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Bei hohen Futterkosten Harnstoff einsetzen?

Webcode: 01040212
Stand: 04.02.2022

Die Futterkosten sind explodiert, und bei hohen Preisen für die Eiweißergänzung steigt das Interesse der Landwirte am Harnstoff in der Rinderfütterung.

Harnstoff ersetzt kein Rohprotein, sondern ist eine Stickstoffquelle für die Pansenmikroben. In proteinarmen Rationen, z.B. auf Basis von Maissilage oder eiweißarmer, zuckerhaltiger Grassilage, wird Futterharnstoff zum Ausgleich der negativen RNB verwendet. 100 g Harnstoff enthalten 46 g N, was einer RNB von 46 g und einem Rohproteingehalt von 287,5 g entspricht. Diese RNB trägt dazu bei, einen N-Mangel der Bakterien in den Vormägen bis zu einem begrenzten Umfang zu beheben (Einsatz sinnvoll ab einer RNB von ca. -50 g/Kuh und Tag). Die Mikroben bauen Harnstoff zu Ammoniak ab, das sie dann – eine ausreichende Energieversorgung vorausgesetzt – zur Bildung von Bakterieneiweiß nutzen. Der Harnstoff-N wird extrem schnell freigesetzt, so dass er nur vorübergehend eine N-Quelle für Bakterien darstellt. Die Ammoniakgehalte im Pansen steigen kurz nach der Verfütterung rasch an. Wichtig sind eine langsame Gewöhnung an Harnstoff (ein bis zwei Wochen), eine gleichmäßige, über den Tag verteilte Verabreichung sowie ausreichende Mengen leicht löslicher Kohlenhydrate zur Unterstützung der Pansenmikroben. Da Harnstoff weder Energie noch nXP enthält, ausschließlich Stickstoff und direkt kein Durchflussprotein liefert, ist ein vollständiger RNB-Ausgleich durch Harnstoff nicht ratsam.

Einsatzmengen

Harnstoff wird vorwiegend in der Milchkuhfütterung mit sehr maisbetonten Rationen sowie in der Jungviehaufzucht und Bullenmast ab etwa 250 kg LG eingesetzt. Praxisübliche Einsatzmengen liegen bei bis zu 5 g/kg TM bzw. 15 g/100 kg LG. Der Einsatz bei Milchkühen ist abhängig von der Milchmenge und dem UDP-Gehalt des Futters. Ausgleichsfutter sollte max. 3 bis 4 % enthalten. Für MLF ist Harnstoff weniger geeignet, da dann gerade die Kühe mit den höchsten Leistungen sehr viel Harnstoff aufnehmen. Er kommt eher bei Kühen mit geringeren Milchleistungen und bei Endmastbullen in Frage. Bei mehr als 100 g/Tag wurde ein Rückgang in der Futteraufnahme beobachtet. Durch ungenügende Vermischung, zu große Mengen oder fehlende Anpassungszeit kann Harnstoff auch toxisch wirken (NH3-Vergiftung). Optimal ist das Einmischen in die TMR, in die Grundration oder ins Kraftfutter. DA Harnstoff wasserlöslich ist, muss er trocken gelagert werden.

Harnstoff im Silomais

Harnstoff wird auch bei der Silierung von Mais eingesetzt, um die N-Versorgung der Pansenbakterien zu verbessern und gleichzeitig die Lagerstabilität der Maissilage zu erhöhen. Untersuchungen in Haus Riswick mit 2,5 kg Harnstoff je t Silomais zeigen, dass ein Teil des Harnstoffs bei der Silierung verlorengeht. Eine Verbesserung der Stabilität war nicht festzustellen, auch die behandelte Silage erwärmte sich etwas.

Rechtliche Vorgaben

Beim Harnstoffeinsatz sind nicht nur ernährungsphysiologische Aspekte, sondern auch rechtliche Bestimmungen zu beachten. Futterharnstoff ist kein Einzelfuttermittel, sondern zählt zu den ernährungsphysiologischen Zusatzstoffen und darf ausschließlich an Wiederkäuer mit voll entwickeltem Pansen verabreicht werden. Rechtlich dürfen max. 8,8 g Harnstoff/kg Alleinfutter (88 % TS) bzw. 10 g/kg TS verabreicht werden. Höchstens 30 % des Gesamtstickstoffs der Tagesration sollen aus Harnstoff-N stammen. Dies bedeutet, dass die Proteinbegrenzung, d. h. 30 % des N der Tagesration, bei Rationen mit max. 9,5 % Rohprotein greift (was eher selten ist) und bei Rationen >9,5 % RP die Harnstoffmenge durch die Höchstgrenze von 10 g/kg TM definiert ist. Bei harnstoffhaltigen Mischfuttermitteln muss die Menge der enthaltenen NPN-Verbindungen, ausgedrückt in Rohprotein, angegeben werden. Enthält beispielsweise ein Milchleistungsfutter 12000 mg Futterharnstoff je kg, dann ergibt sich folgendes:

2875 g Rohprotein/kg Harnstoff x 0,012 g (=12000 mg) Harnstoff/kg MLF =

34,5 g Rohprotein/kg MLF = 3,45 % Rohprotein aus NPN-Verbindungen.

Landwirte müssen bestimmte Anforderungen der Futtermittelhygiene-Verordnung erfüllen, wenn sie Zusatzstoffe (ausgenommen Silierzusatzstoffe) in ihrem Betrieb verwenden wollen. Allerdings können sie ohne Einschränkung Einzel- oder Mischfuttermittel mit Harnstoff verwenden. Wird Harnstoff als Einzelsubstanz eingesetzt, müssen Landwirte ein HACCP-Konzept (einzelbetriebliche Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte) erstellen sowie Anforderungen an Lagerung und Mischtechnik einhalten. Das Merkblatt mit Protokoll zur Dokumentation des Harnstoffeinsatzes finden Sie im Anhang. Wichtig ist der Hinweis, dass Harnstoff weder als Konservierungs- noch als Silierzusatzstoff zugelassen ist, auch wenn er Feuchtgetreide konservieren oder die aerobe Stabilität von Maissilagen erhöhen kann.