte Applikationen notwendig. Allerdings fliegen die erwachsenen Tiere bei höheren Temperaturen schnell auf, wodurch bei einer Spritzapplikation nur ein geringer Anteil direkt getroffen wird. Die Wirkung der Mittel über rückständigen Kontakt auf den Spargeltrieben ist deutlich schwächer. Effektive Behandlungen sind daher nur früh morgens sinnvoll, wenn die Fliegen noch wenig aktiv sind – jedoch ist dies während des Hauptfluges meist nicht praktikabel, da in den Betrieben zu dieser Zeit noch die Erntearbeit im Vordergrund steht.

Zudem erstreckt sich der Hauptflugzeitraum der Spargelfliege von Anfang April bis Mitte Juni. Eine kontinuierliche Bekämpfung ist mit den aktuell zur Verfügung stehenden Mitteln und den jeweiligen Anwendungsbeschränkungen (Zeitpunkt, Anzahl Anwendung) nicht möglich. Ein Teil der Insektizide wird zudem für die Bekämpfung der ebenfalls bedeutenden Schaderreger Spargelhähnchen (Crioceris asparagi) und Spargelkäfer (Crioceris duodecimpunctata) benötigt. Werden diese bereits zur Bekämpfung der Spargelfliege eingesetzt, stehen sie gegen Spargelhähnchen und -käfer nicht mehr zur Verfügung, da die Anzahl der Behandlungen begrenzt ist und die Schädlinge zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten.

Pflanzenschäden durch Spargelfliegenbefall
Pflanzenschäden durch SpargelfliegenbefallFriederike Wellhausen

Vor allem aus arbeitswirtschaftlichen Gründen gelingt es kaum, die Kontaktinsektizide exakt zum optimalen Zeitpunkt auszubringen. Die daraus resultierende Situation ist eine kontinuierlich steigende Befallsrate durch Spargelfliege und Spargelminierfliege. Besonders jüngere Anlagen (bis zum 3. Standjahr) sind heute massiv gefährdet, und es werden vereinzelt Flächen mit Totalausfällen von 10–15% der Jungpflanzen beobachtet, was zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten in der Dauerkultur Spargel führt.

Ein zusätzlicher kritischer Punkt betrifft den ökologischen Spargelanbau: Hier sind kaum ausreichend wirksame Insektizide zugelassen, sodass der Druck durch die zunehmenden Fliegenpopulationen – verstärkt durch unzureichende Kontrolle im konventionellen Anbau – künftig auch zu massiven Problemen im Biobereich führen dürfte.

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Bekämpfungsmöglichkeiten der Spargelfliege - Neue Ansätze und Maßnahmen zur nachhaltigen Bekämpfung der Spargelfliege für den integrierten und ökologischen Anbau“, welches von 2017-2020 gemeinsam von Landwirtschaftskammer Niedersachsen und Julius-Kühn-Institut durchgeführt wurde, wurden wichtige Erkenntnisse zur Biologie der Spargelfliege gewonnen und auch nach alternativen Bekämpfungsmöglichkeiten gesucht. Die Problematik ist jedoch weiterhin aktuell. In Niedersachsen werden daher vom Pflanzenschutzamt der LWK mithilfe eines Monitorings der Flug und die Verteilung der Spargelfliege jährlich überwacht.

Die Ergebnisse aus dem Spargelfliegen-Projekt machen deutlich, dass die Bekämpfung heute vor allem auch pflanzenbauliche Maßnahmen erfordert, da wirksame Insektizide fehlen. Folgende Strategien haben sich als sinnvoll herausgestellt:

  • Kombination von Mulchen des Spargellaubs im Herbst mit Fräsen der Dammkrone bis oberhalb des Rhizoms, um Puppenstadien aus den Stängeln in den offenen Boden zu überführen, wo sie eher absterben. 
  • Vermeidung von Nachbarschaften zwischen Grünspargel- und Bleichspargelanlagen, da die Fliegen bevorzugt von den früh austreibenden Grünspargelanlagen in die später folgenden Bleichspargelbestände wandern. 
  • Genügend Abstand zwischen Altanlagen und Neuanlagen, um eine direkte Einwanderung der Schädlinge zu verhindern. Dies ist jedoch besonders in Regionen, in denen vermehrt Spargel angebaut wird, nur schwer umzusetzen.
  • Durch Verschiebung des Stechendes nach hinten lässt sich der Befall im selben Jahr reduzieren. Der Schlupfzeitpunkt wird im nächsten Jahr im geringen Maß ebenfalls verschoben.
  • Betriebsinternes Monitoring, das besonders auf Junganlagen unabdingbar ist, da hier das Schadpotenzial als hoch bis mittlerweile sehr hoch einzustufen ist.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Das gleichzeitige Auftreten von Spargelfliege und Spargelminierfliege, kombiniert mit einem verstärkten Befall durch Fusarium culmorum, führt aktuell zu erheblichen und langfristigen Schäden an den Pflanzenbeständen. Besonders Junganlagen sind stark gefährdet: Ein frühzeitiger und massiver Befall kann dort zu nachhaltigen Schwächungen des Kulturbestandes führen.

Für Betriebe ist es entscheidend, ihre Flächen im Herbst intensiv zu bearbeiten, um möglichst viele Puppen aus den befallenen Spargelstrünken in den offenen Boden zu bekommen. Zudem sollte auf allen Junganlagen ein betriebseigenes Monitoring etabliert werden, um Befallsherde frühzeitig zu erkennen. Als Handlungsempfehlungen können folgende Punkte herangezogen werden.

  1. Herbstbearbeitung:

Spargellaub direkt nach Saisonende schlegeln, intensiv fräsen und zügig einarbeiten. Dadurch werden Puppen aus den Stangen in den offenen Boden gebracht und die Überwinterung der Schädlinge reduziert.

  1. Abstandsregeln:

Neuanlagen möglichst mindestens 600 Meter entfernt von bestehenden Altanlagen anlegen, um Zuflug zu minimieren. Kein Wechsel zwischen Grün- und Bleichspargel in direkter Nachbarschaft – die Fliegen wandern sonst gezielt und schnell weiter.

  1. Monitoring:

Insbesondere Junganlagen ab Austrieb bis Juni systematisch auf Befall kontrollieren (Anzeichen: verkrüppelte Triebe, Fraßgänge, Welkeerscheinungen). Monitoring auch betrieblich dokumentieren.

  1. Erntezeitpunkt:

Ein spätes Stechende reduziert die Eiablage und verschiebt den Fliegenschlupf, das kann den Flugdruck im Folgejahr senken.

  1. Warnhinweise beachten:

Im Spargelhinweis des Pflanzenschutzamts der LWK Niedersachsen finden Sie aktuelle Hinweise zum Auftreten der Spargelfliege.


Insgesamt lässt sich festhalten, dass Spargelfliege & -minierfliege zunehmend eine Bedrohung für den Spargelanbau in Niedersachsen darstellen. Die zur Verfügung stehenden Maßnahmen können einen Beitrag leisten, um den Befall einzudämmen - eine wirksame Bekämpfung ist jedoch aktuell nicht möglich.