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Roggen- mehr als nur ein Energieträger

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Zum Einsatz von Roggen in der Schweinefütterung wurden in letzter Zeit zahlreiche Forschungsergebnisse veröffentlicht. Dabei geht es nicht nur um die Reduzierung der Salmonellenbelastung, sondern auch um den Einfluss auf die Darmgesundheit und die Verringerung des Ebergeruchs. Feststeht, dass sein Marktwert meist deutlich unter dem tatsächlichen Futterwert liegt. So beträgt die Preisdifferenz zwischen Roggen und Weizen häufig 1,50 bis 2,00 €/dt, bisweilen auch noch mehr. Ein Grund also, dieses Getreide verstärkt einzusetzen.

Das wird auch zunehmend gemacht, da die Vorbehalte gegenüber hohen Roggenanteilen abgenommen haben, aber die Skepsis ist noch nicht vollkommen aus der Praxis verschwunden. Am niedrigen Proteingehalt dürfte es nicht liegen, denn dieser prädestiniert den Roggen geradezu für stark nährstoffreduzierte Fütterungsstrategien. Und das Problem Mutterkorn? Hier haben die Züchter entsprechende Sorten mit geringerer Anfälligkeit entwickelt, zudem tritt ein verstärkter Befall mit Mutterkorn nicht in jedem Jahr auf. Bremst Roggen die Futteraufnahme? Viele Versuchsergebnisse widerlegen diese uralte Behauptung. Und trotzdem berichten Mischfutterhersteller auch heute noch folgendes: Steht auf dem Lieferschein bei der Futterzusammensetzung der Roggen an erster Stelle, fordern Landwirte einen niedrigeren Preis. Roggen gilt in einigen Köpfen weiterhin als Billigmacher.

Geringer Proteingehalt hat auch Vorteile

Der im Vergleich zu Weizen deutlich geringere Proteingehalt gewinnt an Vorzüglichkeit in der N-reduzierten Fütterung. Vor allem in der Endmast lassen sich mit Roggen die Anforderungen an die niedrigen Proteingehalte bei stark oder sehr stark N-reduzierter Mastschweinefütterung einhalten, sofern die notwendigen Aminosäuren ergänzt werden.

Tabelle 1: Roggen und Weizen im Vergleich (Ernte 2019)

 

Roggen

Weizen

Rohprotein

Lysin

Stärke

ME (Schwein)

%

%

%

MJ/kg

8,3

0,31

56,7

13,7

11,1

0,31

60,8

13,9

Im Lysingehalt unterscheidet sich Roggen nicht vom Weizen, wohl aber in der Verdaulichkeit der Aminosäuren. Die geringere praecaecale (bis zum Ende des Dünndarms) Verdaulichkeit wird oft als Argument gegen einen höheren Roggeneinsatz angeführt. Interessanterweise wird darüber bei der Gerste kaum diskutiert, obwohl die Verdaulichkeiten fast ausnahmslos niedriger sind als beim Roggen. Die Literaturangaben zu den Verdaulichkeiten schwanken allerdings z.T. erheblich .So gibt Evonik (2016) z.B. eine Lysinverdaulichkeit von 74 % beim Roggen und 83 % beim Weizen an.

Tabelle 2: Praecaecale Verdaulichkeiten von Aminosäuren in % (DLG, 2014)

               

Lysin

Methionin

Threonin

Tryptophan

Roggen

80

85

75

78

Gerste

73

82

76

76

Triticale

84

88

81

77

Weizen

88

88

90

88

Schweine mögen Roggen

Neuere Versuche zeigen, dass Mastschweine viel Roggen fressen können, ohne ihre Leistungen zu mindern. Selbst bei Anteilen von 70 % bereits in der Anfangsmast gab es keine Probleme. Die DLG hat vor einigen Jahren folgende Einsatz­empfehlungen veröffentlicht.

Übersicht 3: DLG-Fütterungsempfehlungen für Schweine (2006)

 

Anteil Roggen in der Ration

bis 15 kg LG

ab 15 kg LG

28 - 40 kg LG

40 - 60 kg LG

ab 60 kg LG

Sauen

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

25 %

Ergebnisse neuer Ferkel- und Sauenversuche geben Anlass, die Fütterungsempfehlungen zu überdenken. In neuen dänischen Versuchen wurden in großen Sauenbetrieben über mehr als zwei Jahre Trächtigkeits-und Laktationsfutter mit 60 bzw. 35 % Roggen eingesetzt. Im Vergleich zur roggenfreien Fütterung konnte kein Einfluss auf Merkmale wie Wurfgröße, Abferkelrate oder Zahl der Sauenabgänge festgestellt werden. Jüngste Ferkelversuche der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigten keine Leistungseinbußen, wenn der Weizenanteil von 69 % schrittweise durch Roggen ersetzt wurde. Auch die Kotbeschaffenheit war nicht beeinträchtigt.

Positiv zu bewerten ist, dass Roggen über die höchste Phytaseaktivität aller Getreidearten verfügt, deutlich geringer mit Fusarientoxinen belastet ist und relativ wenig mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Polyensäuren) enthält. Letzteres kann sich günstig auf die Fettqualität auswirken („kerni­ger Speck“). Ein Mastversuch der LWK konnte allerdings eine Veränderung der Fettzusammensetzung in Richtung „kerniger Speck“ nicht bestätigen.

NSP- durchaus von Vorteil

Was für die Knäckebrotherstellung von Vorteil ist, wird in der Fütterung häufig noch als Nachteil angesehen: die Nicht-Stärke-Polysaccharide (NSP). Diese Zellwand-Kohlenhydrate sind schwer verdaulich, da das Schwein keine körper­eigenen Enzyme für ihren Abbau bildet. NSP umhüllen hoch­verdauliche Inhaltsstoffe wie Protein oder Stärke (Käfigeffekt). Ein anderer Nachteil einiger NSP wird in der Steigerung der Viskosität im Verdauungstrakt gesehen, wodurch die Fut­terpassage negativ beeinflusst wird. Diese Effekte sind am ehesten bei Jungtieren zu beobachten.  Enzyme, die dem Futter zugesetzt werden, können die negativen Wirkungen der NSP mindern oder beseitigen.

Neue Forschungsergebnisse zeigen Effekte roggenbetonter Mischungen, die über die ausschließliche Nährstoff- und Energielieferung hinausgehen. Spezielle NSP können gezielt genutzt werden, um die Darmgesundheit, ein ruhiges Verhalten und die Abwehr von Krankheitserregern, z.B. Salmonellen, zu fördern. Zu diesen NSP zählen Fruktane und Arabinoxylane, die in höheren Anteilen im Roggen (z.T. 10 % Arabinoxylane und mehr) vorkommen, wobei der hohe Anteil wasserlöslicher Arabinoxylane von Bedeutung ist. Diese „Ballaststoffe“ werden nur von Mikroben im Dickdarm zu Butyrat (Salz der Buttersäure) abgebaut. Butyrat ist eine wichtige Energiequelle für die Darmzellen, wirkt entzündungshemmend und damit positiv auf die Darmschleimhaut. Am stärksten wird die Butyratbildung aber durch die im Dünndarm nicht verdaute Stärke (resistente Stärke) gefördert, die im Dickdarm mikrobiell abgebaut wird. Wird das Futter gröber vermahlen, gelangt mehr Stärke in den Dickdarm, was zu mehr Butyrat führt. Durch höhere Butyratkonzentrationen lässt sich u.a. die Salmonellenbelastung reduzieren.

Ein weiterer Aspekt der stärkeren Verfütterung von Roggen ist seine im Vergleich zu Weizen oder Gerste geringere praecaecale Verdaulichkeit der Trockensubstanz. Folglich gelangt über Roggen eine größere TS-Masse in den Dickdarm, was zu einer stärkeren Füllung im Dickdarm und damit zu einem zunehmenden Sättigungsgefühl führt. Dies kann sich auf das Verhalten und auf Verhaltensstörungen, z.B. bei tragenden Sauen, positiv auswirken („Roggen macht ruhiger“).

Es gibt noch genügend Forschungsbedarf, z.B. was die Bedeutung der Fruktane, die Wirkung des Butyrats auf den Ebergeruch oder spezielle Veränderungen der Darmflora anbetrifft, aber die bisherigen Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass Roggen neben dem Futterwert noch weitere günstige Eigenschaften aufweist, die für einen verstärkten Einsatz sprechen.

Kontakte

Dipl.-Ing. agr.
Andrea Meyer

Rinderfütterung, Schweinefütterung, Futterberatungsdienst e.V.

andrea.meyer~lwk-niedersachsen.de

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