Wir bieten Lösungen - regional & praxisnah!

Landessortenversuche 2022: Sommerweizen

Webcode: 01041333
Stand: 22.12.2022

Der Anbauumfang von Sommerweizen stieg in diesem Jahr wegen der ungünstigen Aussaatbedingungen im Herbst 2021 wieder an. Die deutlich gestiegenen Durchschnittserträge sind vornehmllch dadurch erklärbar, dass er gerade auf den ertragreichen Marschstandorten den Winterweizen ersetzen musste.

Sommerweizen
SommerweizenWilli Thiel
Der Sommerweizen konnte bei den Sommerungen am stärksten von den Schwierigkeiten während der Herbstaussaat 2021 profitieren. Der sprunghafte Anstieg der Anbauzahlen um 4.700 ha begründet sich dadurch, dass vornehmlich für den Winterweizen vorgesehene Flächen nicht bestellt werden konnten, überwiegend in den Marschregionen.

Mit 65,1 dt/ha wird vom Landesamt für Statistik (LSN) für den Sommerweizen ein sehr guter Durchschnittsertrag ausgewiesen, der damit deutlich über dem Niveau der letzten Jahre lag. Da der Anbau besonders auf den ertragsstarken Marschstandorten ausgedehnt wurde, wo auch im Jahr 2022 in der Vegetationsperiode in der Regel eine ausreichende Wasserversorgung gegeben war, ist dieses Ergebnis durchaus erklärbar.

Die Aussaat des Sommerweizens erfolgte größtenteils ab der zweiten Märzdekade, auch in der Marsch, sobald die Befahrbarkeit der Böden gegeben war. Die Ernte in Niedersachsen begann Ende Juli und war im Prinzip Mitte August abgeschlossen.

Das Ertragsniveau der Landessortenversuche an den niedersächsischen Standorten lag 2022 bei 58 und 68 dt/ha auf den Lehmstandorten Astrup (LK OS) und Königslutter (LK HE) sowie bei 91 dt/ha am Marschstandort in Otterham (LK AUR). Gegenüber den Vorjahren erhöhten sich die Ertragsunterschiede zwischen Winter- und Sommerweizen auf etwa 25 dt/ha. Insbesondere auf den leichteren Lehmstandorten im südwestlichen bzw. nordöstlichen Bereich wirkten sich die seit März nur unterdurchschnittlich gefallenen Niederschläge mit entsprechend zunehmenden Trockenstressbedingungen stärker auf die Ertragsleistungen des Sommerweizens aus.

Aktuell wird es spannend sein, inwiefern sich die Kälteperiode ab 10. Dezember mit zum Teil deutlich unter -10°C auf die bisher ausgesäten Winterungen auswirken wird. Bei eventuellen Auswinterungsschäden könnte natürlich auch der Sommerweizen wieder davon profitieren und seine oftmals zugewiesene Rolle als Lückenbüßer übernehmen.

Ergebnisse der Sorten

Der Prüfumfang hinsichtlich Sorten und Standorten ist, bedingt durch die geringe Anbaubedeutung des Sommerweizens, eingeschränkt. Die Anbauprüfungen fanden in zwei Anbauregionen statt. Für die Marschstandorte standen die drei Standorte Otterham (LK AUR, Niedersachsen) und Sönke-Nissen-Koog und Barlt in Schleswig-Holstein zur Verfügung. Der Durchschnittsertrag betrug 98,6 dt/ha und lag damit wesentlich höher als in den Vorjahren. Am niedersächsischen Standort wurden mit 91 dt/ha um ca. 10 dt/ha geringere Erträge als an den beiden schleswig-holsteinischen Standorten erreicht. Die Anbauregion Lehmstandorte Nordwest wurde durch die niedersächsischen Standorte Königslutter (LK HE) und Astrup (LK OS), die nordrhein-westfälischen Standorte Kerpen-Buir und Siebenhöfen sowie durch Kastorf und Futterkamp (beide Schleswig-Holstein) und Eichhof (Hessen) vertreten. An diesen sieben Standorten wurde ein Durchschnittsertrag von 72,7 dt/ha (58,0 bis 90,4 dt/ha) erzielt.

Das Prüfsortiment blieb vom Umfang her wie im Vorjahr bei insgesamt 10 Sorten. Allerdings wurden altbekannte Sorten wie Servus und Jasmund, aber auch Zenon und Anabel nicht mehr weitergeprüft. Zu den wenigstens vierjährig geprüften Sorten zählen Quintus und KWS Starlight sowie für die Anbauregion Lehmige Standorte Nordwest die Sorten Licamero und SU Ahab. Akvitan stand im dritten, WPB Troy im zweiten Prüfjahr. Hinzugekommen sind vier Neuzugänge. Mit KWS Carusum wurde eine qualitätsbetonte E-Sorte aufgenommen, mit Winx eine neue A-Sorte sowie mit KWS Jordum und Patricia zwei ertragsbetonte B-Sorten.

In der Marschregion lieferte KWS Starlight mit rel. 102 wieder überdurchschnittliche Erträge und bestätigte damit die sehr guten Vorjahresergebnisse. Mit rel. 104 konnte die neue B-Sorte Patricia ihr Leistungsvermögen unter Beweis stellen. WPB Troy knüpfte mit rel. 100 nicht ganz an die guten Vorjahresleistungen an. Ein vergleichbares Ergebnis lieferte auch die neue B-Sorte KWS Jordum ab. Die neue E-Sorte KWS Carusum erzielte mit rel. 98 ein gutes Ergebnis, während Winx mit rel. 96 doch etwas enttäuschte. Die altbekannte Sorte Quintus erreichte mit rel. 93 ein sehr schwaches Ergebnis.

KWS Starlight hielt auch in der mehrjährigen Betrachtung mit rel. 102 klar die Spitzenposition. Dank hoher Vorjahresergebnisse erreichte WPB Troy noch einen guten Wert. Quintus fiel nach dem diesjährigen enttäuschenden Ergebnis auch in den mehrjährigen Zahlen weiter ab. Die Leistungen der Neuzugänge sind bereits in der einjährigen Betrachtung beschrieben.

An den lehmigen Standorten Nordwest wurden alle zehn Sorten geprüft. Hier erwiesen sich vorwiegend die neueren Sorten als ertragsstark. Von den etablierten Sorten konnte SU Ahab als E-Sorte mit rel. 99 gute Ergebnisse erzielen. KWS Starlight, Akvitan, Quintus und Licamero folgten mit Leistungen von rel. 98 bis lediglich rel. 95. Die zweijährig geprüfte Sorte WPB Troy konnte ihr Vorjahresergebnis deutlich verbessern, indem sie in diesem Jahr mit rel. 101 das drittbeste Ergebnis erreichte. Von den neuen Sorten überzeugten vor allem KWS Jordum und Winx, gefolgt von Patricia und KWS Carusum.

Da in dieser Anbauregion auch schon entsprechende Vorprüfungsergebnisse vorlagen, sind bereits bessere Aussagen zu den neuen Kandidaten möglich. Von den etablierten Sorten überzeugten in den mehrjährigen Ergebnissen vor allem KWS Starlight und Licamero, die trotz schwächerer diesjähriger Leistungen hier gut durchschnittliche Werte erzielten. Ebenfalls als A-Sorte konnte auch die dreijährig geprüfte Sorte Akvitan vergleichbare, insgesamt dabei recht konstante Erträge erzielen. Von den neuen Sorten erreichte Winx incl. der WP-Ergebnisse mit rel. 103,9 die höchsten Erträge, gefolgt von KWS Jordum mit rel. 102,6. Bei leicht unterdurchschnittlichen Erträgen konnte die E-Sorte KWS Carusum durchaus überzeugen. Die beiden B-Sorten Patricia und WPB Troy müssen vor allem ertraglich gut abschneiden, sie erreichten insgesamt mit rel.100,8 bzw. rel. 99,2 eher mittlere Leistungen. Quintus und SU Ahab lieferten mehrjährig nur unterdurchschnittliche Ergebnisse ab. Die Sortenempfehlungen für die Anbauregionen werden in der abschließenden Einzeldarstellung der Sorten erläutert.

Die Qualitäten

Die geprüften Sorten erreichten im Mittel Rohproteingehalte (RP) von 12,7 % und lagen auf einem deutlich höheren Niveau als die Winterweizenprüfungen; im Vergleich zum Vorjahr waren die Werte jedoch auch niedriger. Die höchsten Werte erzielte mit 13,2 % die neue E-Sorte KWS Carusum gefolgt von Licamero mit 13,1 %. Auch die B-Sorten lagen mit 12,4 % und höher insgesamt ca. 2. % über den Winterweizenergebnissen. Als E-Sorte erreichte SU Ahab mit 12,6 % recht schwache RP-Gehalte.

Die an lediglich drei Standorten durchgeführten Fallzahluntersuchungen wiesen mit einem Durchschnittswert von 328 sek. sehr hohe Werte auf, die damit wieder auf dem Niveau der Jahre 2020 und 2019 lagen. KWS Carusum erreichte mit 409 sec. mit Abstand die höchsten Fallzahlen. Mit Ausnahme von Akvitan erzielten die übrigen Sorten alle Werte oberhalb von 300 sec.

Das Hektolitergewicht fiel mit 79,9 kg im Vergleich zu den Vorjahren sehr hoch aus. Mit Werten von 81,9 und 81,8 kg schnitten die beiden neuen Sorten KWS Carusum und Patricia am besten ab. Auch die zweijährig geprüfte Sorte WPB Troy erreichte nach einem bereits guten Vorjahresergebnis mit 81,7 kg einen guten Wert.

Die empfohlenen Sorten im Einzelnen:

Die vierjährig geprüfte Sorte KWS Starlight erzielte in allen Jahren und Anbaugebieten sehr gute bis gute Erträge und wird daher ganz klar empfohlen. Bei mittleren Qualitäten ist sie mit Ausnahme gegenüber Mehltau als robuste Sorte einzustufen. Hervorzuheben sind darüber hinaus auch die guten Einstufungen gegenüber Ährenfusarium sowie den Rosten und Blattseptoria.

Licamero wurde 2022 noch auf den Lehmstandorten Nordwest geprüft und verdankt ihre Anbauempfehlung dort den guten Ergebnissen aus den Vorjahren. 2022 zeigte die Sorte ertraglich eher schwache Leistungen. Mit guten Einstufungen gegenüber Mehltau, Gelbrost und Ährenfusarium punktet sie auch durch gute Qualitäten, vor allem im RP-Gehalt und hl-Gewicht. Sie ist derzeit die einzige Sorte im Sommerweizensortiment, die mehrjährig auch für Spätsaaten im Herbst mit Erfolg geprüft wurde.

Die dreijährig geprüfte Sorte Akvitan wurde ebenfalls seit 2022 nur noch auf den Lehmstandorten Nordwest geprüft, sie zeigte in den jeweiligen Jahren recht konstante Leistungen, die eine Anbauempfehlung als A-Sorte rechtfertigen. Als standfeste und robuste Sorte gegenüber Mehltau und Braunrost wird sie für die Lehmstandorte empfohlen. Aus qualitativer Sicht konnte sie bei der Fallzahl nicht unbedingt überzeugen.

WPB Troy erzielte als B-Sorte von den mehrjährig geprüften Sorten in der Marsch das zweitbeste Ergebnis und wird daher aus ertraglicher Sicht dort empfohlen. Für den Anbau sprechen die gute Standfestigkeit, sowie die guten Einstufungen gegenüber Mehltau und den Rosten.

Die E-Sorte SU Ahab sowie die altbewährte Sorte Quintus werden aufgrund insgesamt unterdurchschnittlicher Ertragsleistungen nicht empfohlen. Quintus zählt allerdings bis auf die Empfindlichkeit gegenüber Mehltau nach wie vor zu den gesündesten Sorten und ist vor allem aufgrund der sehr guten Gelbrost- und Ährenfusariumeinstufung immer noch die vermehrungsstärkste Sorte.

Sorten für den Probeanbau

Die neue E-Sorte KWS Carusum erreichte als ausgesprochene Qualitätssorte leicht unterdurchschnittliche Erträge in beiden Anbauregionen, punktet aber in den Qualitätseinstufungen. Die sehr guten Einstufungen durch das BSA in den Merkmalen RP-Gehalt, Fallzahl und hl-Gewicht wurden auch in den diesjährigen LSV-Prüfungen klar bestätigt. Darüber hinaus ist die sehr gute Blattgesundheit, vor allem gegenüber Mehltau und Gelbrost sowie die geringe Anfälligkeit gegenüber Ährenfusarium hervorzuheben. Als qualitätsbetonte E-Sorten erhält sie daher in der Marsch eine Probeanbauempfehlung, aufgrund der etwas schwächeren Ertragsleistung auf den Lehmstandorten Nordwest erfolgt sie dort eingeschränkt.

Die A-Sorte Winx konnte 2022 auf den Lehmstandorten Nordwest überdurchschnittliche Erträge erzielen, die die WP-Ergebnisse damit bestätigen. Sie erhält nur eine eingeschränkte Probeanbauempfehlung, da sie stark lageranfällig ist und mit Ausnahme der guten Mehltaubewertung auch gegenüber Blattkrankheiten und Ährenfusarium lediglich durchschnittlich eingestuft wurde.

Die B-Sorte Patricia erreichte in diesem Jahr sehr gute Erträge auf den Marschstandorten und kann darüber hinaus als standfeste und insgesamt blattgesunde Sorte beschrieben werden, eine Empfehlung für den Probeanbau erhält sie für die Marsch.

Die B-Sorte KWS Jordum überzeugte sowohl diesjährig als auch in den Vorprüfungen auf den Lehmstandorten Nordwest. Sie wird dort auch dank der sehr guten Blattgesundheit, vor allem gegenüber Gelbrost, und der sehr guten Einstufung gegenüber Ährenfusarium sowie der Standfestigkeit für den Probeanbau empfohlen.

Zusammenfassung

Die gegenüber dem Vorjahr deutlich verbesserten Ertragsleistungen des Sommerweizens täuschen nicht darüber hinweg, dass in der Regel die Ertragsunterschiede zum Winterweizen generell sehr ausgeprägt sind. Solange es keine gravierenden Einschränkungen eines Stoppelweizenanbaus im Herbst gibt, wird der Sommerweizen aus ertraglichen und ökonomischen Gesichtspunkten in der Anbaubedeutung nicht zunehmen. Auch die diesjährige Anbauausweitung war letztlich darin begründet, dass im Herbst nicht alle Winterweizenflächen bestellt werden konnten. Daher wird der Sommerweizenanbau wohl nach wie vor in erster Linie als Ersatz oder auch „Notnagel“ für andere Kulturen fungieren.

Spannend wird im kommenden Frühjahr sicherlich sein, ob der Kälteeinbruch im Dezember dazu führen wird, dass mit Winterungen bestellte Flächen umgebrochen und neu angesät werden müssen. Allerdings muss sich Sommerweizen auch dann mit anderen, unter Umständen ökonomisch interessanteren Kulturen wie Gerste, Hafer, Mais oder vielleicht auch Leguminosen messen.