Ein Großteil der Getreideernte ist bereits eingelagert. Sind die Vorräte knapp, neigen Eigenmischer schon eher dazu, frisches Getreide einzusetzen. Dies führt aber zu Verdauungsprobleme und sinkender Futteraufnahme, ist die gängige Meinung der Praxis. Um mögliche Risiken auszuschließen, wird deshalb empfohlen, trockenes Getreide frühestens nach einer Lagerung von zwei oder auch vier bis hin zu sechs Wochen zu verwenden.
Nach der Ernte durchläuft Getreide noch einen gewissen Nachreifungsprozess und weist einen hohen Besatz an Oberflächenkeimen auf. Innerhalb des Getreidekornes findet eine Umlagerung von Wasser statt - das Getreide „schwitzt“. Stärke und Eiweiß durchlaufen einen „Alterungsprozess“. Dadurch wird die Abbaubarkeit dieser Inhaltsstoffe verlangsamt, was sich günstig auf deren Verdauung im Tier auswirkt.
Es liegen keine exakten Versuchsergebnisse vor, in welchem Umfang tatsächlich die Futterakzeptanz abnimmt. Auch gibt es keine eindeutigen Hinweise zur Mindestlagerdauer von frisch geerntetem Getreide, denn genaue Untersuchungen an Tieren sind kaum vorhanden. Der Einsatz von frischerntiger Gerste in einem Mastschweineversuch der 70er Jahre verursachte keine Probleme. In einem Versuch der LfL Bayern, in dem frische, trocken geerntete Gerste- und Weizenpartien an Ferkel verfüttert wurden, traten keine gesundheitlichen Probleme oder Leistungseinbußen auf. Da aber die Gruppe mit ausschließlich Frischgetreide in den ersten drei Aufzuchtwochen Startschwierigkeiten hatte, wird eine Mischung mit reinem Frischgetreide direkt nach dem Absetzen nicht empfohlen. Aus Sicherheitsgründen sollten laut Versuchsansteller nicht mehr als 50 % erntefrisches Getreide (Gerste und Weizen) verfüttert werden (je jünger die Ferkel, umso weniger). Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass Temperatur und Feuchtegehalt ständig kontrolliert werden. Generell gilt, dass bei fachgerechter Trockenlagerung (Reinigung, ausreichende Belüftung) oder Säurekonservierung die möglichen Risiken bei direkter Verfütterung deutlich geringer sind. Enzym- bzw. Stoffwechselaktivitäten von Bakterien und Pilzen auf dem Korn bzw. im Mahlgut werden beispielsweise durch Säureeinwirkung sehr schnell inaktiviert.
Die vielfach in der Praxis festgestellten Verdauungsprobleme dürften zumeist auf unsachgemäßer Lagerung und Konservierung des Erntegutes beruhen, bei der beispielsweise in Folge einer Nacherwärmung (Schwitzprozess) mikrobielle Stoffwechselaktivitäten in Gang gesetzt werden, die zu den vorgenannten Problemen führen. Wollen Landwirte mögliche Risiken ausschließen, sollten sie trocken gelagertes Getreide erst nach einigen Wochen verfüttern oder vorher mit einwandfreier alterntiger Ware verschneiden. Säurekonserviertes Getreide kann bereits nach wenigen Tagen eingesetzt werden. Mögliche Beeinträchtigungen der Futteraufnahme infolge der Säureausgasung sind hierbei nicht mehr zu befürchten.





