Die Energiekrise scheint sich etwas entspannt zu haben. Dennoch ist das Interesse an alternativen Möglichkeiten zur Eigenstromerzeugung groß. Windmüller nutzen die Kraft des Windes bereits seit vielen Jahrhunderten, doch Kleinwind für die Stromerzeugung hat sich bisher kaum durchgesetzt. Wie funktioniert die Technik? An welchen Standorten sind Kleinwindanlagen sinnvoll? Für welche Betriebe kann sich eine eigene Anlage lohnen?
Im vergangenen Jahr stieg der Strompreis in bisher ungeahnte Höhen. In der Folge suchten landwirtschaftliche Unternehmen nach Möglichkeiten die Stromkosten zu senken. Tenor in der Beratung war und ist es: Zunächst Strom sparen, dann selbst erzeugen! Sparen lässt sich zum Beispiel durch die Nutzung effizienterer Technik oder Optimierung der vorhandenen Technik. Bei der Stromeigenerzeugung sollte jeder Betrieb zunächst über eine Photovoltaikanlage mit Eigenverbrauch nachdenken. Dies ist zur Zeit die günstigste Möglichkeit der Eigenstromerzeugung. Die Stromerzeugungskosten liegen derzeit bei acht bis zwölf Cent pro Kilowattstunden (kWh). Ein Niveau, welches mit einer Kleinwindanlage nicht erreicht werden kann.
Was ist Kleinwind?
Verschiedene technische Parameter definieren eine Kleinwindanlage. Die Gesamthöhe beträgt maximal 50 Meter und der Rotordurchmesser 16 m, also 200 m² Rotorfläche.
Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gibt es Sonderregelungen, was die Einspeisevergütung für kleine Windenergieanlagen angeht und diese greift bis zu einer Leistung von 50 Kilowatt (kW). Ein weiteres Kriterium ist die Nutzung des erzeugten Stroms. Großwindanlagen werden in Windparks errichtet und dienen ausschließlich der Einspeisung in das öffentliche Versorgungsnetz. Kleinwindanlagen stehen in der Nähe der Verbraucher, also am Hof. Der erzeugte Strom wird überwiegend zur Eigenversorgung genutzt.
Bereits sehr verbreitet in der Landwirtschaft ist die Photovoltaik(PV). Die Technik ist Massenware und PV-Anlagen werden heute in großen Stückzahlen verkauft. Es gibt einige große und bekannte Hersteller von Modulen und Wechselrichtern. Somit kann davon ausgegangen werden, dass bei der Anschaffung von Technik eines namhaften Herstellers wenig Probleme während der Betriebszeit auftreten. Obendrein gibt es bei Solarstromanlagen keine beweglichen Teile, was PV-Anlagen wenig reparaturanfällig macht.
Grundsätzlich anders sieht es bei der Kleinwindtechnik aus. Am Markt findet man zahlreiche kleinere Hersteller mit verschiedenen Techniken, die in geringen Stückzahlen produzieren. Im Vergleich zu PV ist die Technik nicht so ausgereift. Dennoch verfolgen viele Hersteller das Konzept von Großwindanlagen. Das heißt Luv -Läufer (Rotor an der windzugewandten Seite vor dem Turm) mit horizontaler Rotorachse. Allerdings lassen sich ebenso vereinzelt noch vertikale Anlagen finden, häufig im Kleinstanlagenbereich.

Genehmigung von Kleinwindanlagen
Die Genehmigung von Kleinwindanlagen bis 50 m Gesamthöhe unterliegt nicht dem Bundesrecht, sondern wird über die niedersächsische Bauordnung geregelt. In Niedersachsen sind seit 2022 Kleinwindanlagen bis zu einer Gesamthöhe von 15 m verfahrensfrei. Dennoch sollten sich Bauwillige erkundigen, welche Vorgaben (z.B. Abstände) bei der Errichtung einzuhalten sind. Landwirtschaftliche Betriebe liegen in der Regel im Außenbereich. In der Größenordnung von 15 bis 50 m können Anlagen die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen als Nebenanlage zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, privilegiert und genehmigungsfähig sein. Um diese Bedingungen einzuhalten muss der überwiegende Teil (> 60 %) des erzeugten Stroms im Betrieb verbraucht werden.
Standort
Entscheidend für die Standortwahl bei einer Kleinwindanlage ist das Windpotenzial (Windhöffigkeit) in Nabenhöhe. Je mehr Wind am Standort, desto größer ist der Ertrag der Windenergieanlage. Deutschland befindet sich in der sogenannten Westwindzone. Bei der Planung einer Kleinwindanlage sollte besonderes Augenmerk auf Hindernisse, wie z. B. Bäume oder Häuser in Hauptwindrichtung gelegt werden. Aufgrund der geringen Höhe der Windanlagen bremsen die Hindernisse den Wind, führen zu Turbulenzen und es kommt zu deutlichen Mindererträgen. Ein guter Standort für Kleinwindanlagen kann dann häufig von vornherein ausgeschlossen werden. Vorsichtig sein sollte man beim „gefühlten Wind“ am eigenen Betrieb. Dieser kann trügerisch sein. Zunächst kann durch eine Sichtprüfung des geplanten Standorts geschaut werden, ob sich Hindernisse in westlicher Richtung befinden. Um das Windpotenzial am Aufstellort der Anlage zu ermitteln, können Gutachten von Ingenieurbüros helfen. Am besten eignet sich eine Windmessung am geplanten Standort der Anlage über mehrere Monate.
Eigenverbrauch
Eine Kleinwindanlage kann sich nur bei hohem Eigenverbrauchsanteil finanziell rechnen. Die EEG-Einspeisevergütung für den überschüssigen Strom beträgt unter 10 ct/kWh und die Einspeisung ist damit bei weitem nicht kostendeckend. Um einen hohen Eigenverbrauch zu erreichen, sollte zunächst das Lastprofil des Betriebes passend sein. Kleinwindanlagen liefern bei Wind kontinuierlich Strom, der dann verbraucht werden sollte, wenn er anfällt. Am besten eignen sich somit Milchviehbetriebe mit automatischem Melksystem (Melkroboter), die über den gesamten Tag kontinuierlich Strom verbrauchen. Je mehr Strom im Verhältnis zum Verbrauch erzeugt wird, desto geringer ist der Eigenverbrauch. Eine Kleinwindanlage sollte somit niemals überdimensioniert werden.
Wirtschaftlichkeit
Die Investitionskosten für eine Kleinwindanlage schwanken je nach Hersteller und Größe bzw. Höhe sehr stark. Verglichen mit dem Großanlagenbereich sind Kleinanlagen pro installierte kW um ein Vielfaches teurer. Die Schwankungsbreite liegt zwischen 3.000 und über 8.000 €/kW Anlagenleistung.
In einer Beispielberechnung (siehe Tabelle 1) wird kalkuliert, welche Stromerzeugungskosten sich bei einer Anlage mit 15 kW (20 m Nabenhöhe) Nennleistung an einem guten, küstennahen und einem weniger guten Standort (Binnenland) ergeben. Die Stromerzeugung liegt am guten Standort bei 28.500 kWh/Jahr bzw. bei 18.000 kWh/Jahr am schwachen Standort. Die Investitionskosten für eine betriebsbereite 15 kW Kleinwindanlage werden mit rund 90.000 € angesetzt. Abgeschrieben wird die Anlage auf 20 Jahre und als Betriebskosten werden 3,5 ct je erzeugte kWh zugrunde gelegt. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die erzeugte kWh in Küstennähe rund 0,25 € kostet. An einem Standort mit schlechteren Windverhältnissen liegen die Kosten für die erzeugte kWh bei ca. 0,38 €/kWh. Damit liegen die Erzeugungskosten bei vielen Betrieben im günstigsten Fall gleichauf mit dem derzeitigen Netzbezugsstrompreis.
Spannend ist nun, ob es der Betrieb schafft, den Strom zu einem sehr hohen Prozentsatz selbst zu verbrauchen, denn die Einspeisung für unter 10 ct/kWh Vergütung führt immer zu einem Verlust. In einer weiteren Berechnung (Tabelle 2) wird die Anschaffung einer Kleinwindanlage für einen Praxisbetrieb kalkuliert. Verglichen werden ein guter und ein schwacher Windstandort. Zunächst wird davon ausgegangen, dass der Betrieb bisher seinen gesamten Strom aus dem öffentlichen Netz zukauft. Für einen Gesamtverbrauch in Höhe von 60.000 kWh ergeben sich Gesamtkosten für die betriebliche Strombereitstellung von 18.000 €. Im zweiten Schritt wird nun die Kleinwindanlage für den gleichen Betrieb einberechnet. Im Betriebsbeispiel liegt der Gesamtstromverbrauch mehr als doppelt so hoch wie die Stromerzeugung der Kleinwindanlage. Bei diesem Verhältnis und einem Lastprofil eines Milchviehbetriebes mit Melkroboter ergibt sich ein realistischer Eigenverbrauchsanteil von rund 70 %. Bei anderen Konstellationen kann der Eigenverbrauchsanteil deutlich darunter liegen. Für den Betrieb an einem guten Küstenstandort ist zu erkennen, dass die Strombereitstellung in Kombination aus einer Kleinwindanlage und dem öffentlichen Netz jährlich bereits ca. 500 € mehr kostet als ohne Kleinwindanlage. An einem Binnenlandstandort mit schlechteren Windverhältnissen erhöhen sich mit der Kleinwindanlage die Kosten für die Strombereitstellung um rund 2.600 € bei reinem Strombezug aus dem öffentlichen Netz. Ein Grund für die hohen Gesamtkosten liegt an der Einspeisung von 30 % der erzeugten Strommenge für unter 10 ct/kWh.
An einem Küstenstandort könnte die Investition im dargestellten Beispiel wirtschaftlich werden, wenn der Strompreis in Zukunft deutlich stiege oder der Eigenverbrauch, z.B. durch einen höheren Gesamtverbrauch (Aufstockung der Tierzahl, Elektrifizierungsmaßnahmen usw.) gesteigert werden könnte. An Binnenlandstandorten, an denen unter Umständen nicht einmal eine freie Anströmung der Windenergieanlage gegeben ist, wird sich kaum eine Wirtschaftlichkeit ergeben.
Tabelle 1: Beispielrechnung: Stromerzeugungskosten einer Kleinwindanlage an verschiedenen Standorten (alle Werte ohne MwSt.)
Standort | |||
Guter Standort (Küstennahe, freie Anströmung) |
Schwacher Standort (Binnenland) | ||
Größe der Anlage | kw | 15 | 15 |
Jährliche Stromerzeugung | kWh | 28.500 | 18.000 |
Investitionskosten | € | 90.000 | 90.000 |
Jährliche Gesamtkosten | € | 7.185 | 6.818 |
Kosten je erzeugte kWh | € | 0,25 | 0,38 |
* Afa (20 Jahre), Zins (5 %, 15 Jahre), Betriebskosten (3,5 ct/kWh)
Tabelle 2: Kalkulation für die Strombereitstellungskosten im Praxisbetrieb (alle Werte ohne MwSt.)
Standort | |||
Guter Standort (Küstennahe freie Auströmung) | Schwacher Standort (Binnenland) | ||
Ohne Kleinwindanlage | |||
Stromkostenverbrauch des Betriebes | kWh | 60.000 | 60.000 |
Gesamtkosten für Strombezug (0,30 €/kWh) | € | 18.000 | 18.000 |
Mit Kleinwindanlage | |||
Stromverbrauch des Betriebes | kWh | 60.000 | 60.000 |
Erzeugung Kleinwindanlage | kWh | 28.500 | 18.000 |
Kosten für Strom aus KWA (0,25 bzw. 0,38 ct/kWh) | € | 7.185 | 6.818 |
Eigenverbrauch (70 % der Erzeugung) | kWh | 19.950 | 12.600 |
Einspeisung (30 % der Erzeugung) | kWh | 8.550 | 5.400 |
Erlös Einspeisung (0,08 ct/kWh) | € | 684 | 432 |
Restlicher Strombezug aus Netz | kWh | 40.050 | 47.400 |
Kosten für Strombezug (0,30 €/kWh) | € | 12.015 | 14.220 |
Gesamtkosten Strombereitstellung | € | 18.516 | 20.606 |
Fazit
- Kleinwindanlagen haben eine maximale Gesamthöhe von 50 Meter und eine maximale überstrichene Rotorfläche von 200 m².
- Bis zu einer Gesamthöhe von 15 Meter sind Anlagen verfahrensfrei. Im Zusammenhang mit einer überwiegenden Eigennutzung können Anlagen an einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb privilegiert genehmigungsfähig sein.
- Für einen guten Windertrag ist eine Begutachtung des geplanten Standorts unerlässlich.
- Um einen hohen Eigenverbrauch zu erreichen, sollte das Lastprofil passend und der Stromverbrauch im Betrieb kontinuierlich sein (z.B. Milchvieh mit Melkroboter).
- An guten Windstandorten kann der Strom zu ähnlichen Kosten wie der Netzbezugsstrompreis erzeugt werden. An schwachen Windstandorten liegen die Kosten deutlich höher.