Parkinson durch Pestizide neu in der Liste der Berufskrankheiten
Die Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit kommt bei Personen in Betracht, die Herbizide, Fungizide oder Insektizide langjährig und häufig im beruflichen Kontext angewendet haben. Dass Parkinson nunmehr als Berufskrankheit anerkannt wird, bedeutet, dass Betroffene Anspruch auf Unterstützung durch die Berufsgenossenschaft haben, wenn sich die Krankheit aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit entwickelt hat.
Die Krankheit
Die Parkinson-Krankheit (Synonyme u.a. Parkinson-Syndrom, Morbus Parkinson, Schüttellähmung) entsteht durch einen langsam fortschreitenden Verlust bestimmter Nervenzellen im Gehirn. Die Erkrankung beginnt schleichend und schreitet danach zeitlebens fort, die Symptome werden im Verlauf stärker und daher auch besser erkennbar. Dadurch, dass der Verlauf der Parkinson-Syndrome bei jedem Patienten unterschiedlich ist, ist auch die Symptomatik individuell. Grundsätzlich nehmen die Parkinson-Symptome kontinuierlich zu, weil der Zellschwund ebenso stetig vorangeht. Bei vielen Betroffenen schwanken die Symptome auch täglich.
Im Rahmen der beruflichen Pestizidanwendung kann es zu einer Aufnahme der Giftstoffe durch die Haut oder die Atemwege kommen, in Einzelfällen (z.B. bei schlechter Arbeitshygiene) auch zur oralen Aufnahme. Es wird angenommen, dass Pestizide chronisch über freie Radikale zu oxidativem Stress und damit zur Neurodegeneration und Parkinson führen. Auch weitere Wirkmechanismen wurden identifiziert. In einer Vielzahl von Studien konnte der Zusammenhang zwischen Pestiziden aller Substanzgruppen und der Entstehung einer Parkinson-Erkrankung gezeigt werden. Dabei wurde ein deutlich erhöhtes Risiko bis hin zur Risikoverdopplung für ein pestizidbedingtes Parkinson-Syndrom erreicht oder überschritten.
Im Ergebnis hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales empfohlen, eine neue Berufskrankheit „Parkinson-Syndrom durch Pestizide“ in die Liste der anerkannten Berufskrankheiten aufzunehmen (siehe Wissenschaftliche Empfehlung für die Krankheit 'Parkinson-Syndrom durch Pestizde') .
Frühsymptome
Bei Vorliegen der nachfolgend beschriebenen Beschwerden sollten Sie Ihren Hausarzt oder Neurologen aufsuchen, da sie Frühwarnzeichen für Parkinson sein könnten. Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, da eine zügig eingeleitete Therapie den Krankheitsverlauf mildern und verlangsamen kann. Weisen Sie Ihren Arzt darauf hin, wenn Sie langjährig und regelmäßig mit Pflanzenschutzmitteln gearbeitet haben und es sich daher möglicherweise um eine Berufskrankheit handeln könnte.
Bereits Jahre vor dem Auftreten der motorischen Hauptsymptome können erste Frühsymptome auftreten, die sich nicht unmittelbar der Parkinson-Krankheit zuordnen, da sie auch Symptome anderer Erkrankungen sein können:
- Störung des Geruchssinns
- Stimmungsschwankungen (leichte Reizbarkeit) mit leichten Depressionen
- Verstopfung
- Atypische starke Bewegungen während des im gesunden Zustand normalerweise bewegungslosen Traumschlafs, bis hin zu Schreien oder Umsichschlagen.
Hauptsymptome
- Zittern (Tremor)
Charakteristisch für die Parkinson-Krankheit ist das Zittern, der sogenannte Tremor. Dieses Parkinson-Anzeichen wird von den Betroffenen meist als erstes, also im Parkinson Frühstadium, wahrgenommen. In einem Großteil der Fälle handelt es sich dabei um einen Ruhetremor. Dabei tritt das Zittern auf, wenn die Muskulatur vollkommen entspannt ist, zum Beispiel wenn die Hand im Schoß liegt. Wird die Hand dann bewegt, verschwindet das Zittern in der Regel wieder. - Bewegungsarmut/Verlangsamung der Bewegungen (Akinese)
Die Verlangsamung der Bewegungen fällt vor allem nahen Angehörigen oder Freunden als erstes Anzeichen für die Parkinson-Erkrankung auf. Während Betroffene früher Bewegungen flüssig ausführen konnten, erscheinen sie bei Parkinson allmählich immer stockender und gehemmter. Betroffenen gelingt es oft erst stark zeitverzögert, Arme und Beine in Bewegung zu bringen. Auch dieses Symptom einer Parkinson-Krankheit lässt sich im Parkinson-Frühstadium noch kaschieren. Abstellen oder mildern können es Patienten jedoch nicht. - Muskelsteifheit (Rigor)
Die Muskelsteifheit wird zu Anfang oft fehldiagnostiziert. Gerade zu Beginn zeigen sich schmerzhafte Verspannungen in den Oberarmen oder der Schulter. Schnell ist die Diagnose „Alterserkrankung“ wie Rheuma oder Arthrose gestellt. Wenn aber eines der Parkinson-Syndrome vorliegt, schlagen Schmerzmittel nicht an und können den Rigor nicht mildern. Wirklich Abhilfe schaffen dann nur gezielte Parkinson-Medikamente. - Geh- und Haltungsstörungen
Das auffälligste Anzeichen eines Parkinson-Syndroms ist das Gangbild. Die Arme schwingen nicht mehr mit, der Gang wird schlurfend und die Schritte werden kürzer.
Weitere Symptome von Parkinson
Neben den eindeutigen und typischen Symptomen kann noch eine Vielzahl weiterer Symptome auftreten. Diese können auch schon vor der eigentlichen Diagnose beziehungsweise im frühen Stadium auftreten. Vor allem nicht-motorische Symptome wie verminderte Darmtätigkeit oder Schlafstörungen stehen dann im Vordergrund und können erste Anzeichen von Parkinson sein.
- Veränderte Mimik und Stimme
Wenn sich aufgrund eines Parkinson-Syndroms die Muskeln versteifen, verändert sich auch die Mimik der Betroffenen. In Gesprächen wirken sie dann plötzlich wie unbeteiligt. Ihr Blick ist eher starr und ihre Gestik schwach. In vielen Fällen hat Parkinson auch Auswirkungen auf die Stimme des Patienten: Sie wird monotoner, flacher und oftmals undeutlich. - Schmerzen bei Parkinson
Bis zu 85 Prozent aller Personen mit Parkinson leiden an chronischen Schmerzen. Im Zuge einer Parkinson-Erkrankung klagen Patienten, neben Schmerzen an den Armen, am häufigsten über intensive Nackenschmerzen oder Schulterschmerzen. Nervenschmerzen können ebenso auftreten, die in vielen Fällen ebenfalls als sehr intensiv empfunden werden. - Niedergeschlagenheit, Interessens- und Antriebsverlust
Die Niedergeschlagenheit, die viele Parkinson-Erkrankte verspüren, hat sicherlich auch ihren Grund in der Erkrankung selbst. Es ist nicht einfach, plötzlich nicht mehr richtig gehen, sich nicht wirklich an Gesprächen beteiligen zu können oder wenn ständig Dinge aus der Hand fallen. Oft ziehen sich Betroffene daher aus ihrem sozialen Umfeld zurück und gehen nur noch ungern aus dem Haus. - Schlafstörungen
Mehr als 80 Prozent der Parkinson-Patienten leiden an verschiedenen Schlafstörungen. In einigen Fällen werden Betroffene nachts wach oder können nicht wieder einschlafen. In anderen Fällen leiden die Erkrankten am sogenannten „Gewaltschlaf“. Das heißt sie träumen so heftig, dass sie im Schlaf ihren Bettpartner sogar möglicherweise schlagen oder treten. - Kreislauf- und Verdauungsstörungen
Dadurch, dass sich die Vorgänge im Körper im Krankheitsverlauf verlangsamen und die Nervenimpulse im Gehirn schwächer werden, ist auch der Kreislauf beeinträchtigt. Der Kreislauf braucht oftmals länger, um beispielsweise von Liegen auf Stehen umzuschalten, sodass manche Betroffene Kreislaufprobleme oder Schwindelanfälle zeigen. Magen und Darm arbeiten ebenfalls langsamer als zuvor, sodass es bei Parkinson zu Verdauungsstörungen wie zum Beispiel Verstopfung kommen kann.
Weiteres Vorgehen
Wird Parkinson diagnostiziert und es liegt ein beruflicher Hintergrund mit langjährigen Umgang mit Pestiziden vor, kann die Anerkennung als Berufskrankheit geprüft werden, um die Leistungen der Unfallversicherung in Anspruch nehmen zu können.
- Alle bekannten betroffenen Versicherten der Landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) werden von der SVLFG angeschrieben und die Prüfung einer Berufskrankheit eingeleitet.
- Wer nicht bei der LKK krankenversichert ist, muss den Verdacht auf eine Berufskrankheit der SVLFG melden. Dies kann auf unterschiedliche Arten erfolgen:
- Ihr behandelnder Arzt oder Ihre Krankenkasse kann bei Verdacht auf eine Berufskrankheit schriftlich eine Anzeige bei der SVLFG einreichen
- Sie als Beschäftigte/r können auch selbst eine schriftliche Anzeige einreichen. Das kann formlos erfolgen (Mail, Post, Fax, Portal), es gibt dazu aber auch einen Vordruck: www.svlfg.de/formular-berufskrankheiten-anzeige
Wegen der zu erwartenden hohen Anzahl von zu prüfenden Verdachtsfällen (mehrere Tausend) ist davon auszugehen, dass die Bearbeitung längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Die Kostenübernahme für Behandlungen ist aber bis dahin durch die Krankenkasse sichergestellt und Leistungsansprüche gehen nicht verloren.
- Eine Liste zu den häufigsten Fragen (FAQ) rund um das Thema Parkinson-Syndrom finden Sie auf der Website der SVLFG
- Die SVLFG bietet außerdem eine eigene Servicenummer für Fragen dazu an unter 0561 785-10350.
Autor: Thomas Middelberg
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