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Novellierung der Milchgüte-VO

Webcode: 01039311

Verordnung zur Fortentwicklung des Rohmilchgüterechts (RohmilchGütV)
tritt ab 01. Juli 2021 in Kraft

Vermeiden Sie positive Tankmilchproben!

Historie

Plausibilitätskontrollen am Untersuchungsgerät im Regionallabor
Plausibilitätskontrollen am Untersuchungsgerät im RegionallaborKatja Ittershagen
Bisher ist die Milchgüte-VO zusammen mit verschiedenen Regelungen der einzelnen Bundesländer die Grundlage für die Gütebewertung. Damit stellt sie die Grundvorgaben für die Bewertung und Bezahlung der Milch.
Bundesländerübergreifende Verträge mit ihren Milchlieferanten stellten die Molkereien in der Vergangenheit vor einige Probleme. So wurden zum Beispiel Mittelwerte der Inhaltsstoffwerte in Bayern nach anderen Vorgaben berechnet als in Niedersachsen. Auch stimmten die Vorgaben zur Probenahme in einzelnen Teilen nicht überein.
Bereits vor über 10 Jahren wurden bundeseinheitliche Regelungen gefordert. Die Milchgüte VO musste an die neuen Anforderungen, wie zum Beispiel auch an die vermehrten Teilmengenabholungen angepasst werden. Nach einigen Jahren der Ausarbeitung, unter Mitwirkung der verschiedenen Institutionen, ist mit Zustimmung des Bundesrates die Vorgabe im letzten Jahr abgeschlossen worden.

Zweck der RohmilchGütV bleibt die Förderung der Rohmilchgüte mit den Festlegungen zur Berechnung des Kaufpreises.
 

Begriffe
Die neue Verordnung ist deutlich umfangreicher als die bisherige Milchverordnung. Zum einen, weil die Vorgaben der einzelnen Bundesländer berücksichtigt und mit eingearbeitet wurden. Zum anderen enthält sie drei Anlagen:
1. Anforderungen an die Sachkunde der Probenehmer
2. Güteuntersuchung der Proben und Mittelwertbildung
3. Untersuchungsverfahren zur Güteuntersuchung.
Die Begrifflichkeiten wie Abnehmer (Molkerei/Milchsammelstelle/Milchkäufer) und Erzeuger von Rohmilch sind ebenso klar geregelt, wie die Gütemerkmale. Auch Milchliefergenossenschaften zählen zu den Milchkäufern und tragen die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Durchführung der RohmilchGütV.

 

Grundlegende Neuerungen durch die RohmilchGütV:

Allgemein
Für Kleinstmengenverarbeiter mit Mengen < 500 Liter pro Tag ist eine Ausnahme von der VO vorgesehen. Mit der neuen Verordnung sind dem Abnehmer umfassende grundsätzliche Pflichten aufgetragen, die er aber fraglos an Dritte beauftragen kann. Die Beauftragung der Untersuchungsstelle mit dem Probentransport und der -untersuchung entbindet allerdings nicht von der eigenen Verantwortung zur Einhaltung der Vorgaben. Dies gilt gleichermaßen für die Milcherfassung durch beauftragte Spediteure.
Neu ist, dass die Zuständigkeit der Überwachung in Abhängigkeit vom Hauptsitz des Abnehmers eindeutig geregelt ist. Der dortigen Überwachungsstelle obliegt es, den Bereich von der Milchübernahme, über Probenahme, Probentransport, Untersuchung und Gütebewertung bis hin zur Erstellung der Milchgeldabrechnung zu prüfen. Bei Überschreitungen der Bundesländergrenzen werden die Überwachungsstellen im Amtshilfeverfahren gegenseitig aushelfen. Niedersächsische Milcherzeuger mit Abnehmer in einem anderen Bundesland können sich bei Unstimmigkeiten auch weiterhin direkt bei der Landwirtschaftskammer melden, die dann entsprechende Schritte verfolgen oder einleiten kann.

Probenahme

Milchübernahme beim Erzeuger
Milchübernahme beim ErzeugerKatja Ittershagen
Das Intervall für die Überprüfung der automatischen Probenahme durch den Milchsammelwagen wurde bundeseinheitlich auf mindestens einmal jährlich festgesetzt.
Vorgaben zur erforderlichen Sachkunde der Probenehmer (Milchsammelwagenfahrer) mit dokumentierter Einweisung, Grundschulung und Wiederholungsschulungen incl. Vorschrift zum Mitführen eines Sachkundenachweises sollen eine zuverlässige und korrekte Probenahme sicherstellen. Denn eine mangelhaft gezogene Probe kann auch bei sehr präzise arbeitenden Untersuchungsgeräten kein richtiges Ergebnis als Resultat erbringen. In Niedersachsen übernimmt die Landwirtschaftskammer die jährliche und die Erst-Prüfung der Probenahmetechnik. Die jeweilige Zulassung ist für jeden Erzeuger durch die Plakette am Milchsammelwagen, die Ablaufmonat und -jahr angeben ersichtlich. Der Erzeuger erkennt zudem die zugelassene Schlauchlänge und dessen Durchmesser, da auch dies auf der Plakette vermerkt ist. FOTO
Es ist festgelegt, dass jede Milchübernahme zu beproben ist, welches die meisten Abnehmer in Niedersachsen bereits umgesetzt haben.

Güteuntersuchung und Mittelwertbildung
Die gesamte Gütebewertung incl. Untersuchung bis zur Milchgeldabrechnung obliegt dem Abnehmer. Diese Aufgaben kann er ganz oder in einzelnen Bereichen an andere zugelassene Stellen abgeben. Häufig beinhaltet dies den Probentransport und die Untersuchungen der Milchproben. Üblich ist es außerdem die Mittelwertberechnungen, Prüfung der Mindestprobenzahl oder die gesamte Gütebewertung an eine Untersuchungsstelle abzugeben. Von dort werden teils auch Mitteilungspflichten wahrgenommen.
Mindestprobenzahl pro Monat und Mittelwertbildung, sowie Abschläge:
(Neuerungen sind fettgedruckt)

Parameter

Einheit

Mindestzahl

Mittelwert

Grenzwert

Abzug

Fett

in %

mind. 3/Monat

gewichtetes arithmetisches Mittel aller Ergebnisse des Monates

monatl. Molkerei- durchschnitt

Zuschlag Abschlag

Eiweiß

in %

mind. 3/Monat

gewichtetes arithmetisches Mittel aller Ergebnisse des Monates

monatl. Molkerei- durchschnitt

Zuschlag Abschlag

somatische Zellen

Tsd./ml

mind. 1/Monat

geometrisches Mittel aus allen Proben des Monates und der zwei zurückliegenden Monate

400.000

mind. 1 Cent

Keimzahl (KbE)

Tsd./ml

mind. 2/Monat

geometrisches Mittel aus allen Proben des Monates und des Vormonates

100.00

ohne Güteklassen-einteilung

mind. 2 Cent

Hemmstoff

pos./neg.

mind. 4/Monat

jedes positive Ergebnis der betreffenden Ablieferung wird gewertet

Nachweisgrenze gem. Tabelle

3 Cent je pos. Probe

Chinolone

pos./neg.

mind. 2/Jahr

jedes positive Ergebnis der betreffenden Ablieferung wird gewertet

Nachweisgrenze gem. Tabelle

3 Cent je pos. Probe

Gefrierpunkt

°C

mind. 1/Monat

keine Vorgabe

keine Vorgabe

keine Vorgabe

weitere Gütemerkmale sind möglich

 

Untersuchung der Proben

Probenahmetechnik mit ersichtlicher Prüfplakette
Probenahmetechnik mit ersichtlicher PrüfplaketteKatja Ittershagen
Die Probenuntersuchung ist ausschließlich durch ein von der Landesstelle zugelassenes Labor durchzuführen. Voraussetzung dafür ist, dass die Untersuchungsstelle durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) auditiert ist. Alle zulässigen Untersuchungsverfahren sind in der Anlage 3 der Verordnung benannt. Hier finden schon jetzt die ersten Plausibilitätskontrollen der ermittelten Analysendaten statt. Die gravierendste Veränderung betrifft den Bereich der Hemmstoffuntersuchungen. Ausschlaggebend wird zukünftig nicht ausschließlich der mikrobiologische BRT-Test sein. Ab Juli 2021 wird ein Hemmstofftestsystem zur Bewertung der Proben herangezogen werden. Dieses Testsystem besteht neben einem mikrobiologischem Test, auch aus Schnelltests. Sobald ein positiver Befund einer der beiden Verfahren durch die zugelassene Untersuchungsstelle bestätigt wird, gilt der Test als positiv. Eine der Verordnung anhängende Tabelle definiert die Rückstandshöchstmengen einzelner Wirkstoffe aus den folgenden sieben Hemmstoffgruppen:

  1. Penicilline
  2. Cephalosporine
  3. Aminoglycoside
  4. Makrolide und Lincosamide
  5. Sulfonamide
  6. Tertracyclide
  7. Chinolone.

Aufgrund der höheren Untersuchungsfrequenz und der erhöhten Sensitivität der Hemmstofftestsysteme, ist in der Übergangsphase vermehrt mit positiven Ergebnissen zu rechnen.
Um dies im Erzeugerbetrieb möglichst zu vermeiden, sollten die Erzeuger folgendes berücksichtigen:
- Wartezeiten durch Medikamente unbedingt einhalten
- Proben von behandelten Tieren vor Zuführung in den Lagertank testen
- frühzeitig die gleichen Testsysteme verwenden wie die Molkerei/U-Stelle
- oder die Proben in ein Molkerei- oder Regionallabor einsenden.
 

Milchgeldabrechnung
Zur Erstellung der Milchgeldabrechnung wird ab Juli 2021 der Dichtefaktor 1,03 anstelle von 1,02 angewendet. Dieser fixe Faktor stellt nicht die reale Dichte der jeweils abgegebenen Milch dar, sondern bemisst sich lediglich am Durchschnittswert. Da die Erfassung der Milch in Volumina (Liter) erfolgt und die Abrechnung noch immer in Kilogramm vorgeben ist, ist eine Umrechnung weiter notwendig.
Der Verordnungsgeber hat darüber hinaus viele Vorgaben zur Erstellung der Milchgeldabrechnung und Probenbewertung festgelegt. Die Einhaltung der Vorgaben wird durch Audits der LWK gleichermaßen wie die korrekte Dokumentation und vollständige Archivierung überprüft.

Eine weitere Neuerung ist die Formulierung von insgesamt zwanzig Ordnungswidrigkeiten. Diese betreffen vornehmlich die Verantwortlichkeitsbereiche der Abnehmer.
Die Verantwortungen des Erzeugers als Lebensmittelproduzenten bleiben dadurch unberührt und bleiben natürlich weiterhin in Kraft.

Zusammengefasst:

  • einheitliche, bessere Absicherung der Probenahme bis zur Berechnung des Milchgeldes
  • viele Festlegungen wurden in Niedersachsen bereits umgesetzt
  • Beprobung jeder Abholung
  • sensitivere Hemmstoffuntersuchung
  • Frequenzerhöhung der Hemmstoffproben und Aufnahme von Schnelltestverfahren
  • Nachweis von Chinolonen
  • Absenkung des Hemmstoffabzug von 5 auf 3 Cent je positive Probe
  • neuer Dichtefaktor von 1,03