Wer mit offenen Augen durch den Wald streift, bekommt dort Sonderbares zu sehen – gewundene, gedrungene oder knubbelige Gewächse, deren Entstehung uns Rätsel aufgeben. Dieter Scholz gab Antworten in der Land & Forst 7/15.

Seltsam verdreht
Diese korkenzieherartige Wuchsform muss genetisch veranlagt sein, könnte man beim Betrachten des Baumes glauben (s. Bild rechts oben), der sich in gleichmäßigen Windungen gen Himmel streckt. Und dennoch handelt es sich hier um eine ganz „normale“ Esche. Für ihren sonderbaren Wuchs gibt es eine sehr profane Erklärung: An diesem Standort ist das Waldgeißblatt, mancherorts auch Wald-Heckenkirsche genannt (Lonicera periclymenum), gewachsen, eine über weite Teile Europas, meist in lichten Wäldern, an Waldrändern oder an Hecken verbreitete Kletterpflanze. Sie bildet Lianen aus, die sich um Sträucher oder Bäume wickeln (Besonderheit: immer rechtswindend im Gegensatz zu den meisten Windenpflanzen). Die Stämmchen werden dabei sehr intensiv umwunden, regelrecht eingesponnen und zum Teil sogar erwürgt oder heruntergezogen. Umschlungene Äste oder Stämmchen, die dies überleben, behalten eine schraubenähnliche Gestalt zurück und werden mancherorts als Spazierstöcke oder „Knotenstöcke“ genutzt.
Wundersamer Knubbel
Ein anderes Beispiel für Launen der Natur sind Gebilde, die von Baumrinde ummantelt an den Baumstämmen sitzen (auch Hexeneier, Baumperlen, Knubbel oder Knorze genannt, s. Bild rechts unten). Erklärungen für diese, an verschiedenen Baumarten vorkommenden, aber selten zu findenden, Phänomene sind nicht gesichert. Es scheint sich um eine Art Wundgewebe zu handeln, welches sich um eine Verletzung oder einen Astansatz bildet und diese Wunde mit Gewebe umschließt, also das Endprodukt eines Heilungsprozesses. Auszuschließen ist, dass es sich hierbei um Baumkrebs handelt, da der Knubbel ganz mit Rinde umhüllt und leicht vom Baum zu lösen ist. In bestimmten Sammlerkreisen sind derartige Gebilde begehrt. Sie dienen zur Bearbeitung und Fertigung kleiner Kunstwerke.
