Küstenfischerei Niedersachsen 2022
Die Anzahl der Fischereifahrzeuge in der niedersächsischen Küstenfischerei ist seit Jahren rückläufig. Während im Jahr 2012 über alle Sparten 134 Fahrzeuge gemeldet waren, waren es im vergangenen Jahr nur noch 123. Dies bedeutet zwar einen leichten Anstieg gegenüber 2021, aber dieser basiert nur auf Verschiebungen zwischen Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Einen Kutterneubau hat es seit 2004 nicht gegeben und viele Fahrzeuge sind älter als ihre Kapitäne.
Nachdem die Jahre 2020 und 2021 durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie gekennzeichnet waren, stand das Jahr 2022 im Zeichen des Ukrainekrieges und der damit verbundenen allgemeinen Kostensteigerung. Bereits vor Beginn des Konflikts hatte sich der Treibstoffpreis (Gasöl) deutlich gesteigert und in 2022 gegenüber dem Vorjahr gut verdoppelt. Im Nachlauf der Energiepreise sind 2022 auch alle anderen Betriebsmittel deutlich teurer geworden, was die wirtschaftliche Lage der Betriebe weiter belastet hat. Glücklicherweise konnte auch die Fischerei von schnellen staatlichen Hilfen profitieren, durch die die Mehrkosten zwar nicht ausgeglichen, aber die Folgen deutlich abgemildert wurden.
Die niedersächsische Krabbenfischerei hat 2022 nach drei deutlich unterdurchschnittlichen Jahren endlich mal wieder leicht überdurchschnittliche Umsätze generieren können. Während die Fangmenge mit 3.750 t auf dem niedrigen Niveau des Vorjahres verharrte, stiegen die Erzeugerpreise deutlich von 4,36 auf 6,05 €/kg.
Für die Muschelwirtschaft war auch 2022 nicht das erhoffte gute Jahr, um die kläglichen Vorjahre auszugleichen. Allerdings konnten in 2022 endlich wieder nennenswerte Mengen von Saatmuscheln aufgefischt und auf die Kulturflächen verbracht werden, was für die kommenden Jahre steigende Anlandungen erwarten lässt.
Bei der Kleinen Hochseefischerei in Niedersachsen sind Fangmenge und Umsatz im Jahr 2022 erneut rückläufig gewesen. Positiv anzumerken ist jedoch, dass die Fischpreise insgesamt deutlich gestiegen sind. Im Rundfischbereich (Seelachs, Kabeljau) haben die Preissteigerungen den Mengenverlust ausgeglichen oder sogar überstiegen. Bei der Plattfischfischerei (Scholle, Seezunge & Steinbutt) sind die Abnahmen bei den Fangmengen so drastisch gewesen (30-75 %), dass diese nicht durch die höheren Preise aufgefangen werden konnten. Anders als noch vor einigen Jahren, waren hierfür nicht knappe Fangquoten, sondern wirtschaftliche Überlegungen der Flotte verantwortlich. Die speziell im ersten Halbjahr ungewöhnlich hohen Treibstoffpreise machten Teile der Fischerei schlicht unwirtschaftlich. Es ist in den kommenden Jahren damit zu rechnen, dass es zu einer deutlichen Verknappung von Fisch aus europäischen Fängen kommt, da im Zuge der Zahlungen aus der BREXIT-Anpassungs-Reserve in den Niederlanden bis zu 70 % der Plattfischflotte abwracken werden. Fisch aus dem heimischen Meer dürfte daher für die Verbraucher in den kommenden Jahren deutlich teurer werden.
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Philipp Oberdörffer
Stellv. Leiter Fachbereich Fischerei
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