Biogas: Bereit für starke Rolle im Energie-Sektor
Biogastagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen informiert über Chancen zukunftsfähiger Nutzungsmöglichkeiten – Viele Anlagen benötigen dringend neues Betriebskonzept
Tannen: Zukunft vieler Biogasanlagen offen
Strom liefern immer dann, wenn wenig Solar- und Windstrom zu Verfügung steht, Konzentration auf Betrieb eines Wärme-Netzes, Biomethan oder Methanol herstellen, Dienstleistungen im Bereich Nährstoffmanagement, etwa als Wirtschaftsdünger-Drehscheibe: Zukunftsfähige Nutzungskonzepte stehen seit Jahren auf der Agenda der Biogastagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK). „Die Zukunft vieler Biogasanlagen ist offen – dabei hat diese Form der Energieerzeugung das Potenzial für einen festen Anteil an der Tagesleistung im Stromnetz“, erläuterte Kammer-Vizepräsident Manfred Tannen den mehr als 200 Gästen der 16. Biogastagung der LWK am Stadtrand von Verden.
Für Niedersachsens Biogasanlagen gehe es um mehr als eine weitere Förderperiode, hob Tannen hervor. „Es geht um Rahmenbedingungen, die eine Basis bilden für einen dauerhaften Platz im Energiesektor.“ Bis die jüngsten energiepolitischen Initiativen des Bundestages in die konkrete Umsetzung gelangten, gelte für viele Biogas-Betreiberinnen und -Betreiber die Devise: „Geschickt lavieren, wenn der Wind von vorne kommt.“
Elhaus: Kosten und CO2-Emissionen sprechen für Biogas
Für den gewünschten festen Platz der Biogasanlagen im Energiesystem gebe es durchaus gute Argumente, berichtete Nora Elhaus vom Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Dort wurde die in der Branche vielbeachtete Studie „Biogas im zukünftigen Energiesystem“ erarbeitet. „Die Kosten und die CO2-Emissionen sprechen für Biogas in der Kraftwerkslandschaft“, so Elhaus. Biogas-Reservekraftwerke seien etwa günstiger als die zukünftig geplanten Wasserstoff-Kraftwerke – damit hätten Biogasanlagen das Zeug dazu, Strompreise zu begrenzen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen.
Anduschus: Kurzfristig liefern dank Stromspeicher
Auf die vielfältigen Möglichkeiten Stromspeicher einzusetzen machte Klaus Anduschus (SK Verbundenergie AG, Regensburg) die versammelten Anlagen-Betreiber/-innen aufmerksam. Hierbei gehe es weniger darum, den im Biogas-Blockheizkraftwerk erzeugten Strom zu speichern, sondern vielmehr darum, die vorhandene Netzinfrastruktur zu nutzen, so Anduschus. Strom günstig aus dem Netz einkaufen, speichern und bei höheren Preisen wieder einspeisen, hofeigenen Solarstrom speichern, die dank Stromspeicher kurzfristige Lieferfähigkeit effizient nutzen: Bei bestimmten Anlagen-Konfigurationen könne sich eine Investition in Batteriespeicher lohnen, lautet Anduschus’ Fazit.
Strobl: Preisoptimierten Einspeise-Fahrplan einhalten
Das weiter wachsende Angebot an Strom aus Solar- und Windenergieanlagen führt an windigen, sonnigen Tagen häufig zu schwach positiven und negativen Strompreisen – in diesen Zeiten Strom einzuspeisen sollten Biogasanlagen strikt vermeiden, betonte Martin Strobl von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising. „Rund um die Uhr Grundlast zu fahren, kann sich zukünftig kein Betreiber mehr leisten“, so Strobl. Gefragt seien stattdessen flexible Anlagen mit preisoptimierten Einspeise-Fahrplänen, die nur die Stunden berücksichtigen, die finanziell attraktiv seien. Diese Fahrplangestaltung sei die Kernkompetenz der am Markt tätigen Strom-Direktvermarkter. „Jedoch auch mit einfachen Standard-Monatsfahrplänen werden relevante Mehrerlöse möglich“, hob Strobl hervor.
Zugleich bestärkte Strobl die Zuhörerinnen und Zuhörer darin, die langfristige Rentabilität durch eine möglichst hohe Auslastung aller Anlagenkomponenten abzusichern: Betreiber sollten daher die Möglichkeit der saisonalen Modulation der Gaserzeugung, die Werthaltigkeit des Wärme-Lieferkonzepts sowie die Integration von Batteriespeichern und Photovoltaik-Anlagen vor dem Einspeisepunkt prüfen.
Schulze Lefert: Speicher- und Puffermöglichkeiten ausbauen
„Grundlast fahren ist im Weiterbetrieb Geschichte“, stellte auch Roland Schulze Lefert, Energieexperte der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, klar. Biogasanlagen benötigten vielmehr Speicher- und Puffer-Möglichkeiten für Gas, Wärme und Strom, um sich möglichst gut auf eine flexible Betriebs- und Lieferweise einzustellen. Mit Blick auf bestehende und in Aussicht stehende Fördermöglichkeiten erläuterte Schulze Lefert unterschiedliche Umbau- und Erweiterungs-Modelle für bestehende Biogasanlagen, zum Beispiel um in die Produktion von Biomethan einzusteigen. Hier seien neben einer guten Beratung gute Marktkenntnisse und unternehmerisches Geschick gefragt, „denn nicht immer decken die vom Gesetzgeber vorgesehenen Zuschläge die Investitionskosten“.
Paes: Kombination aus Kraftwerk und Energiespeicher
Pufferspeicher gewännen an Bedeutung, um unrentable Einspeise-Zeiten zu überbrücken, bestätigte Thomas Paes, Geschäftsführer der Hans von Bebber Heizungsbau GmbH & Co. KG in Straelen (Kreis Kleve). Paes berichtete aus den aktuellen Projekten, in denen Anlagen zu regenerativen Speicherkraftwerken umgebaut werden und über die Nutzung entsprechender Fördermöglichkeiten.
Diese Kombination aus Kraftwerk und Energiespeicher produziert Paes zufolge Strom und Wärme blockweise, individuell abhängig vom Bedarf. Die erzeugte Wärme werde in einem Wärmespeicher zwischengespeichert und in das Wärmenetz eingespeist, wenn sie benötigt werde. Der erzeugte Strom werde zu Hochpreiszeiten in das öffentliche Stromnetz abgegeben und erzeuge so Einnahmen, die die Wirtschaftlichkeit der Anlage erhöhten.
Flexible Netzanschlussvereinbarungen
Außerdem gab der Fachmann aus Straelen (stellvertretend für Andreas Rasche ) einen Impuls zu einer Lösung, der für viele Anlagen das Problem des schleppenden Netzausbaus lösen dürfte: Durch eine neu geschaffene Reglung im Erneuerbare-Energien-Gesetz würden es „flexibile Netzanschlussvereinbarungen“ möglich machen, sich die Einspeisekapazität mit anderen volatilen Erzeugern (wie etwa einem Windpark) zu teilen. Dieser Schritt ermögliche die Integration von fluktuierender erneuerbarer Wärme in die Großwärmespeicher – durch echte Sektorkopplung.
Von Bredow: Gestaltungsmöglichkeiten bei Biomethan-Lieferverträgen
Neben der Lieferung von Strom und Wärme gilt die Produktion von Biomethan als zukunftsträchtiges Geschäft für Biogasanlagen. Rechtsanwalt Dr. Hartwig von Bredow aus Berlin gab dem Fachpublikum der LWK-Biogastagung einen Überblick über die Gestaltungsmöglichkeiten bei Biomethan-Lieferverträgen. Dabei spielen nach von Bredows Angaben Aspekte wie Mindestliefermengen, der Übergabepunkt, die Zusammensetzung des Gärsubstrats (Mais, Gülle) sowie – daraus resultierend – die Treibhausgas-Bilanz des Produkts entscheidende Rollen. Große Bedeutung kommt auch der bilanziellen Teilung von Biogasmengen zu, insbesondere bei sogenannten Cluster-Projekten.
Vogt: Regionale Partnerschaften nutzen
Biogasanlagen, die überwiegend oder ausschließlich Wirtschaftsdünger wie Gülle und Mist nutzen, dienten als regionale Drehscheibe für Nährstoffe, hob Jörg Vogt vom Maschinenring Zeven hervor. Mit der Beschaffung von Mist, separierter Rindergülle und Rohgülle aus der Region arbeitet der Maschinenring als Dienstleister für Biogasanlagen-Betreiber. Gärreste liefert der Ring zurück an die landwirtschaftlichen Betriebe. Aus Vogts Sicht profitieren die Anlagenbetreiber von regionalen Lieferbeziehungen: Partnerschaftliches Miteinander schaffe Vertrauen, verbindliche Terminabsprachen machten die Zusammenarbeit planbar.
Die abschließende Diskussionsrunde fasste Chancen und Risiken einer Weiterentwicklung bestehender Biogasanlagen facettenreich zusammen:
• Stark flexibilisierte Anlagen könnten eine aktive Rolle im Energiesystem und dabei etwa die Rolle von Reservekraftwerken übernehmen, deren Betrieb bisher mit Erdgas und künftig mit Wasserstoff geplant sei.
• Einerseits wurden die neuen und besseren Rahmenbedingungen bezüglich der Ausschreibung als vielversprechend für Investitionen eingestuft – andererseits gebe es noch Unsicherheiten bei den für die Zukunft prognostizierten Mehrerlösen.
• Bei einem stundenweisen Einspeisen von Strom in lukrativen Phasen gelte es im Auge zu behalten, ob sich solch ein Fahrplan für zufällig verteilte wenige Stunden überhaupt aus der Gasproduktion auf der Anlage entwickeln lasse.
• Als eine wichtige Grundvoraussetzung des Weiterbetriebes wurde die Notwendigkeit einer aktiven und umfassenden Wärmevermarktung genannt.
Die Präsentationen der Vorträge, die auf der 16. Biogastagung gehalten wurden, finden Sie hier zum Download.
Die nächste Biogastagung der LWK findet am 4. März 2026 statt.
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Wolfgang Ehrecke
Pressesprecher

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