Beraterhochschultagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen befasst sich mit Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz und Nachhaltigkeit

Beratung für Wissenstransfer entscheidend
„Die Beratung spielt eine wichtige Rolle beim Wissenstransfer in die landwirtschaftlichen Betriebe“, betonte Frauke Patzke, Staatssekretärin im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, beim Eröffnungstalk der Tagung. „Die Inhalte des Ausbildungsberufs Landwirtin bzw. Landwirt werden zurzeit evaluiert und angepasst. Wir dürfen aber nicht die Landwirtinnen und Landwirte vergessen, die bereits im Berufsleben stehen. Die erreichen wir über die einzelbetriebliche Beratung.“ Niedersachsen nehme beim Einsatz neuer Technologien in der Landwirtschaft eine Führungsrolle ein. „Wir sind nicht nur Agrarland Nummer Eins, sondern auch die Nummer Eins bei Innovationen im Agrarbereich.“
LWK-Präsident Gerhard Schwetje erklärte, dass die Landwirtschaftskammer alle neuen Entwicklungen im Auge behalte. „Wir müssen sehen, was ist bei den Herstellern in der Pipeline und was davon ist praxistauglich? Mit dem PraxisLabor Digitaler Ackerbau in Schickelsheim haben wir bei der Landwirtschaftskammer eine Einrichtung, die das große Angebot an digitalen Technologien objektiv und praxisorientiert auf den Prüfstand stellt und den Landwirtinnen und Landwirten damit eine wertvolle Orientierungshilfe liefert.“
International schwierige Bedingungen

Das führe zu einer großen Abhängigkeit von ad hoc Entscheidungen und damit zu einer hohen Volatilität der Märkte. Mit ihren Vorschlägen für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028-2034 versuche die EU-Kommission auf diese schwierige geopolitische Lage zu reagieren. So seien mehr Mittel für Prioritäten wie Verteidigung vorgesehen, dafür aber weniger für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Ferner sollen agrarpolitische Entscheidungen verstärkt in die Mitgliedsländer verlegt werden. Vor diesem Hintergrund warnte von Cramon-Taubadel vor nationalen Alleingängen und plädierte für eine stärkere Zusammenarbeit in der EU.
Noch viele Herausforderungen

Die Herausforderungen für den Einsatz solcher Technologien – das wurde in der Runde deutlich – sind vielfältig: So ist noch nicht jede Technik ausgereift und zuverlässig, gewonnene Daten sind manchmal gar nicht aussagekräftig genug, um mit ihnen zu arbeiten, und auch die fehlende Mobilnetzabdeckung erschwert den Einsatz digitaler Technologien auf dem Feld. Dazu kommen Themen wie Datensicherheit, verschiedene Dateiformate und auch erhebliche Unterschiede in den technischen Kompetenzen der Anwender/-innen. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass Künstliche Intelligenz zwar ein nützliches Werkzeug in der Agrarbranche sein kann, aber die landwirtschaftlichen Grundlagen nicht ersetzen kann. Es brauche kompetente Landwirtinnen und Landwirte, um diese Technologien nutzenbringend auf dem Feld einzusetzen.
Zitate:
Frauke Patzke: „Digitalisierung und KI sind keine Zukunftsmusik, sondern heute schon Schlüssel für eine resilientere, präzisere und umweltfreundliche Landwirtschaft. Entscheidend ist, dass wir diese Technologien so gestalten, dass sie den Betrieben wirklich nutzen und die tägliche Arbeit spürbar erleichtern.“
Kai-Hendrik Howind: „Wir brauchen mehr unabhängige Testungen und müssen zeigen, wo sich für die Landwirtschaft ein Mehrwert ergibt.“
Leander Waldow: „Wir brauchen den Mut, die Technik zu nutzen und auszuprobieren und sollten uns dem nicht verschließen.“
Daniel Eberz-Eder: „Es braucht ein starkes Netzwerk, in dem sich die verschiedenen kompetenten Akteure austauschen und Entwicklungen aktiv vorantreiben. Künstliche Intelligenz bietet uns eine große Chance.“
Management und Tierhaltung
Im Weiteren wurden außerdem in zwei parallel stattfindenden Blöcken die Themen „Management und Tierhaltung“ und „Nachhaltigkeit im Ackerbau“ behandelt. Block 1 startete mit einem Vortrag über Digitalisierung in der Schweinehaltung von Dr. Neele Dirksen (LWK). Sie erläuterte, wie digitale Technologien eingesetzt werden können, um im Schweinestall beispielsweise Krankheiten und Schwanzbeißen frühzeitig zu erkennen. Dafür übermitteln verschiedene Sensoren zahlreiche Daten und Systeme leiten daraus Handlungsempfehlungen ab. So kann der Betrieb effizienter arbeiten.
Prof. Dr. Ralf Waßmuth (Hochschule Osnabrück) sprach zum Thema Klimaresilienz von Nutztieren und der Frage, inwieweit Zucht und Haltung dabei helfen können, dass Rinder besser mit Hitzestress zurechtkommen. Witterungssituationen, die Hitzestress bei Rindern auslösen nehmen demnach zu. Die Tiere sollten in der Haltung daher bei ihren Anpassungsreaktionen unterstützt werden, z.B. durch Schattenbereiche auf der Weide und kühlende Maßnahmen im Stall. Wichtig sei auch die Früherkennung von Hitzebelastungen etwa per Temperatur-Feuchtigkeitsindex (THI) und dem Atmungsscore. Auch züchterisch könne die Hitzetoleranz der Rinder optimiert werden, indem Zuchtmerkmale entwickelt werden, die unter anderem auf die Eigenschaften der Haarkleidmorphologie fokussieren.
Nachhaltigkeit im Ackerbau
Im Ackerbau-Block wagte Prof. Dr. Martin Wiesmeier (Technische Universität München) einen kritischen Blick auf das Thema Humusaufbau und Humuszertifikate. Dabei können Unternehmen Humuszertifikate für landwirtschaftlich genutzt Flächen erwerben, die von einem Zertifizierer bewertet wurden. Mit diesen Zertifikaten können CO2-Emissionen kompensiert werden. Allerdings bleiben die Treibhausgase nur der Atmosphäre entzogen, wenn die humusfördernde Bewirtschaftung beibehalten wird.
Henning Harms, Landwirt aus Damnatz (Kreis Lüchow-Dannenberg), stellte seinen Betrieb und seine Erfahrungen mit „Carbon Farming“ vor. Dabei werden landwirtschaftliche Böden als CO2-Speicher genutzt, indem unter anderem Direktsaat zum Einsatz kommt. Zentral für Nachhaltigkeit, Humusausbau, Pflanzengesundheit und die CO2-Bindung sei zudem eine fünf- bis siebenjährige Fruchtfolge mit Halm- und Blattfrüchten im Wechsel. Ein konsequenter Zwischenfruchtanbau mit ca. acht Arten vor jeder Sommerung verhindere Erosionen und erhöhe das Wasser- und Nährstoffhaltevermögen. Harms berichtete außerdem von Einsparungen von rund 35 Prozent bei Diesel und Arbeitszeit dank Direktsaat. Das Verfahren eigne sich besonders für schwere Lehm-/Tonböden mit Druschfrüchten und helfe dabei, das Beigras Ackerfuchsschwanz deutlich zu reduzieren oder gar vollständig zu unterdrücken. Harms habe damit große Erfolge erzielen können, verwies aber darauf, dass es Zeit brauche, bis sich Veränderungen einstellten.

Bei der Beraterhochschultagung handelt es sich um eine eintägige Veranstaltung, bei der namhafte Referentinnen und Referenten in kompakten Vorträgen die Bindung zwischen landwirtschaftlicher Praxis, Beratung, Politik und Forschung verdeutlichen. Die Tagung richtet sich an interessiertes Fachpublikum sowie Studierende und bietet die Möglichkeit zum Austausch und zur Diskussion.
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