LSV Silomais 2023: Ergebnisse und Sortenempfehlungen frühes Sortiment
Die vielfach schwierigen Witterungsbedingungen dieses Jahres kamen dem Mais überwiegend zu Gute. Dies spiegelt sich auch in den Landessortenversuchen (LSV) der Landwirtschaftskammer Niedersachsen wider; sie zeigten neben sehr hohen Erträgen auch ein hohes Qualitätsniveau.
Im April und Mai hätte wohl niemand zu glauben gewagt, dass es für den Mais ein so gutes Jahr werden würde. An eine pünktliche Aussaat war kaum zu denken, denn die Temperaturen blieben lange zu niedrig und die Böden teils noch zu feucht; auch eine wärmere Witterungsperiode wollte bis in den Mai hinein noch nicht in Sicht kommen. So begann die Aussaat in ganz Niedersachsen zumeist mit ein bis zwei Wochen Verzögerung. Dies betraf auch die Aussaat der Maissortenversuche der Landwirtschaftskammer. Auf der ostfriesischen Halbinsel, wo viele Flächen witterungsbedingt erst Anfang Mai bestellt werden können, kam es noch schlimmer; mitten in der Maisaussaat brachte der 10 Mai mit rund 40 mm Niederschlag alle Räder zum Stehen. Die Maisaussaat verzögerte sich dadurch auf vielen Flächen bis Ende Mai. Die Witterung schlug in dieser Zeit endlich um, Sonnenschein und Wärme dominierten die nächsten Wochen, so dass der spät gesäte Mais nicht zur zügig auflaufen konnte, sondern sich in der Folge auch schnell weiterentwickelte. Die anfänglichen Sorgen, die verzögerte Aussaat würde auch zu einer späten Reife führen, verflogen, als selbst im Nordwesten die Maisbestände noch im Juli in die Blüte kamen. Die hohe Sonneneinstrahlung und die sommerlichen Temperaturen ließen den Mais schnell die erforderliche Temperatursumme ansammeln, dadurch erreichten die Bestände in der Regel die Blüte zum normalen Zeitpunkt.
Während im Frühsommer viele Landwirte um ihre Winterungen bangten, weil die Niederschläge ab der zweiten Maihälfte, zum Teil auch früher, bis weit in den Juni ausblieben, hatte der Mais mit dieser Frühsommertrockenheit weitgehend keine Probleme, da die noch kleinen Pflanzen in dieser Phase noch rel. wenig Wasser verbrauchen. Pünktlich zum Reihenschluss und dem folgenden Längenwachstum kam es zu ergiebigen Niederschlägen, die die Maisbestände vor Trockenschäden bewahrten und eine hervorragende Bestandsentwicklung ermöglichten. Auch die Blüte verlief ohne Probleme, Sommerlager infolge von Gewitter, Starkregen und Windböen kam nur selten vor und blieb die Ausnahme. Die schwierigen Witterungsbedingungen zur Getreideernte kamen dem Mais zu Gute, einer ungestörten Kolbenfüllung folgte eine harmonischen Abreife.
Bereits ab Anfang September erreichten viele Bestände im südlichen und östlichen Niedersachsen die Silierreife. Hierbei handelte es sich um eine normale und zügige Reifeentwicklung, die nicht durch Wassermangel – wie in den letzten Jahren häufig vorgekommen – forciert wurde. Dementsprechend fielen Ertrags- und Qualitätsniveau hoch aus. In den Landessortenversuchen Silomais zeigte sich dies mit hohen Erträgen von umgerechnet 60 bis deutlich über 70 Tonnen je Hektar (hochgerechnet vom Parzellenertrag). Die Praxisschläge haben dementsprechend 15 – 20 % niedrigere Erträge erzielt, i.d.R. jedoch deutlich über 50 Tonnen. Die Bestände zeichneten sich hierbei durch hohe Kolbenanteile und hohe Stärkegehalte aus. In den LSV des frühen Sortiments wurden durchschnittlich 35 % erreicht, wobei die Standorte eine Spanne von 31 % bis 38 % erzielten. Die Kolbenabreife eilte dabei der Restpflanzenabreife leicht voraus, so dass die Silagen, die zur optimalen Silierreife geerntet wurden, aufgrund der dann noch nicht so starken Lignifizierung eine hohe Verdaulichkeit erreicht haben. In der Praxis war jedoch vielfach zu beobachten, dass die Landwirte eher zu späte Erntetermine mit zu hohen TS-Gehalten gewählt haben, und dass obwohl verschiedenste Systeme zur Reifebeurteilung und -Abschätzung von Züchtern, Handel und Beratung angeboten werden.
Die TS-Gehalte in den LSV liegen im Durchschnitt auf einem etwas höheren Niveau, als dies im Silo der Fall sein sollte; hier werden Werte von 35 – 37 % bei normaler Abreife angestrebt, um die Sortenleistungen sicher beurteilen zu können. Auf diese Weise haben auch die etwas späteren Sorten innerhalb eines Sortiments die Möglichkeit, ihr Ertragspotential auszuschöpfen.
Die Ergebnisse der Landessortenversuche haben eindrucksvoll zeigen können, wie hoch dieses Potential auch bei sehr frühreifen Sorten ist. Selbst Sorten mit der Reifezahl S 190 haben die Trockenmasseerträge der S 220er Sorten nur um ca. 5 % unterschritten. Verglichen mit früheren Jahren wird hieran auch deutlich, dass die Züchtung im Bereich früher und sehr früher Sorten in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat. Somit stehen heute für die kühleren Regionen im nördlichen Niedersachsen oder auch für den Maisanbau als echte Zweitfrucht interessante Sorten im frühen bis sehr frühen Reifebereich zur Verfügung. Diese ermöglichen eine sichere Abreife und damit hohe Stärkegehalte, Eigenschaften die für die Produktion hochwertigen Grundfutters von entscheidender Bedeutung sind.
Durch die beschriebenen sehr günstigen Witterungsbedingungen konnten in diesem Jahr alle angelegten LSV Silomais geerntet und erfolgreich ausgewertet werden. Die sich ergebenden statistischen Parameter wiesen dabei sehr gute Versuche mit nur geringen Abweichungen zwischen den Wiederholungen aus.
Auf Basis der mehrjährig ausgewerteten Landessortenversuche Silomais wurden nun die Anbauempfehlungen für die Maisanbauer, nach Bodenklimaräumen differenziert, erstellt. Darüber hinaus wird unterschieden zwischen Sorten zur optimalen energetischen Ergänzung grasbetonter Futterrationen und Sorten zur Erstellung von maisbetonten Rationen sowie Energiemaissorten für die Biogasproduktion. Nicht selten eignen sich Sorten auch für mehrere Nutzungsschwerpunkte sehr gut, was sich in mehrfachen Empfehlungen widerspiegelt (siehe Tabelle Sortenratgeber).
Für das frühe Sortiment werden die Sortenempfehlungen im Folgenden nach Bodenklimaräumen vorgestellt:
Region Nord
In dieser von Milchwirtschaft und Futterbau geprägten Region haben früh abreifende Maissorten eine große Bedeutung und sind hier die erste Wahl. Der Abreifeunterschied innerhalb des frühen Sortiments beträgt hier zwischen bester und spätester Abreife ca. eine Woche, wobei dieser Zeitraum in Jahren mit später bzw. witterungsbedingt langsamer Abreife auch deutlich größer sein kann. Analog zur Abreife reagiert auch der Stärkegehalt, so dass eine optimale Ausreife für den erfolgreichen Maisanbau „Pflicht“ sein sollte.
Somit macht es auf Grenzstandorten durchaus Sinn, innerhalb des frühen Prüfsortiments nochmal genau auf das Abreifeverhalten der Sorten zu achten (siehe Spalte „Abreife“, Regionstabellen bzw. Sortenratgeber).
Zur Ergänzung grasbetonter Futterrationen werden im nördlichen Niedersachsen die Sorten Rancador (S 210), KWS Johaninio (S 210), Agromilas (S 210), P 7381 (S 190), Amanova (S 210), LG 31205 (S 210) und Ileo (S 200) aufgrund hoher Energiegehalte für den Anbau empfohlen. Neu im LSV geprüfte Sorten haben für diesen Nutzungsschwerpunkt keine Anbauempfehlung erhalten.
Für maisbetont fütternde Betriebe haben die Sorten RGT Exxon (S 220), LG 31223 (S 220), Wesley (S 210), Amarola (S 210), Rancador (S 210), KWS Johaninio (S 210), Amavit (S 210) und B 2111 A (S 220) eine Anbauempfehlung erhalten. Maßgeblich hierfür sind die Leistungen bei Stärke- oder Energieertrag bei gleichzeitig mindestens durchschnittlicher Energiedichte.
Diese Kriterien erfüllen auch die in diesem Jahr neu in den LSV aufgenommenen Sorten KWS Curacao (ca. S 210), KWS Emporio (ca. S 210) und BRV 2224 A (S 200) und haben eine Empfehlung für den Probeanbau erhalten.
Für die Energiemaisproduktion sind die Merkmale Trockenmasseertrag sowie Biogasertrag die wichtigsten Kriterien. Aufgrund dieser Merkmale haben RGT Exxon (S 220), LG 31223 (S 220), Wesley (S 210), Amarola (S 210), Rancador (S 210) und Farmarquez (S 220) die Empfehlungen zur Biogasnutzung erhalten. Für den Probeanbau werden die Sorten KWS Curacao (ca. S 210) und KWS Emporio (ca. S 210) empfohlen.
Region Ost
Für den Bodenklimaraum östliches Niedersachsen werden die LSV Standorte Celle (und zuvor Soltau), Rockstedt und Obershagen einbezogen; ergänzt werden diese Ergebnisse durch Daten aus Beetzendorf im angrenzenden Sachsen-Anhalt.
Aus dem frühen Reifespektrum werden hier die Silomaissorten Rancador (S 210), P 7647 (S 200), KWS Johaninio (S 210), Agromilas (S 210), P 7381 (S 190), Amanova (S 210), LG 31205 (S 210) und Ileo (S 200) zur Ergänzung grasreicher Rationen empfohlen.
Für die Gestaltung maisbetonter Futterrationen werden die Sorten RGT Exxon (S 220), LG 31223 (S 220), Wesley (S 210), Rancador (S 210) und Jakleen (S 220), für den Anbau empfohlen. Für den erstmaligen Anbau werden die Sorten KWS Curacao (ca. S 210), Cappuceen (S 220), KWS Emporio (ca. S 210) und BRV 2224 A (S 200) zur Probe empfohlen.
Die Anbauempfehlungen zur Bioenergieerzeugung umfassen für die Region Ost die Sorten RGT Exxon (S 220), LG 31223 (S 220), Wesley (S 210), Farmarquez (S 220), Jakleen (S 220) und SY Liberty (S 210). Für den Probeanbau nach dem ersten LSV-Prüfjahr werden die Sorten KWS Curacao (ca. S 210) und KWS Emporio (ca. S 210) empfohlen.
Region Süd
Im südlichen Niedersachsen liegen die LSV-Prüforte Poppenburg bei Hildesheim und Uslar. Aus Nordrhein-Westfalen werden weitere Maissortenprüfungen mit in die Auswertung einbezogen. Die Erfahrungen vom Standort Uslar lassen eine Auswertung für eine Region „Höhenlagen“ nicht weiter sinnvoll erscheinen, da die Vegetationsbedingungen hier seit Jahren nichts mehr mit denen eines typischen Höhenlagenstandorts gemein haben. Höhere und kühlere Lagen in Südniedersachsen werden durch den Bodenklimaraum „Region Süd“ passend abgebildet. Ein besonderes Augenmerk sollte bei der Sortenwahl ggf. auf die Frühreife der Sorten, auch innerhalb des frühen Sortiments, gelegt werden.
Hier werden zur energetischen Aufwertung grasbetonter Rationen die Sorten Rancador (S 210), KWS Johaninio (S 210), P 7381 (S 190), Amanova (S 210), LG 31205 (S 210) und Ileo (S 200) empfohlen.
Bei maisbetonter Fütterung werden die Silomaissorten RGT Exxon (S 220), Wesley (S 210), Farmarquez (S 220), Jakleen (S 220), P 7647 (S 200) und KWS Johaninio (S 210) für den Anbau empfohlen. Für den Probeanbau haben sich die Sorten KWS Curacao (ca. S 210), Cappuceen (S 220) und KWS Emporio (ca. S 210) als besonders geeignet gezeigt und werden empfohlen.
Zur Biogasproduktion haben die Sorten RGT Exxon (S 220), LG 31223 (S 220), Wesley (S 210), Farmarquez (S 220), Jakleen (S 220) und SY Liberty (S 210) eine Anbauempfehlung erhalten. Für den Probeanbau nach dem ersten LSV-Prüfjahr werden die Sorten KWS Curacao (ca. S 210) und KWS Emporio (ca. S 210) empfohlen.
Region West
Im westlichen Niedersachsen werden die LSV an den Standorten Borwede und Werlte angelegt. Darüber hinaus werden Ergebnisse von mehreren nordrhein-westfälischen Standorten mit in die mehrjährigen Auswertungen einbezogen.
Im Ergebnis haben sich durch eine hohe Energiedichte besonders die Sorten Rancador (S 210), P 7647 (S 200), KWS Johaninio (S 210), P 7381 (S 190), Amanova (S 210), LG 31205 (S 210) und Ileo (S 200) hervorgetan und eine Anbauempfehlung für den Einsatz bei grasbetonter Fütterung erhalten.
Für Betriebe mit hohen Maisanteilen in der Grundfutterration haben die Sorten RGT Exxon (S 220), LG 31223 (S 220), Wesley (S 210), Amarola (S 210), Amavit (S 210) und B 2111 A (S 220) eine Anbauempfehlung erhalten.
Für den Probeanbau hat die Sorte KWS Curacao (ca. S 210) eine Empfehlung erhalten.
Die frühen Sorten RGT Exxon (S 220), LG 31223 (S 220), Wesley (S 210), Amarola (S 210), Farmarquez (S 220), Jakleen (S 220) und SY Liberty (S 210) erhalten eine Anbauempfehlung. Für den Probeanbau nach dem ersten LSV-Prüfjahr werden die Sorten KWS Curacao (ca. S 210) und KWS Emporio (ca. S 210) empfohlen.
Die viehhaltenden Betriebe und Biogasbetreiber haben nach diesem Jahr i.d.R. gut gefüllte Silos und große Futterreserven. Damit dies auch so bleibt, sollten bei der Sortenwahl regelmäßig Sorten, die vom Zuchtfortschritt überholt sind, gegen neuere mit aktueller Anbauempfehlung ausgetauscht werden. Auf diese Weise wird kein Ertrag verschenkt.
Maiskopfbrand wurde beobachtet
Etwas anders kann dies jedoch aussehen, wenn eine hierzulande fast unbekannte Krankheit auf den Betriebsflächen aufgetreten ist. Maiskopfbrand ist in diesem Jahr vereinzelt aufgetreten und infiziert in den folgenden Jahren über den Boden erneut Maispflanzen. Neben ackerbaulichen Maßnahmen sollte auch mit der Aussaat einer gegen Maiskopfbrand toleranten Sorte, ggf. in Verbindung mit entsprechender Beizausstattung, reagiert werden. Wer diese Brandkrankheit, auftretend an Kolben und Fahne, bei sich beobachtet hat, sollte sich mit einem Pflanzenbauberater an den zuständigen Bezirksstellen der Landwirtschaftskammer in Verbindung setzten. Die Krankheit sollte nicht mit dem immer mal wieder auftretenden und harmlosen Maisbeulenbrand verwechselt werden, dieser tritt nicht an der Fahne auf.
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