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Kann Auswuchsgetreide problemlos verfüttert werden?

Webcode: 01044536
Stand: 31.07.2025

Der anhaltende Niederschlag der letzten Tage hat regional bereits zu erhöhtem Auswuchs im Getreide geführt. Auswuchs bedeutet, dass die Körner schon in der Ähre bzw. Rispe keimen. Zu unterscheiden ist sichtbarer und unsichtbarer Auswuchs. Beim letzteren ist der Keimling nicht zu sehen, sondern nur eine Schwellung des Korns.

Was läuft im Korn ab?

Durch den Keimvorgang werden Stärke und Eiweiß mobilisiert. Durch den Abbau von Reineiweiß steigt der Gehalt an NPN (Nicht-Protein-Stickstoff), dies ist aber auf dem Anaylsenbefund nicht erkennbar. Das Enzym Amylase baut einen Teil der Stärke zu Zucker ab und erhöht dadurch den Zuckergehalt (Körner schmecken folglich süßlicher). In älteren Untersuchungen der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen enthielt Triticale mit geringem Auswuchs 50 g Zucker/kg TM und bei einem geschätztem Auswuchsgrad von 15 % etwa 63 g. Da der schnelle Stärkeabbau bei Wiederkäuern zu pH-Veränderungen im Pansen (Acidose-Risiko) führen kann, sollte der Einsatz von Auswuchsgetreide in der Wiederkäuerfütterung begrenzt werden.

 

Für Schweine ändert sich der Energiegehalt nur unwesentlich, da sie Stärke und Zucker fast gleich verwerten. Ältere Untersuchungen zeigen, dass die Verdaulichkeit von Roggen, dessen Körner zu gut einem Drittel ausgekeimt waren, beim Schwein nur um 3 % sank. Beim Hammel war sie unverändert. Voraussetzung für den nahezu gleichbleibenden Energiegehalt ist jedoch eine schnelle Konservierung.

 

Es wird mehr Vitamin B1 gebildet, während die Peroxidbildung der Fettsäuren die Zerstörung von Vitamin E begünstigt. Diese Veränderungen dürften wohl erst bei deutlichem Auswuchs von Bedeutung sein. In solchen Fällen ist auf eine ausreichende Vitamin E-Versorgung zu achten. Wegen des hohen Anteils in der Ration spielt dies vorrangig in der Schweine- und Geflügelfütterung eine Rolle.

 

Mikrobiologische Beschaffenheit und Mykotoxinbelastung

Auswuchsgetreide ist stärker mit Keimen belastet als Getreide, das unter normalen Bedingungen geerntet wurde. Dies trifft vor allem auf die produkttypischen Schwärzepilze zu. Bislang sind aber keine Gesundheitsprobleme bei der Verfütterung von mit Schwärzepilzen belastetem Getreide bekannt. Eine erhöhte Belastung mit Mykotoxinen ist bei anhaltender Feuchte und warmen Temperaturen bei Auswuchsgetreide nicht auszuschließen, aber nicht zwangsläufig zu erwarten. Mögliche Toxinbelastungen sollten vor dem Einsatz abgeklärt werden.

 

Konservierung und Fütterung

Eine Reinigung des Getreides ist erforderlich. Dadurch werden die Keimlinge weitgehend entfernt. Zu berücksichtigen ist, dass Auswuchsgetreide nur noch bedingt fließfähig ist. Wenn eine trockene Einlagerung nicht möglich ist, bietet sich die Feuchtgetreidekonservierung mit organischen Säuren an (Webcode 01044287). Je feuchter das Getreide ist, desto schneller muss die Konservierung erfolgen.

 

Über die Verfütterung von Auswuchsgetreide gibt es nur wenige Untersuchungen. Wegen des Risikos einer Pilz-bzw. Toxinbelastung sollte das Auswuchsgetreide nicht an Jungtiere und Sauen verfüttert werden. Ansonsten sollten die Anteile an Auswuchsgetreide auf etwa 30 % der Getreidemenge begrenzt werden. Analysen können Informationen zum Futterwert und zum Hygienstatus liefern.