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Hofnachfolger außerhalb der Familie

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Der Hof von Horst und Susanne Schröder ist seit Jahrhunderten im Familienbesitz, doch nun will keines der drei Kinder den Betrieb fortführen. Was nun? Betriebsaufgabe und Verpachtung? Betrieb in eine Gesellschaft einbringen oder eine Unternehmensnachfolge außerhalb der Familie suchen?

Abwägungsgedanken außerfamiliäre Hofübergabe
Abwägungsgedanken außerfamiliäre HofübergabeWiebke Wennemer
Diese Situation gibt es in immer mehr Betrieben. Familie Schröder hat den Wunsch, dass der Betrieb weithin aktiv bewirtschaftet wird und da sich keine Kooperation mit einem anderen Betrieb anbietet, schauen Sie nach einer außerfamiliären Hofnachfolge. Bei einem Seminar zu diesem Thema haben sie Jörg und Sabine Kreutzer (alle Namen sind frei erfunden) kennengelernt. Die beiden sind auf der Suche nach einem Betrieb, den sie übernehmen können. Die Vier kommen ins Gespräch, sind sich sympathisch und beschließen, dass sie sich näher kennenlernen wollen.

Das Ehepaar Kreutzer nutzt die zwei Wochen Urlaub für das erste nähere Kennenlernen und verbringt die Zeit bei Familie Schröder. Tagsüber arbeiten alle Vier zusammen und lernen sich dabei kennen. Nach Feierabend nutzen sie die Zeit zum Reden und Austauschen. Dabei fangen sie an, erste Überlegungen für eine Hofübergabe/-nahme zu diskutieren. Am Ende der zwei Wochen steht die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Alle vier vereinbaren, die Eindrücke der letzten zwei Wochen wirken zu lassen. Nach weiteren Wochen kommen sie dann zu dem Entschluss, dass sie einen gemeinsamen Weg beschreiten wollen. Mit Unterstützung durch einen sozioökonomischen Berater für den Prozess und entsprechender Fachberatung soll der Weg beschritten werden.

In dem Prozess, der jetzt startet gibt es unterschiedliche Schwerpunkte, Themen und Phasen:

  • Analyse der Ausgangssituation
  • Erarbeiten von Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen
  • Entwicklung eines Leitbildes
  • Konkrete Zielformulierung aus dem Leitbild
  • Ableitung von Etappenzielen
  • Entwicklung eines Betriebskonzeptes
  • Informationssammlung zu unterschiedlichen Formen der Übergabe/nahme, Abwägung von Vor- bzw. Nachteilen und Festlegen der Form
  • Gestaltung der Übergabe/nahmephase

Die besondere Herausforderung bei außerfamiliären Hofübergabe liegt im Zwischenmenschlichen. Im Gegensatz zu einer innerfamiliären Übergabe müssen sich die Beteiligten, die aus unterschiedlichen Kontexten und Prägungen stammen, überhaupt erst einmal kennenlernen und Vertrauen aufbauen. Das erfordert von Allen Bereitschaft zur Offenheit, Ehrlichkeit, Transparenz und einem guten Maß an Selbstreflexion. Neben ausreichend Zeit, ist die Begleitung durch einen Berater oder Coach besonders in dieser Phase hilfreich, da der Prozess dann gezielt geleitet werden kann. Wünsche, Bedürfnisse, Befürchtungen und Vorstellungen kommen auf den Tisch und können in die Überlegungen zu einem Leitbild und der Entwicklung von Betriebskonzepten einfließen. Klare und konkrete Zielformulierungen sind notwendig, denn daraus können Absprachen zu Zwischenzielen, Aufgaben und Handlungen abgesprochen werden. Während dieses Prozesses sind die Kinder von Familie Schröder einzubinden, denn für sie geht es um ihre Eltern und ihr Ursprungszuhause. Familie Schröder und das Ehepaar Kreutzer haben sich für eine Begleitung durch einen sozioökonomischen Berater entschlossen. Der Berater, ggfls. mit Ausbildung zum systemischen Coach, hat die Aufgabe den Prozess zu steuern bzw. ihn in Bewegung zu halten. Alle Entscheidungen treffen die Beteiligten in eigener Verantwortung.

Es gibt zahlreiche Formen der Hofübergabe, dazu sollten Informationen von Fachberatern wie z. B. Steuerberatern, Sozioökonomischen Beratern, Juristen eingeholt werden. Mögliche Formen sind:

  • Verpachtung
  • Schenkung
  • Regulärer Kauf
  • Kauf auf Raten oder Rentenbasis
  • Mischung aus Kauf und Pacht
  • Adoption mit Hofübergabe
  • Gründung einer Stiftung

Sie haben alle ihre Vor- und Nachteile und deshalb muss in jedem Einzelfall nach einer individuellen Lösung gesucht werden.

Schröders und Kreutzers haben sich für einen längeren Weg entschieden. Zunächst wird das Ehepaar Kreutzer auf den Hof in die leere Altenteiler Wohnung ziehen. Herr Kreutzer wird auf dem Betrieb angestellt, Frau Kreutzer arbeitet mit einer dreiviertel Stelle außerhalb des Betriebes und hilft nach Feierabend immer mal wieder auf dem Hof mit. So haben alle Beteiligten die Chance, sich im Alltag kennenzulernen und das Zusammenleben und Arbeiten auf dem Hof auszuprobieren. Nach einem Jahr wird ein Fazit gezogen. In diesem Fall kommen sie zu dem Entschluss, dass die „Chemie“ stimmt und sie im Prozess die nächsten Schritte gehen wollen. Für alle erscheint nach Abwägung aller Möglichkeiten eine Erwachsenenadoption das Sinnvollste. Sie holen sich rechtlichen Rat ein, stimmen das Vorgehen mit den Kindern von Schröders ab und stellen einen Adoptionsantrag. Bei einer Adoption von Erwachsenen hat das keine Auswirkungen auf die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse von Herrn Kreutzer. Er bleibt Sohn seiner leiblichen Eltern und bekommt mit Herrn und Frau Schröder Adoptiveltern dazu. Voraussetzung für diese Adoption ist ein Eltern-Kind ähnliches Verhältnis sowie ein notarieller Antrag beim Familiengericht. Die Adoption erfolgt mit einem Adoptionsbeschluss des Gerichtes und damit ist Herr Kreutzer rechtlich einem leiblichen Kind gleichgestellt. Auf dieser Grundlage soll eine Hofübergabe erfolgen. Zurzeit ist die neue Großfamilie dabei die Inhalte eines Hofübergabevertrages abzustimmen. Dazu gehören neben den Regelungen zum Altenteil auch Regelungen zur Abfindung der leiblichen Kinder und zur Wohnsituation. Der Prozess bleibt für alle spannend und sie hoffen gemeinsam, dass dieser große Schritt ein richtiger Schritt ist, den sie nicht bereuen.

Einig sind sich alle bereits jetzt in einem Punkt: ohne eine gute Begleitung während dieses Prozesses und viele Sachinformationen geht es nicht.

Sozioökonomische BeraterInnen in ihrer Region finden Sie in unseren Beratungsangeboten.