Saatguternte bei der Küstentanne, wichtiger denn je!
Die Saatguternte hat eine sehr große Bedeutung für den Waldumbau im Privatwald in Niedersachsen. In Zeiten des Klimawandels benötigen die Wälder gesichertes Saatgut für die Begründung von klimastabilen Wäldern. Die Samen der Küstentanne sind eine empfohlene Option zur Erweiterung der Baumartenvielfalt.
Wenn Tim Schröder und Anders Vinther auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz sind, geht es hoch hinaus: Die beiden Männer sind in der Baumpflege tätig und gehen im Spätsommer einer besonderen Aufgabe nach, die wesentliche Grundlage für den Waldumbau in Niedersachen und in anderen Bundesländern ist. Ende August sind Schröder und Vinther in den teilweise mehr als 40 Meter hohen Kronen eines Küstentannenbestandes bei Ankum im Westen Niedersachsens anzutreffen. Mithilfe der Seilklettertechnik ernten sie dort die Zapfen der ursprünglich aus Nordamerika stammenden Nadelholzbaumart – keine leichte Aufgabe.
Zulassung von Saatgutbeständen
Längst nicht jeder Bestand ist für die Saatguternte geeignet, unabhängig von der Baumart. Voraussetzung ist eine Zulassung als Saatgutbestand, die nach entsprechender Eignung durch das niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erfolgt. „Bei der Besichtigung vor Ort wird der jeweilige Bestand genau unter die Lupe genommen. Im Fokus stehen unter anderem die Wüchsigkeit und die Qualität der Bäume, etwa im Hinblick auf gerade Schäfte und Feinastigkeit“, erklärt Steffen Themann, der die Bezirksförsterei Ankum der Landwirtschaftskammer Niedersachsen leitet und die Saatguternte in der Küstentanne gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Wiemer vom Forstamt Weser-Ems fachlich begleitet.
Qualitätskriterien des Saatgutes
Die charakteristischen kleinen Harzgallen der Küstentanne auf der Rinde hinterlassen schnell ihre Spuren auf der Kleidung der Zapfenpflücker In den Wipfeln sind die Männer der Sonneneinstrahlung stärker ausgesetzt, genau hier ernten sie die Zapfen. Vorher aber werden mehrere Zapfen aufgeschnitten – enthalten sie keine oder nur wenige Samen, ist die Arbeit umsonst und der nächste Baum muss aufgesucht werden. „Es sollten mindestens 50 Prozent Samen je Zapfen enthalten sein. Angeschnitten sehen die Samen etwa so aus wie ein kleines Reiskorn“, erklärt Tim Schröder. Das entspreche etwa 35 bis 40 Samen pro Zapfen.
Erntemengen
Die ersten Bäume in Ankum sind taub, enthalten also keine Samen. Später sind Schröder und Vinther erfolgreicher, können die mitgeführten Säcke nach und nach mit Zapfen füllen. Ein voller Sack wiegt am Ende etwa 20 bis 30 Kilogramm und wird nach einem Warnruf zu Boden fallen gelassen. Bezahlt werden die beiden Baumkletterer im Akkord, in diesem Fall nach dem Gewicht der Zapfen. Für Fehlstiege, etwa wenn die Zapfen taub sind, gibt es eine Entschädigung. Wenn es gut läuft, ernten erfahrene Zapfenpflücker etwa 150 bis 200 Kilogramm pro Tag. Trotz aller Mühen: „Die Arbeit im Wald entspannt, abends sitzen wir gemeinsam draußen“, erzählt Tim Schröder. Davor aber müssen die Säcke mit den Zapfen in eine Halle gebracht und dort entleert werden. Die dichte Lagerung in den Behältern würde sich sonst negativ auf die Qualität des Saatgutes auswirken. Nach dreieinhalb Tagen haben Schröder und Vinther schließlich knapp 1.260 Kilogramm geerntet – das Saatgut stammt von 45 verschiedenen Bäumen. Für jeden dieser Bäume wird eine Probe aus zwei Zapfen hinterlegt. Abnehmer des Saatgutes ist Josef Schlör, der mit Wald- und Gehölzsamen handelt und im Jahr etwa 200 Tonnen Saatgut unterschiedlicher Baum- und Gehölzarten umsetzt. Bei der Abnahme in Ankum sind auch wieder Andreas Wiemer als Saatgutbeauftragter und Bezirksförster Steffen Themann mit dabei. Die Ernte wird erneut gewogen und in Säcken zu je 25 Kilogramm abgefüllt. Dabei arbeiten Händler, Zapfenpflücker und Förster Hand in Hand.
Als Saatgutbeauftragter hat Andreas Wiemer die Ernte in der Küstentanne nicht nur beim Ministerium angemeldet, er füllt vor Ort auch das sogenannte Stammzertifikat aus. Darin werden nicht nur Land und Herkunftsgebiet des Ausgangsmaterials, das Ernteverfahren und die Art des Vermehrungsgutes festgehalten, auf dem Dokument wird auch das genaue Gewicht des Saatgutes und die Anzahl der Verpackungseinheiten vermerkt. Später lässt sich durch das Stammzertifikat der gesamte Ernteablauf und vor allem auch die Herkunft des Saatgutes nachvollziehen.
Wie wichtig die Saatguternte auch bei Baumarten mit eher geringem Erlös ist, verdeutlichen Steffen Themann und Andreas Wiemer: „Für den Waldumbau unserer Wälder in Niedersachsen brauchen wir innerhalb der Baumarten eine möglichst große Vielfalt, auch was die unterschiedlichen Herkünfte angeht. Das ist ein wichtiger Baustein, um den Wald von morgen fit für den Klimawandel zu machen“, sind sich die Förster einig. Durch die vielen durch Trockenheit und Borkenkäferbefall entstanden Freiflächen ist der Bedarf nach standortgerechten Setzlingen und damit auch entsprechendem Saatgut in den nächsten Jahren hoch – nichtnur in Niedersachsen.
Kontakte

Carl Hesebeck
Bezirksförster
0174 3789 298
carl.hesebeck~lwk-niedersachsen.de
Wolfriss-Begutachtung: 0511 3665-1500

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