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Mehr Körnerleguminosen für Milchkühe?

Webcode: 01041561
Stand: 02.03.2023

Die heimischen Leguminosen erleben gerade eine kleine Renaissance, aber noch keinen Boom, den die Bundesregierung mit ihrer Eiweißpflanzenstrategie gerne auslösen möchte.  Ihr Ziel ist, das Angebot von und die Nachfrage nach heimisch erzeugten Leguminosen zu fördern.

Ein verstärkter Anbau trägt dazu bei, insbesondere Importsoja durch heimische Proteinkomponenten zu ersetzen. Gründe für die Ausweitung des Leguminosenanbaus sind u.a. die Fruchtfolgeauflockerung, der hervorragende Vorfruchtwert, das Ackerfuchsschwanzproblem oder auch der Einsatz von GVO-freien, regionalen Eiweißkomponenten. Aktuell sind die hohen Preise für Stickstoffdünger und Eiweißfutter eine weitere Triebfeder.

Milchkuhhalter möchten auf den eigenen Flächen mehr Eiweiß für ihre Kühe produzieren. Neben den kleinkörnigen Leguminosen und mehr Protein vom Grünland geht es auch um die Körnerleguminosen. Insbesondere im eigenen Betrieb lassen sich Ackerbohnen, Erbsen und Süßlupinen gut verwerten. Bei entsprechender Verfügbarkeit werden sie auch von den Mischfutterherstellern nachgefragt. Mit rund 0,7 % ist ihr Anteil am industriell hergestellten Mischfutter bisher sehr gering. Im Vergleich zu Soja- und Rapsschrot ist die 2022 in Deutschland geerntete Menge von weniger als 650.000 t Bohnen, Erbsen und Lupinen denn auch sehr überschaubar.

Tabelle 1: GAP-Flächen (ha) in Niedersachsen

 

2022

2021

2020

Ackerbohnen

9.207 (71.000) *

7.225

6.415

Erbsen

3.523 (107.000)

2.747

2.157

Süßlupinen

2.067(32.000)

1.655

961

Gesamt

14.797

11.627

9.533

 *Werte in Klammern: Anbaufläche in Deutschland (Destatis, 2022)

In Niedersachsen hat der Anbau im letzten Jahr um 27 % gegenüber 2021 zugenommen.

Sojabohnen wurden auf weniger als 1500 ha angebaut.

Wie proteinreich sind Bohnen & Co.?

Das von der UFOP (Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen) in den Jahren 2015 bis 2017 bundesweit durchgeführte Monitoring zeigt deutliche Schwankungen in den Nährstoff-gehalten (Tabelle 2). Erbsen weisen höchstens mittlere Eiweiß-, aber hohe Stärkegehalte auf und sind deshalb in erster Linie als Energieträger zu werten. Lupinen sind eiweißreicher als Ackerbohnen und Erbsen und enthalten deutlich mehr Fett und Rohfaser, aber nur wenig Stärke. Inzwischen sind neue Anthraknose-tolerante Sorten der Weißen Lupine auf dem Markt, die mehr Eiweiß als die Blauen Lupinen enthalten. Ackerbohnen liegen im Proteingehalt zwischen Erbsen und Lupinen Die nXP-Gehalte reichen von 160 g (Erbsen) bis 188 g/kg (Lupinen) und sind damit deutlich niedriger als die von Soja- und Rapsextraktionsschrot.

Tabelle 2: Futterwert von Körnerleguminosen (UFOP, Angaben je kg, 88 % TS)

 

Einheit

Ackerbohnen

n = 135

Erbsen

n =87

Lupinen

n = 77

Rohprotein

g

257

(216-296)

198

 (166-231)

287

 (214-345)

Rohfaser

g

87

(50-123)

58

 (42-96)

138

 (89-182)

Rohfett

 

g

16

(8-32)

18

(8-38)

54

(35-80)

Stärke

g

393

(328-440)

471

 (305-515)

126

 (76-206)

ME Rind

MJ

12,0

 (11,8-12,1)

11,9

(11,7-12,0)

12,4

 (12,1-12,8)

NEL Rind

MJ

7,6

 (7,5-7,7)

7,5

 (7,4-7,6)

7,8

 (7,7-8,1)

nXP

g

170

(164-177)

160

 (155-165)

188

(167-204)

RNB

g

14

 (9-19)

6

 (2-11)

16

(7-23)

aNDFom

g

140

(91-283)

96

(70-166)

219

(171-300)

ADFom

g

112

 (73-144)

73

(54-125)

192

(146-255)

Ca

g

1,1

 (0,8-1,6)

0,9

(0,6-1,4)

2,5

 (1,7-3,4)

P

g

5,4

 (4,0-7,8)

4,1

 (3,1-5,6)

4,5

(3,4-5,7)

  Während die alte DLG-Tabelle noch einen UDP-Anteil von 20 % für Lupinen sowie von 15 % für Ackerbohnen und Erbsen ausweist, belegen neuere Untersuchungen je nach Passagerate im Pansen etwas höhere Werte: Bei einer Passagerate von 5 % je Stunde liegt der UDP-Anteil von Erbsen und Lupinen bei 17 und bei einer Passagerate von 8 % je Stunde bei 23 %. Die UDP-Werte von Ackerbohnen betragen 15 bzw. 20 % (UFOP, 2020). Die höheren Werte sollten für Kühe mit einer Futteraufnahme von > 20 kg TM verwendet werden. Im Vergleich zu Raps- und Sojaschrot mit 35 bzw. 30 % UDP liegen die Werte deutlich niedriger. Die Stärkebeständigkeit der drei Körnerleguminosen wird mit 20 % angegeben.

In Untersuchungen mit Blauen Lupinen konnte eine thermische Behandlung (Toasten) den UDP-Anteil um ca. 10 % erhöhen. Beim Toasten von Ackerbohnen und Erbsen ist zu berücksichtigen, dass es bei der Stärke zu einem Aufschluss und damit zu einer erhöhten Stärkeabbaubarkeit kommen kann.

Antinutritive Substanzen

Wenn über die Höhe des Einsatzes von Körnerleguminosen diskutiert wird, werden auch immer wieder antinutritive Substanzen wie Tannine (Polyphenole), Glykoside (Vicin) oder Alkaloide ins Feld geführt. In der Wiederkäuerfütterung führen diese Substanzen nicht zu Einsatz-beschränkungen, bei Tanninen ist sogar ein positiver Einfluss auf die Proteinstabilität belegt.

Versuche mit Ackerbohnen und Lupinen

In einem aktuellen Versuch der LWK und der LLG Iden wurden mehr als 4 kg Ackerbohnen je Kuh und Tag verfüttert. Die TMR der Versuchsgruppe wurde mit Rapsschrot ergänzt, während die Kontrollration ausschließlich Rapsschrot als Proteinquelle enthielt.

Tabelle 3: Versuch mit Ackerbohnen (Engelhard et al., 2021)

 

Versuchsgruppe

Ackerbohnen

Kontrollgruppe

Rapsschrot

TM-Aufnahme          kg

26,5

26,1

ECM                        kg                    

39,4

38,4

Milchharnstoff          mg/l

234a

196b

Zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe gab es keine Unterschiede in der Futteraufnahme, der Milchmenge und den Milchinhaltsstoffen Fett und Eiweiß, wohl aber im Milchharnstoffgehalt. Grund dafür war, dass die Versuchsration etwas mehr Rohprotein als die Kontrollration enthielt, um die Ration bedarfsgerecht zu gestalten und ausreichend nutzbares Rohprotein zu sichern.

Eine Kombination aus Blauen Lupinen und Rapsschrot wurden in einem Idener Versuch mit Rapsschrot als alleinigem Eiweißfuttermittel verglichen. Je Kuh und Tag wurden etwa 2,5 kg unbehandelte Lupinen verfüttert. Zwischen den Gruppen gab es keine signifikanten Leistungsunterschiede.

Tabelle 4: Versuch mit Lupinen (Meyer und Engelhard, 2016)

 

Lupinen + Rapsschrot

Rapsschrot

TM-Aufnahme          kg

25,5

26,1

ECM                        kg                    

40,6

42,0

Milchharnstoff          mg/l

198

192

In einem älteren Versuch von Engelhard et al. (2005) wurden hydrothermisch behandelte Lupinen im Vergleich zu einer Proteinergänzung aus Rapsschrot und Lupinen getestet.

Tabelle 5: Lupinen als alleinige Eiweißkomponente (Engelhard et al., 2005)

 

Lupinen

4,5 kg/Tag

2,0 kg Rapsschrot/Tag

+ 2,5 kg Lupinen/Tag

TM-Aufnahme          kg

21,7a

23,3b

ECM                        kg                    

35,7

38,1

Milcheiweiß             kg

1,16a

1,27b

Während sich die Milchleistung nicht unterschied, nahmen die Kühe, die 4,5 kg Lupinen je Tag verzehrten, signifikant weniger Trockenmasse auf und produzierten weniger Milcheiweiß.

Aus dem Riswicker Ökoversuch (2005) mit 4,5 kg Ackerbohnen bzw. 3,6 kg Lupinen je Kuh und Tag wurde abgeleitet, dass Ackerbohnen und Lupinen als alleinige Eiweißträger im Milchleistungsfutter für ein Leistungsniveau von 7500 kg Milch ausreichen.

Was dürfen Körnerleguminosen kosten?

In der landwirtschaftlichen Fachpresse werden Preise für Körnerleguminosen bisher eher selten notiert. Häufig dient der Getreidepreis zur Orientierung. Erfolgt die Berechnung der Preiswürdigkeit in der Milchkuhfütterung auf Basis der Wert bestimmenden Gehalte an nXP und NEL, ergeben sich für die Leguminosen höhere Preise als für Getreide.

Tabelle 6: Was dürfen Körnerleguminosen für Milchkühe kosten?

               

Rapsschrot (€/dt)

 

35

45

Weizen                        

€/dt

30

35

30

35

Ackerbohnen       

€/dt

32,40

36,60

34,40

38,60

Erbsen

€/dt

31,20

35,70

32,40

36,90

Lupinen

€/dt

34,50

38,30

38,00

41,80

Unter diesen Bedingungen sind Ackerbohnen bis zu einem Preis von 34,40 €/dt wettbewerbs-fähig, wenn Weizen 30 und Rapsschrot 45 €/dt kosten.

Welches Futtermittel liefert das kostengünstigste nXP? Hierzu wird der nXP-Gehalt ins Verhältnis zum Futterpreis gesetzt. Da die Milch größtenteils GVO-frei produziert wird, ist der Preis von GVO-freiem Sojaschrot unterstellt.

Tabelle 7: Proteinkosten im Vergleich

 

Preis                    €/dt

Ackerbohnen

30

Erbsen

30

Lupinen

30

Rapsschrot

38

Sojaschrot*

70

Kosten je

100 g nXP          Cent

 

17,6

 

18,8

 

16,0

 

17,0

 

27,8

*GVO-frei

Bei einem angenommenen Preis von 30 €/dt liegen die nXP-Kosten von Ackerbohnen und Erbsen etwas über denen von Rapsschrot, aber deutlich unter denen von Sojaschrot.

Wie viel Ackerbohnenfläche für 100 Kühe?

Wie viel Ackerbohnenfläche benötigt ein Betrieb, wenn das Kraftfutter 15 % Ackerbohnen enthalten soll? Dazu folgende Beispielrechnung mit 100 Kühen:

Tabelle 8: Notwendige Fläche an Ackerbohnen

100 Kühe, 9800 kg Milch/Jahr, 260 g Kraftfutter/kg Milch, Bedarf von 382 dt Ackerbohnen/Jahr

Ertrag je ha

45 dt

 40 dt

Flächenbedarf

8,5 ha

9,6 ha

Je nach Ertrag müssen etwa 9 ha Ackerbohnen für 100 Kühe angebaut werden.

Was bleibt festzuhalten?

 Ackerbohnen, Erbsen und Blauen Süßlupinen sind altbekannte und bewährte Futtermittel, die derzeit eine kleine Renaissance erleben. Als energiereiche Komponenten mit mittlerem bis hohem Rohproteingehalt sind sie gut für eine nachhaltige Fütterung der Milchkühe geeignet. Bei der Rationsgestaltung mit Ackerbohnen und Erbsen ist ihr hoher Stärkegehalt zu beachten. Im Vergleich zu Raps- und Sojaschrot ist die Proteinabbaubarkeit der Körnerleguminosen höher. Einsatzmengen von etwa 4 kg/Tag sind möglich, sofern die Vorgaben einer bedarfsgerechten Fütterung eingehalten werden. Für hohe Milchleistungen ist eine Ergänzung mit Extraktionsschroten erforderlich, da der nXP-Gehalt nicht ausreicht.