Landwirtschaftliches Konzept einer großräumigen Kompensation von Eingriffen am Beispiel der A 39 in Nordostniedersachsen
Landwirtschaftliche Flächen sind eine knappe Ressource. Jährlich gehen in Deutschland ca. 100 ha LF (Umweltbundesamt 2010) täglich über Baumaßnahmen für die Landwirtschaft verloren. Gemäß der Eingriffsregelung nach § 18 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft auszugleichen. Bei einem durchschnittlichen angenommenen Kompensationsverhältnis von Eingriffen für Siedlungs- und Verkehrsflächen von 1:1 (vergl. Osnabrücker Modell zur Eingriffsregelung) werden somit weitere 100 ha LF täglich zu Kompensationszwecken aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen.
Im Dienstgebiet der Bezirksstellen Uelzen und Braunschweig der LWK Niedersachsen wird derzeit der Bau der A 39 geplant. Hierfür werden ca. 2000 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen für Kompensationsmaßnahmen benötigt. Um die Belastungen für die landwirtschaftlichen Betriebe vorzugsweise gering zu halten, sollten Kompensationsmaßnahmen möglichst außerhalb des Planungskorridors der A 39, jedoch im gleichen Naturraum umgesetzt werden. Eine Doppelbelastung der Betriebe vor Ort, durch Flächenverluste über die eigentlichen Straßenbaumaßnahmen und indirekt über notwendige Kompensationsmaßnahmen, könnte damit vermieden werden.
Eine scharfe Abgrenzung von Kompensationsräumen ist im Frühstadium der Planungen häufig nicht möglich. Daher werden Suchräume festgelegt, in denen Kompensationsmaßnahmen umgesetzt werden sollen. Aus landwirtschaftlicher Sicht sind diese in den für die Landwirtschaft weniger bedeutenden Bereichen zu finden. Hierzu müssen die landwirtschaftlichen Flächen in ihrer Bedeutung für die Landwirtschaft definiert werden.
Die BSt. Uelzen hat eine Methode entwickelt um für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Flächen großräumig zu differenzieren. Am Beispiel von Nordostniedersachsen werden die Flächen nach Kriterien wie – Natürliche Ertragsfähigkeit, Infra- und Agrarstruktur sowie der Nutzungsintensität - bewertet und gewichtet. Das Ergebnis ist eine sog. Ampelkarte, in der die Flächen als Kacheln (je Kachel 100 ha) nach Räumen mit hoher (rot), mittlerer (gelb) und geringer Bedeutung (grün) unterschieden werden. Kacheln in denen sich weniger als 30% LF befinden wurden bei der Bewertung nicht berücksichtigt.
Die Räume mit hoher und mittlerer Bedeutung für die Landwirtschaft werden als Primärräume (rot) für Landwirtschaft zusammengefasst und von den Sekundärräumen (grün) abgegrenzt. Suchräume für Großräumige Kompensationsmaßnahmen sollten aus Sicht der LWK Niedersachsen möglichst in den Sekundärräumen umgesetzt werden. Die roten Primärflächen sind von großräumiger Kompensation freizuhalten und im Planungsprozess als „Tabuflächen“ herauszunehmen.
Die vorgeschlagenen Sekundär- und Primärräume sollen für die Planer von Kompensationsmaßnahmen erste Anhaltspunkte für eine räumliche Verortung dieser Maßnahmen geben. Sie ersetzen in keiner Weise die erforderlichen Untersuchungen zu weiteren agrarstrukturellen Belangen die, laut § 15 Abs. 3 des BNatSchG bei den Planungen Berücksichtigung finden müssen, wie z. B. die Analyse der von Kompensation betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe im Rahmen einer „Betroffenheitsanalyse Landwirtschaft“.
Räume mit hoher landwirtschaftlicher Bedeutung könnten u. E. auch für die Abgrenzung von „Vorrangflächen Landwirtschaft“ in der Raumordnung zugrunde gelegt werden.
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