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Sie beschäftigen sich mit Freiflächen-Photovoltaik? – Was Sie zu diesem Thema wissen sollten

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Seitens der neuen Bundesregierung soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien stark vorangetrieben werden. Dies betrifft insbesondere Windkraft und Photovoltaik. Seit nunmehr einem Jahr nehmen die Aktivitäten im Bereich Freiflächen-Photovoltaik enorm zu und somit wächst der Druck auf landwirtschaftliche Flächen. Wie die Rahmenbedingungen für Freiflächen-Photovoltaik im Detail aussehen, erläutert Helmut Wahl von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Freiflächen Photovoltaik
Freiflächen PhotovoltaikHelmut Wahl
Ausbauziele

Die Ampelkoalition will beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zukünftig Gas geben. Schaut man sich die Ausbauziele an, so lässt sich feststellen, dass insbesondere im Bereich Photovoltaik ein starker Zubau an installierter Leistung angestrebt wird. Ende 2021 lag die gesamte installierte Leistung deutschlandweit bei 59 GW. Ziel der neuen Bundesregierung ist eine 80 %ige Bedarfsdeckung aus Erneuerbaren Energien bis 2030 und eine klimaneutrale Stromproduktion bis 2035. Um dies zu erreichen, soll die installierte Leistung der Photovoltaik auf über 215 GW bis 2030 anwachsen. Die Ausbauziele in Niedersachsen sind ähnlich definiert. So soll die installierte Anlagenleistung von derzeit ca. 5 GW auf 65 GW bis Ende 2035 ausgebaut werden. Doch welche Rahmenbedingungen zu Freiflächen-PV lassen sich derzeit im EEG 2021 finden?

Freiflächen Photovoltaik im EEG

Im EEG sind genau definierte Flächenkulissen vorgegeben, in denen PV-Anlagen vergütungsfähig sind. Zum einen werden bereits versiegelte Flächen, Konversionsflächen oder auch Flächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben genannt. Landwirtschaftliche Flächen können nur sehr eingeschränkt eine EEG-Vergütung erhalten. Weitläufig bekannt sind 200 m Streifen an Autobahnen und Schienenwegen, gemessen ab Fahrbahnrand. Das EEG 2023 sieht eine Erweiterung auf 500 m vor. Des Weiteren können die jeweiligen Bundesländer Flächen in benachteiligten Gebieten zur Teilnahme an einer Ausschreibung im EEG freigeben. Niedersachsen gehört zu den Bundesländern, die diese Regelung über eine Verordnung getroffen haben. Die Landesregierung hat im August 2021 ermöglicht, dass pro Jahr Vorhaben bis zu einem Gesamtumfang von 150 Megawatt Anlagenleistung in Ausschreibungen einen Zuschlag erhalten können. Ob baurechtlich auf den genannten Flächen eine Freiflächen-PV Anlage errichtet werden kann hat mit den EEG-Kulissen zunächst nichts zu tun. Welche Vergütung können Freiflächenanlagen über das EEG erhalten? Nach EEG 2023 erhalten Anlagen bis 1.000 kW installierter Leistung nach wie vor eine feste Einspeisevergütung, die sieben Cent je eingespeiste Kilowattstunde liegt. Über 1.000 kW und bis zu einer maximalen Größe von 20 MW können Anlagenbetreiber an einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur teilnehmen. Im Bieterverfahren werden definierte Zubaumengen ausgeschrieben und bezuschlagt. Die Durchschnittswerte der letzten Ausschreibungsrunden lagen bei 5 bis 5,5 Cent pro kWh. Anlagen ab 100 kW installierter Leistung müssen am sogenannten Marktprämienmodell teilnehmen. Das heißt, dass der erzeugte Strom über einen Direktvermarkter an der Börse gehandelt wird. Über dieses Modell besteht, zumindest derzeit, die Möglichkeit einen höheren Erlös für den erzeugten Strom zu generieren.

Ohne EEG-Förderung

Eine häufig gestellte Frage ist, ob eine Freiflächenanlage auch ohne EEG-Förderung betrieben werden kann. Diese Möglichkeit besteht und wird in letzter Zeit immer häufiger bei größeren Solarparks genutzt. Der Strom wird dann über sogenannte PPA´s (Power Purchase Agreements oder Direktlieferverträge) vermarktet. Im Grunde ist ein PPA ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen Stromproduzent und Stromabnehmer. Im PPA wird hauptsächlich die Strommenge, der Strompreis und die Vertragslaufzeit geregelt. Die Vergütung für den erzeugten Strom ist somit Verhandlungssache und ist sehr stark von den Marktgeschehnissen abhängig. Abnehmer für den Strom könnten beispielsweise Stromhändler, Energieversorger oder Großverbraucher sein. Die Belieferung kann entweder im räumlichen Zusammenhang ohne Nutzung des öffentlichen Netzes oder mit Nutzung des öffentlichen Netzes erfolgen. Zu Bedenken ist, dass unter Umständen Steuern, Abgaben und Kosten für die Netznutzung fällig werden. Da keinerlei Vergütung nach dem EEG in Anspruch genommen wird, ist die Planung der Anlage losgelöst von der Flächenkulisse im EEG möglich. Alle weiteren Rechte und Pflichten nach EEG bleiben bestehen. Die Erlösmöglichkeiten, die derzeit über PPA´s mit bis zu acht Cent/kWh angeboten werden, sind zunächst besser, als nach EEG. Allerdings beträgt die Vergütungsdauer nach EEG 20 Jahre. Die Laufzeit bei PPA´s ist deutlich kürzer und somit ist die Planungssicherheit bei PV-Projekten schlechter.

Wo können in Niedersachsen Anlagen entstehen?

Grundsätzlich liegt die Planungshoheit für Freiflächenanlagen bei den Gemeinden. Da Freiflächenphotovoltaik im Außenbereich nicht privilegiert ist, muss der Flächennutzungsplan geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Zudem muss die Landesraumordnung beachtet werden. Die bisher geltende Landesraumordnung sah vor, dass die Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft nicht für den Bau von Freiflächenanlagen genutzt werden dürfen. Im der neuen Landesraumordnung lässt sich nun finden, dass Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft nicht für eine Freiflächenanlage genutzt werden "sollen". Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die jeweiligen Gemeinden entscheiden, wo zukünftig Anlagen entstehen. Somit kommt den Gemeinden eine zentrale Rolle bei der Steuerung von Freiflächen-PV zu. Auswirkungen wird der Zubau von Freiflächen-PV ebenfalls auf die Agrarstruktur haben. Freiflächen-PV ist im Vergleich zur Windkraft äußerst flächenintensiv. Somit wird den aktiven Landwirten die Produktionsgrundlage entzogen. Insbesondere wird dies bei Pachtflächen zu einem Problem. Mit einer aktiven Planung durch Energiekonzepte können Städte und Gemeinden mögliche Konflikte frühzeitig ausräumen, anstatt auf Anfragen ortsfremder Investoren und Projektierer zu reagieren. Bei der Erstellung der Konzepte können alle wichtigen Akteure an einen Tisch geholt und so gemeinsam mögliche Standorte und Ausbauziele selbst bestimmt werden. In diesem Rahmen kann auch die Verträglichkeit mit landwirtschaftlichen Betrieben und der Agrarstruktur sichergestellt werden.

Wirtschaftlichkeit

Die Wirtschaftlichkeit einer Freiflächenanlage hängt von vielen verschiedenen Faktoren und sehr stark vom Einzelprojekt ab. Ein Hauptkriterium ist der Netzverknüpfungspunkt. Umso näher dieser an der geplanten Fläche liegt, desto geringer sind die Infrastrukturkosten. Diese Kosten können Freiflächenanlagen sehr schnell unwirtschaftlich machen. Nach heutigem Stand der Technik kann rund ein Megawatt je Hektar Anlagenleistung installiert werden. Die Erträge bei einer süd-ausgerichteten Anlage liegen in Niedersachsen im Bereich von 850 bis 1.000 kWh/kWp. Die Investitionskosten liegen je nach Projekt bei ca. 750.000 € je Hektar oder aber auch weit darüber. Wird heute ein Projekt geplant, und durchläuft das Bauleit- und Baugenehmigungsverfahren ist mit mindestens zwei Jahren Umsetzungszeit zu planen. Durch die derzeit stark steigenden Preise im Bereich PV, wird das Projekt eventuell deutlich teurer als ursprünglich geplant. Zudem steigen die Zinskosten derzeit sehr stark, was die Wirtschaftlichkeit einer Anlage ebenfalls verschlechtert. Für den späteren Betrieb der Anlage fallen noch jährliche Betriebskosten in Höhe von zehn bis zwölf Euro je kWp an. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass aufgrund der geringeren Sonneneinstrahlung im Vergleich zu Süddeutschland ein wirtschaftlicher Anlagenbetrieb für eine Vergütung in Höhe von fünf Cent pro kWh (EEG-Ausschreibung) nicht darstellbar ist. Derzeit sind über die Direktvermarktung oder über die PPA Vermarktung höhere Erlöse möglich. Ob dies bei einem weiter voranschreitenden Zubau auch noch so ist, bleibt ein Blick in die Glaskugel. Hinzu kommen noch Risiken durch Abschaltungen bei Netzengpässen und negative Preise bei Stromüberproduktion zur Mittagszeit. Bei guten Gesamtvoraussetzungen kann sich ein wirtschaftliches PV-Projekt ergeben. Umgekehrt ist aber nicht jedes PV-Freiflächenprojekt ein Selbstläufer.

Nutzungsverträge – Vorsicht geboten!

Auf den ersten Blick werden Flächeneigentümern derzeit attraktive Pachtzahlungen angeboten. Die angebotenen Nutzungsverträge sollten aber nicht vorschnell unterschrieben werden. Es ist dringend anzuraten die Vertragsinhalte juristisch prüfen zu lassen. Des Weiteren drohen durch einen entsprechenden Nutzungsvertrag steuerliche Fallstricke. So wird beispielsweise eine höhere Grundsteuer fällig, Nachabfindungsansprüche können entstehen und es können deutlich höhere Steuerlasten auftreten, zum Beispiel im Falle einer Vererbung. Daher ist eine steuerliche Beratung zwingend erforderlich. Auch wenn es sich im ersten Moment "nur" um einen Nutzungsvertrag handelt, kann dies ungeahnte Folgen nach sich ziehen.

Welche Möglichkeiten haben Flächeneigentümer?

Flächeneigentümern bieten sich einige Möglichkeiten. Diese gehen über das Eingehen von Nutzungsverträgen, über die Beteiligung am PV-Projekt auf eigener Fläche bis hin zum Betrieb des Solarparks in Eigenregie. Jede Möglichkeit setzt eine gute fachliche, wirtschaftliche und räumliche Planung voraus. Nur so können alle Beteiligten von Solarparks profitieren.


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Ansprechpartner*innen Freiflächen-Photovoltaikanlagen