Die Vermarktung von Maissaatgut durch die Züchtungs- und Vertriebsfirmen erfolgt u.a. mit Hilfe vieler Sortendemonstrationen auf Praxisflächen. Diese werden in allen Regionen Niedersachsens, und natürlich auch darüber hinaus, von den jeweiligen Firmen angelegt, wobei die präsentierten Sorten im Laufe der Vegetation durch auffällige Firmenschilder kenntlich gemacht werden. ´
I.d.R. finden an diesen „Versuchsanlagen“, die jedoch keine Versuche im eigentlichen Sinne darstellen, im Spätsommer Informations- und Werbeveranstaltungen statt. An diesen Terminen werden neben fachlichen Themen rund um den Maisanbau vor allem die präsentierten Sorten der jeweiligen Firmen vorgestellt. Landwirte wissen i.d.R., dass diese firmenspezifischen Schauparzellen keine Versuche sind und dementsprechend auch nicht für Sortenauswertungen herangezogen werden.
Über die unabhängigen Sortenprüfungen, allen voran die Landessortenversuche (LSV), in Niedersachsen durchgeführt von der Landwirtschaftskammer, wird auf den genannten Veranstaltungen und in Verkaufsgesprächen mit Landwirten selbstverständlich auch gesprochen. Hierbei machen immer wieder Falschinformationen die Runde, die an dieser Stelle richtiggestellt werden sollen.
Einer der Hauptgründe für Falschinformationen liegt darin, dass nicht jede am Markt vorhandene Maissorte, immerhin ca. 800 – 900 bundesweit, auch in den LSV geprüft wird. Auf die häufig von Landwirten gestellte Frage, warum eine Sorte nicht in den unabhängigen LSV steht, werden dann nicht immer korrekte Antworten gegeben.
- Teure Prüfgebühren?
So wird gerne behauptet, dass der LSV zu teuer sei, und eine Firma nicht oder nur mit einzelnen Sorten teilnehme, um Kosten zu sparen und den Saatgutpreis niedriger halten zu können. Richtig ist, dass im LSV in Niedersachsen Sorten drei Jahre im „Landesinteresse“ geprüft werden und somit keine Kosten für den Züchter/Händler entstehen. Eine Weiterprüfung nach diesem Zeitraum ist nur möglich, wenn eine Anbauempfehlung in einer Region Niedersachsens vorliegt.
- Nur große Firmen?
Auch hört man bei kleineren Saatgutfirmen gerne mal, dass die LSV nur von den „großen“ Firmen bestückt würden und die LWK die kleineren Saatgutanbieter gar nicht haben wolle. Auch dies stimmt selbstverständlich nicht, denn auch neue und auch kleinste Firmen sind (auch aktuell) im LSV mit ihren Sorten vertreten. Die Kriterien zur Aufnahme müssen jedoch erfüllt sein und eine Sorte muss vor allem Ertragsleistung zeigen. Die Aufnahme erfolgt nach einer zweijährigen Vorprüfung, i.d.R. Wertprüfungen mit anschließender Sortenzulassung durch das BSA oder EU-Prüfung mit vielversprechenden Ergebnisse in der Region.
- Begrenzte Prüfplätze?
Auch ein beliebtes Argument für eine Nichtteilnahme am LSV ist, dass angeblich die Prüfplätze in den Prüfungen begrenzt sind. Sicher kann und muss nicht jede beliebige Sorte im LSV geprüft werden, doch eine fixe Anzahl an Prüfplätzen gibt es nicht, weder pro Züchter noch insgesamt. Ein gutes Beispiel hierfür stellt das diesjährige Silomaissortiment „mittelfrüh“ dar, welches mit insgesamt 48 Sorten einen ungewöhnlich großen Umfang erreicht hat.
- Saatgutmischungen
Immer mal wieder versuchen Firmen Maissortenmischungen am Saatgutmarkt zu etablieren, derzeit ist dies wieder vermehrt zu beobachten.
Die Argumente, wie zum Beispiel leicht unterschiedliche Blühtermine der einzelnen Sorten, die bei Witterungsextremen die Befruchtung des Bestandes sicherer gelingen lassen als bei einheitlichem Saatgut, sind nachvollziehbar. Weniger nachvollziehbar sind hingegen Aussagen, nach denen die LWK an ihren LSV-Standorten das Restsaatgut als Gemisch um die Versuchsparzellen herum aussäen würde, weil dies zu besseren Erträgen führen würde – diese Aussage ist nicht richtig und gehört ins Reich der Märchen. Wären solche Effekte zu beobachten und zu messen, so würde die LWK diese vermeintliche Erkenntnis sicher nicht geheim halten.
Auch die weiteren Argumente für einen Gemengeanbau sind aus fachlicher Sicht mehr als fragwürdig, denn die verschiedenen Sorten unterstützen sich wohl kaum gegenseitig, wie behauptet wird, sondern bilden eher eine intraspezifische Konkurrenz. Die Folge wären unterständige Pflanzen mit geringerem Ertrag im Bestand, da Mischungspartner mit etwas langsamerer Jugendentwicklung von anderen überwachsen und unterdrückt würden.
Auffällig ist bei Sortenmischungen jedoch häufig, dass sowohl eine bekannte Topsorte als auch andere, häufig ältere, Sorten, die möglicherweise günstig produziert werden können (gute Vermehrbarkeit), in den Mischungen enthalten sind.
Mitunter wird suggeriert, dass die positiven Eigenschaften einzelner Sorten, wie z.B. eine gute Restpflanzenverdaulichkeit oder Jugendentwicklung, sich auf die gesamte Mischung übertragen würden, wie das möglich sein soll, wurde bisher jedoch noch nicht bekannt gegeben.
Wer eine solche Mischung ausprobieren möchte, sollte zumindest darauf achten, dass die Reifezahlen der gemischten Sorten zusammenpassen, denn ein Gemisch aus Reifezahlen von S 210 bis S 250 macht für die Fütterung wenig Sinn und schließt die Umnutzung von Silomais zu Körnermais weitgehend aus. Die Argumente und auch die einzelnen Sorten im Mischungsanbau sollten durchaus kritisch hinterfragt werden. Meist wird schnell klar, ob es sich um fachliche Gründe oder nur um eine Marketingstrategie handelt. Eine eindeutige Deklaration der Mischungsbestandteile muss vorliegen; auch ist es sinnvoll, das jeweilige TKG der verschiedenen Sorten zu kennen, damit eine problemlose Vereinzelung und Saatgutablage gelingen kann.
Fakten zu Voraussetzungen zur Aufnahme von Sorten in den LSV
Bleibt nur die Frage, welche Sorten denn in den LSV geprüft werden und werden können. Die Landessortenversuche werden als unabhängige Sortenprüfungen angelegt und bilden die Basis der amtlichen Sortenberatung für die Landwirte.
Für die Aufnahme einer Sorte in den LSV ist eine zweijährige Vorprüfung in der jeweiligen Nutzungsrichtung erforderlich; diese ist entweder die Wertprüfungen des Bundessortenamts, die bei Zulassung der Sorte zur Aufnahme in den LSV führt, oder die EU-Prüfung, aus der die LWK nur die Topsorten für die Aufnahme in den LSV auswählt.
Wie bereits erwähnt werden die ersten drei Prüfjahre einer Sorte aus Landesmitteln finanziert. Anders als in manchen anderen Bundesländern ist eine Weiterprüfung in Niedersachsen darüber hinaus möglich. Voraussetzung für die Weiterprüfung einer Sorte ist in jedem Fall, dass sie im jeweiligen Vorjahr eine Anbauempfehlung erhalten hat. Für eine LSV-Prüfung wird dann ab dem vierten Prüfjahr eine moderate Prüfgebühr erhoben.
Somit liegt es einerseits an der erfolgreichen Teilnahme einer Sorte im Vorprüfsystem und andererseits am aktuellen Ertrags- und Qualitätsniveau einer Sorte, ob diese auf Landesebene geprüft bzw. weitergeprüft wird. Die LSV werden als unabhängige Entscheidungshilfe für die Landwirte durchgeführt, sie sind keine Auftragsversuche, in denen Firmen Sorten nach ihren Interessen prüfen lassen können.
Karl Gerd Harms
LWK Niedersachsen

















