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Was Sie über Pferdehaltung wissen sollten

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Nachdem bereits 1995 die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesetzpunkten vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erlassen worden waren, kam es 2009 zu einer Neuauflage. Anders als bei anderen Tierarten, z. B. Schwein und Rind, gibt es beim Pferd keine Verordnungen oder Gesetze, die die Haltung der Tiere regeln. Die Leitlinien sind für jede*n Pferdehalter*in eine wichtige Lektüre.

Stuten auf Weide
Stuten auf WeideUlrike Struck
Denn dort sind viele Ausführungshinweise und Maße für Boxen, Gruppen- sowie Weidehaltung und allgemeine Haltungsbedingungen vermerkt. Der folgende Artikel bezieht sich im Wesentlichen auf die o. g. Leitlinien.

Die Grundlagen für diese Leitlinien finden sich im Tierschutzgesetz. Unter § 2 ist vermerkt:

„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

  1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
  2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
  3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“

Pferde leben in der Natur in Gruppen. Voraussetzung für die ordnungsgemäße Haltung unter heutigen Gesichtspunkten sind zumindest Hör-, Sicht- und Geruchskontakt zu Artgenossen. Besonders Fohlen und Jungpferde müssen in der Gruppe gehalten werden, um ihre Entwicklung nicht zu beeinträchtigen.

Um das Pferd gesund zu erhalten, ist tägliche Bewegung notwendig. Dadurch werden u. a. Stoffwechsel und Lungentätigkeit angeregt, Sehnen und Bänder gefestigt. Neben der Bewegung durch das Reiten/Fahren etc. soll den Pferden auch freie Bewegung angeboten werden, z. B. über die Weide oder einen Auslauf. Gerade Zuchtstuten und Jungpferden sollte möglichst täglich freier Auslauf gewährt werden.

Beim Bau von Boxen etc. ist daran zu denken, dass Pferde sich zum Schlafen gern in Seitenlage ablegen. Bei der Gruppenhaltung ist es daher notwendig, so viel Platz zu schaffen, dass alle Tiere, auch die rangniederen, sich gleichzeitig niederlegen können.

Unter natürlichen Gegebenheiten nehmen Pferde sehr häufig über mehrere Stunden am Tag verteilt kleine Portionen an Futter auf. Die Grundlage der Fütterung besteht aus rohfaser- und strukturreichem Grundfutter, z. B. Heu oder Heulage (Gärheu) in Verbindung mit Stroh. Grundfutter kann u. U. auch ad libitum angeboten werden. Neben der Versorgung mit Nährstoffen ist die Futteraufnahme heutzutage ebenso wichtig für die Beschäftigung der Pferde. Bei der Heuaufnahme rechnet man 30 bis 40 Minuten für die Aufnahme von einem Kilogramm Heu.

Leistungspferden wird häufig Kraftfutter angeboten. Dieses sollte zumindest zweimal täglich gereicht werden, bei höheren Mengen auch drei- oder sogar viermal am Tag. Die Wasserversorgung wird meistens über Selbsttränken oder Tröge gewährleistet. Das Wasser muss in ausreichender Menge und sauber zur Verfügung stehen.

Das Pflegen der Pferde durch den Menschen ersetzt häufig die gegenseitige Fellpflege durch die Pferde selbst. Dabei wird Vertrauen zum Pferd aufgebaut und die sozialen Kontakte werden gefördert. Die Beschäftigung mit Fohlen und Jungpferden ist besonders wichtig, da hierdurch das Vertrauen des Pferdes zum Menschen hin geprägt wird.

Ob sich die Pferde wohl fühlen und gesund sind, muss täglich überprüft werden. Bei erkrankten Pferden ist ein Tierarzt zu Rate zu ziehen. Für die Gesunderhaltung gehören ebenfalls Wurmkuren und Impfungen (insbesondere gegen Tetanus), die mit dem Tierarzt abzustimmen sind. Auch die Kontrolle der Zähne sollte mind. einmal pro Jahr erfolgen.

Bei der Weidehaltung muss den Pferden ein Witterungsschutz geboten werden, wenn sie über eine längere Zeit oder während des gesamten Jahres dort gehalten werden. Dieser Witterungsschutz kann z. B. aus einer Baum- oder Buschgruppe bestehen oder durch ein Gebäude gewährleistet sein. Der Platz sollte so groß sein, dass sich alle Tiere, besonders auch die rangniederen, gleichzeitig dort aufhalten können. In Bezug auf die Gebäudeerstellung ist zu beachten, dass dort auch das Baurecht Anwendung findet. Es ist nur Landwirten erlaubt, im sogenannten Außenbereich zu bauen. Diese Vorschrift bezieht sich z. B. auch auf den Zaunbau. Baumaßnahmen sind mit der Gemeinde bzw. dem örtlichen Landkreis im Vorfeld abzuklären.

Bei längerer Haltung im Freien ist darauf zu achten, dass die Pferde nicht ständig auf einem nassen/matschigen Untergrund stehen. Nässe fördert Mauke und Strahlfäule, zudem legen sich Pferde ungern im Nassen ab. In Laufställen/Paddocks ist ebenfalls auf Sauberkeit zu achten. Sind die Böden mit Tretschicht, Trennschicht und Tragschicht aufgebaut, sollten trockene, geschützte und verformbare Plätze für das Wälzen und Schlafen vorhanden sein.

Beim Bau von Zäunen ist darauf zu achten, dass er gut zu sehen, stabil gebaut und entsprechend der gehaltenen Pferde (Rasse, Hengste, Alter der Pferde) und der Lage der Weide (z. B. in der Nähe von vielbefahrenen Straßen), hoch genug ist. Stacheldraht und Knotengitter sind tierschutzwidrig, wenn sie allein verwendet werden. Auch die Verwendung von Stahldraht ist tierschutzwidrig.

Für die Außenzaunausführung sollten folgende Richtwerte eingehalten werden:

  • Zaunhöhe über Grund: ≥ 0,75 x Widerristhöhe (i. d. R. 1/3 des Pfahls im Boden).
  • Pfahlabstand: 260 – max. 500 cm je nach Zaunmaterial.
  • Querabgrenzung: mindestens 2 – 4 je nach Risikobereich (außer Portionsweiden),
  • Höhe der ersten Querabgrenzung über Grund:
  • 40 – 70 cm (bei Fohlen, kleinen Ponys und Kaltblütern ggf. entsprechend angepasst).
  • Abstand der weiteren Querabgrenzungen:
  • je 40 – 70 cm in Abhängigkeit von der Zaunhöhe (bei Fohlen, kleinen Ponys und Kaltblütern ggf. entsprechend angepasst).
  • Zaunmaterial: z. B. Holz, Metallrohre, Elektrozaun.
  • Elektrogeräte: Impulsgeräte (mind. 2 000 bis max. 10 000 Volt, max. 5 Joule Impulsenergie, mit VDE-, GSE- oder DLG-Prüfsiegel).

Quelle: Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesetzpunkten, 2009

Bei Zäunen, die gegen das Eindringen von Wölfen schützen sollen, muss ein vollständig geschlossener, elektrisch geladener Litzen-Zaun (mind. 5 Litzen) mit einer Höhe von mindestens 90 cm gebaut werden. Folgende Litzenabstände sind einzuhalten:

  • erste Litze max. 20 cm vom Boden
  • zweite Litze max. 20 cm zur Ersten
  • dritte Litze max. 25 cm zur Zweiten
  • ab der vierten Litze max. 30 cm zur Vorherigen

In den Ställen ist bei allen Gängen auf Rutschfestigkeit zu achten. Die Liegeflächen in den Boxen sollen weich und verformbar sein. Gut geeignet sind u. a. die Materialien Stroh, Strohpellets, Säge- oder Hobelspäne. Die hygienische Unbedenklichkeit muss beachtet werden. Besonders beim Stroh muss auf Qualität geschaut werden, wird es doch auch als Rau-, Strukturfutter aufgenommen.
Das Merkblatt für die Errichtung eines Herdenschutzzauns für Pferde gemäß der Richtlinie Wolf und weitere Informationen erhalten Sie über die Mailadresse: richtlinie-wolf@lwk-niedersachsen.de.

Die Pferde als ursprüngliche Steppentiere haben einen hohen Anspruch an die Qualität der Luft. Die Lunge weist einen großen Bedarf an Frischluft auf. Schadgase, Staub und Feuchtigkeit müssen möglichst gering gehalten werden. Durch die vorhandene Thermoregulation können Pferde große Temperaturschwankungen vertragen. Die Stalltemperatur soll der Außentemperatur gemäßigt folgen.

Richtwerte für das Pferdestallklima

Merkmal

Richtwert

Lufttemperatur

Stalltemperatur soll Außentemperatur gemäßigt folgen

Relative Luftfeuchtigkeit

60 - 80 %
Luftgeschwindigkeit im Tierbereich

≥ 0,2 m/s

Kohlendioxidgehalt der Luft

< 1.000 ppm

Ammoniakgehalt der Luft

< 10 ppm

Schwefelwasserstoffgehalt der Luft

0 ppm

Quelle: Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesetzpunkten, 2009

Auch das Sonnenlicht hat große Auswirkungen auf die Gesundheit, Widerstandskraft und Fruchtbarkeit der Tiere. Bei den Fensterflächen geht am von 1 m2 Fläche pro Pferd aus. Mind. 80 Lux sollten tagsüber im Stall gewährleistet sein.

Bei der Pferdehaltung unterscheidet man grundsätzlich Einzelhaltung in Boxen und Gruppenhaltung. Für beide Formen gibt es heute unterschiedliche Ausführungen. Bei der Boxenhaltung sollte den Pferden mind. Hör-, Sicht- und Geruchskontakt geboten werden. Möglich wird dies z. B. durch nur halb hoch geschlossene Boxenwände, Fenster, Auslaufmöglichkeiten in einen Paddock von der Box aus.

Für die Gruppenhaltung sind „allgemein gesehen“ alle Pferde geeignet. Natürlich gibt es unverträgliche Pferde oder Pferde, die aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Krankheit, Geschlecht) nicht zusammen gehalten werden können. Bei der Gruppenhaltung bedarf es genauer Kenntnisse über die Eingliederung neuer Pferde sowie das soziale Gefüge der Gruppe.

Für die Stallhaltung mit Boxen werden beispielsweise folgende Anforderungen gestellt (Wh - Widerristhöhe):

Stallgebäude

  • Lichte Deckenhöhe ≥ 1,5 x Wh,
  • Empfehlung für Neubauten: ≥ 2 x Wh (bei Gruppenhaltung ≥ 2,5 x Wh).
  • Elektroabgrenzungen in Boxen und Kleinausläufen (≤ (2 x Wh)2/Pferd) sind tierschutzwidrig.
     

Fütterungs- und Tränkeinrichtungen
Raufen

  • Bei Raufen ist besonders darauf zu achten, dass die Pferde nicht hineinsteigen oder mit den Hufen durch die Stäbe schlagen und hängen bleiben können.
  • Stababstand von Senkrechtstäben für Raufen ≤ 5 cm (ausgewachsene Pferde).

Durchfressgitter

  • Stababstand der Senkrechtstäbe = 30 - 35 cm.

Bodenvorlage

  • Die Vorlage von Raufutter am Boden ist ohne Raufe unter Berücksichtigung der allgemeinen hygienischen Anforderungen möglich.

Futterkrippen und –tröge

  • Futterkrippen sollten die natürliche Fresshaltung weitgehend ermöglichen.
  • Futterkrippen sollten möglichst in Boxenecken angebracht werden.
  • Empfohlene Größe rechteckiger Futtertröge: ca. 60 bis 80 x 50 cm.

Bei dreieckigen Futtertrögen sollten die beiden Schenkel, die zur Befestigung dienen, mindestens 50 cm lang sein.

Tränken

  • Tränken sollten eine natürliche Trinkhaltung weitgehend ermöglichen.

Anzahl der Tränken in Gruppenhaltung:
Selbsttränkebecken: 1 Tränke für ca. 15 Pferde;
Lange Trogtränken: 1 Tränke für ca. 20 Pferde.

  • Tränken sind möglichst entfernt von der Futterstelle anzubringen, um ein ungestörtes Trinken zu ermöglichen sowie Verschmutzungen von Futtertrog und Tränkbecken vorzubeugen.

Einzelhaltung

Boxen

  • Boxenfläche für ein einzeln gehaltenes Pferd ≥ (2 x Wh)2.
  • Boxenfläche für eine Stute mit Fohlen ≥ (2,3 x Wh)2
  • Länge der Boxenschmalseite ≥ 1,75 x Wh.
  • Trennwandhöhe:

einfache brusthohe Trennwand: ca. 0,8 x Wh;
Trennwand mit Aufsatzgitter ≥ 1,3 x Wh.

  • Boxenabtrennungen müssen so ausgeführt werden, dass keinesfalls ein Einklemmen der Hufe möglich ist.
  • Außendurchmesser der senkrechten Stäbe (Rohre) = 19 - 25 mm (3/4 - 1 Zoll);

Außendurchmesser der waagerechten Stäbe (Rohre) = 38 - 51 mm (1,5 - 2 Zoll).

  • Trennwände müssen durchtrittfest sein.

Trennwanddicke (bei Ausführung in Hartholz, z. B. Eiche): ca. 4 cm;

Türen

  • Türbreite ≥ 1,20 m (Ponys ≥ 1,10 m).

Beispiele:    

Boxengröße beim einem Pferd mit 1,65 m Stockmaß

≥ 10,9 m2

    1,35 m Stockmaß

≥ 10,9 m2

  bei einer Stute mit     1,65 Stockmaß und mit Fohlen

≥ 14,4 m2

 

Gruppenhaltung

  • Liegefläche im geschlossenen Laufstall (Einraum-Innenlaufstall, Mehrraum-Innenlaufstall, Einraum-Außenlaufstall oder Mehrraum-Außenlaufstall) 
    ≥ (2 x Wh)2/Pferd (Angabe ohne den Platz für den Fressbereich).
  • Liegefläche im Offenlaufstall mit Trennung von Liege- und Fressbereich (Mehrraum-Außenlaufstall mit Auslauf):
    ≥ 3 x Wh2/Pferd. Eine Reduzierung ist möglich bis 2,5 x Wh2/Pferd, wenn günstige Voraussetzungen hinsichtlich Raumstruktur und Management vorhanden sind.

Gleiches gilt für den Witterungsschutz (Angabe ohne den Platz für den Fressbereich).

  • Jeder Durchgang muss entweder so schmal sein, dass nur ein Pferd hindurchgehen kann (0,80 – 0,90 m) oder so groß bemessen sein, dass zwei Pferde problemlos aneinander vorbeigehen können (≥ 1,80 m).

Stallgassen

  • Stallgassenbreite bei geschlossenen Boxentüren:
    ≥ 2,00 m (Kleinpferde) bzw. ≥ 2,50 m (Großpferde)

Kleinauslauf direkt an Box angrenzend

  • Kleinauslauffläche für ein einzeln gehaltenes Pferd ≥ (2 x Wh)2.
  • Kleinauslauffläche für eine Stute mit Fohlen ≥ (2,3 x Wh)2.

Auslauf

  • Auslauffläche:
    bis 2 Pferde ≥ 150 m2,
    bei mehr als 2 Pferden, für jedes Pferd zusätzlich 40 m2.
  • Eine rechteckige Ausführung des Auslaufs wird empfohlen (Erhöhung des Bewegungsanreizes).

Quelle: Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesetzpunkten, 2009

Besonders bei Stallneubauten sollte man mindestens die angeführten Maße zugrunde legen. Aber auch beim Umbau von Altgebäuden kommen diese aufgeführten Grundsätze zur Anwendung.