Bezirksstelle Osnabrück

Blanker Trog und Futterselektion – Reserven in der Bullenfütterung

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Eine hohe Futteraufnahme ist in der Bullenmast der Schlüssel für hohe Tageszunahmen. In spezialisierten Mastbetrieben werden ganz überwiegend Mischrationen eingesetzt. Im folgenden Beitrag werden Ansätze diskutiert, beim Füttern selbst, also beim Mischvorgang und bei der Futtervorlage die einzelbetrieblichen Reserven zu erkennen und auszuschöpfen. Andere wichtige Bestimmungsgrößen wie die Grundfutterqualität, die Optimierung der Inhaltsstoffe einer Mastration und auch die Haltungseinflüsse wie Buchtengestaltung, Wasserversorgung, Stallklima, Licht und andere Faktoren bleiben hier außen vor.

Höchste Zeit für die nächste Fütterung! Diese Reste reichen für hohe Tageszunahmen nicht mehr aus.
Höchste Zeit für die nächste Fütterung! Diese Reste reichen für hohe Tageszunahmen nicht mehr aus.Dr. Georg Teepker
Mastbullen brauchen als Wiederkäuer einen gesunden und leistungsfähigen Pansen. Im großvolumigen Pansen schließen die Pansenmikroben, also Bakterien und Einzeller, die Nahrung auf und stellen für das Wirtstier Nährstoffe zur Verfügung. Die Pansenmikroben brauchen dafür optimale „Arbeitsbedingungen“, im besten Fall sind dies möglichst konstante Verhältnisse, ohne größere Schwankungen in der Nahrungszusammensetzung und im Pansen pH-Wert. Konkret wird dies durch folgende Maßnahmen erreicht:

  • Kontinuierliche Futteraufnahme („Nachschub“)
  • Ausbilanzierte Futterration (Energie, Protein, Struktur, Mineral- und Wirkstoffe)
  • Homogene Total-Mischration (TMR) mit allen Futterkomponenten („Mit jedem Bissen das gleiche Futter“)

Mit einer „kontrollierten Sattfütterung“ lässt sich das Futteraufnahmevermögen der Tiere am besten ausschöpfen. In der Praxis werden die Mastbullen meist „auf blanken Trog“ gefüttert und sollen dann für eine hohe Futteraufnahme mindestens 23 Stunden am Tag fressen können. Was sich ganz leicht anhört, erweist sich in der Praxis bisweilen als erste Leistungsbremse. Wie lange war der Trog denn tatsächlich leer? Wurde rechtzeitig angeschoben, so dass das Futter für die Tiere auch erreichbar war? Hatte die Futtermischung am Ende der Fresszeit die gleiche Zusammensetzung wie in der frischen Mischung? Besonders in Buchten mit weitem Tier: Fressplatzverhältnis reduziert die Strategie „blanker Trog“ den Tageszuwachs und führt zu einem Auseinanderwachsen in der Gruppe. Daher sollten auch in der Bullenmast geringe Futterreste (1-2%) in Kauf genommen werden und der Trog eben nicht ganz „blank“ gefressen sein. Beim genauen Hinschauen sieht man, dass die mehrfach „durchsortierten“ Reste meist nur noch begrenzten Futterwert haben oder wegen Verschmutzung (Kotpartikel u.a.) verschmäht werden. Diese Futterreste sind bei der täglichen Trogreinigung zu entfernen.

Am besten ist es, auf ein konsequentes 24/7 Fütterungsmanagement zu setzen, d.h. die Fütterung erfolgt an sieben Tagen in der Woche immer morgens und abends zum gleichen Zeitpunkt. Absolut verlässlich für die Tiere und für Mastprofis unerlässlich zur Kontrolle der Futteraufnahme. Bei nur einmaliger Futtervorlage sollte diese am Nachmittag oder frühen Abend stattfinden, damit in der Nachtzeit für die Bullen genügend Futter erreichbar ist und am Tag entsprechend angeschoben bzw. nachverteilt werden kann. Wenn man sich die überragende Bedeutung der Futteraufnahme für Leistung und Gesundheit der Mastbullen klarmacht, so findet sich gewiss auch eine Lösung für diese veränderte Arbeitsorganisation!

Automatische Futteranschieber sind in der Bullenmast bislang eher selten im Einsatz
Automatische Futteranschieber sind in der Bullenmast bislang eher selten im EinsatzDr. Georg Teepker
Zunehmende Verbreitung finden automatische Futteranschieber bei größeren Beständen in der Bullenmast. Damit kann das mehrmalige Nachschieben der Mischration sinnvoll automatisiert und die Arbeitserledigung im Betrieb entspannt werden. Zum Teil wird der „Roboter“ zusätzlich auch für die Verteilung von Lockfutter genutzt. Ob diese zusätzliche Gabe hinsichtlich Leistung und Wirtschaftlichkeit der Mastbullen tatsächlich zu weiteren Verbesserungen führt, ist fraglich.

Neben diesen organisatorischen Fragen zur Futtervorlage sollte die Qualität und Zusammensetzung der gemischten Ration möglichst weitgehend der berechneten Ration entsprechen. Abweichungen zur berechneten Ration ergeben sich häufig durch wechselnde Grundfutterqualitäten aus dem Silo, besonders wenn die Qualität des Ernteguts von verschiedenen Schlägen stark variiert (Reifezustand, Sorten u.a.) und bei der Ernte nicht über die ganze Silolänge verteilt, sondern aufgeschoben wird. In diesen Fällen müssen in angemessen engen zeitlichen Abständen erneute Grundfutteranalysen durchgeführt werden.

Ein weiterer Faktor bei Abweichungen entsteht durch mangelnde Ladedisziplin beim Befüllen des Mischwagens. Die vorgegebenen Mengen müssen in einer engen Spanne konsequent eingehalten werden, auch wenn dies bei der Befüllung per Radlader eine zusätzliche Fahrt zur Nachjustierung braucht. Hierzu sind klare Anweisungen auch an die Mitarbeiter im Betrieb erforderlich. Bei Beladung über Schnecken sind die Fehlermargen meist deutlich geringer. Selbstverständlich muss aber auch die Waage am Mischwagen von Zeit zu Zeit überprüft werden.

Damit eine homogene Mischung entstehen kann, braucht es einen Mischwagen mit intakten Werkzeugen (Messer, Schnecken, Gegenschneiden, usw.) und ausreichend lange Mischzeiten. Nach dem Einfüllen der letzten Komponente sollte etwa 5- 10 Minuten bei vorgegebener Drehzahl gemischt werden. Die Fahrt vom Siloplatz bis zum Stall reicht dafür in keinem Fall. Angst vor übermäßigem Musen braucht man bei den vorherrschenden Vertikalmischern und den Paddelmischern nicht zu haben.

Untersuchungen in den USA (Oelberg, 2011) mit der Analyse durch Schüttelboxen haben gezeigt, dass nur etwa jede dritte Mischung ausreichend gut gemischt war. Hauptfehler waren abgenutzte Messer, zu kurze Mischzeiten und die Überfüllung des Mischwagens. Eine mangelhafte technische Wartung der Mischwagen sowie eine Überladung wurden auch in einer Feldstudie der Fachhochschule Kiel (Wilhelmi und Mahlkow-Nerge, 2019) als häufige Fehlerquellen festgestellt.

Hier wird die Mischration von den Bullen intensiv selektiert. Der 'Lochfraß' ist ein deutlicher Hinweis. Das eingemischte Futterstroh ist viel zu lang.
Hier wird die Mischration von den Bullen intensiv selektiert. Der Lochfraß ist ein deutlicher Hinweis. Das eingemischte Futterstroh ist viel zu lang.Dr. Georg Teepker
Eine ungleichmäßige Vermischung der Komponenten führt im Bullenmaststall zum einen dazu, dass den Bullen in den Buchten entlang des Futtertisches Futter mit ganz unterschiedlicher Zusammensetzung vorgelegt wird. Zum anderen ist es für die Masttiere einfacher, die nicht homogenen Mischungen zu selektieren:  Die Bullen sind in der Lage, ganz flink mit der Zunge das Futter so hin und her zu schieben, dass am Trogboden das Kraftfutter ausfällt und dann hastig gefressen wird. Zusätzlich werden Grobfutterbestandteile, die zu lang oder weniger schmackhaft sind, ausselektiert.  Die Folgen für die Tiere sind gravierend: Pansenübersäuerung durch überhöhten Kraftfutterkonsum und Strukturmangel auf der einen Seite, aber auch Unterversorgung und Leistungsabfall bei den rangniederen Tieren.

Eine homogene Bullen-TMR (Übersicht 1) enthält deshalb keine Pellets, nur kurz gehäckseltes Grobfutter und möglichst auch feuchte Komponenten, um das mehlförmige Kraftfutter an das Grobfutter zu binden. Zusätzlich kann die gezielte Zugabe von Wasser in der TMR die Anhaftung des Kraftfutters verbessern und damit die Futterselektion verhindern. Empfohlen wird ca. ein Liter Wasserzugabe je Kilogramm Kraftfutter in der Mischung. Wenn das Selektieren dadurch nicht mehr möglich ist, ist der Lerneffekt für die Bullen schon nach wenigen Tagen spürbar: Die Tiere fressen das Futter von oben herab, wühlen und schieben weniger darin und sind deutlich ausgeglichener.

Fazit:

Für eine hohe Futteraufnahme muss auch permanent ausreichend Futter für die Bullen verfügbar sein. Es lohnt sich, das Futterangebot an die Tiere unter diesem Aspekt zu prüfen und ggf. Vorlage und Nachschieben zu optimieren.

Die TMR ist die beste Fütterungsform, aber nur wenn es eine wirklich homogene Mischung ist, die den Bedarf der Tiere abdeckt. Sobald das Selektieren von Futter beobachtet wird, muss dies über technische Maßnahmen, andere Rationskomponenten oder den Zusatz von Wasser unterbunden werden.

Übersicht 1: So lässt sich Futterselektion im Bullenstall vermeiden

… durch eine gute Mischtechnik

… durch Auswahl der Rationskomponenten

Intakte Messer, Misch-Schnecken, Gegenschneiden u. a.

Sehr kurz gehäckselte Strukturkomponenten (Grassilage, Stroh, u. a.)

Mischwagen nicht überfüllen

Nur mehlförmiges Kraftfutter (keine Pellets!)

Angepasste Beladereihenfolge

Feuchte Komponenten zugeben

5- 10 Minuten Mischdauer nach der letzten Komponente

ggf. Wasserzusatz

Gleichmäßige Befüllung

Kartoffeln oder Rübenschnitzel sind kritisch!

Kontrolle:

 

  • Mischvorgang beobachten (stockendes Futter?)
  • Analyse von Proben entlang des Futtertisches (mit Schüttelbox)
  • Vergleich der Futterreste mit der ursprünglichen Mischung (mit Schüttelbox)
  • Beobachtung Fressverhalten der Tiere