Ausganglage
Landwirtschaftlich genutzte und zu diesem Zweck entwässerte Moore stellen mit über 7,9 Mio. t CO2-Äquivalenten eine wesentliche Quelle für Treibhausgase in Niedersachsen dar. Eine Reduzierung dieser Emissionen dient dem Klimaschutz und verlängert in vielen Fällen die Nutzungsdauer der Moorstandorte, indem die Torfmächtigkeitsverluste vermindert und eine Verschlechterung der Torfeigenschaften verlangsamt werden.
Maßnahmen zur Anhebung der Moorwasserstände sind von zentraler Bedeutung für den Erhalt des Torfkörpers, der Reduktion der Treibhausgasemissionen und zur Sicherstellung der Produktionsstandorte der Moorböden in Trockenjahren. Im Vorgängerprojekt Gnarrenburger Moor wurden zwei Varianten der Wasserstandsanhebung auf landwirtschaftlich genutzten Moorstandorten in Demonstrationsversuchen getestet: Grabenanstau und Unterflurbewässerung. Für den Grabenanstau wurden steuerbare Wehre installiert, um den Oberflächenabfluss im Graben zurückzuhalten. Bei der Unterflurbewässerung wurde darüber hinaus ein konstant hoher Wasserspiegel im Graben durch Zufuhr von Grundwasser eingestellt. Zudem wurde das Wasser aus dem Graben über eng liegende Dränrohre in die Fläche geleitet. Während der Projektlaufzeit konnten mit dieser Methode die mittleren Jahresmoorwasserstände auf bis zu 0,20 m unter Geländeoberkante angehoben und die Sackung der Mooroberfläche reduziert werden. Die durch diese Maßnahmen eingestellten höheren Moorwasserstände haben, neben dem positiven Effekt des Moorschutzes, den Nachteil einer eingeschränkten Bewirtschaftung. Diese Einschränkung führte zunächst bei vielen Landwirtinnen und Landwirten zu einer kritischen Haltung gegenüber den wasserregulierenden Maßnahmen, welche sich Laufe des Vorgängerprojektes deutlich geändert hat. Maßgeblich dazu beigetragen hat die Kooperation, bestehend aus freiwillig beteiligten Landwirtinnen und Landwirten, der Landwirtschaftskammer (LWK), dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) sowie beratenden Akteuren aus Gemeinde, Behörden und Verbänden. In regelmäßigen Kooperationstreffen wurden die wasserregulierenden Maßnahmen dargestellt, diskutiert und praxistaugliche Anpassungen erarbeitet. Verbesserter Moorschutz durch höhere Wasserstände und die Sicherstellung der landwirtschaftlichen Produktion überzeugten die Landwirtinnen und Landwirte und führten zu einem großen Interesse an der Unterflurbewässerung.
Projektziele
Das Ziel des Projektes „Gebietskonzept und Wassermanagement“ war die Erarbeitung eines Umsetzungskonzeptes für ein gebietsbezogenes Wassermanagement, welches für zwei Einzugsgebiete im Gnarrenburger Moor detailliert ausgearbeitet wurde. Das Konzept enthält ein detailliertes Wassermanagementsystem zur Anhebung der Moorwasserstände und an höhere Moorwasserstände angepasste Nutzungen, die in Zukunft auf Moorstandorten möglich sein werden. Für die Erarbeitung eines solchen Konzeptes waren vorangegangene Arbeitsschritte notwendig, die im Folgenden aufgeführt werden:
- Die Methoden zur Wasserstandsanhebung (Grabenanstau und Unterflurbewässerung) wurden auf Grundlage der Ergebnisse der Demonstrationsversuche aus dem Vorgängerprojekt ausgewählt. Ziel ist es, Methoden umzusetzen, die die Moorwasserstände anheben, die Sackung der Mooroberfläche und die Treibhausgasemissionen reduzieren und eine mittelintensive Bewirtschaftung weiterhin ermöglichen.
- Zur Einschätzung der Perspektive eines gebietsbezogenen Wassermanagements wurde eine Agrarstrukturelle Erhebung durchgeführt. Hierbei wurden neben den aktuellen betrieblichen Gegebenheiten auch betriebliche Entwicklungsziele und die Bereitschaft zur Teilnahme an wasserregulierenden Maßnahmen abgefragt. Damit wurde geklärt, welcher Flächenbedarf zukünftig seitens der Landwirtschaft besteht und inwieweit sich aus dem Interesse an wasserregulierenden Maßnahmen eine räumliche Clusterung im Gnarrenburger Moor ergibt.
- Durch hydrologische Voruntersuchungen wurden Teilgebiete identifiziert, in denen die Umsetzung eines gebietsbezogenen Wassermanagements aus hydrologischer Sicht möglich ist.
- Zur Förderung der Akzeptanz für ein großräumiges Wassermanagement, für dessen Konkretisierung, zur Vorbereitung auf eventuell nötige Flächentausche und zur Erarbeitung eines Gebietsumsetzungskonzepts wurden Workshops mit den betroffenen Landwirtinnen und Landwirten und den zuständigen Wasser- und Bodenverbänden durchgeführt.
Für die Konzeption eines einzugsgebietsbezogenen Wassermanagements wurde der Fokus auf Flächen mit wirtschaftlichem Interesse gelegt, was neben herkömmlicher landwirtschaftlicher Nutzung auch zukünftig mögliche, nasse Moornutzungen, wie zum Beispiel Paludikultur, sein kann. Die Einführung von Paludikulturen konnte allerdings im Projekt, aufgrund der Komplexität der Thematik nicht direkt bearbeitet werden.
Auch wenn die Nutzung der Flächen bei den hier angestellten Überlegungen im Vordergrund steht, soll dennoch geprüft werden, ob ggf. hofferne Flächen aus der Nutzung genommen oder ob durch Maßnahmen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen Synergien zu benachbarten Naturschutzflächen genutzt werden können. Auf Naturschutzflächen ohne Nutzung ist ein deutlich weniger aufwändiges Wassermanagement möglich. Sie können so angelegt werden, dass sie durch oberflächliche Speicherung des winterlichen Niederschlagsüberschusses mittels Überstau nicht auf sommerliches Zusatzwasser angewiesen sind. Hierbei werden Synergien zwischen Moornutzung und Naturschutz gesehen, indem zum Beispiel nassere genutzte Moorflächen einen hydrologischen Puffer zu vernässten Naturschutzflächen darstellen können. Weiterhin dienen volle Gräben den Zielen eines linearen Biotopverbundes. Nicht zuletzt könnte der Naturschutz, zum Beispiel in besonders trockenen Jahren, auch auf das für die genutzten Flächen bereitgestellte Wasser zugreifen.
Im Projekt „Unterflurbewässerung im Praxisversuch“ (2018-2023), angebunden an das Projekt „Gebietskonzept und Wassermanagement“, wurden folgende Ziele verfolgt:
- Demonstration der feldskaligen und praxistauglichen Umsetzbarkeit einer Unterflurbewässerung an einen intensiv genutzten Hochmoorgrünlandstandort.
- Feldskalige Quantifizierung der Einsparung von Treibhausgasen im Vergleich zu einem konventionell tief entwässerten Hochmoorgrünland. Zum Vergleich steht der vom Thünen-Institut im Rahmen von ICOS („Integrated Carbon Observation Project“, http://www.icos-infrastruktur.de/) betriebene Standort im Gnarrenburger Moor zur Verfügung.
- Quantifizierung der Auswirkungen auf Wasserqualität im Vergleich zu einem konventionell tief entwässerten Hochmoorgrünland.
Projektdurchführung
Auf den Demonstrationsversuchen zum passiven Grabenanstau fielen die Graben- und Moorwasserstände mit Einsatz der Verdunstungsperiode zu tief, als dass eine Anhebung der Moorwasserstände und damit einhergehender Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erwarten wäre. Es wurde deutlich, dass eine klimawirksame Anhebung der Moorwasserstände im Hochmoor nur durch ausreichend Zusatzwasser möglich ist. Auf den Demonstrationsversuchen zur Unterflurbewässerung wurde dieses durch Grundwasser bereitgestellt. Eine entsprechende Versorgung aller landwirtschaftlichen Nutzflächen des Gnarrenburger Moores könnte zu einer Übernutzung des Grundwassers führen. Als Alternative bietet sich eine Rückhaltung hoher Abflüsse, besonders im Winter und dessen Nutzung zur Versorgung der Grünlandflächen im Sommer an. Dafür ist ein Wassermanagement erforderlich, dass das komplette Einzugsgebiet im Gnarrenburger Moor umfasst.
Die Entwicklung eines Wassermanagements mit entsprechend großräumigen hydrologischen Untersuchungen und der Einbeziehung aller Anliegerinnen und Anlieger wurde in dem hier dargestellten Folgeprojekt Gebietskonzept und Wassermanagement & Unterflurbewässerung im Praxisversuch durchgeführt. Auf Grundlage der Ergebnisse aus den weitergeführten Demonstrationsversuchen und der Unterflurbewässerung im Praxisversuch aus dem Vorgängerprojekt, einer Agrarstrukturellen Erhebung und eines gebietsbezogenen Wassermanagements konnten Teilgebiete ausgewählt werden, in denen in enger Abstimmung mit den betroffenen Landwirtinnen und Landwirten ein Konzept zur Umsetzung wasserregulierender Maßnahmen und angepasster landwirtschaftlicher Nutzung erarbeitet wurde.
Der Einfluss der höher eingestellten Wasserstände auf die Treibhausgasemissionen ist noch nicht abschließend untersucht. Im Rahmen des angegliederten Projektes „Unterflurbewässerung im Praxisversuch“ wurde auf gut 4 ha eine Unterflurbewässerung im Schachtverfahren eingerichtet und im Hinblick auf die erreichten Wasserstände sowie Treibhausgasemissionen im Vergleich zu einem nicht vernässten Hochmoorgrünland untersucht. Aufgrund der starken Auswirkungen der Grünlanderneuerung und möglicher witterungsbedingter Schwankungen der THG-Emissionen ist anzunehmen, dass die Messergebnisse noch nicht mittelfristigen Mittelwerten entsprechen. Aus diesem Grund werden die Messungen derzeit im Rahmen des Projekts „Effekte einer etablierten Unterflurbewässerung auf Treibhausgasemissionen und Wasserqualität“ fortgeführt.