Resthofkauf - Pferde nicht immer legal
Der Traum vom Resthof mit Pferden - wer sich vorm Immobilienkauf nicht richtig informiert, für den könnte es daraus ein böses Erwachen geben. Ein neues Beratungsangebot der LWK Niedersachsen soll genau das verhindern.
Mehr als einmal hat Volker Grothey reichlich Tränen fließen sehen. Dann nämlich, wenn er den engagierten Neu-Eigentümern eines Resthofes, die wohl möglich bereits Tausende Euro in die Umgestaltung der Altställe in Pferdeboxen investiert haben, eröffnen muss: „Tut mir leid, eine Pferdehaltung ist hier nicht möglich.“ Grothey ist Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Bezirksstelle in Northeim und Berater aus der Fachgruppe „Nachhaltige Landnutzung, Ländliche Entwicklung“. Gemeinsam mit seinem Fachgruppenleiter Philipp Ilse entscheidet er zwar nicht über ein Verbot oder eine Genehmigung von Tierhaltungen, ihre Expertise wird aber von den Baubehörden regelmäßig zu Rate gezogen - vor allem dann, wenn es Beschwerden von Nachbarn oder Anzeigen gibt.
So erstrebenswert es auch ist, alte Ortskerne mit Hofstellen wieder mit Leben zu füllen und so die Gebäudesubstanz zu erhalten: „Etliche der Tierhaltungen in den Dörfern sind illegal, weil es keinen Bestandsschutz mehr gibt und Emissionsgründe dagegen sprechen. Jede Art von Tierhaltung muss genehmigt werden“, sagt Grothey. Jahrzehntelang könne eine solche Tierhaltung gut gehen und „behördlich unauffällig“ sein. Doch kommt es zu einer Überprüfung, aus welchen Gründen auch immer, droht ein Verbot. Etwa fünf bis sechs Fälle, bei denen die Tierhaltung untersagt wird, gehen bei ihm jedes Jahr über den Schreibtisch. Auslöser für Anzeigen seien häufig, dass die Tierhaltung erweitert oder beispielsweise ein Paddock gebaut werde: „Das findet in der dichten Ortsbebauung, die es in vielen südniedersächsischen Dörfern gibt, verständlicherweise nicht jeder toll. Die Akzeptanz des Nachbarn ist überschaubar, wenn da plötzlich ein Pferd unterm eigenen Fenster steht“, sagt Grothey. Man wolle den Resthofinteressenten die Tierhaltung nicht ausreden, aber sie vor größerem Schaden bewahren, ehe das Kind in den Brunnen gefallen sei. Und man helfe, dabei auszuloten, wie man die Tierhaltung genehmigungsfähig bekomme.
Verständlicherweise bricht für die Beteiligten eine Welt zusammen, wenn das behördliche Aus der Tierhaltung kommt, wie Philipp Ilse resümiert. Besonders, wenn beispielsweise der Resthof nur gekauft wurde, um dort Tiere zu halten. Dabei seien diese unschönen Momente doch allesamt vermeidbar, wenn man sich im Vorfeld informieren würde, sagt Ilse. „Wir haben daher als neues Produkt eine Kaufberatung für Resthöfe in unser Beratungsangebot aufgenommen“, erklärt der Fachgruppenleiter. Kaufinteressenten würden dabei von Beginn an die Hand genommen.
„Der Trend, einen Resthof zu kaufen, ihn umzunutzen und ihn zu bewirtschaften sowie dort zu leben ist, ungebrochen, bei Hobbyhaltern wie bei Existenzgründern. Aber einfach zu kaufen und drauf los zu bauen ist keine gute Idee“, sagt Ilse. Einen alten Hof umzubauen, birgt neben den Chancen auch viele Risiken. Wer die Beratung der Landwirtschaftskammer schon vor der Unterschrift des Kaufvertrages in Anspruch nehme, müsse mit weniger Risikofaktoren rechnen. „Nur weil auf dem Hof früher Tiere gehalten wurden, ist die Tierhaltung dort nicht automatisch wieder möglich. Im Gegenteil, der Bestandsschutz ist eher die Ausnahme als die Regel“, erklärt Grothey, der schätzt, dass 90 Prozent der bei der Landwirtschaftskammer anfragenden Kaufinteressenten Pferdehalter seien. Gemeinsam mit dem Kaufinteressenten würden die Berater daher schauen, ob und wie eine Tierhaltung überhaupt umsetzbar ist auf der Wunschimmobilie.
Ein dabei oft unterschätztes Thema: Wohin mit dem Mist? Mitnichten sei die alte, wohl möglich löchrige Misteplatte auf dem Hof geeignet, dort Mist dauerhaft zu lagern. Auch hier berät die Landwirtschaftskammer, wie beispielsweise eine genehmigungsfähige Mistlagerung auszusehen hat oder wie der Mist über Abnahmeverträge abgegeben werden kann.
So begrüßenswert Enthusiasmus auch sei, wenn es darum geht, alter Bausubstanz wieder Leben einzuhauchen: „Laien unterschätzen oftmals die Kosten einer Sanierung von Jahrhunderte alter Bausubstanz, zumal wenn Denkmalschutzauflagen berücksichtigt werden müssen“, erläutert Ilse. Damit der Umbau kein Fass ohne Boden wird, geben die Berater der Landwirtschaftskammer aus ihrer langjährigen Praxis eine Ersteinschätzung, die später noch durch Bausachverständige erweitert werden kann.
Die Resthof-Kaufwilligen profitieren dabei von dem breiten Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer Bezirksstelle Northeim: „Wir können das Gesamtpaket anbieten“, sagt Ilse. Nach einem Baukastenprinzip können sich die künftigen Resthofbewirtschafter auch noch eine betriebswirtschaftliche Beratung dazu buchen, beispielsweise um die Rentabilität des geplanten Hofladens oder der Pferdepension zu ermitteln. Wer fremde Pferde einstallt, um die eigenen Kosten zu decken, ist fortan gewerblich statt nur privater Tierhalter - auch hier gebe es wichtige Aspekte zu berücksichtigen. „Bei Bedarf erstellen wir mit den Käufern auch einen Businessplan für ihr Vorhaben und besprechen mit ihnen perspektivische Entwicklungen wie eine Ausweitung des Geschäfts oder Möglichkeiten des Reithallenbaus“, sagt Ilse. Weiterhin stehen Experten für Direktvermarktung - auch da müssen Auflagen beachtet werden -, Düngerecht, Förderung und Antragswesen für Beratungen bereit.
Eine von ihnen ist Tanja Kodewitz, Mitarbeiterin in der Fachgruppe 2 bei der Landwirtschaftskammer in Northeim, und spezialisiert auf Pferdehaltung. „Nicht jeder Altstall ist für die Pferdehaltung geeignet. Mindesthöhe, Lichteinfall, Tierschutzaspekte, Mistlagerung - das alles spielt eine Rolle und das sollte man vorher abklären.“
Doch wonach entscheidet eine Behörde, ob eine Tierhaltung grundsätzlich statthaft ist oder nicht? Neben der Art der Ausweisung im Flächennutzungsplan - Mischgebiet, Wohngebiet, Dorfgebiet - spielt die Vorbelastung durch andere Tierhaltungen mit ihren Emissionen eine Rolle. Gerade in den Dörfern des Eichsfelds im Landkreis Göttingen gebe es noch viele Tierhaltungen, vor allem Schweine. Anders gesagt: Wenn im Dorf in der Nähe bereits ein Betrieb Schweine mästet, dann macht der Geruch von zusätzlichen zwei Pferden zwar nicht viel aus, ist aber dennoch nicht möglich, da dadurch rechnerisch die Emissionen zunehmen. Den rechtlichen Vorgaben entsprechend muss bei einer Begutachtung eine Gesamtbetrachtung der Geruchsbelastung dargestellt werden. Da kann es sein, dass zwei zusätzliche Pferden dafür ausschlaggebend sind, dass die zulässigen Werte überschritten werden.
Das Argument, dass ja auch früher Tiere in diesen Ställen gehalten wurden, zieht nicht: Ein Bestandsschutz greift in der Regel nur bei einer durchgängigen Tierhaltung der gleichen Art und der gleichen Anzahl ohne nennenswerte zeitliche Unterbrechungen. In der Praxis aber sind die meisten zum Verkauf stehenden Resthöfe schon seit Jahren nicht mehr bewirtschaftet. Ähnliches gelte für Aussiedlerhöfe: Diese seien privilegiert im Außenbereich errichtet, dürften aber in der Regel nicht erweitert werden durch beispielsweise Paddock oder Reitplatz für eine Hobbypferdehaltung, sondern nur für eine landwirtschaftliche Nutzung. Kernfrage sei immer, ob das geplante Vorhaben der Landwirtschaft diene und es eine Gewinnerzielungsabsicht gebe. „Und das ist bei der Pferdehaltung häufig nicht gegeben“, sagt LWK-Beraterin Kodewitz.
Autor: Christian Mühlhausen
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