Physikalisch effektive NDF – ein System zur Bewertung der Strukturwirksamkeit in Mischrationen
Strukturwert wird nicht mehr empfohlen
Neben der bedarfsgerechten Versorgung der Milchkühe mit Energie und Nährstoffen muss auch eine ausreichende Strukturwirksamkeit der Ration sichergestellt sein. Bisher wurde u.a. der Strukturwert nach de Brabander zur Bewertung der strukturwirksamen Wiederkäuerfütterung empfohlen. Schon im Jahr 2014 schlug die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) die physikalisch effektive NDF (peNDF) zur Kontrolle der Strukturwirkung von Mischrationen vor. Das peNDF-System verbindet die physikalischen Eigenschaften der Futtermittel in der Ration (die „Struktur“) und ihre chemischen Eigenschaften. Jetzt werden laut DLG-Information 01/2023 „Rationsoptimierung und Fütterungskontrolle bei Milchkühen“ des DLG Arbeitskreises Futter und Fütterung der Strukturwert und auch die strukturwirksame Rohfaser aufgrund ausgeprägter Unzulänglichkeiten nicht mehr von der GfE und DLG empfohlen.
NDF steht für Neutral-Detergenzien-Faser und umfasst die schwer verdaulichen Zellwand-Kohlenhydrate Zellulose und Hemizellulose sowie das Lignin. Wird der mineralische Anteil nach Veraschung abgezogen, ergibt sich die NDFom = organische NDF. Um in stärkehaltigen Futtermitteln die Stärke zu entfernen, erfolgt im Labor eine Vorbehandlung mit dem Enzym Amylase. Die daraus resultierende aNDFom stellt alle schwer verdaulichen Kohlenhydrate dar, die nur durch Mikroben abgebaut werden können.
Für die Beurteilung einer ausreichenden Strukturwirksamkeit ist auch der pH-Wert ausschlaggebend. Im Tagesmittel soll er 6,15 nicht unterschreiten und täglich nicht länger als 51/4 Stunden unter 5,8 liegen.
Schüttelbox
Um die peNDF als Bewertungsinstrument zu nutzen, muss auch die Partikelgrößenverteilung der Mischration ermittelt werden. Dabei werden ca. 300 g frisches Futter in die drei- bzw. vierstufige PennState-Schüttelbox gegeben, die mit mehreren Siebkästen (Sieblochgrößen 19 und 8 mm bzw. zusätzlich 1,18 mm) ausgestattet ist. Anschließend wird die Box 40 x auf einer ebenen Fläche nach einer vorgegebenen Prozedur hin- und hergeschoben. Grobe Teile, wie z.B. große Maisstängel, die wahrscheinlich nicht gefressen werden, sind zu entfernen. Durch das Sieben wird die Futterprobe in unterschiedliche Fraktionen geteilt: > 19 mm, 8-19 mm, 1,18-8 mm und ggf. < 1,18 mm. Die Inhalte der Siebkästen werden gewogen und die Gewichte addiert. Aus der Gesamtmenge werden die prozentualen Anteile der Inhalte der Siebkästen errechnet.
Die peNDF wird folgendermaßen berechnet:
peNDF (g/kg TM) = aNDFom in der Gesamtration (g/kg TM) x Masseanteil der Obersiebe
Berechnung des Masseanteils der Obersiebe: Masse der Rückstände in den Obersieben (> 19 mm und > 8 mm Lochgröße) in g dividiert durch die Masse der Gesamtfutterprobe in g
D.h. der Anteil der Partikel > 8 mm an der gesamten Probenmasse wird mit dem Gehalt an aNDFom der Futtermischung multipliziert.
Bei Verwendung einer vierstufigen Schüttelbox mit einem zusätzlichen Sieb > 1,18 mm kann die Berechnung entsprechend erfolgen. Vor allem die Siebfraktionen > 8 mm bestimmen die Wiederkautätigkeit, die Speichelbildung und folglich auch den Pansen.-pH-Wert.
Mindestgehalte an peNDF
Um die physiologisch normale Pansenfermentation aufrechtzuerhalten und eine subklinische Pansenacidose zu vermeiden, müssen Mindestgehalte an peNDF eingehalten werden (Tabellen 1 und 2). Diese sind abhängig von der Futteraufnahme und der Stärkemenge, da sie den Pansen-pH-Wert direkt beeinflussen. Bei peNDF>1,18 mm ist auch die Stärkeabbaubarkeit von Bedeutung. Die peNDF>8 mm ist für die praktische Anwendung vorteilhaft, da keine Angaben zur Stärkeabbaubarkeit erforderlich sind. Für Teilmischrationen müssen die peNDF-Gehalte höher sein, da die zusätzlichen Kraftfuttermengen die peNDF-Konzentrationen senken.
Gesamtstärke (g/kg TM) |
Futteraufnahme (kg TM/Tag) |
||||
18 |
20 |
22 |
24 |
26 |
|
140 |
120 |
130 |
150 |
160 |
180 |
180 |
140 |
150 |
170 |
180 |
210 |
220 |
160 |
170 |
190 |
210 |
2201) |
260 |
180 |
200 |
220 |
2201) |
2201) |
1) peNDF>8 mm muss zur Vermeidung eines Rückgangs der TM-Aufnahme begrenzt werden; mittlerer Pansen-pH-Wert von 6,15 wird erreicht.
Bei zu hohen Anteilen von peNDF>8 mm (> 220 g/kg TM) ist ein Rückgang der Futteraufnahme möglich, wenn die kalkulierte Verdaulichkeit der Mischration niedrig ist.
Abbaubare Stärke (g/kg TM) |
Futteraufnahme (kg TM/Tag) |
||||
18 |
20 |
22 |
24 |
26 |
|
80 |
180 |
200 |
210 |
230 |
250 |
120 |
210 |
230 |
250 |
275 |
310 |
180 |
250 |
280 |
3201) |
3201) |
3201) |
200 |
320 |
350 |
3201) |
3201) |
2) |
1) peNDF>1,18 mm muss zur Vermeidung eines Rückgangs der TM-Aufnahme begrenzt werden; mittlerer Pansen-pH-Wert von 6,15 wird erreicht. 2) Im Pansen abbaubare Kohlenhydrate reduzieren
Da mit peNDF keine Ration geplant werden kann, wird hierfür die aNDFom aus dem Grobfutter empfohlen. Als Zielwert für Hochleistungsrationen gelten mindestens 200 g aNDFom je kg TM aus Grobfutter bei maximal 210 g pansenabbaubarer Stärke und Zucker je kg TM.
Für Trockensteher werden folgende aNDFom-Gehalte (bei >12 kg TM/Tag) empfohlen:
|
Frühtrockensteher Woche 8 (6) vor bis Woche 6 (5) vor dem Kalben |
Vorbereitungsfütterung Woche 5 (4) vor bis zum Kalben |
aNDFom g/kg TM |
>460 |
>400 |
aNDFomGF g/kg TM |
>400 |
>260 |
Für Rationen laktierender Milchkühe gibt es je nach Laktationsstadium und Herdenleistung unterschiedliche aNDFom-Vorgaben. Diese sind in den Tabelle 11 und 12 der pdf-Datei aufgeführt.
Der mittlere Pansen-pH-Wert im Tagesdurchschnitt kann wie folgt geschätzt werden:
pH-Wert im Pansen im Tagesdurchschnitt = 6,237 + (0,03332 ∙ peNDF>8 mm) – (0,00055 ∙ (peNDF>8 mm)2) – (0,01091 ∙ Stärke) – (0,0089 ∙ TM-Aufnahme)
peNDF und Stärke werden in % der TM und TM-Aufnahme in kg/Tag angegeben.
Kontakte
Andrea Meyer
Rinderfütterung, Schweinefütterung, Futterberatungsdienst e.V.
Getreidepreise November 2023
Als Richtwerte schlagen wir die vom Fachbereich 3.1 der Landwirtschaftskammer vorläufig geschätzten Getreidepreise (netto) in €/100 kg für die Futterkostenberechnung vor.
Mehr lesen...Adieu NEL und nXP – Neue Versorgungsempfehlungen für Milchkühe
Nach mehr als 20 Jahren hat die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) jetzt neue Versorgungsempfehlungen für Milchkühe in einem 288-seitigen Buch veröffentlicht. Die bisherigen Empfehlungen entsprachen nicht mehr dem …
Mehr lesen...Kälberaufzuchtfutter von April bis Juni 2023 überprüft
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen teilt mit, dass der Verein Futtermitteltest fünf Ergänzungsfutter für Aufzuchtkälber im 2. Quartal 2023 überprüft hat. Die Futter waren mit 18 bis 21 % Rohprotein deklariert. Die …
Mehr lesen...Milchleistungsfutter von April bis Juni 2023 überprüft
Die LWK Niedersachsen teilt mit, dass der VFT 15 Milchleistungsfutter im 2. Quartal 2023 überprüft hat. Darunter waren sechs Futter für ausgeglichene Grobfutterrationen, ein MLF für den Ausgleich von energiereichen …
Mehr lesen...Neues DLG-Merkblatt 491 „Methan bei der Milchkuh“
Wenn es um die Bewältigung des Klimawandels geht, gerät auch die Minderung des Treibhausgases Methan immer stärker in den Fokus. Praxisdaten zeigen eine beträchtliche Streubreite in den CO2-Äquivalenten je Kuh und je kg Milch…
Mehr lesen...Getreidequalität 2023- erste Ergebnisse
Die LUFA Nord-West hat bereits mehr als 250 Getreideproben untersucht. Der Trend zu niedrigen Rohproteingehalten hat sich in dieser Ernte bisher nicht fortgesetzt. Im Mittel der 126 Gerstenproben wurden 8,5 % Rohprotein ermittelt (Vorjahreswert 8,3 %…
Mehr lesen...Weitere Arbeitsgebiete
Drittmittelprojekte

Abibewässerung
Ausgangslage Die durch den Klimawandel zunehmend negative klimatische Wasserbilanz in der Vegetationsperiode führt zu einem erhöhten Bedarf an Wasser für die Feldberegnung. Gleichzeitig erfordert die zunehmende Nutzungskonkurrenz um …
Mehr lesen...
ADAM
Ausgangslage ADAM ist ein 42-monatiges transdisziplinäres Forschungs- und Umsetzungsprojekt zur Steigerung der Biodiversität im Intensivgrünland. Es sind Partner aus der Wissenschaft (Bewilligungsempfänger Universität Gö…
Mehr lesen...
AGrON
Ausgangslage In Deutschland gibt es regionale Unterschiede beim landwirtschaftlichen Nährstoffanfall. So gibt es beispielsweise in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Landkreise mit starkem Nährstoffüberschuss, aber auch …
Mehr lesen...
AQUARIUS
Ausgangslage Die Niederschläge in der östlichen Lüneburger Heide sind deutlich niedriger als im übrigen Niedersachsen. Der eigentliche Wasserbedarf der landwirtschaftlichen Kulturen liegt dann oftmals sogar noch über …
Mehr lesen...
Biotopverbund Grasland
Ausgangslage Hintergrund dieses Projektes ist der starke Rückgang artenreichen Grünlands und seine zunehmende Verinselung in landwirtschaftlich intensiv genutzten Räumen einerseits und der starke Flä…
Mehr lesen...
BTB
Ausgangslage Landwirte und Imker sind aufeinander angewiesen: Die Landwirte haben Vorteile durch die Bestäubung Ihrer Kulturpflanzen durch die Honigbienen. Die Imker benötigen Blühpflanzen zur Versorgung Ihrer Bienen und zur …
Mehr lesen...